Die Wahl des richtigen Systemlaufwerks ist eine der wichtigsten Entscheidungen beim Bau oder Upgrade eines PCs. Es ist das Herzstück, das die Geschwindigkeit Ihres Betriebssystems, die Ladezeiten von Anwendungen und die allgemeine Reaktionsfähigkeit Ihres Systems maßgeblich beeinflusst. In den letzten Jahren hat sich die NVMe-Technologie (Non-Volatile Memory Express) als Goldstandard für schnelle Speicherlösungen etabliert und SATA-SSDs in puncto Leistung weit hinter sich gelassen.
Doch welche NVMe-SSD ist die richtige für Sie? Der Markt ist überflutet mit Optionen, von High-End-Modellen bis hin zu budgetfreundlichen Alternativen. In diesem umfassenden Vergleich widmen wir uns zwei Modellen, die auf den ersten Blick unterschiedlicher nicht sein könnten, aber beide ihren Platz in der Geschichte der NVMe-Entwicklung haben: Die legendäre Samsung 950 Pro und die preisbewusste Patriot P300. Während die 950 Pro ein Pionier war und zu ihrer Zeit die Performance-Krone trug, repräsentiert die P300 eine moderne, zugängliche Option für den Mainstream-Markt. Tauchen wir ein in die Details, um herauszufinden, welche dieser beiden SSDs – oder welche Designphilosophie – besser zu Ihren Anforderungen passt.
### Ein Blick auf die Kontrahenten: Pioniere und Preisbrecher
Bevor wir ins Detail gehen, lassen Sie uns die Ausgangspositionen unserer beiden Kontrahenten klären.
**Die Samsung 950 Pro: Ein NVMe-Pionier mit Anspruch**
Die Samsung 950 Pro wurde im Jahr 2015 eingeführt und war eine echte Sensation. Sie war Samsungs erste Client-SSD mit NVMe-Protokoll und setzte neue Maßstäbe in Sachen Geschwindigkeit und Effizienz für den Endverbrauchermarkt. Die 950 Pro richtete sich an Enthusiasten, professionelle Anwender und jeden, der das absolute Maximum an Speicherleistung aus seinem System herausholen wollte. Sie demonstrierte eindrucksvoll das Potenzial der PCIe Gen3 x4-Schnittstelle und des NVMe 1.1-Protokolls. Ihre Stärken lagen in der hochwertigen Verarbeitung, dem proprietären Samsung UBX Controller und vor allem dem Einsatz von Samsungs eigener 32-Schicht MLC (Multi-Level Cell) V-NAND-Technologie. MLC-NAND galt damals als Garant für hohe Leistung und überragende Langlebigkeit.
**Die Patriot P300: Der moderne Budget-Kämpfer**
Die Patriot P300 hingegen kam einige Jahre später, etwa im Jahr 2020, auf den Markt und verfolgte eine ganz andere Strategie. Sie wurde entwickelt, um die Vorteile der NVMe-Technologie einer breiteren Masse zugänglich zu machen, ohne dabei ein Vermögen auszugeben. Die P300 nutzt ebenfalls die PCIe Gen3 x4-Schnittstelle, jedoch das aktuellere NVMe 1.3-Protokoll. Unter der Haube arbeitet ein Phison E13T Controller in Kombination mit 3D-NAND-Technologie, meist TLC (Triple-Level Cell). Ihr Hauptverkaufsargument ist das hervorragende Preis-Leistungs-Verhältnis, das sie zu einer beliebten Wahl für System-Upgrades und Budget-Builds macht. Das „T” im Phison E13T steht übrigens für „Tremendous”, was auf seine DRAM-lose Architektur hinweist – ein wichtiges Detail, das wir später genauer beleuchten werden.
### Architektur und Technologie: Was steckt drin?
Der grundlegende Unterschied zwischen diesen beiden SSDs liegt tief in ihrer Architektur.
**NAND-Flash-Typ: MLC vs. TLC – Eine Frage der Langlebigkeit und Performance**
Dies ist vielleicht der größte Unterschied und das Herzstück vieler Diskussionen über SSDs.
* Die **Samsung 950 Pro** verwendet MLC-NAND. Jede Zelle speichert hier 2 Bits an Daten. Dies ermöglicht eine schnellere Schreibleistung und vor allem eine deutlich höhere Anzahl an Schreibzyklen (Program/Erase, P/E-Zyklen) im Vergleich zu TLC. Traditionell bedeutet MLC eine höhere Langlebigkeit und stabilere Performance unter Last.
* Die **Patriot P300** setzt auf TLC-NAND (oft auch als 3D NAND bezeichnet, was sich auf die Stapeltechnik bezieht). Jede Zelle speichert hier 3 Bits an Daten. Dies führt zu einer höheren Speicherdichte pro Chip und damit zu geringeren Herstellungskosten pro Gigabyte. Der Kompromiss ist eine geringere Anzahl an P/E-Zyklen und potenziell langsamere Schreibleistungen, insbesondere wenn der SLC-Cache erschöpft ist. Moderne TLC-NAND ist jedoch extrem robust und für die meisten Endverbraucher-Workloads mehr als ausreichend haltbar.
**Controller: Samsung UBX vs. Phison E13T – Die Gehirne der SSDs**
Der Controller ist das Gehirn jeder SSD und managt alle Lese- und Schreiboperationen, Wear-Leveling und Fehlerkorrektur.
* Der **Samsung UBX Controller** war zu seiner Zeit ein High-End-Modul, das vollständig von Samsung selbst entwickelt und optimiert wurde, um perfekt mit Samsungs V-NAND zusammenzuarbeiten. Er verfügt über einen dedizierten DRAM-Cache, der für die Speicherung der Mapping-Tabelle (LBA-PBA-Mapping) unerlässlich ist, um schnelle Zugriffszeiten zu gewährleisten.
* Der **Phison E13T Controller** der **Patriot P300** ist ein bewährter Budget-Controller. Das „T” steht, wie erwähnt, für „Tremendous” und impliziert eine DRAM-lose Architektur. Anstatt eines dedizierten DRAM-Chips auf der SSD verwendet der E13T den Host Memory Buffer (HMB). Dies bedeutet, dass ein kleiner Teil des System-RAMs (Arbeitsspeicher) des Computers für die Mapping-Tabelle genutzt wird. Dies spart Kosten, kann aber bei bestimmten Workloads zu einer geringfügig höheren Latenz führen, da der Zugriff über die PCIe-Schnittstelle erfolgen muss.
**NVMe-Spezifikation und PCIe-Schnittstelle**
Beide Laufwerke nutzen die PCIe Gen3 x4-Schnittstelle, was theoretisch eine maximale Bandbreite von rund 3.940 MB/s bietet.
* Die 950 Pro verwendet **NVMe 1.1**.
* Die P300 verwendet das aktuellere **NVMe 1.3**. Die Unterschiede zwischen diesen Versionen sind für den Endverbraucher in der Praxis marginal und betreffen eher erweiterte Verwaltungsfunktionen und Fehlerbehandlung.
### Leistung im Alltag: Wo zeigen sich die Unterschiede?
Die technischen Spezifikationen sind das eine, die tatsächliche Performance im Alltag das andere.
**Sequenzielle Lese-/Schreibraten: Für große Dateien**
* Die Samsung 950 Pro bot sequenzielle Lesegeschwindigkeiten von bis zu 2.500 MB/s und Schreibgeschwindigkeiten von bis zu 1.500 MB/s. Das war phänomenal für ihre Zeit.
* Die Patriot P300 erreicht typischerweise sequenzielle Lesegeschwindigkeiten von bis zu 2.100 MB/s und Schreibgeschwindigkeiten von bis zu 1.650 MB/s (je nach Kapazität).
Auf dem Papier sind die Leseleistungen der 950 Pro etwas höher, während die P300 bei den Schreibvorgängen leicht die Nase vorn hat. Für das Kopieren großer Dateien, wie Videos oder ISO-Images, sind beide Laufwerke extrem schnell und ein massives Upgrade gegenüber SATA-SSDs.
**Zufällige Lese-/Schreibraten (IOPS): Das A und O für System-Responsivität**
Die zufällige Leistung ist entscheidend für die allgemeine Systemreaktionsfähigkeit, das Starten von Anwendungen, das Laden von Spielen und das Multitasking, da das Betriebssystem ständig auf viele kleine, verstreute Dateien zugreift.
* Die Samsung 950 Pro erreichte bis zu 300.000 IOPS beim zufälligen Lesen und bis zu 110.000 IOPS beim zufälligen Schreiben.
* Die Patriot P300 liegt hier mit Werten von bis zu 290.000 IOPS (Lesen) und 260.000 IOPS (Schreiben) überraschend gut.
Gerade bei den zufälligen Schreibzugriffen zeigt die P300 ihre Stärke und übertrifft die 950 Pro deutlich. Dies ist oft auf Verbesserungen im Controller-Design und Firmware-Optimierungen in neueren Laufwerken zurückzuführen, selbst bei budgetfreundlicher Hardware.
**Leistung unter Last und Konsistenz: Der DRAM-lose TLC-Faktor**
Hier zeigen sich die größten Unterschiede, die nicht direkt aus den Peak-Spezifikationen hervorgehen.
* Die **Samsung 950 Pro** mit ihrem MLC-NAND und dediziertem DRAM-Cache liefert eine außergewöhnlich **konsistente Leistung**, auch bei langen, kontinuierlichen Schreibvorgängen. Der SLC-Cache ist zwar vorhanden, spielt aber eine geringere Rolle, da das zugrundeliegende MLC-NAND selbst sehr schnell ist.
* Die **Patriot P300** nutzt einen SLC-Cache (ein kleiner Bereich des TLC-NANDs, der im schnelleren Single-Bit-Modus betrieben wird), um hohe anfängliche Schreibgeschwindigkeiten zu erreichen. Sobald dieser Cache jedoch erschöpft ist (z.B. nach dem Schreiben von 10-20 GB am Stück), fällt die Schreibleistung dramatisch ab, da die Daten direkt in den langsameren TLC-Modus geschrieben werden müssen. Hinzu kommt der **Host Memory Buffer (HMB)**. Obwohl HMB eine geniale Lösung ist, um DRAM zu sparen, kann es unter bestimmten Umständen (z.B. wenn der System-RAM stark ausgelastet ist) zu geringfügig höheren Latenzen bei zufälligen Zugriffen führen. Für den durchschnittlichen Nutzer sind diese Einbrüche selten spürbar, aber für professionelle Workloads mit sehr großen Dateitransfers oder Datenbankoperationen kann dies relevant sein.
### Haltbarkeit und Zuverlässigkeit: Wie lange halten sie?
SSDs haben keine beweglichen Teile und sind daher in der Regel sehr robust. Die Langlebigkeit wird oft durch den TBW-Wert (Total Bytes Written) und die Garantiezeit angegeben.
* Die **Samsung 950 Pro** war mit beeindruckenden 200 TBW für das 256-GB-Modell und 400 TBW für das 512-GB-Modell spezifiziert. Dies, in Kombination mit dem inherent langlebigeren MLC-NAND, suggeriert eine überragende Lebensdauer. Die Garantie betrug 5 Jahre.
* Die **Patriot P300** bietet 160 TBW für das 256-GB-Modell, 320 TBW für 512 GB und 640 TBW für 1 TB. Die Garantie liegt bei 3 Jahren.
Für den durchschnittlichen Benutzer, der täglich vielleicht 10-20 GB schreibt, reichen selbst die niedrigsten TBW-Werte für viele Jahre. Ein 160-TBW-Laufwerk würde bei 20 GB/Tag etwa 21 Jahre halten. Realistisch gesehen werden die meisten Benutzer ihre SSDs aufgrund technologischen Fortschritts oder Kapazitätsbedarfs austauschen, lange bevor sie ihren TBW-Wert erreichen. Die 950 Pro bietet hier zwar auf dem Papier mehr Puffer, aber die P300 ist für die meisten Anwendungsfälle ebenfalls mehr als ausreichend.
### Preis-Leistungs-Verhältnis und Verfügbarkeit: Der wichtigste Faktor heute
Hier kommt der Realitäts-Check ins Spiel, denn ein direkter Vergleich „welches kaufe ich heute neu” ist schwierig und führt zu einem klaren Ergebnis.
* Die **Samsung 950 Pro** war bei ihrer Einführung ein absolutes Premium-Produkt mit einem entsprechenden Preis. Ein 512-GB-Modell kostete weit über 300 Euro. Heute ist die 950 Pro ein **EOL (End-of-Life)-Produkt**, das nicht mehr neu hergestellt wird. Wenn Sie eine finden, dann nur gebraucht, oft zu Sammlerpreisen oder Restposten. Der Kauf einer gebrauchten SSD ist immer mit Risiken verbunden, insbesondere in Bezug auf die Restlaufzeit und Garantie.
* Die **Patriot P300** wurde von Anfang an als preisgünstige NVMe-Option positioniert. Ein 512-GB-Modell ist oft für unter 50 Euro erhältlich. Sie bietet somit eine unschlagbare Zugänglichkeit zur NVMe-Leistung für ein kleines Budget.
Für eine Kaufentscheidung **im Jahr 2024** oder später ist die Verfügbarkeit der 950 Pro der entscheidende Faktor. Es ist schlichtweg unrealistisch, die 950 Pro als ernsthafte Option für ein *neues* Systemlaufwerk in Betracht zu ziehen, es sei denn, man ist ein Sammler oder stolpert zufällig über ein unschlagbares gebrauchtes Angebot.
### Zielgruppe und Anwendungsbereiche: Wer braucht was?
* **Samsung 950 Pro (zu ihrer Zeit):**
* **Enthusiasten und frühe Adoptierer:** Diejenigen, die immer die neueste und schnellste Technologie wollten.
* **Professionelle Anwender:** Content Creator, Video-Editoren, CAD-Nutzer, Entwickler, die von der konstanten, hohen Leistung bei großen Dateitransfers profitierten.
* **Workstations und Server:** Anwendungen, die höchste IOPS und konstante Schreibleistung erforderten.
* **Patriot P300 (heute):**
* **Mainstream-Nutzer und Gamer:** Diejenigen, die eine deutliche Verbesserung gegenüber SATA-SSDs wünschen und von schnellen Ladezeiten profitieren, ohne dabei ihr Budget zu sprengen.
* **Budget-Builds und PC-Upgrades:** Eine exzellente Wahl, um ältere Systeme zu beschleunigen oder einen kostengünstigen NVMe-Speicher in einem neuen System zu integrieren.
* **Allgemeine Office- und Produktivitätsanwendungen:** Für tägliche Aufgaben ist die Leistung der P300 mehr als ausreichend.
### Fazit und Empfehlung: Welches Laufwerk für Sie?
Die Frage „Samsung 950 Pro oder Patriot P300?” ist heute weniger eine Frage der direkten Konkurrenz, sondern vielmehr ein interessanter Blick auf die Evolution der NVMe-Technologie und die unterschiedlichen Marktsegmente, die sie bedient haben.
Die **Samsung 950 Pro** war zu ihrer Zeit ein Meisterwerk der Ingenieurskunst und ein wegweisendes Produkt. Ihre Kombination aus MLC-NAND, dem robusten Samsung Controller und dem dedizierten DRAM-Cache sorgte für eine Performance und Langlebigkeit, die damals unübertroffen war. Sie setzte den Standard, an dem sich zukünftige NVMe-SSDs messen lassen mussten. Wenn Sie heute eine 950 Pro besitzen, haben Sie ein Stück Hardware-Geschichte, das – sofern gut gepflegt – immer noch eine respektable Leistung liefern kann. Für bestimmte Nischenanwendungen oder als nostalgisches Sammlerstück könnte ein gebrauchtes Modell interessant sein, doch als erste Wahl für ein **neues Systemlaufwerk ist sie aus praktischen Gründen nicht mehr relevant**.
Die **Patriot P300** hingegen ist ein Paradebeispiel für die **Demokratisierung der NVMe-Technologie**. Sie bringt die spürbaren Vorteile von NVMe – blitzschnelle Bootzeiten, reaktionsfreudige Anwendungen und schnelle Dateiübertragungen – in den preisgünstigen Bereich. Obwohl sie mit TLC-NAND und einem DRAM-losen Controller auf Kosteneffizienz getrimmt ist, liefert sie für die allermeisten Endverbraucher-Workloads eine **exzellente Leistung und ein unschlagbares Preis-Leistungs-Verhältnis**. Ihre Nachteile in Bezug auf die Leistungskonsistenz bei extrem langen Dauer-Schreibvorgängen sind für den Gelegenheitsnutzer und selbst für viele Gamer kaum spürbar.
**Die klare Empfehlung für Ihr nächstes Systemlaufwerk im Hier und Jetzt ist die Patriot P300 oder ein vergleichbares modernes Budget-NVMe-Laufwerk.** Sie bietet eine enorme Leistungssteigerung gegenüber SATA-SSDs, ist leicht erhältlich und belastet Ihr Budget kaum. Die Zeiten der 950 Pro sind vorbei, aber ihr Vermächtnis lebt in der stetigen Weiterentwicklung und Zugänglichkeit der NVMe-Technologie fort.
Sollten Sie jedoch anspruchsvollere Workloads haben, die eine absolut konstante Performance bei Dauerlast erfordern (z.B. professionelle Videobearbeitung, große Datenbanken), sollten Sie eher zu moderneren High-End-NVMe-SSDs greifen, die ebenfalls PCIe Gen4 oder sogar Gen5 nutzen und über dedizierten DRAM-Cache sowie hochwertige TLC- oder QLC-NAND-Implementierungen verfügen, die die Schwächen der älteren Generationen ausmerzen.
Letztendlich zählt, dass Sie die richtige SSD für Ihre spezifischen Bedürfnisse und Ihr Budget wählen. Die Patriot P300 bietet eine hervorragende und kostengünstige Möglichkeit, in die Welt der NVMe-Geschwindigkeit einzutauchen.