Die RX 6700 XT im Check: Lohnt sich die Anschaffung dieser Grafikkarte heute noch?

Der Markt für Grafikkarten ist ein dynamisches Ökosystem, das sich ständig weiterentwickelt. Mit jeder neuen Generation von GPUs verschieben sich die Grenzen des Möglichen, und Karten, die gestern noch als High-End galten, finden sich heute im Mittelfeld wieder. Inmitten dieses ständigen Wandels gibt es jedoch Modelle, die eine überraschende Langlebigkeit beweisen. Eine davon ist die AMD Radeon RX 6700 XT. Ursprünglich im März 2021 eingeführt, war sie als Performance-Grafikkarte für das 1440p-Gaming konzipiert. Doch mehr als drei Jahre später stellt sich die Kernfrage: Ist die Anschaffung dieser Grafikkarte heute noch eine kluge Entscheidung?

Dieser umfassende Artikel beleuchtet die Stärken und Schwächen der RX 6700 XT im aktuellen Kontext. Wir werfen einen detaillierten Blick auf ihre Leistung in modernen Spielen, vergleichen sie mit aktueller Konkurrenz und analysieren das Preis-Leistungs-Verhältnis – sowohl für Neuware als auch auf dem Gebrauchtmarkt. Am Ende erhalten Sie eine klare Empfehlung, für wen sich die RX 6700 XT im Jahr 2024 noch lohnen könnte und für wen eher nicht.

Ein Rückblick: Die AMD Radeon RX 6700 XT bei ihrer Einführung

Als die RX 6700 XT auf den Markt kam, war sie Teil von AMDs hochgelobter RDNA 2-Architektur, die eine deutliche Verbesserung in Sachen Effizienz und Leistung gegenüber der vorherigen RDNA 1-Generation darstellte. Ihr Hauptziel war es, das 1440p-Gaming in hohen bis maximalen Einstellungen flüssig zu gestalten. Ausgestattet mit 12 GB GDDR6 VRAM, 40 Compute Units und einem Boost-Takt von bis zu 2581 MHz, positionierte sich die Karte als direkte Konkurrenz zur NVIDIA GeForce RTX 3060 Ti und RTX 3070.

Ihre Spezifikationen ließen damals aufhorchen: Die großzügigen 12 GB VRAM waren ein entscheidender Vorteil gegenüber NVIDIAs Karten in ähnlichen Preisregionen, die oft nur 8 GB boten. Dies versprach eine bessere Zukunftssicherheit, insbesondere da Spiele immer speicherhungriger wurden. Der ursprüngliche UVP lag bei 479 US-Dollar, was in Europa durch Lieferengpässe und Mining-Boom schnell zu deutlich höheren Straßenpreisen führte. Doch die Zeiten haben sich geändert, und mit ihnen auch die Marktwerte.

Die Leistung im Detail: 1440p-Gaming heute

Die entscheidende Frage ist: Wie schlägt sich die RX 6700 XT in modernen AAA-Titeln im Jahr 2024? Die Antwort ist erfreulich positiv, mit einigen Einschränkungen. Für das angestrebte 1440p-Gaming liefert die Karte in den meisten Spielen immer noch eine sehr gute Performance.

• Moderne AAA-Titel: Spiele wie Cyberpunk 2077, Starfield, Alan Wake 2, Baldur’s Gate 3 oder Hogwarts Legacy laufen in 1440p oft mit hohen bis sehr hohen Grafikeinstellungen und erreichen stabile 40-60 FPS, oft sogar mehr, je nach Spiel und Szene. Hierbei ist der Einsatz von AMDs Upscaling-Technologie FidelityFX Super Resolution (FSR) oft ratsam, um die Bildraten weiter zu stabilisieren und ein flüssigeres Spielerlebnis zu gewährleisten. Mit FSR „Quality” oder „Balanced” lassen sich oft über 60 FPS erzielen, ohne dass die Bildqualität zu stark leidet.
• Esports-Titel: In kompetitiven Spielen wie Counter-Strike 2, Valorant, Apex Legends oder Fortnite brilliert die RX 6700 XT weiterhin. Hier sind in 1440p mit hohen Einstellungen weit über 100-144 FPS problemlos machbar, was sie zu einer ausgezeichneten Wahl für Gamer mit High-Refresh-Rate-Monitoren macht.
• Der 12 GB VRAM-Vorteil: Wo viele 8 GB-Karten in modernen Titeln bei 1440p oder höheren Textur-Einstellungen an ihre Grenzen stoßen und zu Stottern (Stuttering) neigen, kann die RX 6700 XT ihre 12 GB VRAM voll ausspielen. Dies sorgt für eine stabilere Performance und ermöglicht das Laden von hochauflösenden Texturen ohne größere Kompromisse. Dies ist ein entscheidender Faktor für die Langlebigkeit der Karte.
• Raytracing: Hier zeigt sich die größte Schwäche der RDNA 2-Architektur und damit auch der RX 6700 XT. Obwohl die Karte Raytracing-Kerne besitzt, ist die Implementierung nicht so leistungsstark wie bei NVIDIAs RTX-Karten der gleichen Generation. In Spielen mit intensiver Raytracing-Nutzung sinken die Bildraten drastisch, sodass ein flüssiges Spielerlebnis in 1440p oft nur mit starken Kompromissen bei den Einstellungen oder mit FSR im Performance-Modus möglich ist. Wer Wert auf maximale Raytracing-Qualität legt, sollte sich nach Alternativen umsehen.

Technische Spezifikationen und Features im Detail

Neben der reinen Gaming-Performance spielen auch die unterstützten Technologien eine Rolle für die Bewertung der Karte:

• RDNA 2-Architektur: Die Grundlage der RX 6700 XT bietet eine solide Basis für moderne Spiele. Sie ist energieeffizienter als frühere AMD-Generationen, auch wenn neuere RDNA 3 oder NVIDIA RTX 4000 Karten noch sparsamer sind.
• FidelityFX Super Resolution (FSR): AMDs Antwort auf NVIDIAs DLSS. Die RX 6700 XT unterstützt FSR in allen Versionen (FSR 1, FSR 2, und FSR 3). FSR 2 und FSR 3 bieten dabei eine signifikante Bildqualitätsverbesserung und Performance-Steigerung. FSR 3 ist besonders interessant durch Frame Generation, das die FPS in unterstützten Titeln massiv erhöhen kann, auch wenn es eine gewisse Latenz mit sich bringt. Da FSR eine offene Technologie ist, wird sie von immer mehr Spielen unterstützt, was die Lebensdauer der Karte verlängert.
• Smart Access Memory (SAM): In Kombination mit einem kompatiblen AMD Ryzen Prozessor (ab Ryzen 3000er Serie) kann SAM die Leistung in einigen Spielen um bis zu 10-15% steigern, indem es der CPU direkten Zugriff auf den gesamten VRAM der Grafikkarte ermöglicht. Ein netter Bonus für AMD-Nutzer.
• Anschlüsse: Standardmäßig bietet die RX 6700 XT HDMI 2.1 und DisplayPort 1.4a, was sie kompatibel mit modernen Monitoren macht und hohe Bildwiederholraten ermöglicht.

Der Preis: Neu vs. Gebraucht – Das schlagende Argument

Der Preis ist oft der entscheidende Faktor für eine Kaufentscheidung. Hier zeigt sich die RX 6700 XT von ihrer interessantesten Seite.

• Neupreis: Neue Modelle der RX 6700 XT sind im Handel oft noch für etwa 330-380 Euro zu finden. In diesem Preissegment konkurriert sie mit Karten wie der NVIDIA RTX 4060 oder der AMD RX 7600. Während die RTX 4060 im Raytracing leicht überlegen ist, bietet die RX 6700 XT meist eine bessere Rasterisierungsleistung und den entscheidenden VRAM-Vorteil. Die RX 7600 ist in der Regel etwas schwächer und hat nur 8 GB VRAM. Im direkten Vergleich bietet die RX 6700 XT für ihren Neupreis immer noch ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis, wenn 12 GB VRAM und 1440p-Rasterisierungsleistung im Vordergrund stehen.
• Gebrauchtmarkt: Dies ist der Bereich, in dem die RX 6700 XT wirklich glänzen kann. Auf Plattformen wie eBay Kleinanzeigen oder anderen Gebrauchtmärkten ist die Karte oft für 200-280 Euro zu finden. Für diesen Preis ist sie konkurrenzlos. Eine gebrauchte RX 6700 XT bietet in dieser Preisklasse eine Performance, die man sonst nur von deutlich teureren neuen Karten erwarten würde. Sie ist damit eine hervorragende Wahl für preisbewusste Käufer, die das Maximum an Leistung für ihr Geld herausholen wollen. Beim Kauf auf dem Gebrauchtmarkt sollte man jedoch auf den Zustand, vorhandene Originalverpackung und idealerweise eine Restgarantie achten.

Das Preis-Leistungs-Verhältnis, insbesondere auf dem Gebrauchtmarkt, ist aktuell eines der stärksten Argumente für die RX 6700 XT.

Die Konkurrenz im Blick: Wer kämpft um die Gunst der Käufer?

Um die Position der RX 6700 XT besser einschätzen zu können, lohnt sich ein Blick auf die direkte und indirekte Konkurrenz:

• NVIDIA GeForce RTX 3060 Ti / RTX 3070: Dies waren die direkten Konkurrenten bei der Einführung. Die RTX 3060 Ti ist in der Rasterisierungsleistung oft vergleichbar, hat aber nur 8 GB VRAM, was sie in modernen Titeln bei 1440p einschränken kann. Die RTX 3070 ist in der Regel etwas schneller, hat aber ebenfalls nur 8 GB VRAM. Beide bieten jedoch ein besseres Raytracing und die Option auf DLSS, NVIDIAs eigenes Upscaling, das oft eine etwas höhere Bildqualität als FSR bietet. Auf dem Gebrauchtmarkt sind sie preislich oft ähnlich angesiedelt.
• NVIDIA GeForce RTX 4060 / 4060 Ti: Neuere Karten von NVIDIA. Die RTX 4060 ist in der Rasterisierung oft langsamer als die RX 6700 XT und bietet ebenfalls nur 8 GB VRAM. Die RTX 4060 Ti (8GB und 16GB) ist schneller, aber auch deutlich teurer. Beide profitieren von NVIDIAs besseren Raytracing-Leistung und DLSS 3 mit Frame Generation, welches einen großen Leistungssprung ermöglicht. Preislich sind sie jedoch über der RX 6700 XT angesiedelt.
• AMD Radeon RX 7600 / RX 7700 XT / RX 7800 XT: Neuere AMD-Karten. Die RX 7600 ist schwächer und hat nur 8 GB VRAM. Die RX 7700 XT und RX 7800 XT sind die Nachfolger und bieten deutlich mehr Leistung, insbesondere die RX 7800 XT ist eine exzellente 1440p-Karte mit 16 GB VRAM, aber auch zu einem höheren Preis. Sie bieten die RDNA 3-Architektur mit verbesserten Raytracing-Kernen und FSR 3 Unterstützung.
• Intel Arc A750 / A770: Intels Einstieg in den GPU-Markt. Die A770 mit 16 GB VRAM kann in einigen Rasterisierungs-Benchmarks mit der RX 6700 XT mithalten und bietet ein überraschend gutes Raytracing für ihre Preisklasse. Allerdings sind die Treiber noch nicht so ausgereift wie bei AMD und NVIDIA, was zu Inkonsistenzen in älteren Titeln führen kann. Sie sind eine interessante Budget-Option, aber mit mehr Unsicherheiten behaftet.

Zielgruppe: Für wen ist die RX 6700 XT noch geeignet?

Die AMD Radeon RX 6700 XT ist nicht für jeden die perfekte Wahl, aber für bestimmte Nutzerprofile erweist sie sich als hervorragende Option:

• Preisbewusste 1440p-Gamer: Wer ein festes Budget hat und in 1440p spielen möchte, aber keine Lust auf stark reduzierte Grafikeinstellungen hat, findet in der RX 6700 XT einen hervorragenden Partner. Besonders auf dem Gebrauchtmarkt ist sie unschlagbar im Preis-Leistungs-Verhältnis.
• Upgrade von älteren Karten: Nutzer, die von einer GTX 1070/1080, einer RX 580/590 oder einer RX 5700 XT kommen, werden mit der 6700 XT einen deutlichen Leistungssprung erleben und gleichzeitig die Vorteile des 12 GB VRAM genießen.
• Fokus auf Rasterisierungsleistung: Wer hauptsächlich Spiele ohne Raytracing spielt oder Raytracing generell als nicht kaufentscheidend erachtet, wird mit der reinen Rasterisierungsleistung der Karte sehr zufrieden sein.
• AMD-Ecosystem-Nutzer: Besitzer eines AMD Ryzen Prozessors können von Smart Access Memory (SAM) profitieren und die Leistung ihrer Karte zusätzlich steigern.
• Budget-PC-Builder: Für den Bau eines neuen Gaming-PCs mit begrenztem Budget, der dennoch ein gutes 1440p-Erlebnis bieten soll, ist eine gebrauchte RX 6700 XT eine überlegenswerte Komponente.

Vor- und Nachteile auf einen Blick

Um die Entscheidung zu erleichtern, hier eine Zusammenfassung der wichtigsten Punkte:

Vorteile:

• Hervorragende 1440p-Rasterisierungsleistung: Immer noch sehr gut für hohe bis maximale Einstellungen in den meisten modernen Spielen.
• Zukunftssichere 12 GB GDDR6 VRAM: Ein entscheidender Vorteil gegenüber vielen Konkurrenzkarten der gleichen Generation und auch einigen neueren Modellen, verhindert Engpässe bei Texturen.
• Sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis: Besonders auf dem Gebrauchtmarkt ist die Karte kaum zu schlagen.
• Unterstützung für FSR 3: Erweitert die Lebensdauer durch signifikante FPS-Steigerungen.
• Effiziente RDNA 2-Architektur: Guter Kompromiss aus Leistung und Energieverbrauch.

Nachteile:

• Schwache Raytracing-Leistung: In diesem Bereich deutlich unterlegen gegenüber NVIDIAs RTX-Karten.
• Kein DLSS: Nur FSR als Upscaling-Option, das von manchen als qualitativ leicht schlechter als DLSS angesehen wird.
• Effizienz nicht auf dem Niveau der neuesten Generationen: Neuere RDNA 3- oder RTX 4000-Karten sind noch sparsamer.
• Im Neupreis nicht immer die absolut beste Wahl: Hier muss man genau abwägen, ob nicht eine etwas teurere, neuere Karte mit besseren Features (z.B. DLSS 3) besser passt.

Fazit: Lohnt sich die Anschaffung der RX 6700 XT heute noch?

Absolut! Die AMD Radeon RX 6700 XT ist im Jahr 2024 keineswegs eine veraltete Karte. Ganz im Gegenteil: Sie ist eine der attraktivsten Optionen, insbesondere für preisbewusste Käufer, die ein exzellentes Preis-Leistungs-Verhältnis suchen und hauptsächlich in 1440p ohne übermäßigen Fokus auf Raytracing spielen möchten.

Die 12 GB VRAM sind ihr größter Trumpf und sichern ihr auch in den kommenden Jahren eine solide Position, da immer mehr Spiele von zusätzlichem Videospeicher profitieren. Während ihre Raytracing-Fähigkeiten begrenzt sind, kompensiert sie dies durch eine starke Rasterisierungsleistung und die Unterstützung von FSR 3, was die Lebensdauer erheblich verlängert.

Unsere Empfehlung:

• Ja, wenn… Sie die Karte hauptsächlich auf dem Gebrauchtmarkt für 200-280 Euro erwerben können, Ihr Budget begrenzt ist und Sie eine leistungsstarke 1440p-Grafikkarte für das Gaming in hohen Einstellungen suchen.
• Ja, wenn… Sie von einer älteren Mittelklasse-Karte aufrüsten möchten und eine spürbare Verbesserung bei der Performance und der Bildstabilität anstreben.
• Nein, wenn… Raytracing für Sie eine Priorität ist oder Sie unbedingt die neuesten Features wie NVIDIAs DLSS 3 mit Frame Generation wünschen und bereit sind, dafür mehr auszugeben.
• Nein, wenn… Sie bereit sind, für eine brandneue Karte im gleichen Preissegment der RX 6700 XT (ca. 330-380 Euro) Kompromisse bei VRAM oder Rasterisierungsleistung einzugehen, um dafür möglicherweise modernere Architekturen zu erhalten.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die RX 6700 XT immer noch eine beeindruckende Grafikkarte ist, die ihren Platz im aktuellen Marktgeschehen mehr als rechtfertigt. Ihr wahrer Wert entfaltet sich jedoch vor allem auf dem Gebrauchtmarkt, wo sie ein unschlagbares Argument für alle darstellt, die das Maximum an Gaming-Performance pro Euro wünschen. Sie ist eine kluge Wahl für den pragmatischen Gamer, der ein ausgewogenes Verhältnis von Kosten, Leistung und Zukunftssicherheit sucht.