Proxmox GPU Passthrough erfolgreich, aber keine Hardware-Beschleunigung in der Windows VM? Hier ist die Lösung!

Die Euphorie ist groß: Endlich haben Sie es geschafft! Nach stundenlangem Tüfteln und unzähligen Anleitungen haben Sie das GPU Passthrough in Ihrer Proxmox Windows VM erfolgreich eingerichtet. Die Grafikkarte wird im Geräte-Manager der virtuellen Maschine erkannt, die Treiber sind installiert, und es gibt keinen lästigen Fehler 43 mehr. Ein breites Grinsen huscht über Ihr Gesicht – endlich können Sie Ihre Lieblingsspiele zocken oder ressourcenintensive Anwendungen in Ihrer VM nutzen, ohne Kompromisse bei der Leistung einzugehen. Doch dann folgt die Ernüchterung: Beim Starten eines Spiels oder einer Render-Software ist die Performance grottenschlecht, die FPS fallen ins Bodenlose, und die Anwendung meldet möglicherweise, dass keine Hardware-Beschleunigung verfügbar ist. Was ist passiert? Sie haben doch alles richtig gemacht, oder?

Keine Sorge, Sie sind nicht allein! Dieses Phänomen ist ein klassischer Stolperstein für viele Enthusiasten, die sich in die Welt des Proxmox VFIO Passthrough wagen. Die gute Nachricht ist: Das Problem ist lösbar! In diesem umfassenden Artikel tauchen wir tief in die Materie ein, identifizieren die Ursachen für die fehlende Hardware-Beschleunigung und präsentieren Ihnen eine Schritt-für-Schritt-Lösung, um Ihre Windows VM endlich zu voller Grafikleistung zu verhelfen.

Die Freude und die Ernüchterung: Wenn Erfolg nicht gleich Leistung bedeutet

Der erste Schritt, das physische Durchreichen der Grafikkarte an die virtuelle Maschine, ist an sich schon eine Leistung. Wenn die GPU im Geräte-Manager der Windows VM als „NVIDIA GeForce RTX 3080“ oder „AMD Radeon RX 6800“ (oder welche Karte Sie auch immer haben) ohne Ausrufezeichen angezeigt wird, fühlt sich das wie ein Sieg an. Sie installieren die neuesten Treiber, vielleicht sogar mit dem Gefühl, „den Endgegner besiegt“ zu haben. Doch die Realität holt Sie schnell ein: Ein Benchmark zeigt Performance-Werte, die weit unter dem Erwarteten liegen, oder ein Spiel ist unspielbar, obwohl die Hardware doch so potent ist. Hier wird klar, dass „erkannt” nicht immer „voll nutzbar” bedeutet.

Was ist passiert? Die Ursachenforschung

Das Kernproblem liegt oft in der Art und Weise, wie Grafiktreiber, insbesondere von NVIDIA, mit virtualisierten Umgebungen umgehen. Viele GPU-Hersteller, allen voran NVIDIA, integrieren Mechanismen in ihre Treiber, die erkennen, ob die Grafikkarte in einer virtuellen Maschine läuft. Dies soll verhindern, dass ihre Consumer-Karten in Rechenzentren für Workloads eingesetzt werden, für die eigentlich teurere Profi-Karten (wie die Quadro- oder Tesla-Serien) gedacht sind. Entdeckt der Treiber diese Virtualisierung, verweigert er entweder ganz den Dienst (was zum berüchtigten Fehler 43 führt) oder er schaltet die volle Hardware-Beschleunigung ab. Auch wenn Sie den Fehler 43 bereits umschifft haben, bedeutet das nicht zwangsläufig, dass der Treiber nicht immer noch die Bremse zieht.

Neben der Virtualisierungserkennung gibt es aber auch weitere, oft übersehene Einstellungen in der Proxmox VM-Konfiguration oder im Host-BIOS, die die volle Leistung Ihrer durchgereichten GPU behindern können. Wir müssen sicherstellen, dass die VM die GPU exklusiv und ohne jegliche Konflikte oder Einschränkungen nutzen kann.

Die Lösung: Schritt für Schritt zur vollen Leistung

Um die volle Hardware-Beschleunigung in Ihrer Windows VM zu aktivieren, müssen wir eine Kombination aus Host- und Gast-Einstellungen optimieren. Der Schlüssel liegt darin, die Virtualisierung vor dem Grafikkartentreiber zu verbergen und sicherzustellen, dass die GPU als primäres und einziges Grafikgerät für die VM fungiert.

1. Grundlagen checken: Ist alles wirklich erfolgreich?

Bevor wir tiefer einsteigen, vergewissern Sie sich, dass die grundlegenden Schritte des GPU Passthrough korrekt ausgeführt wurden:

• Die Grafikkarte ist im Geräte-Manager Ihrer Windows VM ohne Ausrufezeichen gelistet.
• Die aktuellen Treiber für Ihre Grafikkarte sind installiert.
• Sie haben die Proxmox-Dokumentation für PCI Passthrough befolgt (vfio-pci, IOMMU-Gruppen, Blacklisting der GPU-Treiber auf dem Host).
• Auf dem Host-System wurde die iGPU (falls vorhanden) als primäre Grafikkarte eingestellt oder die durchzureichende GPU wurde von Proxmox nicht mehr genutzt.

2. Der Kern des Problems: Die Erkennung der Virtualisierung verbergen

Dies ist der wichtigste Schritt, besonders für NVIDIA-Karten. Wir müssen die VM so konfigurieren, dass sie sich für den Grafikkartentreiber wie ein physischer PC verhält.

a) QEMU-Argumente (qemu-args) hinzufügen

Diese Argumente weisen QEMU an, bestimmte Informationen über die Virtualisierung zu verbergen. Sie müssen diese zu Ihrer VM-Konfiguration hinzufügen. Ersetzen Sie VMID durch die ID Ihrer virtuellen Maschine (z.B. 100).

Öffnen Sie die Konfigurationsdatei Ihrer VM auf dem Proxmox-Host:

nano /etc/pve/qemu-server/VMID.conf

Fügen Sie am Ende der Datei die folgenden Zeilen hinzu:

args: -cpu 'host,kvm=off,hv_relaxed,hv_spinlocks=0x1fff,hv_vapic,hv_time' -smbios type=1,manufacturer='ASUS',product='ROG-STRIX-Z490-E-GAMING',version='1.04',serial='1234567890',uuid='12345678-1234-1234-1234-1234567890AB',sku='SKU',family='Family'

Erklärung:

• kvm=off: Signalisiert dem Gastsystem, dass es nicht in einer KVM-Umgebung läuft. Dies ist entscheidend für NVIDIA-Treiber.
• hv_relaxed, hv_spinlocks, hv_vapic, hv_time: Dies sind Hyper-V-Optimierungen, die die Leistung verbessern können und ebenfalls zur Verschleierung der Virtualisierung beitragen.
• -smbios type=1,manufacturer='ASUS',product='ROG-STRIX-Z490-E-GAMING',version='1.04',serial='1234567890',uuid='12345678-1234-1234-1234-1234567890AB',sku='SKU',family='Family': Mit diesem Argument fälschen wir die SMBIOS-Informationen, die der Gast normalerweise vom Host erhält. Viele Grafikkartentreiber prüfen diese Informationen, um eine Virtualisierung zu erkennen. Sie können hier die Daten Ihres tatsächlichen Motherboards verwenden oder generische, glaubwürdige Werte eintragen. Achten Sie darauf, eine gültige UUID zu verwenden (generieren Sie eine neue, wenn Sie unsicher sind, z.B. mit uuidgen auf dem Host).

Wichtig: Wenn Sie bereits cpu: host,hidden=1 in Ihrer Konfiguration haben, können Sie hidden=1 entfernen, da kvm=off in den args eine stärkere Wirkung hat.

b) BIOS-Einstellungen der VM: OVMF (UEFI)

Für GPU Passthrough ist es dringend empfohlen, OVMF (UEFI) als BIOS-Typ für Ihre Windows VM zu verwenden. SeaBIOS kann Probleme verursachen und ist weniger kompatibel mit modernen Grafikkarten. Stellen Sie außerdem sicher, dass Secure Boot in den VM-Optionen deaktiviert ist.

In der Proxmox Web-Oberfläche -> Ihre VM -> Optionen -> BIOS: OVMF (UEFI)

c) Maschinentyp und VGA-Controller

Stellen Sie sicher, dass Ihre VM den korrekten Maschinentyp und VGA-Controller verwendet:

• Maschinentyp: Verwenden Sie q35, da dieser moderne PCIe-Layouts besser abbildet als i440fx.
• VGA-Controller: Dies ist entscheidend! Stellen Sie ihn auf none. Wenn Sie eine virtuelle VGA-Karte aktiviert lassen (z.B. `std`, `vmware`), versucht Windows möglicherweise, diese für die Anzeige zu verwenden oder die Treiber der dedizierten GPU könnten in Konflikt geraten. Der Monitor sollte direkt an die durchgereichte GPU angeschlossen sein.

In der Proxmox Web-Oberfläche -> Ihre VM -> Hardware:

• Machine: q35 (neueste Version auswählen, z.B. q35-8.0)
• Display: none

d) CPU-Typ

Für die beste Leistung und Kompatibilität stellen Sie den CPU-Typ auf host ein.

In der Proxmox Web-Oberfläche -> Ihre VM -> Hardware -> Prozessoren -> Typ: host

3. Treiber-Magie und Fehlermanagement

Auch wenn die Treiber installiert sind, können die Änderungen an der VM-Konfiguration erfordern, dass sie neu installiert werden. Ein sauberer Start ist oft der beste Weg.

• Treiber neu installieren: Starten Sie die VM neu, nachdem Sie die oben genannten Änderungen vorgenommen haben. Deinstallieren Sie dann *alle* Grafikkartentreiber mit einem Tool wie dem Display Driver Uninstaller (DDU) im abgesicherten Modus von Windows. Starten Sie neu und installieren Sie die neuesten Treiber direkt von der NVIDIA- oder AMD-Website.
• Monitor direkt anschließen: Stellen Sie sicher, dass der Monitor, den Sie nutzen möchten, direkt an die durchgereichte Grafikkarte angeschlossen ist, nicht an die iGPU des Hosts oder eine andere virtuelle Anzeige.

4. Feintuning und Überprüfung

Nachdem Sie alle Schritte ausgeführt haben, ist es Zeit für die Überprüfung:

• Windows Energieoptionen: Stellen Sie das Energieprofil in Windows auf „Höchstleistung” (High Performance) ein.
• GPU-Z / HWMonitor: Verwenden Sie Tools wie GPU-Z oder HWMonitor, um die Auslastung, Taktraten und Temperaturen Ihrer Grafikkarte in der VM zu überwachen. Sie sollten sehen, dass die GPU korrekt arbeitet.
• Benchmarks / Spiele: Führen Sie Benchmarks (z.B. 3DMark, FurMark) oder Ihre Lieblingsspiele aus und vergleichen Sie die Performance. Die Ergebnisse sollten nun deutlich besser sein und nahe an der nativen Leistung liegen.

Profi-Tipps und häufige Fallstricke

• ReBAR / Above 4G Decoding im Host-BIOS: Stellen Sie sicher, dass „Above 4G Decoding” und, falls verfügbar, „Resizable BAR (ReBAR)” in den BIOS-Einstellungen Ihres Proxmox-Hosts aktiviert sind. Dies kann die Performance moderner GPUs erheblich verbessern.
• NVIDIA vs. AMD: Wie erwähnt, sind NVIDIA-Karten oft hartnäckiger, wenn es darum geht, die Virtualisierung zu verbergen. Die hier beschriebenen qemu-args sind besonders für NVIDIA unerlässlich. AMD-Karten sind oft kooperativer und benötigen möglicherweise nicht alle dieser Schritte, profitieren aber dennoch davon.
• USB-Controller Passthrough: Für ein noch natives Erlebnis können Sie einen dedizierten USB-Controller an die VM durchreichen, um Maus und Tastatur ohne Latenzen oder Probleme zu nutzen.
• Monitoring: Achten Sie auf Auffälligkeiten im Proxmox-Systemprotokoll (journalctl -f) oder in der Windows-Ereignisanzeige, falls Probleme auftreten.
• Snapshots: Erstellen Sie vor größeren Konfigurationsänderungen immer einen Snapshot Ihrer VM! So können Sie bei Problemen jederzeit zu einem funktionierenden Zustand zurückkehren.

Fazit

Das Problem der fehlenden Hardware-Beschleunigung nach einem scheinbar erfolgreichen Proxmox GPU Passthrough ist eine klassische Herausforderung, die jedoch mit den richtigen Konfigurationen gemeistert werden kann. Der Schlüssel liegt darin, die Virtualisierung vor dem Grafikkartentreiber zu verbergen und sicherzustellen, dass die Windows VM die durchgereichte GPU als ihr einziges und vollwertiges Grafikgerät ansieht. Mit den detaillierten qemu-args, der korrekten BIOS-Einstellung (OVMF), dem Maschinentyp q35 und dem deaktivierten virtuellen Display (vga: none) ebnen Sie den Weg für eine uneingeschränkte Gaming- oder Arbeitserfahrung in Ihrer virtuellen Maschine.

Es erfordert ein wenig Geduld und Detailarbeit, aber die Belohnung ist eine vollständig hardwarebeschleunigte Windows VM, die fast so gut performt wie ein natives System. Viel Erfolg beim Optimieren und genießen Sie die volle Leistung Ihrer Grafikkarte in Proxmox!