Die Welt des PC-Gamings entwickelt sich rasend schnell. Neue Grafikkarten-Generationen werden fast jährlich vorgestellt, die mit beeindruckender Leistung, innovativen Technologien und immer höheren Preisen aufwarten. In diesem ständigen Strom der Neuheiten geraten ältere, aber einst beliebte Modelle schnell in Vergessenheit oder werden als „veraltet” abgestempelt. Eine solche Grafikkarte, die sich immer wieder der Frage nach ihrer Relevanz stellen muss, ist die **NVIDIA GeForce RTX 2060**. Ursprünglich im Januar 2019 auf den Markt gebracht, war sie als erschwinglicher Einstieg in die damals revolutionäre RTX-Technologie mit Ray Tracing und DLSS konzipiert. Doch im aktuellen Jahr: Ist sie noch eine praktikable Option für **modernes Gaming**, oder gehört sie unwiderruflich zum alten Eisen? Wir werfen einen detaillierten und ehrlichen Blick auf ihre Fähigkeiten.
### Die RTX 2060: Ein Blick zurück auf die Spezifikationen
Bevor wir über die aktuelle Leistung sprechen, ist es wichtig, sich die Eckdaten der RTX 2060 ins Gedächtnis zu rufen. Die ursprüngliche Version kam mit 6 GB GDDR6 VRAM, 1920 CUDA-Kernen und bot eine solide Leistung für **1080p-Gaming** auf hohen bis maximalen Einstellungen in den Spielen ihrer Zeit. Sie war die günstigste Karte der Turing-Generation, die Ray Tracing (RT) Kerne und Tensor Kerne für DLSS einführte. Später gab es auch eine 12 GB-Version, die die VRAM-Einschränkung der ursprünglichen Karte teilweise adressierte, aber prinzipiell die gleiche Rechenleistung bot.
Die RTX 2060 positionierte sich als hervorragende Mittelklasse-Karte, die ein ausgezeichnetes Preis-Leistungs-Verhältnis bot – zumindest in einer Welt vor der Chipknappheit und den explodierenden Preisen der letzten Jahre. Ihre Fähigkeit, Titel wie Cyberpunk 2077 oder Control mit DLSS und teilweise Ray Tracing spielbar zu machen, war zu ihrer Zeit beeindruckend. Doch die Zeit steht nicht still.
### Modernes Gaming: Was bedeutet das überhaupt?
Die Definition von „modernem Gaming” variiert stark von Spieler zu Spieler. Für den einen bedeutet es, die neuesten AAA-Titel in 4K mit höchsten Einstellungen und Ray Tracing zu erleben. Für den anderen reicht es, kompetitive E-Sport-Titel mit hohen Bildraten zu spielen oder Indie-Spiele flüssig darzustellen. Und wieder andere möchten einfach nur eine gute grafische Darstellung in 1080p, ohne Kompromisse bei der Spielbarkeit einzugehen. Unsere Einschätzung muss all diese Facetten berücksichtigen.
### Leistung der RTX 2060 in aktuellen AAA-Titeln (1080p)
Die größte Herausforderung für die RTX 2060 liegt in den grafisch anspruchsvollsten Triple-A-Spielen, die in den letzten ein bis zwei Jahren veröffentlicht wurden oder noch erscheinen werden. Titel wie **Cyberpunk 2077: Phantom Liberty**, **Starfield**, **Alan Wake 2** oder **Hogwarts Legacy** setzen neue Maßstäbe in Sachen Grafikpracht und Hardwareanforderungen.
In diesen anspruchsvollen Titeln stößt die RTX 2060 an ihre Grenzen, wenn man hohe grafische Einstellungen anstrebt:
* **Hohe/Ultra-Einstellungen ohne DLSS:** Hier wird die RTX 2060 in den meisten Fällen Schwierigkeiten haben, stabile 60 FPS zu halten. Viele Titel werden eher im Bereich von 30-45 FPS laufen, was für einige Spieler akzeptabel sein mag, aber für ein flüssiges Spielerlebnis oft als zu niedrig empfunden wird. Die 6 GB VRAM werden hier oft zum Flaschenhals, was zu Stottern und Textur-Pop-ins führen kann, selbst wenn die Kern-GPU-Leistung noch Reserven hätte.
* **Hohe/Mittlere Einstellungen mit DLSS:** Hier beginnt die RTX 2060 aufzuatmen. **DLSS** ist der Retter in der Not. Mit DLSS auf „Qualität” oder „Balanced” lassen sich oft respektable Bildraten im Bereich von 50-70 FPS erreichen, selbst in anspruchsvollen Spielen. Man muss jedoch bereit sein, die Grafikeinstellungen auf „Mittel” oder eine Mischung aus „Hoch” und „Mittel” zu reduzieren, um ein konsistentes Erlebnis zu gewährleisten. Der visuelle Unterschied zwischen Nativ 1080p auf Ultra und DLSS 1080p auf Mittel ist oft weniger gravierend, als man erwarten würde, und die höhere Bildrate macht den Kompromiss meist wett.
* **Niedrige Einstellungen:** Auf niedrigen Einstellungen wird die RTX 2060 in fast jedem aktuellen Titel spielbare Bildraten über 60 FPS liefern, oft sogar weit darüber. Dies ist jedoch ein Kompromiss, den nicht jeder eingehen möchte, da die grafische Pracht der Spiele dann deutlich leidet.
Kurz gesagt: Für ein **1080p-Gaming-Erlebnis** in modernen AAA-Titeln ist die RTX 2060 noch **bedingt geeignet**. Man muss Kompromisse bei den Grafikeinstellungen eingehen und DLSS nutzen, um akzeptable Bildraten zu erzielen. Wer jedoch die neuesten Spiele auf „Ultra” mit stabilen 60+ FPS erleben möchte, wird enttäuscht sein.
### Ray Tracing und die RTX 2060: Eine kritische Betrachtung
Die RTX 2060 war NVIDIAs Einstiegspunkt für Ray Tracing. Die Technologie versprach eine revolutionäre Beleuchtung, Schatten und Reflexionen, die die Grafik auf ein neues Niveau heben sollten. Die Realität für die RTX 2060 ist jedoch nüchtern:
* **Ray Tracing ohne DLSS:** Praktisch unspielbar in den meisten modernen Titeln. Selbst auf niedrigen RT-Einstellungen brechen die Bildraten drastisch ein, oft unter die 30-FPS-Marke.
* **Ray Tracing mit DLSS:** Hier wird es *möglich*, aber immer noch sehr grenzwertig. In weniger anspruchsvollen Spielen oder mit sehr niedrigen Ray Tracing-Einstellungen und DLSS auf „Performance” oder „Ultra Performance” kann man vielleicht stabile 30-45 FPS erreichen. Ein flüssiges Ray Tracing-Erlebnis in 1080p ist mit der RTX 2060 jedoch kaum möglich, geschweige denn in höheren Auflösungen. Die RT-Kerne der ersten Generation sind einfach nicht leistungsstark genug für die heutigen Anforderungen.
Wer Ray Tracing als Priorität sieht, sollte von der RTX 2060 Abstand nehmen. Sie ist schlichtweg nicht dafür ausgelegt, die aktuellen RT-Implementierungen zufriedenstellend darzustellen.
### E-Sport-Titel und ältere Spiele: Hier glänzt die RTX 2060 noch
Wo die RTX 2060 wirklich noch glänzt, sind kompetitive E-Sport-Titel wie **Valorant**, **CS:GO 2**, **League of Legends**, **Dota 2**, **Apex Legends** oder **Fortnite**. In diesen Spielen, die oft auf hohe Bildraten ausgelegt sind, liefert die RTX 2060 problemlos **über 144 FPS** in 1080p auf hohen Einstellungen, oft sogar noch deutlich mehr. Für kompetitive Spieler mit einem High-Refresh-Rate-Monitor ist die RTX 2060 hier immer noch eine exzellente Wahl und bietet ein reaktionsschnelles und flüssiges Spielerlebnis.
Auch bei etwas älteren AAA-Titeln oder weniger grafisch anspruchsvollen Spielen der letzten Generation (z.B. Witcher 3, GTA V, Red Dead Redemption 2 – mit angepassten Einstellungen) kann die RTX 2060 immer noch ein sehr gutes **1080p-Erlebnis** auf hohen bis maximalen Einstellungen liefern. Die 6 GB VRAM sind in diesen Fällen meist ausreichend.
### 1440p und 4K Gaming: Keine Empfehlung
Für **1440p-Gaming** ist die RTX 2060 nur sehr eingeschränkt zu empfehlen. Man müsste die Einstellungen drastisch reduzieren und DLSS aggressiv einsetzen, um überhaupt spielbare Bildraten zu erzielen. Die 6 GB VRAM sind hier definitiv ein limitierender Faktor. Für **4K-Gaming** ist die RTX 2060 schlichtweg nicht ausgelegt und ungeeignet.
### Die VRAM-Limitation: Ein wachsendes Problem
Die 6 GB GDDR6 VRAM der ursprünglichen RTX 2060 sind im aktuellen Jahr zunehmend ein Problem. Viele moderne AAA-Titel benötigen in hohen Einstellungen und 1080p bereits mehr als 6 GB VRAM, um Texturen und andere Assets ohne Nachladen oder Stottern zu verwalten. Dies führt zu einer als „VRAM-Stutter” bekannten Problematik, bei der das Spiel kurzzeitig einfriert oder stockt, während die GPU versucht, benötigte Daten vom langsameren Systemspeicher nachzuladen.
Die RTX 2060 12GB mildert dieses Problem zwar, die zusätzliche VRAM-Kapazität gleicht aber nicht die relativ geringere Rechenleistung der GPU im Vergleich zu neueren Karten aus. In anspruchsvollen Szenarien wird die GPU selbst mit 12 GB VRAM an ihre Grenzen stoßen, bevor der Speicher voll ist.
### Vergleich mit aktuellen Karten und die Preisfrage
Im Neuzustand ist die RTX 2060 im aktuellen Jahr kaum noch relevant, da sie von neueren Karten wie der **RTX 3050**, **RTX 4060** oder AMDs **RX 6600/7600** in Sachen Leistung und Effizienz übertroffen wird. Diese Karten bieten oft eine bessere Performance pro Watt und/oder mehr VRAM zu einem ähnlichen oder besseren Preis.
Der einzige Fall, in dem eine RTX 2060 heute noch relevant sein könnte, ist der Gebrauchtmarkt. Wenn sie zu einem **sehr attraktiven Preis** (deutlich unter 150-200 Euro, je nach Modell und Zustand) erhältlich ist und man die oben genannten Einschränkungen (1080p, DLSS-Nutzung, keine hohen RT-Erwartungen) akzeptiert, kann sie immer noch eine kostengünstige Möglichkeit sein, in die Welt des PC-Gamings einzusteigen oder ein älteres System aufzurüsten.
### Die Bedeutung des Gesamtsystems
Es ist wichtig zu betonen, dass die Grafikleistung nur ein Teil der Gleichung ist. Ein langsamer Prozessor (CPU) oder zu wenig Arbeitsspeicher (RAM) kann eine RTX 2060 oder jede andere Grafikkarte stark ausbremsen. Um das volle Potenzial einer RTX 2060 auszuschöpfen, sollte man mindestens einen modernen Mittelklasse-Prozessor (z.B. Intel Core i5 der 8. Generation oder neuer, AMD Ryzen 5 der 2000er Serie oder neuer) und 16 GB RAM besitzen. Ohne ein ausgewogenes System können selbst niedrige Erwartungen an die GPU nicht erfüllt werden.
### Fazit: Eine ehrliche Einschätzung
Ist eine RTX 2060 im aktuellen Jahr zu alt für modernes Gaming? Die ehrliche Antwort ist: **Es kommt darauf an.**
* **Für anspruchsvolle AAA-Titel in 1080p mit hohen/Ultra-Einstellungen und Ray Tracing:** Ja, sie ist **zu alt**. Die Karte stößt hier schnell an ihre Grenzen und kann kein konsistent flüssiges Erlebnis bieten.
* **Für anspruchsvolle AAA-Titel in 1080p mit mittleren/hohen Einstellungen und DLSS:** Nein, sie ist **noch bedingt geeignet**. Mit intelligenten Kompromissen bei den Einstellungen und der Aktivierung von DLSS kann man immer noch ein gutes und flüssiges 1080p-Erlebnis genießen. Man muss jedoch bereit sein, auf maximale grafische Details und aufwendiges Ray Tracing zu verzichten.
* **Für E-Sport-Titel, ältere AAA-Spiele und Indie-Titel in 1080p:** Nein, sie ist **immer noch sehr gut geeignet**. Hier liefert sie konstant hohe Bildraten und ein hervorragendes Spielerlebnis.
* **Für 1440p- oder 4K-Gaming:** Ja, sie ist **definitiv zu alt**.
Die RTX 2060 hat ihre glorreichen Tage als preiswerter Einstieg in die High-End-Grafik hinter sich. Sie ist heute keine Karte mehr für Enthusiasten oder jene, die jedes Spiel in maximaler Pracht genießen möchten. Ihre Stärken liegen im Budget-Gaming, wo sie mit etwas Feintuning und realistischen Erwartungen immer noch eine solide Leistung abliefern kann, insbesondere wenn man sie günstig gebraucht erwirbt.
Wenn Sie bereits eine RTX 2060 besitzen, müssen Sie nicht sofort aufrüsten, solange Ihre Erwartungen realistisch sind und Sie bereit sind, die Einstellungen anzupassen und DLSS zu nutzen. Für Neuanschaffungen im aktuellen Jahr sollten Sie jedoch neuere Karten in Betracht ziehen, die ein besseres Preis-Leistungs-Verhältnis und mehr Zukunftssicherheit bieten, es sei denn, Sie finden ein extrem günstiges Angebot auf dem Gebrauchtmarkt und wissen genau, wofür Sie die Karte einsetzen wollen. Die RTX 2060 ist nicht tot, aber sie lebt definitiv nicht mehr auf der Überholspur des **modernen Gamings**.