Das perfekte Home-Lab: Welcher neue miniPC eignet sich am besten für Proxmox und Jellyfin?

Der Traum vom eigenen Home-Lab ist für viele Technik-Enthusiasten und IT-Profis gleichermaßen verlockend. Es ist ein Spielplatz, ein Lernort und eine Kommandozentrale in einem – ein Ort, an dem man Server-Dienste ausprobieren, virtuelle Maschinen betreiben und die volle Kontrolle über die eigene digitale Infrastruktur übernehmen kann. Doch oft scheitert der Einstieg an der Komplexität oder den vermeintlich hohen Kosten für die Hardware. Hier kommen miniPCs ins Spiel: kompakte, energieeffiziente und überraschend leistungsstarke Geräte, die sich ideal als Herzstück eines modernen Home-Labs eignen.

In diesem umfassenden Artikel tauchen wir tief in die Welt der miniPCs ein und beleuchten, welche Kriterien entscheidend sind, wenn Sie Ihr Home-Lab mit Proxmox VE für Virtualisierung und Jellyfin als Ihre persönliche Medienzentrale betreiben möchten. Wir analysieren Prozessoren, Arbeitsspeicher, Speicherlösungen und Netzwerkoptionen, um Ihnen die Wahl des besten Geräts zu erleichtern.

Einleitung: Der Traum vom eigenen Home-Lab

Warum eigentlich ein Home-Lab? Die Gründe sind vielfältig: Sie können Ihre Fähigkeiten in Linux, Netzwerkadministration und Server-Management verbessern, Ihre eigenen Cloud-Dienste hosten (Nextcloud, Vaultwarden), eine Werbeblocker-Instanz wie Pi-hole betreiben oder eben eine leistungsstarke Medienzentrale mit Jellyfin aufbauen. Der Reiz liegt in der Unabhängigkeit von externen Anbietern und der Möglichkeit, alles genau nach Ihren Vorstellungen zu konfigurieren.

Traditionell wurden für solche Zwecke oft ausgemusterte Tower-PCs oder gar Rack-Server verwendet. Diese sind jedoch oft laut, verbrauchen viel Strom und nehmen viel Platz ein. Moderne miniPCs bieten hier eine attraktive Alternative. Sie sind klein genug, um unauffällig im Regal zu verschwinden, leise genug, um im Wohnbereich nicht zu stören, und dank aktueller Hardware-Generationen leistungsfähig genug, um anspruchsvolle Aufgaben zu meistern – und das bei einem deutlich geringeren Stromverbrauch. Speziell für die Kombination aus Proxmox und Jellyfin gibt es einige Besonderheiten, auf die wir eingehen werden.

Die Grundlagen verstehen: Was braucht ein Home-Lab wirklich?

Bevor wir uns den spezifischen miniPC-Modellen zuwenden, ist es wichtig zu verstehen, was unsere beiden Hauptanwendungen, Proxmox VE und Jellyfin, an Hardware-Ressourcen benötigen:

• Proxmox VE (Virtual Environment): Dies ist die Hypervisor-Schicht, die es uns ermöglicht, mehrere Betriebssysteme (virtuelle Maschinen) und Container (LXC) parallel auf einem einzigen physischen Rechner zu betreiben. Proxmox selbst ist relativ schlank, aber die von ihm verwalteten VMs und LXCs benötigen jeweils eigene CPU-Kerne, Arbeitsspeicher und Speicherplatz. Für einen reibungslosen Betrieb sind daher eine CPU mit mehreren Kernen und ausreichend Arbeitsspeicher essenziell. Schnelle SSDs sind für die Reaktionsfähigkeit der virtuellen Maschinen unerlässlich.
• Jellyfin: Dies ist ein Open-Source-Medienserver, der Ihre Filme, Serien, Musik und Fotos zentralisiert und über verschiedene Geräte streamt. Die größte Hardware-Herausforderung für Jellyfin ist die Transkodierung. Wenn ein Client (z.B. ein Smartphone oder ein älterer Smart-TV) ein Video nicht im Originalformat abspielen kann, muss Jellyfin es „on-the-fly” in ein kompatibles Format umwandeln. Dieser Prozess ist sehr rechenintensiv und erfordert entweder eine leistungsstarke CPU oder, idealerweise, eine dedizierte Hardware-Transkodierungsfunktion (iGPU).

Das Ziel ist es, einen miniPC zu finden, der beide Aufgaben effizient und zuverlässig erledigen kann, ohne dass es zu Engpässen kommt. Die Kunst liegt darin, die Ressourcen optimal zu verteilen und Synergien zu nutzen.

Wichtige Kriterien für die Auswahl des perfekten miniPCs

Die Wahl des richtigen miniPCs hängt von mehreren Faktoren ab. Hier sind die wichtigsten Kriterien, die Sie berücksichtigen sollten:

1. Prozessor (CPU): Das Herzstück mit Besonderheit

Der Prozessor ist das Gehirn Ihres Home-Labs. Für Proxmox benötigen Sie eine CPU mit vielen Kernen, um mehrere VMs und Container gleichzeitig betreiben zu können. Eine gute Single-Core-Leistung ist ebenfalls vorteilhaft für bestimmte Anwendungen innerhalb der VMs.

Für Jellyfin kommt jedoch eine ganz spezielle Anforderung hinzu: die integrierte Grafikeinheit (iGPU). Moderne Intel-CPUs mit Intel Quick Sync Video und AMD-CPUs mit Video Core Next (VCN) sind hier Gold wert. Diese iGPUs können die rechenintensive Video-Transkodierung von der Haupt-CPU übernehmen, was zu einer massiven Entlastung führt und gleichzeitig den Stromverbrauch senkt. Intel Quick Sync Video genießt dabei einen hervorragenden Ruf für seine breite Codec-Unterstützung und Effizienz unter Linux/Jellyfin.

• Empfehlung: CPUs von Intel (ab 11. Generation, z.B. Core i3/i5/i7 Tiger Lake, Alder Lake, Raptor Lake, Meteor Lake) oder AMD (Ryzen 5000G, 6000G, 7000G Serie). Für reines Transkodieren und sehr niedrigen Verbrauch sind die Intel N100/N200 Prozessoren (Alder Lake-N) überraschend leistungsfähig und energieeffizient. Für mehr VM-Power sind die Core-i-CPUs oder Ryzen-G-Modelle die bessere Wahl.

2. Arbeitsspeicher (RAM): Genug ist nie genug

RAM ist entscheidend für Proxmox, da jede VM und jeder Container einen Teil des Arbeitsspeichers für sich beansprucht. Wenn der RAM knapp wird, muss das System auf langsamere Festplattenspeicher ausweichen, was die Performance drastisch reduziert.

• Mindestens 16GB sind für ein kleines Lab mit 2-3 VMs/LXCs und Jellyfin zu empfehlen.
• 32GB oder mehr sind ideal, um Spielraum für zukünftige Projekte und eine höhere Anzahl an Diensten zu haben.
• Achten Sie auf die Anzahl der SODIMM-Slots (meist 2 bei miniPCs) und die maximal unterstützte RAM-Menge. DDR4 ist immer noch weit verbreitet, aber neuere CPUs unterstützen DDR5, was eine höhere Bandbreite bietet.

3. Speicher (Storage): Schnell und ausreichend

Für ein reaktionsschnelles Home-Lab ist schneller Speicher unerlässlich.

• NVMe SSD (PCIe Gen3/Gen4): Ein M.2-Slot für eine NVMe-SSD sollte als Boot-Drive für Proxmox VE und für hochperformante VMs/Container (z.B. Datenbanken, Webserver) vorhanden sein.
• Zweiter NVMe-Slot oder SATA-Anschluss: Ideal für eine zweite SSD für Jellyfin-Metadaten oder für die Medienbibliothek, falls diese nicht auf einem externen NAS liegt. Manche miniPCs bieten sogar Platz für eine 2,5-Zoll-SATA-SSD/HDD.
• Medienbibliothek: Für umfangreiche Medienbibliotheken ist eine separate HDD (intern oder extern über USB) oder ein Network Attached Storage (NAS) die sinnvollste Lösung.

4. Netzwerk (Networking): Die Verbindung zur Welt

Ein stabiles und schnelles Netzwerk ist für jeden Server, also auch für Ihr Home-Lab, von großer Bedeutung.

• Dual-LAN: Idealerweise verfügt der miniPC über zwei Gigabit-Ethernet-Anschlüsse (oder besser noch 2.5Gbe). Einer kann für das Management-Netzwerk von Proxmox und der andere für den VM-Traffic oder für ein separates Mediennetzwerk genutzt werden.
• 2.5Gbe: Immer mehr miniPCs kommen mit 2.5Gbe-Ports. Dies ist ein großer Vorteil für schnelle Datenübertragungen im lokalen Netz, besonders wenn Sie auch ein entsprechendes NAS oder Switch besitzen.
• WLAN ist zwar oft vorhanden, aber für einen zuverlässigen Serverbetrieb ist eine kabelgebundene Ethernet-Verbindung immer vorzuziehen.

5. Energieverbrauch (Power Consumption): Der Dauerläufer

Da Ihr Home-Lab idealerweise 24/7 läuft, ist der Stromverbrauch ein wichtiges Kriterium. Ein miniPC ist hier meist deutlich sparsamer als ein herkömmlicher Desktop-PC.

• Achten Sie auf CPUs mit niedriger TDP (Thermal Design Power) und einen generell geringen Idle-Verbrauch. Moderne Prozessorgenerationen sind hier sehr effizient.
• Die Hardware-Transkodierung über die iGPU trägt ebenfalls zur Energieeffizienz bei, da die CPU weniger belastet wird.

6. Erweiterbarkeit und Anschlüsse (Expandability & Ports): Zukunftssicherheit

Überlegen Sie, welche Peripheriegeräte Sie anschließen möchten.

• Ausreichend USB-Ports (USB 3.x, USB-C) für externe Festplatten, USB-Sticks oder andere Geräte.
• Videoausgänge (HDMI, DisplayPort) für die erstmalige Einrichtung oder gelegentliche Fehlerbehebung.
• Einige miniPCs bieten auch Thunderbolt-Ports, die zusätzliche Flexibilität für externe GPUs oder schnelle Speicherlösungen bieten können.

7. Formfaktor und Kühlung (Form Factor & Cooling): Der leise Helfer

Die Kompaktheit ist ein Hauptvorteil von miniPCs. Achten Sie auf eine effektive, aber leise Kühlung, besonders wenn das Gerät im Wohnbereich stehen soll. Die meisten miniPCs mit leistungsstarken CPUs verwenden aktive Lüfter, die aber bei geringer Last oft kaum hörbar sind.

Die Rolle der integrierten Grafikeinheit (iGPU) für Jellyfin

Dieser Punkt kann nicht genug betont werden: Für ein optimales Jellyfin-Erlebnis in Kombination mit Proxmox ist die Hardware-Transkodierung über die iGPU der Schlüssel. Eine reine CPU-basierte Transkodierung ist extrem rechenintensiv und kann bei mehreren gleichzeitigen Streams oder hochauflösenden Videos schnell an ihre Grenzen stoßen, was zu Rucklern und Verzögerungen führt.

Intel Quick Sync Video ist hier der unangefochtene Champion. Es bietet eine hervorragende Leistung und Effizienz für die gängigsten Video-Codecs (H.264, H.265/HEVC, VP9, AV1) und wird von Jellyfin und den zugrunde liegenden Bibliotheken (FFmpeg) sehr gut unterstützt. Auch AMDs VCN hat in den letzten Jahren stark aufgeholt und ist eine gute Alternative, insbesondere bei neueren Ryzen-CPUs.

Um die iGPU unter Proxmox für Jellyfin zu nutzen, müssen Sie diese per Passthrough an die Jellyfin-VM oder den LXC durchreichen. Dies ist ein Standardverfahren und gut dokumentiert, erfordert aber eine gewisse Konfiguration im Proxmox-System.

Empfehlenswerte miniPC-Kategorien und Modelle (Beispiele)

Der Markt für miniPCs ist riesig und entwickelt sich ständig weiter. Hier sind einige Kategorien und Beispiele, die sich gut für ein Proxmox/Jellyfin-Lab eignen:

1. Einsteiger/Budget-freundlich & Ultra-Effizient

• Intel N100 / N200 basierte miniPCs (z.B. Beelink EQ12, Geekom MiniAir12): Diese sehr sparsamen Prozessoren bieten überraschend gute Quick Sync Leistung der 12. Generation und sind ideal für ein Home-Lab mit Fokus auf geringen Stromverbrauch und 1-2 Transkodierungen. Genug Kerne für einige LXCs oder schlanke VMs.
• Ältere Intel NUCs (mit i3/i5/i7 ab 8. Gen): Falls Sie gebrauchte Geräte in Betracht ziehen. Diese sind oft günstig zu haben und bieten immer noch solides Quick Sync.

2. Mittelklasse/Optimales Preis-Leistungs-Verhältnis

• Intel Core i5/i7 (11. bis 13. Generation) basierte miniPCs (z.B. Beelink SEi12, Minisforum Venus Series, Geekom Mini IT12/IT13): Diese bieten eine hervorragende Balance aus CPU-Leistung für Proxmox und fortschrittlicher Quick Sync Generation für Jellyfin. Achten Sie auf Modelle mit 2.5Gbe LAN und mind. 2 NVMe-Slots.
• AMD Ryzen 5/7 (5000G, 6000G, 7000G Serie) basierte miniPCs (z.B. Minisforum UM773 Lite, Beelink SER6): AMDs G-Serie Prozessoren bieten eine beeindruckende Kombination aus hoher CPU-Leistung und einer leistungsfähigen iGPU (VCN), die ebenfalls sehr gut für Transkodierung geeignet ist. Eine starke Alternative zu Intel.
• ASRock DeskMini X300/A300/X600 (Barebones): Diese sind Barebones (ohne CPU, RAM, SSD), aber bieten die Flexibilität, eine Desktop-APU (Ryzen G-Serie) einzusetzen. Sehr kompakt und leistungsstark. Die neueren X600 Modelle unterstützen die aktuelle Ryzen 7000G Serie.

3. High-End/Leistungsstark

• Intel Core i7/i9 (12. Generation und neuer) basierte miniPCs (z.B. Geekom Mini IT13, Minisforum Neptune Series): Für anspruchsvollste Setups mit vielen VMs, Containern und mehreren 4K-Transkodierungen gleichzeitig. Bieten die modernste Quick Sync Generation.
• AMD Ryzen 7/9 (7000G Serie) basierte miniPCs: Vergleichbar mit den Top-Intel-Modellen, bieten sie maximale CPU- und GPU-Leistung in einem kompakten Formfaktor.

Wichtig ist, die genauen Spezifikationen des jeweiligen Modells zu prüfen, insbesondere hinsichtlich der Anzahl der M.2-Slots, SATA-Anschlüsse und Netzwerk-Ports.

Setup und Konfigurationstipps für Proxmox und Jellyfin

Sobald Sie Ihren miniPC ausgewählt haben, steht die Einrichtung an:

1. Proxmox VE installieren: Laden Sie das Proxmox ISO herunter und installieren Sie es auf Ihrer primären NVMe-SSD. Der Installationsprozess ist benutzerfreundlich.
2. Basiskonfiguration: Aktualisieren Sie Proxmox nach der Installation und konfigurieren Sie das Netzwerk.
3. iGPU Passthrough vorbereiten: Dies ist der wichtigste Schritt für Jellyfin. Sie müssen in Proxmox bestimmte Kernel-Module laden und die iGPU für den Passthrough an eine VM oder einen LXC vorbereiten. Es gibt viele hervorragende Anleitungen online dazu.
4. Jellyfin in einem LXC oder einer VM:
   • LXC (Linux Container): Ist ressourcenschonender und performanter, da der Container den Kernel des Hosts nutzt. Ideal für Jellyfin, wenn Sie das iGPU-Passthrough korrekt konfigurieren.
   • VM (Virtuelle Maschine): Bietet mehr Isolation und Flexibilität bei der Wahl des Betriebssystems. Auch hier ist iGPU-Passthrough möglich.
5. Speicherstrategie: Installieren Sie Jellyfin selbst auf einer schnellen SSD. Ihre Medienbibliothek kann auf einer zweiten internen SSD/HDD liegen oder über einen Netzwerkmount (NFS, SMB) von Ihrem NAS eingebunden werden.
6. Backup-Strategie: Denken Sie von Anfang an an Backups! Proxmox bietet hervorragende integrierte Backup-Funktionen für VMs und LXCs.

Fazit: Dein perfektes Home-Lab wartet

Der Aufbau eines Home-Labs mit einem miniPC ist eine lohnende Investition in Ihre Fähigkeiten und Ihre digitale Unabhängigkeit. Die Kombination aus Proxmox VE und Jellyfin ist ein Paradebeispiel dafür, wie viel Leistung und Funktionalität in diesen kompakten Geräten stecken kann.

Der ideale miniPC für dieses Szenario ist ein Gerät, das eine ausgewogene Mischung aus mehreren CPU-Kernen, ausreichend erweiterbarem RAM (mind. 16 GB, besser 32 GB), schnellem NVMe-Speicher (idealweise mit zusätzlichem SATA-Slot) und mindestens einem, besser zwei 2.5Gbe-Netzwerkanschlüssen bietet. Der absolute Game-Changer ist jedoch eine leistungsstarke integrierte Grafikeinheit, insbesondere Intel Quick Sync Video, um die Hardware-Transkodierung für Jellyfin effizient zu ermöglichen.

Ob Sie sich für einen sparsamen Intel N100, einen ausgewogenen Core i5/Ryzen 5 oder ein leistungsstarkes Core i7/Ryzen 7 Modell entscheiden, hängt von Ihrem Budget und Ihren spezifischen Anforderungen ab. Aber egal für welches Modell Sie sich entscheiden: Das Abenteuer des eigenen Home-Labs ist nur einen Klick entfernt. Tauchen Sie ein, experimentieren Sie und gestalten Sie Ihre eigene digitale Welt!