Die Vorfreude war riesig: Endlich steht der nagelneue Gaming-PC auf dem Schreibtisch, bereit für epische Abenteuer in virtuellen Welten. Doch kaum ist das erste Spiel gestartet, kommt die Ernüchterung: Mitten im Gefecht wird das Bild schwarz, der Monitor meldet „Kein Signal”, aber der Sound läuft seelenruhig weiter. Man hört noch die Explosionen, die Musik, vielleicht sogar die Teamkollegen im Voice-Chat – nur sehen kann man nichts mehr. Ein Frustmoment, der viele PC-Besitzer in den Wahnsinn treibt, besonders wenn das System gerade erst zusammengebaut oder neu gekauft wurde.
Dieses Phänomen, oft als „Black Screen mit Ton” bezeichnet, ist ein deutliches Zeichen dafür, dass die Grafikkarte ihren Dienst quittiert hat, der Rest des Systems (CPU, RAM, Audio) aber weiterhin funktioniert. Es ist, als würde das Gehirn noch denken, aber die Augen sind geschlossen. Die gute Nachricht: Meistens lässt sich die Ursache finden und beheben. Die schlechte Nachricht: Es gibt eine Vielzahl potenzieller Übeltäter. Dieser Artikel nimmt Sie an die Hand und führt Sie Schritt für Schritt durch die Fehlersuche.
Die ersten Schritte: Ruhe bewahren und grundlegende Checks
Bevor Sie in Panik verfallen oder den PC wütend aus dem Fenster werfen, gilt es, methodisch vorzugehen. Ein nagelneuer PC sollte eigentlich problemlos laufen.
1. **Kabelverbindungen prüfen:** Klingt banal, ist aber oft die Lösung.
* **Videokabel:** Stellen Sie sicher, dass Ihr DisplayPort- oder HDMI-Kabel sowohl am Monitor als auch an der Grafikkarte fest sitzt. Testen Sie, wenn möglich, ein anderes Kabel. Ein beschädigtes Kabel kann zu Signalverlust führen.
* **Stromversorgung der Grafikkarte:** Moderne Grafikkarten benötigen oft zwei oder sogar drei dedizierte PCIe-Stromkabel direkt vom Netzteil. Überprüfen Sie, ob *alle* benötigten Kabel fest in der Grafikkarte sitzen und auch am modularen Netzteil richtig angeschlossen sind (falls zutreffend). Vermeiden Sie „Daisy-Chaining”, also die Verwendung eines einzigen Kabels mit zwei Anschlüssen für eine Grafikkarte, wenn separate Kabel zur Verfügung stehen, besonders bei leistungsstarken GPUs. Jedes Anschlusskabel sollte direkt vom Netzteil kommen.
2. **Monitor testen:** Schließen Sie den Monitor, falls möglich, an einen anderen PC oder ein anderes Gerät an, um sicherzustellen, dass nicht der Monitor selbst das Problem ist. Testen Sie gegebenenfalls einen anderen Eingang am Monitor (z.B. HDMI statt DisplayPort).
3. **Windows- und Treiber-Updates:**
* **Windows:** Stellen Sie sicher, dass Ihr Windows auf dem neuesten Stand ist. Manchmal beheben Systemupdates Kompatibilitätsprobleme.
* **Grafikkartentreiber:** Dies ist der absolute Hauptverdächtige bei Black-Screen-Problemen. Selbst bei einem neuen PC kann es sein, dass die vorinstallierten Treiber veraltet sind oder eine fehlerhafte Version installiert wurde.
* Besuchen Sie die offizielle Website des Herstellers Ihrer Grafikkarte (NVIDIA oder AMD) und laden Sie den neuesten *stabilen* Treiber herunter. Manchmal ist die allerneueste Version nicht immer die stabilste; prüfen Sie Foren oder Reddit, ob es Berichte über Probleme gibt.
* **Deinstallation mit DDU (Display Driver Uninstaller):** Eine „saubere” Neuinstallation ist entscheidend. Laden Sie DDU herunter, starten Sie Windows im abgesicherten Modus und deinstallieren Sie alle alten Grafiktreiberreste. Starten Sie dann neu und installieren Sie den frisch heruntergeladenen Treiber. Dies eliminiert Konflikte durch alte Treiberreste.
Die Hardware unter der Lupe: Wo der Blackout wirklich herkommt
Wenn die einfachen Schritte nicht helfen, müssen wir tiefer graben. Die Ursache liegt meistens in der Hardware, und die Grafikkarte ist hier die primäre Verdächtige.
1. **Überhitzung der Grafikkarte (GPU):**
* Ein Black Screen unter Last kann ein Schutzmechanismus der Grafikkarte sein, um Schäden durch Überhitzung zu verhindern. Selbst bei einem neuen PC kann die Kühlung ineffizient sein, oder die Wärmeleitpaste/Pads sind nicht korrekt angebracht.
* **Monitoring-Tools:** Installieren Sie Tools wie MSI Afterburner, HWMonitor oder HWiNFO64. Lassen Sie diese im Hintergrund laufen, während Sie spielen. Behalten Sie die GPU-Temperatur im Auge. Überschreitet sie regelmäßig 80-85°C unter Last, könnte dies die Ursache sein.
* **Gehäusebelüftung:** Ist der Airflow in Ihrem Gehäuse ausreichend? Sind die Lüfter richtig positioniert (einblasend vorne/unten, ausblasend hinten/oben)? Ist das Gehäuse staubfrei? Selbst ein neues Gehäuse kann einen schlechten Airflow haben oder falsch konfigurierte Lüfter.
* **Lüfter der Grafikkarte:** Drehen sich die Lüfter Ihrer Grafikkarte ordnungsgemäß unter Last? Überprüfen Sie dies visuell.
2. **Das Netzteil (PSU): Die unbesungene Heldin oder der stille Saboteur:**
* Ein unzureichendes oder fehlerhaftes Netzteil ist eine häufige Ursache für Stabilitätsprobleme unter Last. Wenn der PC im Leerlauf oder bei geringer Last stabil läuft, aber bei anspruchsvollen Spielen abstürzt, deutet das oft auf eine unzureichende Stromversorgung hin.
* **Wattage:** Haben Sie ein Netzteil mit ausreichender Wattzahl für Ihre Komponenten? Besonders moderne Grafikkarten haben hohe Spitzenlasten, die kurzzeitig weit über der TDP liegen können. Ein 750W-Netzteil mag für eine RTX 3080 ausreichend erscheinen, aber wenn es sich um ein qualitativ minderwertiges Modell handelt, kann es unter Spitzenlast zusammenbrechen.
* **Qualität des Netzteils:** Ein billiges Netzteil, auch mit hoher Wattzahl, kann instabile Spannungen liefern. Marken wie Seasonic, Corsair (RM/RMi/HX-Serien), be quiet! (Straight Power/Dark Power), EVGA (SuperNova G-Serien) gelten als zuverlässig.
* **Alterserscheinungen:** Bei einem neuen PC unwahrscheinlich, aber ein fehlerhaftes Netzteil ab Werk kann vorkommen.
* **Kabel:** Überprüfen Sie erneut alle Stromkabel, die vom Netzteil zur Hauptplatine (24-Pin), zur CPU (8-Pin) und zur Grafikkarte (PCIe-Stromkabel) führen.
3. **RAM (Arbeitsspeicher):**
* Obwohl weniger wahrscheinlich für einen *reinen* Black Screen mit Ton, kann instabiler RAM zu allgemeinen Systemabstürzen führen.
* **XMP/DOCP-Profil:** Wenn Sie ein XMP (Intel) oder DOCP (AMD) Profil für Ihre RAM-Riegel im BIOS aktiviert haben, versuchen Sie, es zu deaktivieren und den RAM mit Standardgeschwindigkeiten laufen zu lassen. Manche Speichercontroller oder RAM-Kits sind bei den beworbenen Geschwindigkeiten nicht stabil.
* **RAM-Test:** Führen Sie einen MemTest86-Test durch, um fehlerhafte RAM-Riegel zu identifizieren. Testen Sie gegebenenfalls jeden RAM-Riegel einzeln.
4. **Die Grafikkarte selbst:**
* **Sitz im PCIe-Slot:** Nehmen Sie die Grafikkarte heraus und setzen Sie sie erneut fest in den PCIe-Slot ein. Stellen Sie sicher, dass die Arretierung hörbar einrastet.
* **Hardwaredefekt:** Im schlimmsten Fall könnte die Grafikkarte selbst einen Defekt haben. Dies ist besonders ärgerlich bei einem neuen PC. Wenn alle anderen Schritte fehlschlagen, versuchen Sie, die Grafikkarte in einem anderen PC zu testen oder, falls Sie eine andere, ältere Grafikkarte zur Hand haben, diese in Ihrem System zu testen.
Software- und Konfigurationseinstellungen: Die feinen Stellschrauben
Manchmal liegt das Problem nicht in der Hardware, sondern in der Software-Konfiguration.
1. **BIOS/UEFI-Update:**
* Veraltete BIOS/UEFI-Firmware kann zu Kompatibilitätsproblemen mit neuen Hardwarekomponenten (insbesondere RAM und CPUs) führen. Überprüfen Sie auf der Webseite Ihres Mainboard-Herstellers, ob eine neuere Version verfügbar ist und installieren Sie diese vorsichtig nach Anleitung.
2. **Übertaktung (Overclocking):**
* Haben Sie die CPU, GPU oder den RAM übertaktet? Wenn ja, setzen Sie alle Einstellungen auf Standardwerte zurück. Auch werksseitige „OC-Editionen” von Grafikkarten können manchmal instabil sein. Versuchen Sie gegebenenfalls, die GPU über MSI Afterburner leicht zu untertakten oder zu undervolten, um die Stabilität zu testen. Ein leichtes Absenken des Power-Limits kann auch helfen.
3. **Spieleinstellungen:**
* **Render-API:** Manche Spiele erlauben die Wahl zwischen DirectX 11, 12 oder Vulkan. Versuchen Sie, eine andere API zu wählen.
* **Grafikeinstellungen:** Reduzieren Sie testweise die Grafikeinstellungen im Spiel (Auflösung, Texturen, Effekte). Treten die Blackouts dann immer noch auf?
* **V-Sync/G-Sync/FreeSync:** Experimentieren Sie mit diesen Einstellungen. Deaktivieren Sie sie testweise, um potenzielle Konflikte auszuschließen.
4. **Hintergrundanwendungen:**
* Manche Hintergrundprogramme können Ressourcen beanspruchen oder mit dem Spiel oder dem Grafiktreiber in Konflikt geraten. Schließen Sie unnötige Anwendungen.
5. **Windows Ereignisanzeige:**
* Nach einem Blackout starten Sie den PC neu und öffnen Sie die Windows Ereignisanzeige (Windows-Taste + R, dann „eventvwr.msc” eingeben). Suchen Sie unter „Windows-Protokolle” > „System” und „Anwendung” nach kritischen Fehlern, die zeitlich mit dem Blackout korrespondieren. Einträge mit „Display Driver stopped responding and has successfully recovered” (Event ID 4101) oder „Video_TDR_Failure” deuten stark auf ein Treiber- oder GPU-Problem hin.
Systematische Fehlersuche und Stresstests
Der Schlüssel zur Lösung ist, die Ursache zu isolieren. Nehmen Sie immer nur eine Änderung gleichzeitig vor und testen Sie diese ausgiebig.
1. **Stresstests:**
* **GPU-Stabilität:** Tools wie FurMark (Vorsicht, extrem belastend!) oder 3DMark können die Grafikkarte stark fordern. Wenn der Blackout hier auftritt, haben Sie die Ursache eingegrenzt.
* **CPU-Stabilität:** Prime95 oder Cinebench können die CPU stressen.
* **Gesamtsystem-Stabilität:** OCCT kann verschiedene Komponenten gleichzeitig testen und ist ein sehr gutes Diagnosewerkzeug.
* Wenn die Blackouts nur in bestimmten Spielen auftreten, nicht aber in Stresstests, deutet dies eher auf ein spezifisches Spielproblem, eine Inkompatibilität oder eine Softwarekonfiguration hin. Treten sie auch bei Stresstests auf, ist es wahrscheinlicher ein Hardware- oder Treiberproblem.
2. **Cross-Check mit integrierter Grafik:**
* Wenn Ihr Prozessor eine integrierte Grafikeinheit (iGPU, z.B. Intel mit „G”-Suffix oder AMD Ryzen mit „G”-Suffix) besitzt, entfernen Sie testweise die dedizierte Grafikkarte und schließen Sie Ihren Monitor an den Videoausgang des Mainboards an. Spielen Sie ein weniger anspruchsvolles Spiel. Wenn das System stabil läuft, ist die dedizierte Grafikkarte oder deren Stromversorgung der Übeltäter.
Wann es Zeit für professionelle Hilfe oder RMA ist
Wenn Sie alle diese Schritte sorgfältig durchgeführt haben und der PC Black Screen weiterhin auftritt, ist es an der Zeit, die Garantie in Anspruch zu nehmen oder professionelle Hilfe zu suchen.
* **Neuer PC:** Da es sich um einen nagelneuen PC handelt, haben Sie volle Garantieansprüche. Dokumentieren Sie alle Schritte, die Sie unternommen haben, und die Ergebnisse. Das hilft dem Händler oder Hersteller bei der Diagnose.
* **Komplett-PC:** Wenn Sie einen Komplett-PC gekauft haben, wenden Sie sich an den Händler. Er ist für die Behebung des Problems verantwortlich.
* **Eigenbau-PC:** Wenn Sie den PC selbst gebaut haben, müssen Sie die fehlerhafte Komponente identifizieren (wahrscheinlich Grafikkarte oder Netzteil) und den jeweiligen Hersteller kontaktieren, um eine RMA (Return Merchandise Authorization) zu beantragen.
Fazit
Ein Blackout beim Gaming mit weiterlaufendem Ton ist zweifellos frustrierend, besonders bei einem neuen System. Doch meistens liegt die Ursache in wenigen, wiederkehrenden Problemen: fehlerhafte oder veraltete Grafikkartentreiber, unzureichende Stromversorgung durch das Netzteil, Überhitzung der GPU oder schlichtweg lose Kabel. Durch systematische Fehlersuche, sorgfältige Checks und den Einsatz von Monitoring-Tools können Sie die meisten dieser Probleme selbst lösen. Bleiben Sie geduldig, arbeiten Sie sich Punkt für Punkt durch diese Anleitung, und bald werden Sie wieder ungestört in Ihre Lieblingsspiele eintauchen können. Der Traum vom reibungslosen Gaming mit Ihrem nagelneuen PC ist zum Greifen nah!