Seit Tagen kein Internet über DSL? Wann Sie eine Entschädigung verlangen können!

In unserer hochvernetzten Welt ist ein stabiler Internetzugang längst keine Luxusleistung mehr, sondern eine Grundvoraussetzung für Arbeit, Bildung, Kommunikation und Freizeit. Wenn das DSL plötzlich streikt und die Verbindung über Tage oder sogar Wochen unterbrochen bleibt, verwandelt sich der digitale Alltag schnell in einen analogen Albtraum voller Frustration. Homeoffice unmöglich, Online-Banking blockiert, Streaming-Abende gecancelt – die Liste der Beeinträchtigungen ist lang. Doch Sie müssen diese Situation nicht tatenlos hinnehmen! Als Kunde haben Sie Rechte, und in vielen Fällen steht Ihnen eine Entschädigung von Ihrem Internet-Provider zu. Aber wann genau können Sie diese einfordern und wie gehen Sie dabei vor?

Dieser umfassende Leitfaden beleuchtet die aktuelle Rechtslage in Deutschland, insbesondere die Regelungen des Telekommunikationsgesetzes (TKG), und zeigt Ihnen Schritt für Schritt, wie Sie zu Ihrem Recht kommen und eine Entschädigung bei einem längerfristigen DSL-Ausfall geltend machen können.

Der Schockmoment: Kein Internet – Was tun beim ersten Ausfall?

Der Bildschirm bleibt leer, die WLAN-Anzeige am Router blinkt rot oder gar nicht: Kein Internet. Bevor Sie in Panik verfallen oder sofort den Provider kontaktieren, gibt es ein paar grundlegende Schritte, die Sie selbst unternehmen können, um die Ursache einzugrenzen:

• Router neu starten: Ziehen Sie das Stromkabel für etwa 30 Sekunden ab und stecken Sie es wieder ein. Viele kleinere Probleme beheben sich dadurch von selbst.
• Kabel prüfen: Sitzen alle Kabel fest im Router und in der Telefondose? Sind sie möglicherweise beschädigt?
• Provider-Status prüfen: Viele Internet-Provider bieten auf ihren Webseiten oder über Hotlines eine Statusabfrage für bekannte Störungen in Ihrer Region an. Dies kann schnell Aufschluss darüber geben, ob es sich um ein lokales oder überregionales Problem handelt.
• Andere Geräte testen: Versuchen Sie, mit einem anderen Gerät (Smartphone, Tablet, Laptop) auf das Internet zuzugreifen. Liegt das Problem nur an einem Gerät oder betrifft es alle?

Wenn diese Schritte nicht zum Erfolg führen und der DSL-Ausfall weiterhin besteht, handelt es sich höchstwahrscheinlich um eine Störung im Netz Ihres Anbieters. Jetzt ist es Zeit zu handeln!

Die Rechtslage in Deutschland: Ihre Rechte nach dem Telekommunikationsgesetz (TKG)

Die gute Nachricht: Seit der TKG-Novelle 2021 sind Ihre Rechte als Verbraucher bei Internetstörungen deutlich gestärkt worden. Das Gesetz, insbesondere die Paragraphen § 58 TKG (Störung der Verfügbarkeit von Telekommunikationsdiensten) und § 59 TKG (Entschädigung bei nicht erbrachter Leistung oder verspäteter Erbringung), bildet die Grundlage für Ihre Entschädigungsansprüche. Es regelt klar, wann und in welcher Höhe Ihnen eine Entschädigung zusteht.

Das Gesetz legt fest, dass der Provider verpflichtet ist, eine gemeldete Störung schnellstmöglich zu beheben. Dabei ist er nicht nur für das Funktionieren seines Netzes zuständig, sondern auch dafür, dass die vertraglich vereinbarte Leistung erbracht wird. Bei einem DSL-Ausfall wird diese Leistung offensichtlich nicht erbracht.

Wann genau kann ich Entschädigung verlangen? Die entscheidenden Kriterien

Der Anspruch auf Entschädigung ist an bestimmte Voraussetzungen geknüpft. Es geht nicht darum, ob das Internet für fünf Minuten ausfällt, sondern um längerfristige oder gravierende Beeinträchtigungen:

1. Die Störung muss gemeldet sein:

Dies ist der absolut wichtigste Punkt! Ihr Internet-Provider muss von der Störung wissen, um sie beheben zu können. Eine Entschädigung erhalten Sie erst ab dem Zeitpunkt der Störungsmeldung. Der Tag der Störungsmeldung selbst zählt dabei noch nicht für die Entschädigungsberechnung. Dokumentieren Sie sorgfältig:

• Datum und Uhrzeit der Meldung.
• Wie Sie die Meldung vorgenommen haben (Telefonhotline, Online-Formular, E-Mail, Fax).
• Namen des Gesprächspartners (falls telefonisch).
• Erhaltene Ticket- oder Vorgangsnummer.

Idealerweise melden Sie die Störung schriftlich (E-Mail mit Lesebestätigung, Online-Formular mit Screenshot) oder telefonisch und lassen sich eine Bestätigung der Meldung geben. Eine telefonische Meldung ist zwar schnell, aber schwieriger nachzuweisen.

2. Die Dauer der Störung:

Das TKG sieht gestaffelte Entschädigungsbeträge vor, die sich nach der Dauer des Ausfalls richten:

• Ab dem dritten Tag des vollständigen Ausfalls: Ihnen stehen 10 % des monatlichen Grundentgelts zu, mindestens jedoch 5 Euro.
• Ab dem vierten Tag des vollständigen Ausfalls: Ihnen stehen 20 % des monatlichen Grundentgelts zu, mindestens jedoch 10 Euro.
• Für jeden weiteren Tag des Ausfalls: Es gilt weiterhin der Betrag vom vierten Tag.

Beispiel: Wenn Ihr monatliches DSL-Entgelt 30 Euro beträgt und das Internet eine Woche lang (7 Tage) ausgefallen ist (Störungsmeldung am Tag 0):

• Tag 1 & 2 nach Meldung: Keine Entschädigung
• Tag 3 nach Meldung: 10 % von 30 Euro = 3 Euro. Da der Mindestbetrag 5 Euro ist, erhalten Sie 5 Euro.
• Tag 4 nach Meldung: 20 % von 30 Euro = 6 Euro. Da der Mindestbetrag 10 Euro ist, erhalten Sie 10 Euro.
• Tag 5 nach Meldung: 20 % von 30 Euro = 6 Euro. Mindestbetrag 10 Euro.
• Tag 6 nach Meldung: 20 % von 30 Euro = 6 Euro. Mindestbetrag 10 Euro.
• Tag 7 nach Meldung: 20 % von 30 Euro = 6 Euro. Mindestbetrag 10 Euro.

Gesamtforderung: 5 + 10 + 10 + 10 + 10 = 45 Euro für die 5 Tage des Ausfalls, die entschädigungspflichtig sind.

Wichtig: Diese Entschädigung greift bei einem vollständigen Ausfall des Dienstes oder einer erheblichen Beeinträchtigung der Nutzung. Eine „erhebliche Beeinträchtigung” ist gegeben, wenn der Dienst nur eingeschränkt oder sehr langsam nutzbar ist und dies die vertraglich vereinbarte Nutzung unmöglich macht. Die meisten Fälle betreffen jedoch den Totalausfall.

3. Verschulden des Anbieters:

Grundsätzlich wird davon ausgegangen, dass der Provider für die Störung verantwortlich ist, es sei denn, er kann nachweisen, dass die Störung durch höhere Gewalt (z.B. Naturkatastrophen, die das gesamte Netz lahmlegen) oder durch Ihr eigenes Verschulden (z.B. beschädigtes Kabel durch unsachgemäße Handhabung) verursacht wurde. In den allermeisten Fällen ist der Provider in der Pflicht.

Schritt für Schritt zur Entschädigung: Der Ablauf

1. Störung umgehend melden und dokumentieren

Sobald Sie feststellen, dass Ihr DSL nicht funktioniert, melden Sie die Störung. Wie oben erwähnt, ist eine genaue Dokumentation unerlässlich. Merken Sie sich Datum, Uhrzeit, Art der Meldung und erhaltene Referenznummern.

2. Protokollieren Sie den Ausfall

Führen Sie ein lückenloses Protokoll über den Zeitraum des Ausfalls. Notieren Sie täglich, dass das Internet nicht funktioniert. Machen Sie gegebenenfalls Screenshots von Fehlermeldungen oder nutzen Sie Speedtests, wenn die Beeinträchtigung in einer extrem langsamen Verbindung besteht (obwohl die Entschädigung primär für Totalausfälle gilt). Dieses Protokoll dient als Beweisgrundlage für Ihre Forderung.

3. Fristsetzung zur Behebung

Der Provider hat eine angemessene Frist zur Behebung der Störung. Das Gesetz schreibt hier keine feste Stundenanzahl vor, aber es wird erwartet, dass der Anbieter sofort tätig wird. Sollte nach ein bis zwei Tagen keine Besserung in Sicht sein oder keine Rückmeldung erfolgen, können Sie eine schriftliche Nachfrist zur Behebung der Störung setzen (z.B. „Ich erwarte die Behebung der Störung innerhalb von X Werktagen ab Erhalt dieses Schreibens”). Dies unterstreicht Ihre Entschlossenheit und stärkt Ihre Position.

4. Entschädigung fordern

Sobald der DSL-Anschluss wieder funktioniert und der Zeitraum des Ausfalls feststeht, können Sie Ihre Entschädigung fordern. Dies sollte schriftlich geschehen (am besten per Einschreiben mit Rückschein oder E-Mail mit Lesebestätigung), um einen Nachweis zu haben.

Ihr Schreiben sollte folgende Punkte enthalten:

• Ihre Kundennummer und Vertragsdaten.
• Datum der Störungsmeldung und die erhaltene Ticket-Nummer.
• Den genauen Zeitraum des Ausfalls (von Datum/Uhrzeit bis Datum/Uhrzeit).
• Die Berechnung Ihrer Forderung gemäß § 59 TKG (siehe obenstehendes Beispiel).
• Eine klare Aufforderung zur Auszahlung der Entschädigung und Ihre Bankverbindung.
• Setzen Sie dem Anbieter eine angemessene Frist zur Zahlung (z.B. 14 Tage).

Verweisen Sie explizit auf Ihre Rechte nach § 58 und § 59 des Telekommunikationsgesetzes (TKG).

5. Schlichtung durch die Bundesnetzagentur

Weigert sich Ihr Provider, die Entschädigung zu zahlen, oder ignoriert er Ihr Schreiben, ist die Bundesnetzagentur (BNetzA) Ihre nächste Anlaufstelle. Die BNetzA bietet eine kostenlose Schlichtungsstelle für Telekommunikationsstreitigkeiten an. Bevor Sie die Schlichtungsstelle anrufen können, müssen Sie jedoch nachweisen, dass Sie versucht haben, die Angelegenheit direkt mit Ihrem Anbieter zu klären und dieser Ihrer Forderung nicht nachgekommen ist (daher die Wichtigkeit der schriftlichen Kommunikation!).

Die Schlichtung ist ein außergerichtliches Verfahren, das darauf abzielt, eine Einigung zwischen Ihnen und dem Anbieter zu erzielen. Die Erfahrung zeigt, dass die meisten Provider einer Schlichtungsempfehlung der Bundesnetzagentur Folge leisten.

6. Rechtliche Schritte als letzte Option

Sollte auch die Schlichtung keine Lösung bringen, bleibt Ihnen als letzter Schritt der Gang zum Anwalt und gegebenenfalls eine Klage vor Gericht. Dies ist in der Regel mit Kosten und Aufwand verbunden und sollte gut überlegt sein. Eine Rechtsschutzversicherung kann hier von Vorteil sein.

Nicht nur Ausfall: Entschädigung bei Technikerterminen und Schaltungsfristen

Das TKG schützt Sie nicht nur bei einem direkten Internet-Ausfall, sondern auch in anderen Situationen, in denen der Anbieter seinen Pflichten nicht nachkommt:

• Verpasste Technikertermine: Wenn ein fest vereinbarter Technikertermin ohne Ihr Verschulden vom Provider nicht eingehalten wird, steht Ihnen eine Entschädigung von 10 Euro zu (§ 59 Abs. 2 TKG). Das gilt auch, wenn der Techniker nur verspätet erscheint und dadurch der Termin für Sie nicht mehr sinnvoll ist.
• Verspätete Bereitstellung des Anschlusses: Verzögert sich die Freischaltung oder der Anschluss Ihres DSL, obwohl alle Voraussetzungen Ihrerseits erfüllt sind, haben Sie ebenfalls Anspruch auf Entschädigung. Hier sind es 10 Euro für den ersten und zweiten Werktag der Verzögerung, ab dem dritten und vierten Tag jeweils 20 Euro und ab dem fünften Werktag 30 Euro pro Tag (§ 59 Abs. 1 TKG).

Zusätzliche Kosten durch den Ausfall: Schadensersatz

Neben der pauschalen Entschädigung nach TKG können Ihnen durch den Ausfall auch weitere Schäden entstehen, für die Sie gegebenenfalls Schadensersatz fordern können. Dazu gehören beispielsweise:

• Kosten für die Nutzung mobiler Daten, wenn Sie Ihr Smartphone als Hotspot nutzen mussten.
• Kosten für einen Coworking Space oder einen Internetzugang außerhalb der Wohnung, um Ihrer beruflichen Tätigkeit nachzugehen.
• Verdienstausfall, wenn Sie aufgrund des fehlenden Internets im Homeoffice nicht arbeiten konnten und dies nicht nachholen können.

Hierfür müssen Sie jedoch einen konkreten Schaden nachweisen können, der kausal auf den DSL-Ausfall zurückzuführen ist und den der Provider zu vertreten hat. Die Geltendmachung von Schadensersatz ist komplexer als die pauschale Entschädigung nach TKG, da sie einen detaillierten Nachweis erfordert.

Wichtige Tipps und Fallstricke

• Hartnäckigkeit zahlt sich aus: Lassen Sie sich nicht von automatisierten Antworten oder der Aussage, die Störung sei „bekannt” und „in Bearbeitung”, abspeisen. Bleiben Sie am Ball und fordern Sie konkrete Informationen.
• Alle Beweise sichern: Jede E-Mail, jedes Protokoll, jede Referenznummer – alles ist wichtig. Speichern Sie alles sorgfältig ab.
• Rechtsschutzversicherung prüfen: Wenn Sie eine Rechtsschutzversicherung haben, prüfen Sie, ob diese Telekommunikationsstreitigkeiten abdeckt. Das kann im Ernstfall eine große Hilfe sein.
• Verbraucherzentralen nutzen: Die Verbraucherzentralen bieten oft gute Beratungen und Musterbriefe für solche Fälle an.

Fazit: Setzen Sie sich zur Wehr!

Ein DSL-Ausfall kann extrem nervenaufreibend sein und den Alltag erheblich beeinträchtigen. Doch als Verbraucher sind Sie nicht machtlos. Dank des Telekommunikationsgesetzes (TKG) sind Ihre Rechte gestärkt, und Sie können bei längeren Ausfällen, verpassten Terminen oder verzögerter Bereitstellung eine Entschädigung fordern. Wichtig ist, dass Sie die Störung umgehend melden, den Ausfall akribisch protokollieren und Ihre Forderung schriftlich und fundiert formulieren. Sollte Ihr Provider sich querstellen, steht Ihnen die Bundesnetzagentur als Schlichtungsstelle zur Seite.

Nutzen Sie Ihre Rechte! Ein aktives Vorgehen Ihrerseits trägt nicht nur dazu bei, dass Sie Ihren finanziellen Ausgleich erhalten, sondern setzt auch ein Zeichen an die Anbieter, ihre Servicequalität ernst zu nehmen und im Falle einer Störung schnell und kundenfreundlich zu reagieren. Lassen Sie sich nicht abwimmeln – Ihr Internet ist zu wichtig, um auf Entschädigung zu verzichten!