Vom Rennpferd zur Schnecke: Warum hat meine SSD M.2 plötzlich nur noch 32 MB/s Schreibleistung?

Es ist ein Albtraum für jeden PC-Enthusiasten: Man investiert in eine blitzschnelle M.2 SSD, freut sich über rasante Ladezeiten und superschnelle Dateiübertragungen, und plötzlich – aus heiterem Himmel – bricht die Schreibleistung drastisch ein. Von glorreichen Gigabytes pro Sekunde (GB/s) auf magere 32 MB/s, oder sogar noch weniger. Was ist passiert? Hat sich Ihr digitales Rennpferd über Nacht in eine Schnecke verwandelt? Diese Frustration ist verständlich, denn eine M.2 SSD, besonders eine NVMe-Variante, sollte um ein Vielfaches schneller sein als eine herkömmliche Festplatte (HDD). Eine Schreibleistung von 32 MB/s ist alarmierend niedrig und deutet auf ein ernsthaftes Problem hin. Doch keine Sorge, in den meisten Fällen lässt sich die Ursache finden und beheben. In diesem umfassenden Artikel tauchen wir tief in die möglichen Gründe für diesen drastischen Leistungsabfall ein und zeigen Ihnen Schritt für Schritt, wie Sie Ihrer SSD wieder auf die Sprünge helfen können.

32 MB/s – Was bedeutet das für eine M.2 SSD?

Bevor wir uns den Ursachen widmen, lassen Sie uns kurz einordnen, wie extrem langsam 32 MB/s Schreibleistung für eine M.2 SSD tatsächlich ist. Moderne NVMe M.2 SSDs erreichen sequenzielle Schreibraten von mehreren hundert Megabyte pro Sekunde (MB/s) bis hin zu mehreren Gigabyte pro Sekunde (GB/s). Selbst ältere SATA M.2 SSDs (die langsamer sind als NVMe) erreichen typischerweise um die 500 MB/s. 32 MB/s ist ein Wert, der weit unter den Erwartungen liegt und sogar schlechter sein kann als die Schreibleistung einer langsamen mechanischen Festplatte. Ein solcher drastischer Leistungsabfall ist fast immer ein Anzeichen dafür, dass etwas grundlegend falsch konfiguriert ist, ein Engpass besteht oder die SSD selbst in einen Notlaufmodus geschaltet hat.

Die häufigsten Ursachen für eine extrem langsame M.2 SSD

Die Gründe für den plötzlichen Leistungsverlust können vielfältig sein, von einfachen Softwareproblemen bis hin zu Hardwarefehlern. Wir gehen die wahrscheinlichsten Szenarien durch.

1. Thermal Throttling: Die Überhitzungsfalle

Einer der häufigsten und oft übersehenen Gründe für einen drastischen Leistungsabfall bei M.2 SSDs ist die Überhitzung. Besonders schnelle NVMe SSDs, die über den PCIe-Bus kommunizieren, können unter hoher Last sehr heiß werden. Wenn die SSD eine kritische Temperatur erreicht, aktiviert sie einen Schutzmechanismus namens „Thermal Throttling„. Um Schäden zu vermeiden, drosselt die SSD ihre Leistung massiv, was zu extrem langsamen Geschwindigkeiten führen kann – genau jene 32 MB/s oder sogar weniger, die Sie beobachten. Dies ist vergleichbar mit einem Automotor, der bei Überhitzung seine Drehzahl reduziert, um nicht zu überhitzen.

• Symptome: Der Leistungsabfall tritt oft bei längeren oder intensiveren Schreibvorgängen auf und kann sich nach einer Abkühlphase wieder (kurzzeitig) verbessern.
• Lösung:
  • Kühlung verbessern: Überprüfen Sie, ob Ihre SSD einen Kühlkörper (Heatsink) hat. Viele Mainboards bieten integrierte M.2 Kühlkörper an, oder Sie können einen separaten Kühlkörper nachrüsten.
  • Gehäusebelüftung: Stellen Sie sicher, dass Ihr PC-Gehäuse eine ausreichende Belüftung bietet und die Lüfter ordnungsgemäß funktionieren. Schlechter Airflow kann die Wärmeableitung der SSD behindern.
  • Platzierung: Falls Ihr Mainboard mehrere M.2-Slots besitzt, versuchen Sie, die SSD in einen anderen Slot zu versetzen, der möglicherweise besser belüftet ist oder weniger Abwärme von anderen Komponenten (z.B. der Grafikkarte) abbekommt.

2. Volle SSD und der „SLC-Cache”-Effekt

Moderne QLC (Quad-Level Cell) und TLC (Triple-Level Cell) NAND-SSDs verwenden oft einen sogenannten SLC-Cache, um die Schreibleistung zu erhöhen. Ein Teil des Speichers wird dabei wie SLC-Speicher (Single-Level Cell) behandelt, der deutlich schneller ist. Wenn Sie jedoch große Datenmengen auf einmal schreiben oder die SSD sehr voll ist (typischerweise über 70-80% Kapazität), kann der SLC-Cache erschöpft sein oder nicht mehr effizient arbeiten. In diesem Fall muss die SSD direkt in den langsameren QLC/TLC-Speicher schreiben, was zu einem dramatischen Einbruch der Schreibleistung führen kann.

• Symptome: Der Leistungsabfall ist besonders spürbar bei großen Dateiübertragungen oder wenn die SSD fast voll ist.
• Lösung:
  • Speicherplatz freigeben: Löschen Sie unnötige Dateien und Programme, um freien Speicherplatz zu schaffen. Die SSD benötigt freien Speicherplatz für interne Wartungsarbeiten wie Garbage Collection und Wear Levelling, um optimal zu funktionieren.
  • Überwachen: Versuchen Sie, die SSD nicht dauerhaft über 70-80% zu füllen.

3. Veraltete oder falsche Treiber und Firmware

Software spielt eine entscheidende Rolle für die Leistung Ihrer SSD. Veraltete oder fehlerhafte Treiber, insbesondere für den Chipsatz oder den NVMe-Controller, können die Kommunikation zwischen SSD und System erheblich beeinträchtigen. Auch eine veraltete Firmware der SSD selbst kann zu Performance-Problemen oder fehlerhaften Verhaltensweisen führen.

• Symptome: Der Leistungsabfall kann plötzlich nach einem Windows-Update oder einer Treiberaktualisierung auftreten oder war schon länger schleichend vorhanden.
• Lösung:
  • NVMe-Treiber: Überprüfen Sie, ob Sie den Standard-Microsoft-NVMe-Treiber oder den vom SSD-Hersteller bereitgestellten Treiber verwenden. Oft bieten die herstellereigenen Treiber eine bessere Leistung. Besuchen Sie die Website Ihres SSD-Herstellers (z.B. Samsung Magician, Crucial Storage Executive) und laden Sie den neuesten NVMe-Treiber herunter.
  • Chipsatz-Treiber: Aktualisieren Sie auch die Chipsatz-Treiber Ihres Mainboards von der Hersteller-Website.
  • SSD-Firmware: Überprüfen Sie mit dem Tool des SSD-Herstellers, ob für Ihre SSD eine neuere Firmware-Version verfügbar ist. Firmware-Updates können Performance-Optimierungen und Bugfixes enthalten.

4. Falsche BIOS/UEFI-Einstellungen: SATA vs. NVMe Modus oder falsche PCIe-Konfiguration

M.2-Slots können manchmal verwirrend sein, da einige sowohl SATA- als auch NVMe-SSDs unterstützen, während andere auf einen bestimmten Typ beschränkt sind. Selbst wenn Sie eine NVMe SSD verwenden, könnte eine falsche BIOS/UEFI-Einstellung die Leistung drastisch einschränken.

• Symptome: Die SSD ist von Anfang an langsam oder wird nach einer BIOS-Änderung langsam.
• Lösung:
  • NVMe-Modus: Stellen Sie im BIOS/UEFI sicher, dass der M.2-Slot, in dem Ihre SSD steckt, für den NVMe-Betrieb konfiguriert ist und nicht fälschlicherweise im SATA-Modus läuft (falls dies eine Option ist).
  • PCIe-Konfiguration: Überprüfen Sie im Handbuch Ihres Mainboards, wie die PCIe-Lanes für die M.2-Slots konfiguriert sind. Manchmal teilen sich M.2-Slots Lanes mit anderen Komponenten (z.B. Grafikkarten-Slots, andere M.2-Slots oder SATA-Ports). Eine falsche Konfiguration oder die Belegung bestimmter Ports kann die der SSD zur Verfügung stehenden PCIe-Lanes reduzieren (z.B. von x4 auf x2), was die maximale Bandbreite stark einschränkt. Stellen Sie sicher, dass Ihre NVMe SSD die vollen PCIe x4 Lanes nutzt, die sie benötigt (z.B. Gen3 x4 oder Gen4 x4).
  • AHCI-Modus: Obwohl NVMe-SSDs nicht direkt AHCI nutzen, ist es wichtig, dass der Controller-Modus im BIOS auf „NVMe” oder „PCIe” (je nach Mainboard) und nicht „IDE” oder „SATA” steht. Für den SATA-M.2-Anschluss wäre AHCI korrekt.
  • BIOS-Update: Ein veraltetes BIOS kann Kompatibilitätsprobleme oder Ineffizienzen bei der Ansteuerung moderner Hardware verursachen. Suchen Sie nach dem neuesten BIOS-Update für Ihr Mainboard.

5. Windows-Energieeinstellungen und PCIe Link State Power Management

Die Energieverwaltungseinstellungen von Windows können die Leistung von Hardware-Komponenten beeinflussen, um Strom zu sparen. Die Funktion „PCIe Link State Power Management” ist ein solcher Kandidat, der bei aggressiven Einstellungen die Verbindung zur SSD stören kann.

• Symptome: Der Leistungsabfall ist unregelmäßig oder tritt nach einer Phase der Inaktivität auf.
• Lösung:
  • Energieplan: Stellen Sie Ihren Windows-Energieplan auf „Höchstleistung” oder „Ausbalanciert” (mit angepassten Einstellungen) ein.
  • PCIe Link State Power Management deaktivieren: Gehen Sie in die erweiterten Energieeinstellungen von Windows (Systemsteuerung > Hardware und Sound > Energieoptionen > Energiesparplan bearbeiten > Erweiterte Energieeinstellungen ändern). Suchen Sie unter „PCI Express” nach „Verwaltung des Verbindungszustands – Energie sparen” und stellen Sie es auf „Aus” oder „Aus (Maximale Leistung)”.

6. Hintergrundprozesse und übermäßige Disk-Aktivität

Manchmal ist die SSD selbst nicht das Problem, sondern andere Prozesse im System, die im Hintergrund laufen und die Ressourcen der SSD beanspruchen. Dazu gehören:

• Antivirenprogramme: Laufende Scans können erhebliche Lese- und Schreibleistung beanspruchen.
• Windows-Updates: Große Updates können im Hintergrund heruntergeladen und installiert werden.
• Indizierungsdienste: Die Windows-Suchindizierung kann bei großen Datenmengen stark auf die SSD zugreifen.
• Dateisynchronisation/-Backup: Cloud-Dienste oder lokale Backups, die im Hintergrund laufen.

• Symptome: Der Leistungsabfall tritt nur sporadisch oder bei bestimmten Aktivitäten auf.
• Lösung:
  • Task-Manager prüfen: Öffnen Sie den Task-Manager (Strg+Umschalt+Esc) und prüfen Sie unter dem Reiter „Leistung” die Auslastung der Festplatte und unter „Prozesse”, welche Anwendungen die höchste Disk-Aktivität verursachen.
  • Temporär deaktivieren: Versuchen Sie, verdächtige Hintergrundprozesse vorübergehend zu deaktivieren und die Schreibleistung erneut zu testen.

7. Fehlerhaftes M.2-Gehäuse oder Kabel (bei externer Nutzung)

Obwohl die meisten M.2 SSDs intern verwendet werden, kommen sie auch in externen Gehäusen zum Einsatz. Wenn Sie Ihre M.2 SSD in einem externen Gehäuse betreiben, können auch hier Probleme auftreten:

• Symptome: Die Leistung ist nur im externen Gehäuse schlecht.
• Lösung:
  • Gehäuse/Controller: Das externe Gehäuse selbst oder dessen USB-Controller kann der Engpass sein. Nicht alle externen Gehäuse unterstützen die volle Geschwindigkeit von NVMe oder verfügen über einen leistungsfähigen Controller.
  • Kabel: Ein minderwertiges oder beschädigtes USB-Kabel kann die Übertragungsgeschwindigkeit drastisch reduzieren.
  • USB-Port: Stellen Sie sicher, dass Sie einen schnellen USB-Port (z.B. USB 3.1 Gen 2 oder USB 3.2 Gen 2×2) verwenden, der die nötige Bandbreite bietet.

8. Hardwaredefekt: Die SSD ist tatsächlich defekt

Im schlimmsten Fall könnte Ihre M.2 SSD defekt sein oder langsam den Geist aufgeben. NAND-Flash-Speicher hat eine begrenzte Anzahl von Schreibzyklen, und obwohl moderne SSDs sehr langlebig sind, können Fehler oder Verschleiß auftreten.

• Symptome: Der Leistungsabfall ist dauerhaft, begleitet von Systemabstürzen, Datenkorruption oder der SSD, die nicht mehr erkannt wird.
• Lösung:
  • SMART-Daten auslesen: Verwenden Sie Tools wie CrystalDiskInfo, um die SMART-Daten Ihrer SSD auszulesen. Diese geben Aufschluss über den Gesundheitszustand, die geschriebenen Datenmengen und mögliche Fehler. Achten Sie auf Warnungen oder Fehlerindikatoren.
  • Daten sichern: Wenn Sie den Verdacht haben, dass die SSD defekt ist, sichern Sie sofort alle wichtigen Daten.
  • Garantie: Wenn die SSD noch unter Garantie fällt und die SMART-Daten auf einen Defekt hinweisen, kontaktieren Sie den Hersteller für einen Austausch.

Systematische Fehlersuche: So gehen Sie vor

1. Messen und Dokumentieren: Nutzen Sie Tools wie CrystalDiskMark, um die aktuelle Lese- und Schreibleistung zu messen und die Ergebnisse zu speichern. So können Sie Veränderungen nachvollziehen.
2. Temperatur prüfen: Überwachen Sie die SSD-Temperatur während und nach intensiven Schreibvorgängen mit Tools wie HWiNFO oder CrystalDiskInfo.
3. Treiber und Firmware aktualisieren: Das ist oft der einfachste und effektivste erste Schritt.
4. BIOS/UEFI überprüfen: Gehen Sie die Einstellungen sorgfältig durch, insbesondere die für den M.2-Slot und die PCIe-Konfiguration.
5. Speicherplatz freigeben: Wenn die SSD stark gefüllt ist, räumen Sie auf.
6. Hintergrundprozesse prüfen: Werden Ressourcen von anderen Programmen beansprucht?
7. Energieeinstellungen anpassen: Deaktivieren Sie das PCIe Link State Power Management.
8. SMART-Daten prüfen: Holen Sie sich Informationen über den Gesundheitszustand der SSD.
9. Kreuztest (falls möglich): Wenn Sie eine andere M.2 SSD haben, tauschen Sie diese testweise aus. Oder testen Sie die problematische SSD in einem anderen System. So können Sie feststellen, ob das Problem bei der SSD oder beim Mainboard/System liegt.

Vorbeugung ist der beste Schutz

Um Ihre M.2 SSD langfristig schnell und zuverlässig zu halten, beachten Sie folgende Tipps:

• Gute Belüftung: Sorgen Sie für einen ausreichenden Airflow in Ihrem PC-Gehäuse.
• Kühlkörper nutzen: Investieren Sie in einen M.2 Kühlkörper, besonders für Hochleistungs-NVMe-SSDs.
• Nicht überfüllen: Halten Sie immer einen gewissen Prozentsatz (z.B. 10-20%) freien Speicherplatz vor.
• Aktuell bleiben: Halten Sie Chipsatz-Treiber, NVMe-Treiber und die SSD-Firmware auf dem neuesten Stand.
• Qualität zahlt sich aus: Achten Sie beim Kauf auf renommierte Hersteller und gute Qualität.

Fazit

Eine M.2 SSD, die plötzlich nur noch 32 MB/s Schreibleistung erreicht, ist ein klares Zeichen für ein Problem, das behoben werden muss. In den meisten Fällen ist die Ursache ein Engpass durch Thermal Throttling, einen vollen SLC-Cache oder eine falsche Konfiguration im BIOS/UEFI oder den Treibern. Eine systematische Fehlersuche, wie in diesem Artikel beschrieben, führt Sie in der Regel zur Lösung. Selten steckt ein echter Hardwaredefekt dahinter. Nehmen Sie sich die Zeit, die verschiedenen Punkte durchzugehen, und Ihr Rennpferd wird bald wieder mit voller Geschwindigkeit über die Datenautobahn flitzen!