Die Kombination aus der Leistungsfähigkeit von Windows und der Flexibilität von Linux war noch nie so zugänglich wie heute. Dank des Windows Subsystem for Linux 2 (WSL2) können Sie vollständige Linux-Distributionen direkt in Windows ausführen, und das mit beeindruckender Performance. Während viele Benutzer WSL2 für Kommandozeilenaufgaben schätzen, ermöglicht es auch die Ausführung einer vollwertigen grafischen Benutzeroberfläche (GUI) Ihrer Lieblingsdistribution. In diesem umfassenden Leitfaden zeigen wir Ihnen Schritt für Schritt, wie Sie die Fedora GUI unter WSL2 zum Laufen bringen, um eine vollständige Desktop-Erfahrung direkt auf Ihrem Windows-System zu genießen.
Fedora ist bekannt für seine fortschrittliche Technologie, seine frischen Softwarepakete und seine starke Community. Es ist eine ausgezeichnete Wahl für Entwickler, Tester und alle, die eine moderne und leistungsstarke Linux-Umgebung suchen. Die Integration von Fedora mit einer grafischen Oberfläche in WSL2 eröffnet Ihnen eine Welt voller Möglichkeiten, von der Softwareentwicklung über das Testen neuer Anwendungen bis hin zur Nutzung spezieller Linux-Programme, die keine Windows-Entsprechung haben.
Tauchen wir ein in die Welt der nahtlosen Integration von Linux-Desktops auf Windows!
Voraussetzungen für die Fedora GUI unter WSL2
Bevor wir mit der Installation beginnen, stellen Sie sicher, dass Ihr System die folgenden Anforderungen erfüllt:
- Windows 10 Version 2004 oder höher (Build 19041 oder höher) oder Windows 11.
- Die Virtualisierungsfunktion muss im BIOS/UEFI Ihres Computers aktiviert sein.
- Eine stabile Internetverbindung für Downloads und Updates.
- Grundkenntnisse im Umgang mit der Windows PowerShell und der Linux-Kommandozeile sind hilfreich.
Phase 1: WSL2 aktivieren und konfigurieren
Der erste Schritt besteht darin, WSL2 auf Ihrem Windows-System zu aktivieren und als Standardversion festzulegen. Wenn Sie dies bereits getan haben, können Sie mit Phase 2 fortfahren.
Schritt 1: WSL2-Komponenten aktivieren
Öffnen Sie PowerShell als Administrator (Rechtsklick auf das Startmenü -> „Windows PowerShell (Administrator)” oder „Terminal (Administrator)”). Führen Sie die folgenden Befehle aus:
dism.exe /online /enable-feature /featurename:Microsoft-Windows-Subsystem-Linux /all /norestart
dism.exe /online /enable-feature /featurename:VirtualMachinePlatform /all /norestart
Diese Befehle aktivieren die notwendigen Windows-Features für WSL und die virtuelle Maschinenplattform. Nach der Ausführung starten Sie Ihren Computer neu, damit die Änderungen wirksam werden.
Schritt 2: WSL2 als Standard festlegen
Nach dem Neustart öffnen Sie PowerShell erneut als Administrator. Laden Sie das aktuelle WSL2 Linux-Kernel-Update-Paket von der offiziellen Microsoft-Website herunter und installieren Sie es, falls noch nicht geschehen. Die neueste Version finden Sie unter: https://wslstore.blob.core.windows.net/wslupdate/wsl_update_x64.msi
Legen Sie anschließend WSL2 als Standardversion fest:
wsl --set-default-version 2
Dieser Befehl stellt sicher, dass alle neuen Linux-Distributionen, die Sie installieren, die leistungsstärkere WSL2-Architektur verwenden. Sie sollten die Meldung „Der Vorgang wurde erfolgreich abgeschlossen.” sehen.
Phase 2: Fedora unter WSL2 installieren
Fedora ist derzeit nicht direkt im Microsoft Store verfügbar. Aber keine Sorge, wir können es manuell importieren!
Schritt 3: Fedora Base-Image herunterladen und importieren
Für die Installation von Fedora verwenden wir ein Root-Dateisystem-Image. Eine zuverlässige Quelle für Fedora Cloud Base Images ist die offizielle Fedora-Website oder vertrauenswürdige Community-Builds (z.B. von Whitewater Foundry). Wir empfehlen die Verwendung des offiziellen Fedora Cloud Base Images, das Sie hier finden können:
Besuchen Sie die Fedora Atomic Host Download-Seite oder suchen Sie nach „Fedora Cloud Base Image” und laden Sie das entsprechende `.tar.xz` oder `.tar.gz` Archiv herunter. Achten Sie auf die richtige Architektur (x86_64). Beispiel: Fedora-Cloud-Base-39-1.5.x86_64.tar.xz
Entpacken Sie das heruntergeladene Archiv, falls es sich um eine `.tar.xz`-Datei handelt, um eine `.tar`-Datei zu erhalten (z.B. mit 7-Zip oder WinRAR). Speichern Sie die resultierende `.tar`-Datei an einem leicht zugänglichen Ort, z.B. unter C:wslfedora.tar.
Nun importieren wir Fedora in WSL2. Öffnen Sie PowerShell als Administrator und führen Sie den folgenden Befehl aus. Ersetzen Sie <Pfad zum Speicherort> durch den gewünschten Installationspfad für Fedora (z.B. C:wslfedora_install) und <Pfad zur tar-Datei> durch den Speicherort Ihrer entpackten Fedora-Tar-Datei.
wsl --import Fedora <Pfad zum Speicherort> <Pfad zur tar-Datei> --version 2
Zum Beispiel:
wsl --import Fedora C:wslfedora_install C:wslfedora.tar --version 2
Dieser Vorgang kann je nach Größe des Images und Ihrer Festplattengeschwindigkeit einige Minuten dauern. Sobald er abgeschlossen ist, ist Fedora unter WSL2 installiert. Sie können es starten, indem Sie einfach wsl -d Fedora oder in der Eingabeaufforderung fedora eingeben, falls ein Launcher erstellt wurde.
Schritt 4: Ersten Benutzer erstellen und sudo konfigurieren
Wenn Sie Fedora zum ersten Mal starten, sind Sie standardmäßig als root angemeldet. Es ist gute Praxis, einen Nicht-Root-Benutzer zu erstellen und sudo für diesen Benutzer zu konfigurieren.
useradd -m -G wheel <IhrBenutzername>
passwd <IhrBenutzername>
Ersetzen Sie <IhrBenutzername> durch Ihren gewünschten Benutzernamen. Sie werden aufgefordert, ein Passwort für diesen Benutzer einzugeben und zu bestätigen.
Um Ihrem neuen Benutzer sudo-Rechte zu geben, müssen Sie die Datei /etc/sudoers bearbeiten. Dies sollte immer mit visudo geschehen, um Syntaxfehler zu vermeiden:
visudo
Suchen Sie die Zeile, die so aussieht:
%wheel ALL=(ALL) ALL
Stellen Sie sicher, dass diese Zeile nicht auskommentiert ist (d.h. kein # am Anfang). Speichern und beenden Sie den Editor (normalerweise :wq bei vi/vim).
Um festzulegen, dass Ihr neuer Benutzer standardmäßig beim Start der Fedora-Distribution angemeldet wird, können Sie eine Konfigurationsdatei erstellen. Erstellen Sie im Installationsverzeichnis Ihrer Fedora-Distribution (z.B. C:wslfedora_install) eine Datei namens wsl.conf mit folgendem Inhalt:
[user]
default=<IhrBenutzername>
Alternativ können Sie dies in PowerShell mit dem Befehl fedora.exe config --default-user <IhrBenutzername> festlegen, falls ein Launcher für Fedora erstellt wurde.
Schließen Sie alle Fedora-WSL-Fenster und starten Sie Fedora erneut, um die Änderungen zu übernehmen.
Phase 3: GUI-Umgebung installieren
Jetzt ist es an der Zeit, die Desktop-Umgebung in Ihrer Fedora-Installation einzurichten. Wir empfehlen eine leichtgewichtige Desktop-Umgebung für optimale Leistung unter WSL2.
Schritt 5: System aktualisieren
Melden Sie sich in Ihrer Fedora-Instanz an (als Ihr neu erstellter Benutzer) und aktualisieren Sie das System:
sudo dnf update -y
sudo dnf upgrade -y
Dies stellt sicher, dass Sie die neuesten Pakete und Sicherheitsupdates erhalten.
Schritt 6: Desktop-Umgebung installieren
Für eine gute Leistung unter WSL2 empfehle ich XFCE. Es ist ressourcenschonend und bietet eine vollständige Desktop-Erfahrung. Alternativ können Sie GNOME installieren, aber es ist ressourcenintensiver.
Option A: XFCE (Empfohlen)
sudo dnf groupinstall "Xfce Desktop" -y
sudo dnf install xfce4-terminal mousepad -y
Der erste Befehl installiert die gesamte XFCE-Desktop-Gruppe. Der zweite Befehl installiert ein Terminal und einen Texteditor, die nützlich sind.
Option B: GNOME (Alternativ)
sudo dnf groupinstall "GNOME Desktop" -y
Beachten Sie, dass GNOME auf WSL2 möglicherweise nicht so flüssig läuft wie XFCE, insbesondere auf Systemen mit begrenzten Ressourcen.
Schritt 7: Grafische Server-Tools installieren
Diese Pakete sind notwendig, damit die grafische Oberfläche mit einem X-Server auf Windows kommunizieren kann.
sudo dnf install xorg-x11-xauth xorg-x11-apps -y
Die xorg-x11-apps enthalten nützliche Test-Tools wie xclock oder xeyes.
Phase 4: Verbindung zur GUI herstellen
Um die grafische Oberfläche von Fedora auf Ihrem Windows-Desktop anzuzeigen, benötigen Sie einen X-Server, der auf Windows läuft.
Schritt 8: X-Server auf Windows installieren
Ein beliebter und zuverlässiger X-Server für Windows ist VcXsrv. Laden Sie ihn von der offiziellen Quelle herunter und installieren Sie ihn:
https://sourceforge.net/projects/vcxsrv/
Nach der Installation starten Sie den XLaunch-Assistenten. Wählen Sie die folgenden Optionen:
- „Multiple windows” oder „One large window”, je nach Präferenz.
- Auf der nächsten Seite: „Start no client”.
- Auf der „Extra settings”-Seite: Markieren Sie „Disable native OpenGL” und „Disable access control”. Dies ist wichtig für die Kompatibilität mit WSL2.
Speichern Sie die Konfiguration als .xlaunch-Datei, damit Sie sie in Zukunft einfach starten können. Führen Sie VcXsrv (den X-Server) aus, bevor Sie die GUI in Fedora starten. Sie sehen ein X-Symbol in Ihrer Windows-Taskleiste.
Stellen Sie sicher, dass Ihre Windows-Firewall den Netzwerkzugriff für VcXsrv nicht blockiert. Erlauben Sie den Zugriff für private und öffentliche Netzwerke.
Schritt 9: DISPLAY-Variable konfigurieren
In Ihrer Fedora-WSL2-Instanz müssen Sie die DISPLAY-Umgebungsvariable festlegen, damit die GUI-Anwendungen wissen, wohin sie ihre Ausgabe senden sollen (nämlich an Ihren auf Windows laufenden X-Server). Die IP-Adresse des Windows-Hosts kann sich ändern, daher ist es am besten, sie dynamisch zu ermitteln.
echo "export DISPLAY=$(grep -m 1 nameserver /etc/resolv.conf | awk '{print $2}'):0.0" >> ~/.bashrc
echo "export LIBGL_ALWAYS_INDIRECT=1" >> ~/.bashrc
source ~/.bashrc
Der erste Befehl fügt die dynamische Ermittlung der Host-IP-Adresse zur .bashrc-Datei hinzu, so dass sie bei jeder Shell-Sitzung automatisch gesetzt wird. LIBGL_ALWAYS_INDIRECT=1 kann die OpenGL-Leistung verbessern, wenn der X-Server kein direktes Rendering unterstützt.
Schritt 10: Desktop-Sitzung starten
Stellen Sie sicher, dass Ihr VcXsrv X-Server auf Windows läuft. Dann starten Sie in Ihrer Fedora-WSL2-Instanz die Desktop-Sitzung:
startxfce4
Wenn Sie GNOME installiert haben, wäre der Befehl gnome-session oder gnome-shell, aber startxfce4 ist für XFCE spezifisch und in der Regel zuverlässiger.
Nach dem Ausführen dieses Befehls sollten Sie nach wenigen Sekunden die Fedora XFCE-Desktop-Umgebung in einem neuen Fenster auf Ihrem Windows-Desktop sehen! Herzlichen Glückwunsch, Sie haben es geschafft!
Phase 5: Tipps und Problembehandlung
- Leistungsprobleme: Wenn die GUI langsam ist, versuchen Sie, in Ihrer
.wslconfig-Datei (im Ordner%UserProfile%) mehr RAM oder CPU-Kerne für WSL2 zuzuweisen. Beispiel:[wsl2] memory=4GB # Zuweisung von 4GB RAM processors=4 # Zuweisung von 4 CPU-KernenStellen Sie sicher, dass Sie alle WSL-Instanzen beenden (
wsl --shutdownin PowerShell) und neu starten, damit Änderungen wirksam werden. - Anzeigeprobleme:
- Überprüfen Sie, ob der VcXsrv X-Server auf Windows läuft und ob Ihre Firewall ihn nicht blockiert.
- Stellen Sie sicher, dass die
DISPLAY-Variable in Fedora korrekt gesetzt ist (echo $DISPLAY). - Versuchen Sie,
xclockoderxeyesin Fedora auszuführen, um zu testen, ob der X-Server grundsätzlich funktioniert.
- Netzwerk: Die IP-Adresse des WSL2-Hosts kann sich nach einem Neustart ändern. Die dynamische Ermittlung in Schritt 9 sollte dies abfangen.
- Systemd: Standarddienste wie
systemdlaufen in WSL2 nicht nativ auf die gleiche Weise wie in einer virtuellen Maschine. Für die meisten GUI-Anwendungen ist dies kein Problem, aber für fortgeschrittene Anwendungsfälle, die bestimmte Dienste erfordern, gibt es Community-Lösungen wiegenieoderwsl-systemd-distro. Für eine reine Desktop-Erfahrung ist dies jedoch nicht zwingend erforderlich. - Datei-Explorer Integration: Sie können über den Windows Datei-Explorer auf Ihre Fedora-Dateien zugreifen, indem Sie
\wsl.localhostFedorain die Adressleiste eingeben.
Fazit
Die Ausführung einer vollwertigen Fedora GUI unter WSL2 ist ein Game-Changer für jeden, der die Leistungsfähigkeit von Linux und Windows gleichzeitig nutzen möchte. Sie haben nun eine vollständig funktionale Linux-Desktop-Umgebung, die nahtlos in Ihren Windows-Workflow integriert ist. Ob für Entwicklung, Design oder einfach nur zum Experimentieren – die Kombination aus Fedora und WSL2 bietet eine robuste und flexible Plattform.
Experimentieren Sie mit verschiedenen Desktop-Umgebungen, installieren Sie Ihre bevorzugten Linux-Anwendungen und entdecken Sie die unendlichen Möglichkeiten, die diese Integration bietet. Willkommen in der Zukunft der Hybrid-Computing-Umgebungen!