Oculink mit RX6800 & Ryzen 7 8845HS: Warum liefert der GMKtec NucBox K8 Plus so schlechte Ergebnisse?

Die Vision eines ultrakompakten, leistungsstarken PCs, der bei Bedarf durch eine externe Grafikkarte zu einer Gaming-Maschine wird, begeistert viele Technik-Enthusiasten. Mit dem Aufkommen von Mini-PCs wie der GMKtec NucBox K8 Plus, ausgestattet mit einem modernen AMD Ryzen 7 8845HS Prozessor und einem Oculink-Anschluss, schien dieser Traum greifbar nah. Kombiniert man dies mit einer potenten externen Grafikkarte wie der AMD Radeon RX 6800, verspricht das Setup Desktop-Performance in einem unfassbar kleinen Format. Doch die Realität zeigt oft ein anderes Bild: Viele Nutzer berichten von schlechten Ergebnissen, die weit unter den Erwartungen liegen. Doch woran liegt das? Ist die Vision gescheitert, oder steckt der Teufel im Detail der Implementierung?

### Die vielversprechende Ausgangslage: Was Oculink, Ryzen 7 8845HS und RX 6800 versprechen

Bevor wir uns den Problemen widmen, werfen wir einen Blick auf die einzelnen Komponenten und ihre potenziellen Stärken.

**Oculink – Die direkte PCIe-Brücke zur externen Grafikkarte**
Oculink ist eine Schnittstelle, die speziell für den Anschluss von PCIe-Geräten über Kabel entwickelt wurde. Im Gegensatz zu Thunderbolt, das auf einem komplexen Protokollstack basiert und oft mit Performance-Overhead sowie Kompatibilitätsproblemen kämpft, bietet Oculink eine *direkte* PCIe-Verbindung. Das bedeutet geringere Latenz und potenziell höhere Bandbreite bei gleicher Anzahl an Lanes. Typischerweise wird Oculink für eGPUs mit vier PCIe 4.0-Lanes (PCIe 4.0 x4) angeboten. Dies entspricht einer maximalen Bandbreite von etwa 64 Gbit/s bidirektional, was theoretisch für viele moderne Grafikkarten ausreichend sein sollte, um gute, wenn auch nicht volle Desktop-Leistung zu erzielen. Es gilt als der „heilige Gral” für eGPU-Enthusiasten, die eine möglichst verlustarme Verbindung wünschen.

**AMD Ryzen 7 8845HS – Das Herzstück des GMKtec NucBox K8 Plus**
Der Ryzen 7 8845HS ist ein hochmoderner Mobilprozessor von AMD, basierend auf der Zen 4-Architektur. Mit 8 Kernen, 16 Threads und einer hohen Boost-Frequenz bietet er exzellente CPU-Leistung für Produktivitätsanwendungen, Multitasking und auch Gaming, wenn eine dedizierte Grafikkarte vorhanden ist. Er verfügt zudem über die leistungsstarke integrierte Grafikkarte Radeon 780M und eine dedizierte NPU (Neural Processing Unit) für KI-Anwendungen. Dieser Prozessor ist alles andere als ein Flaschenhals für eine externe GPU; er sollte genügend Rechenleistung und PCIe-Lanes bereitstellen, um eine RX 6800 optimal zu versorgen.

**AMD Radeon RX 6800 – Die externe Gaming-Kraft**
Die AMD Radeon RX 6800 ist eine potente Grafikkarte der RDNA 2-Generation. Mit 16 GB GDDR6-Speicher und einer leistungsstarken Architektur ist sie in der Lage, aktuelle Spiele in 1440p mit hohen Bildraten und sogar in 4K bei angepassten Einstellungen flüssig darzustellen. Für ein eGPU-Setup ist sie eine hervorragende Wahl, da sie ein exzellentes Preis-Leistungs-Verhältnis bietet und bei einer PCIe 4.0 x4-Verbindung immer noch signifikant mehr Leistung liefern sollte als die integrierte Grafik des Ryzen 7 8845HS.

**GMKtec NucBox K8 Plus – Der vielversprechende Host**
Die GMKtec NucBox K8 Plus ist ein kompakter Mini-PC, der genau für dieses Szenario konzipiert scheint. Mit seinem leistungsstarken Ryzen 7 8845HS und dem physisch vorhandenen Oculink-Port bewirbt er sich als ideale Basis für eine externe Grafiklösung. Die Erwartungshaltung ist klar: Ein leistungsstarker Arbeits-PC, der sich bei Bedarf in eine Gaming-Station verwandeln lässt.

### Die ernüchternde Realität: Warum die Ergebnisse so schlecht sind

Trotz der vielversprechenden Komponenten berichten viele Nutzer von enttäuschenden Performance-Werten, die oft nur 50-70% der erwarteten Leistung einer RX 6800 an einem vollwertigen PCIe 4.0 x16-Slot erreichen – und manchmal sogar noch weniger. Dies deutet darauf hin, dass es mehr als nur den erwarteten Bandbreitenverlust einer x4-Anbindung gibt. Hier sind die Hauptgründe für die schlechten Ergebnisse:

**1. Die Oculink-Implementierung: Der oft übersehene Flaschenhals**
Der Begriff „Oculink” allein garantiert noch keine optimale Performance. Die Qualität der Implementierung ist entscheidend:
* **PCIe-Lanes und Generation:** Obwohl Oculink eine x4-Verbindung bieten *sollte*, muss man sicherstellen, dass der Hersteller diese auch vollständig und korrekt implementiert hat. Es gibt Fälle, in denen nur PCIe 3.0 x4 oder sogar nur PCIe 2.0 x4 bereitgestellt werden – ein massiver Performance-Einbruch für eine RX 6800. Einige Boards teilen sich die Lanes dynamisch mit anderen internen Komponenten (z.B. M.2-Slots), was die zur Verfügung stehende Bandbreite weiter reduzieren kann.
* **Signalintegrität:** Oculink ist eine Hochgeschwindigkeitsverbindung und sehr empfindlich gegenüber Signalstörungen. Billige, schlecht abgeschirmte oder zu lange Oculink-Kabel können zu Datenverlusten, Fehlern oder einer Herabstufung der PCIe-Geschwindigkeit führen. Auch die Qualität der Leiterbahnen auf dem Mainboard des Mini-PCs spielt eine Rolle. GMKtec als kleinerer Hersteller hat hier möglicherweise nicht dieselben Ressourcen für die Entwicklung wie größere Marken.
* **BIOS/Firmware-Optimierung:** Eine korrekt funktionierende Oculink-eGPU-Verbindung erfordert eine spezifische BIOS/UEFI-Unterstützung. Dazu gehören die korrekte Initialisierung der PCIe-Lanes, Power-Management für die externe GPU, Hot-Plug-Funktionalität und die stabile Adressierung des externen Geräts. Ein unausgereiftes BIOS kann zu Instabilitäten, Leistungseinbrüchen oder gar dazu führen, dass die eGPU nicht erkannt wird.

**2. Stromversorgung der eGPU-Einheit: Der oft unterschätzte Faktor**
Die RX 6800 ist eine relativ stromhungrige Grafikkarte. Die externe eGPU-Einheit, die sie beherbergt, benötigt eine zuverlässige und ausreichende Stromversorgung. Wenn das Netzteil der eGPU-Box unterdimensioniert ist oder das Oculink-Kabel selbst (das in einigen Fällen Hilfsstrom übertragen kann, aber nicht in großem Umfang) nicht die nötige Stabilität bietet, kann die Grafikkarte nicht ihre volle Leistung entfalten. Sie drosselt sich, um Schäden zu vermeiden, was direkt zu „schlechten Ergebnissen” führt.

**3. Treiber- und Software-Konflikte: Das eGPU-Dilemma**
eGPU-Setups sind notorisch anfällig für Treiberprobleme. Im Falle eines AMD-Systems wie der GMKtec NucBox K8 Plus mit einem Ryzen 7 8845HS und einer RX 6800 extern, gibt es zwei AMD-Grafiklösungen: die integrierte Radeon 780M und die dedizierte RX 6800.
* **Treiberkonflikte:** Windows und die AMD-Treiber müssen reibungslos zwischen den beiden GPUs wechseln können. Dies funktioniert nicht immer perfekt und kann zu Instabilitäten, Abstürzen oder einer unzureichenden Nutzung der externen GPU führen.
* **Windows-Handling:** Das Betriebssystem ist nicht immer optimal auf den dynamischen Wechsel zwischen iGPU und eGPU vorbereitet. Dies kann zu unerklärlichen Leistungseinbrüchen oder einem fehlenden Performance-Boost führen.

**4. Interne vs. Externe Bildausgabe: Der MUX-Switch-Overhead**
Ein häufiger Fehler bei eGPU-Setups ist der Versuch, das Bild der externen Grafikkarte über das interne Display des Mini-PCs auszugeben. Das funktioniert zwar technisch, aber die Daten müssen von der RX 6800 über das Oculink-Kabel zurück zum Mini-PC, dort über einen internen Switch (MUX-Switch) und dann zum Display geleitet werden. Dieser zusätzliche Datenweg und die Umschaltlogik verursachen zusätzliche Latenz und können die Performance signifikant reduzieren – manchmal bis zu 30% im Vergleich zur direkten Ausgabe an einen externen Monitor. Für optimale Ergebnisse sollte der Monitor *immer* direkt an die externe Grafikkarte angeschlossen werden.

**5. Die Erwartung vs. Realität der PCIe 4.0 x4 Bandbreite**
Selbst bei einer perfekten Oculink-Implementierung mit PCIe 4.0 x4 ist die Bandbreite für eine High-End-Karte wie die RX 6800 geringer als bei einem vollwertigen PCIe 4.0 x16-Slot in einem Desktop-PC. Eine Reduktion der Leistung um 10-20% im Vergleich zu einem Desktop ist hier physikalisch bedingt und normal. Wenn die „schlechten Ergebnisse” jedoch weit unter dieser Spanne liegen, sind andere Faktoren im Spiel. Die Bandbreitenbegrenzung wird besonders bei hohen Auflösungen und Texturdetails spürbar.

**6. Qualität der eGPU-Enclosures und Adapter**
Nicht alle eGPU-Gehäuse oder Oculink-Adapter sind gleich. Minderwertige Komponenten im Gehäuse, unzureichende Kühlung für die dortige RX 6800 oder schlecht implementierte Oculink-Controller können die Leistung weiter beeinträchtigen. Es ist wichtig, ein hochwertiges und gut getestetes eGPU-Gehäuse zu verwenden, das für die Leistung der RX 6800 ausgelegt ist.

### Lösungsansätze und Empfehlungen

Für Nutzer, die mit der GMKtec NucBox K8 Plus und einer RX 6800 enttäuscht sind, gibt es mehrere Schritte zur Fehlersuche und Optimierung:

1. **BIOS/UEFI-Updates:** Überprüfen Sie die Website von GMKtec auf die neueste Firmware. Hersteller beheben oft mit Updates Kompatibilitätsprobleme und optimieren die Oculink-Funktionalität.
2. **Treiber-Management:** Führen Sie eine saubere Neuinstallation der AMD-Treiber durch. Nutzen Sie dazu DDU (Display Driver Uninstaller) im abgesicherten Modus, um alle alten Treiberreste zu entfernen, bevor Sie die neuesten AMD Adrenalin-Treiber installieren. Stellen Sie sicher, dass sowohl die iGPU als auch die dGPU korrekt erkannt werden.
3. **Qualität des Oculink-Kabels:** Investieren Sie in ein hochwertiges, möglichst kurzes (maximal 0,5m – 1m) Oculink-Kabel von einem renommierten Hersteller. Dies kann Signalintegritätsprobleme erheblich reduzieren.
4. **Externer Monitor:** Schließen Sie Ihren Gaming-Monitor *immer* direkt an die AMD Radeon RX 6800 im eGPU-Gehäuse an. Vermeiden Sie die Nutzung des internen Displays der NucBox K8 Plus für Spiele.
5. **eGPU-Gehäuse-Check:** Vergewissern Sie sich, dass Ihr eGPU-Gehäuse ausreichend dimensioniert ist (Netzteil, Kühlung) und über einen stabilen Oculink-Controller verfügt.
6. **Benchmarking und Vergleich:** Führen Sie Benchmarks durch (z.B. 3DMark, Superposition) und vergleichen Sie die Ergebnisse mit bekannten Werten für eine RX 6800 an einer PCIe 4.0 x4-Verbindung. Dies hilft einzuschätzen, ob die Performance im Rahmen des Normalen liegt oder ob es ein spezifisches Problem gibt.
7. **Community und Support:** Suchen Sie in Foren oder bei GMKtec direkt nach ähnlichen Problemen und Lösungen. Manchmal gibt es spezifische Workarounds oder Empfehlungen von anderen Nutzern.

### Fazit: Eine Vision mit Tücken

Die Idee hinter der GMKtec NucBox K8 Plus mit Ryzen 7 8845HS und Oculink für eine externe RX 6800 ist brillant und zukunftsweisend. Die Technologie bietet das Potenzial für eine flexible und leistungsstarke Computing-Erfahrung. Die „schlechten Ergebnisse” sind jedoch selten auf einen einzelnen Faktor zurückzuführen, sondern meist auf eine Kombination aus einer suboptimalen Oculink-Implementierung seitens des Herstellers, fehlender BIOS-Reife, potenziellen Kabelproblemen und dem inhärenten Overhead, den eGPU-Setups mit sich bringen können.

Es zeigt sich, dass selbst mit einer direkten PCIe-Verbindung wie Oculink das „Plug-and-Play”-Erlebnis noch nicht vollständig ausgereift ist. Hersteller von Mini-PCs müssen in die Qualität und Reife ihrer Oculink-Implementierung investieren, und Nutzer sollten sich der potenziellen Komplexität eines solchen Setups bewusst sein. Mit Sorgfalt bei der Auswahl der Komponenten und geduldiger Fehlersuche lässt sich jedoch oft eine akzeptable Performance erzielen. Die volle Desktop-Leistung einer RX 6800 an einem Oculink-Anschluss zu erreichen, bleibt jedoch eine Herausforderung, die nur unter idealsten Bedingungen und mit leichten Abstrichen realistisch ist. Die GMKtec NucBox K8 Plus hat das Potenzial, aber der Weg dorthin ist mit Stolpersteinen gepflastert, die ein umfassendes Verständnis der eGPU-Technologie erfordern.