Cowboy-Diashow statt wildem Westen: Warum läuft Red Dead Redemption auf meiner RTX 2070 Super nicht flüssig?

Die Sonne sinkt malerisch über den weiten Prärien, die Pferde galoppieren durch sanft wiegenden Grasmeere, und die Gesichter der Charaktere sind so detailliert, dass man jeden Bartstoppel zählen könnte. Red Dead Redemption 2, Rockstars Meisterwerk, ist ein Erlebnis – ein lebendiges, atmendes Stück Wild-West-Geschichte, das selbst Jahre nach seiner Veröffentlichung immer noch Maßstäbe in Sachen Immersion und Grafik setzt. Doch für viele PC-Spieler verwandelt sich diese Idylle schnell in eine frustrierende „Cowboy-Diashow”, sobald die Bildrate in den Keller rasselt. Besonders verwirrend wird es, wenn man eine scheinbar potente Grafikkarte wie eine RTX 2070 Super besitzt und trotzdem keine stabilen 60 FPS erreicht. Die Frage brennt: Warum läuft Red Dead Redemption 2 auf meiner RTX 2070 Super nicht flüssig?

Dieser Artikel taucht tief in die Gründe ein, warum selbst gute Hardware bei diesem Spiel an ihre Grenzen stößt. Wir beleuchten die technischen Feinheiten, identifizieren potenzielle Flaschenhälse und zeigen dir, wie du dein System optimal einstellst, um das bestmögliche Spielerlebnis aus dem wilden Westen herauszuholen.

Red Dead Redemption 2: Eine technische Meisterleistung – und eine Hardware-Fresserin

Zunächst müssen wir uns vor Augen führen, dass Red Dead Redemption 2 kein gewöhnliches Spiel ist. Es ist ein technisches Wunderwerk, das mit einer Detailtiefe aufwartet, die ihresgleichen sucht. Rockstar Games hat hier die Latte extrem hoch gelegt, und das spiegelt sich in den Hardware-Anforderungen wider:

• Grafikqualität ohne Kompromisse: Jede Textur, jedes Modell, jede Lichtquelle ist mit unglaublicher Liebe zum Detail gestaltet. Von den feinen Maserungen auf Holzgewehren bis zu den detaillierten Hautporen der Charaktere – die optische Pracht ist überwältigend.
• Dynamische Welt und Physik: Der Wind lässt Gras und Bäume realistisch schwanken, die Wettereffekte sind atemberaubend und dynamisch. Jeder Schneeflocke, jeder Regentropfen und jeder einzelnen Wasserwelle wird eine beeindruckende Physik spendiert. Dies erfordert enorme Rechenleistung.
• Volumetrische Effekte: Nebel, Wolken und Lichtstrahlen, die durch Blätterdächer brechen, werden mittels volumetrischer Effekte dargestellt. Diese sind wunderschön anzusehen, aber auch extrem ressourcenhungrig.
• KI und NPC-Verhalten: Die Welt ist bevölkert von unzähligen NPCs und Wildtieren, die alle ihrer eigenen Routine folgen und auf die Spielwelt reagieren. Das Managen dieser komplexen Simulationen belastet vor allem die CPU.

All diese Elemente zusammen ergeben eine immersive Welt, aber sie verlangen auch selbst von High-End-Systemen Höchstleistungen ab. Red Dead Redemption 2 ist nicht nur grafisch anspruchsvoll, sondern auch in puncto Simulation und Berechnungen extrem fordernd.

Die RTX 2070 Super – Ein Missverständnis?

Die RTX 2070 Super war bei ihrer Veröffentlichung eine hervorragende Mittelklasse- bis Oberklasse-Grafikkarte. Mit 8 GB GDDR6-VRAM und einer leistungsstarken TU104-GPU konnte sie die meisten Spiele in 1080p und oft auch in 1440p mit hohen bis maximalen Einstellungen flüssig darstellen. Doch für Red Dead Redemption 2 bei maximalen Einstellungen, insbesondere in höheren Auflösungen, kann selbst diese Karte an ihre Grenzen stoßen.

• VRAM-Hunger: Die 8 GB VRAM der RTX 2070 Super klingen viel, aber RDR2 kann bei Ultra-Einstellungen, besonders in 1440p oder 4K, diese schnell ausreizen. Ist der VRAM voll, muss die Grafikkarte auf den deutlich langsameren Systemspeicher (RAM) ausweichen, was zu starken Leistungseinbrüchen und Stottern führt.
• Rohleistung am Limit: Auch wenn die 2070 Super stark ist, ist sie nicht für ein kompromissloses Ultra-Erlebnis in 1440p oder gar 4K in RDR2 konzipiert. Für stabile 60 FPS mit den allerhöchsten Einstellungen in diesen Auflösungen sind eher Karten wie eine RTX 3080 oder RX 6800 XT (oder neuere Generationen) nötig.
• Technologischer Wandel: Seit der Veröffentlichung der 2070 Super sind mehrere GPU-Generationen erschienen, die die Leistungsdichte deutlich erhöht haben. Was damals High-End war, ist heute im oberen Mittelfeld angesiedelt.

Die Flaschenhälse im Detail: Wo die Leistung verloren geht

Oft liegt das Problem nicht nur an der Grafikkarte selbst, sondern an einem Zusammenspiel verschiedener Komponenten. Red Dead Redemption 2 ist berüchtigt dafür, jeden potenziellen Flaschenhals in deinem System gnadenlos aufzudecken.

Der CPU-Flaschenhals: Artillerie auf dem Hauptprozessor

Viele moderne Spiele sind stärker GPU-limitiert, aber Red Dead Redemption 2 ist eine Ausnahme. Es ist erstaunlich CPU-intensiv. Die Simulation der riesigen Welt, das Verhalten unzähliger NPCs und Tiere, die Physikberechnungen – all das lastet stark auf deinem Hauptprozessor. Selbst ein Intel Core i7 der 8. Generation oder ein AMD Ryzen 7 der ersten Generation kann hier ins Schwitzen geraten. Wenn deine CPU nicht schnell genug Daten für die RTX 2070 Super liefern kann, wartet die Grafikkarte im Grunde genommen untätig auf Anweisungen. Das Ergebnis: niedrigere FPS, auch wenn die GPU nicht zu 100 % ausgelastet ist. Achte auf:

• Kerne und Threads: RDR2 profitiert von mehr Kernen, aber auch eine hohe Single-Core-Leistung ist entscheidend.
• Taktrate: Eine höhere Taktrate hilft der CPU, schneller zu arbeiten und mehr Anweisungen pro Sekunde zu verarbeiten.

Arbeitsspeicher (RAM): Der vergessene Held

Neben der CPU spielt auch der Arbeitsspeicher eine entscheidende Rolle. Red Dead Redemption 2 ist ein regelrechter RAM-Fresser. Wenn du weniger als 16 GB RAM hast, wirst du definitiv Probleme bekommen. Aber nicht nur die Menge, auch die Geschwindigkeit des RAM ist wichtig. Langsamer RAM (z.B. DDR4-2133 MHz) kann einen spürbaren Leistungsverlust verursachen, besonders bei Ryzen-CPUs, die stark von schnellem RAM profitieren. Empfohlen werden mindestens 16 GB DDR4-3200 MHz oder schneller.

VRAM-Mangel: Der Speicher der Grafikkarte

Wie bereits erwähnt, sind die 8 GB VRAM der RTX 2070 Super zwar ordentlich, können aber in Red Dead Redemption 2 bei hohen Auflösungen und Textur-Einstellungen schnell erschöpft sein. Ist der VRAM voll, beginnt das sogenannte „Swapping”, bei dem Daten vom schnellen VRAM in den langsameren System-RAM ausgelagert werden. Dies führt zu massiven Frame Drops und spürbarem Stottern. Dies ist oft der Hauptgrund für „Diashow”-Momente.

Festplatte: SSD vs. HDD

Obwohl eine langsame Festplatte in erster Linie Ladezeiten beeinflusst, kann sie auch das Streaming von Texturen und Spielweltdaten beeinträchtigen. Wenn das Spiel ständig neue Assets nachladen muss und deine Festplatte nicht schnell genug ist (insbesondere eine HDD), kann dies zu Mikrorucklern und Stottern führen. Eine SSD ist für Red Dead Redemption 2 absolut empfehlenswert, eine NVMe-SSD ideal.

Die Grafikeinstellungen – Dein größter Hebel zur Optimierung

Hier liegt das größte Potenzial, um die Performance deiner RTX 2070 Super in Red Dead Redemption 2 zu verbessern. Viele Einstellungen haben einen unverhältnismäßig großen Einfluss auf die FPS, während ihr visueller Unterschied oft kaum wahrnehmbar ist. Der Trick ist, die „Flaschenhals-Einstellungen” zu identifizieren und anzupassen.

Die größten FPS-Killer, die du sofort reduzieren solltest:

• Volumetrische Beleuchtung (Volumetric Lighting Quality): Dies ist einer der größten Leistungsfresser im Spiel. Schon das Herunterschalten von „Ultra” auf „Hoch” oder „Mittel” kann einen riesigen Unterschied machen. Die visuelle Einbuße ist dabei oft minimal.
• Schattenqualität (Shadow Quality): Auch Schatten sind extrem rechenintensiv. Reduziere diese von „Ultra” auf „Hoch” oder sogar „Mittel”. Die Qualität der Schattenwürfe ist immer noch hervorragend.
• Wasserqualität (Water Quality): Speziell die „Reflexionen” und „Refraktionen” des Wassers können die FPS massiv drücken. Hier lohnt sich das Herunterschalten.
• Globale Beleuchtung (Global Illumination Quality): Die Berechnung realistischer indirekter Beleuchtung ist sehr aufwendig. Eine Stufe herunter kann Wunder wirken.
• Spiegelungen (Reflection Quality): Ein weiterer großer Übeltäter, besonders bei nassen Oberflächen oder Pfützen. „Mittel” ist hier oft ein guter Kompromiss.
• Grasqualität (Grass Quality): Die Dichte und Qualität des Grases hat einen erheblichen Einfluss.
• TAA (Temporal Anti-Aliasing): TAA ist in RDR2 standardmäßig aktiviert und wichtig für ein ruhiges Bild. Wenn du dennoch experimentieren möchtest, kannst du die Schärfe im TAA-Bereich anpassen, aber MSAA oder FXAA sind deutlich schlechter oder zu leistungshungrig.

Wichtige Tipps zu den Grafikeinstellungen:

Rockstar hat in Red Dead Redemption 2 viele Grafikeinstellungen. Es gibt eine nützliche Funktion, die dir anzeigt, wie viel VRAM durch deine aktuellen Einstellungen belegt wird. Achte darauf, dass du nicht über die 8 GB deiner RTX 2070 Super kommst. Ein Buffer von 500 MB bis 1 GB ist ratsam. Wenn du die Grafikeinstellungen anpasst, gehe folgendermaßen vor:

1. Beginne mit den von Digital Foundry oder Hardware Unboxed empfohlenen „Optimized Settings” für eine 2070 Super. Diese sind oft ein guter Ausgangspunkt und bieten eine sehr gute Balance aus Optik und Leistung.
2. Aktiviere einen FPS-Zähler (z.B. mit MSI Afterburner oder der NVIDIA GeForce Experience Overlay).
3. Passe immer nur eine Einstellung an und teste dann die Performance in einem anspruchsvollen Gebiet (z.B. Saint Denis oder einem dicht bewachsenen Waldstück).
4. Deaktiviere die erweiterten Grafikeinstellungen („Advanced Settings”) zunächst komplett und aktiviere sie nur, wenn du nach der Optimierung noch Leistung übrig hast. „Frame Scaling Mode” sollte auf 1.0 (oder „Aus”) stehen, es sei denn, du versuchst, eine niedrigere Render-Auflösung zu erzwingen.

Treiber, Betriebssystem & Co.: Die unsichtbaren Helfer

Neben den In-Game-Einstellungen gibt es weitere Faktoren, die deine Performance beeinflussen können:

• Grafikkartentreiber: Stelle sicher, dass deine NVIDIA-Treiber immer auf dem neuesten Stand sind. NVIDIA veröffentlicht regelmäßig Game Ready-Treiber, die spezifische Optimierungen für neue Spiele oder Patches enthalten.
• Betriebssystem-Updates: Halte dein Windows-Betriebssystem aktuell. Manchmal enthalten Updates Leistungsverbesserungen oder Fehlerkorrekturen.
• Hintergrundprozesse: Schließe alle unnötigen Anwendungen und Programme im Hintergrund, während du spielst. Browser, Streaming-Dienste oder andere Spiele-Clients können CPU– und RAM-Ressourcen verbrauchen.
• Energieoptionen: Stelle sicher, dass dein PC im „Höchstleistung”-Modus läuft und nicht im „Energiesparmodus”.
• XMP-Profil/DOCP: Überprüfe im BIOS/UEFI, ob das XMP-Profil (für Intel) oder DOCP-Profil (für AMD) für deinen RAM aktiviert ist. Ohne dieses läuft dein RAM oft mit einer viel niedrigeren Standardfrequenz, was die CPU-Leistung erheblich beeinträchtigt.

Overclocking und fortgeschrittene Tweaks (mit Vorsicht zu genießen)

Für erfahrene Benutzer können leichtes Übertakten (Overclocking) der RTX 2070 Super oder der CPU weitere FPS herausholen. Dies sollte jedoch mit Vorsicht geschehen und erfordert ein gutes Verständnis der Risiken (Stabilitätsprobleme, erhöhte Wärmeentwicklung). Programme wie MSI Afterburner oder NVIDIA Inspector bieten auch feine Tuning-Möglichkeiten, doch für den Anfang sind die oben genannten Schritte deutlich effektiver und sicherer.

Einige fortgeschrittene Nutzer experimentieren auch mit der system.xml-Datei von RDR2, um Einstellungen zu verändern, die im Spielmenü nicht verfügbar sind. Hier ist jedoch größte Vorsicht geboten, da falsche Werte zu Problemen führen können. Es ist ratsam, vorher ein Backup der Datei zu erstellen.

Zusammenfassende Strategie für dein Wild-West-Abenteuer

Um dein Wild-West-Abenteuer von einer Diashow in ein flüssiges Erlebnis zu verwandeln, folge diesen Schritten:

1. Monitoring ist der Schlüssel: Nutze Tools wie MSI Afterburner oder das NVIDIA Overlay, um deine FPS, GPU-Auslastung, CPU-Auslastung und VRAM-Belegung zu überwachen. Das hilft dir zu erkennen, wo der Flaschenhals liegt.
2. Treiber und System aktualisieren: Stelle sicher, dass alles auf dem neuesten Stand ist.
3. Optimierte Grundeinstellungen anwenden: Beginne mit empfohlenen Grafikeinstellungen für eine RTX 2070 Super. Ziel ist es, unter den 8 GB VRAM zu bleiben.
4. Schrittweise anpassen: Reduziere zuerst die größten FPS-Killer (Volumetrische Beleuchtung, Schatten, Wasser, Reflexionen). Beobachte die Auswirkungen auf die FPS und die VRAM-Belegung.
5. Priorisiere die Erfahrung: Entscheide, ob dir stabile 45-50 FPS mit schöner Grafik wichtiger sind als unstabile 60 FPS mit maximalen Details. RDR2 ist auch mit leicht reduzierten Einstellungen noch absolut atemberaubend.
6. CPU prüfen: Wenn deine GPU nicht voll ausgelastet ist, aber die FPS niedrig sind, könnte deine CPU der limitierende Faktor sein. Überprüfe die Auslastung deiner CPU.

Fazit: Geduld und Strategie zahlen sich aus

Die Frustration über eine „Cowboy-Diashow” trotz einer guten Karte wie der RTX 2070 Super ist absolut verständlich. Doch Red Dead Redemption 2 ist ein Ausnahmetitel, der selbst modernen Systemen alles abverlangt. Es ist ein Spiel, das nicht unbedingt darauf ausgelegt ist, bei den allerhöchsten Einstellungen mit 60 FPS auf allen Systemen zu laufen, sondern eine unübertroffene visuelle Qualität bietet, die skaliert werden kann. Mit dem richtigen Verständnis für die Hardware-Anforderungen und einer strategischen Anpassung der Grafikeinstellungen kannst du jedoch ein butterweiches und wunderschönes Spielerlebnis auf deiner RTX 2070 Super erzielen. Es braucht vielleicht etwas Geduld und Experimentierfreude, aber der wilde Westen wird es dir danken.