Mitten im Gefecht wird’s dunkel: Meine RC6700XT schaltet den Bildschirm nur in Spielen ab

Stellen Sie sich vor: Sie sind mitten in einem epischen Kampf, der Sieg ist zum Greifen nah, Ihre Reflexe sind auf Hochtouren – und plötzlich, mitten im heißesten Gefecht, wird der Bildschirm schwarz. Kein Bluescreen, kein Fehlermeldung, einfach nur Dunkelheit. Der Ton läuft vielleicht noch ein paar Sekunden, aber das Bild ist weg. Sie drücken die Reset-Taste oder halten den Power-Knopf gedrückt, starten neu und hoffen, dass es ein einmaliger Ausrutscher war. Doch die Ernüchterung folgt schnell: Es passiert wieder. Und immer nur in Spielen, immer unter Last, immer dann, wenn es am spannendsten wird. Dieses frustrierende Szenario ist leider keine Seltenheit und betrifft oft Besitzer von Grafikkarten wie der AMD Radeon RX 6700 XT.

Wenn Ihre treue RX 6700 XT, sei es eine Sapphire Nitro+, XFX Speedster, PowerColor Red Devil oder ein anderes Modell, genau dieses Verhalten zeigt – den Bildschirm nur in Spielen abschaltet, während der Desktop-Betrieb, Surfen oder Filmeschauen reibungslos funktioniert – dann sind Sie hier genau richtig. Wir tauchen tief in die möglichen Ursachen ein und führen Sie durch einen systematischen Troubleshooting-Prozess, um das Problem ein für alle Mal zu lösen.

Das mysteriöse Blackout: Was genau passiert?

Das Besondere an diesem Phänomen ist, dass es selektiv auftritt. Es ist nicht so, dass der gesamte PC einfriert oder abstürzt. Oft bleibt das System im Hintergrund aktiv, Lüfter drehen sich weiter, eventuell hören Sie noch Spielsound oder die Kommunikation Ihrer Teamkollegen. Manchmal können Sie sogar noch mit einer Tastenkombination (z.B. Alt+F4) das Spiel beenden, obwohl Sie nichts sehen. Das deutet darauf hin, dass nicht der gesamte Computer ausfällt, sondern die Grafikkarte die Ausgabe an den Monitor einstellt oder der Monitor das Signal verliert. Warum aber nur unter Last und warum nur bei Ihrer RX 6700 XT?

1. Der Klassiker: Treiberprobleme der RX 6700 XT

Software ist oft der Übeltäter, und bei Grafikkarten sind die Treiber die erste Anlaufstelle. Veraltete, beschädigte oder inkompatible Treiber können zu einer Vielzahl von Problemen führen, einschließlich Bildaussetzern. AMDs Adrenalin Software-Suite ist mächtig, kann aber manchmal auch Zicken machen, besonders nach Windows-Updates oder beim Wechsel von einer anderen Grafikkartenmarke.

• Lösung: Saubere Neuinstallation der Treiber. Laden Sie Display Driver Uninstaller (DDU) herunter. Starten Sie Ihren PC im abgesicherten Modus, führen Sie DDU aus, um alle Grafiktreiber von AMD und potenziell auch Nvidia (falls Sie zuvor eine Nvidia-Karte hatten) vollständig zu entfernen. Starten Sie den PC danach neu und installieren Sie den neuesten, stabilen Treiber direkt von der offiziellen AMD-Website. Vermeiden Sie Betatreiber, es sei denn, Sie sind sicher, dass sie das Problem beheben.
• Treiberversionen testen: Manchmal sind die allerneuesten Treiber nicht die besten. Probieren Sie bei weiterhin bestehenden Problemen eine oder zwei ältere stabile Treiberversionen aus. Foren können hier oft Hinweise geben, welche Versionen als besonders stabil gelten.

2. Überhitzung: Wenn die RX 6700 XT die Hitze nicht mehr verträgt

Hohe Last bedeutet hohe Temperaturen. Grafikkarten wie die RX 6700 XT sind auf Spitzenleistungen ausgelegt, aber wenn die Kühlung nicht ausreicht, kann die Karte sich selbst schützen, indem sie die Leistung drosselt oder im Extremfall das Signal kappt, um Schäden zu vermeiden. Besonders der sogenannte „Hotspot”-Temperaturwert bei AMD-Karten ist hier entscheidend, aber auch der VRAM (Videospeicher) kann überhitzen.

• Diagnose: Temperaturen überwachen. Tools wie HWMonitor, HWInfo64 oder MSI Afterburner ermöglichen es Ihnen, GPU-Temperatur, Hotspot-Temperatur und VRAM-Temperatur während des Spiels zu überwachen. Achten Sie darauf, die Werte kurz vor dem Blackout zu notieren. Temperaturen über 90-100°C (Hotspot) oder VRAM über 95-100°C können kritisch sein.
• Lösung: Lüfterkurve anpassen & Gehäusekühlung optimieren. Erstellen Sie in der AMD Adrenalin Software oder mit MSI Afterburner eine aggressivere Lüfterkurve, damit die Lüfter der RX 6700 XT früher und stärker drehen. Stellen Sie sicher, dass Ihr PC-Gehäuse eine gute Belüftung hat: Genügend Gehäuselüfter (Einlass/Auslass), kein Kabelchaos, das den Luftstrom behindert, und regelmäßiges Entstauben der Grafikkarte und der Gehäuselüfter.
• Wärmeleitpaste/Pads: Im schlimmsten Fall könnte die Wärmeleitpaste auf dem GPU-Chip oder die Wärmeleitpads der VRAM-Chips ausgetrocknet oder unzureichend sein. Dies ist jedoch ein Eingriff, den man nur mit entsprechender Erfahrung vornehmen sollte (Verlust der Garantie).

3. Stromversorgung: Der Durst der RX 6700 XT

Moderne Grafikkarten sind wahre Stromfresser, besonders unter Last. Die RX 6700 XT benötigt ein Netzteil mit ausreichender Leistung und stabilen Spannungen. Ein schwaches, alterndes oder defektes Netzteil (PSU) kann bei Spitzenlast die benötigte Energie nicht liefern, was zum Blackout führen kann.

• Leistung des Netzteils prüfen: AMD empfiehlt für die RX 6700 XT ein Netzteil von mindestens 650 Watt. Haben Sie ein Netzteil dieser Größenordnung und ist es von einem namhaften Hersteller (Corsair, Seasonic, be quiet!, EVGA etc.)? Billige Netzteile liefern oft nicht die versprochene Leistung oder haben instabile Spannungen.
• Kabelverbindungen prüfen: Stellen Sie sicher, dass alle 8-Pin- und/oder 6-Pin-PCIe-Stromkabel fest in der Grafikkarte und im Netzteil stecken. Verwenden Sie möglichst separate PCIe-Kabelstränge vom Netzteil zur Grafikkarte, anstatt Y-Kabel oder nur einen Strang für mehrere Anschlüsse, da dies die Stromversorgung stabilisiert.
• Test mit anderem Netzteil: Wenn möglich, testen Sie Ihr System mit einem anderen, bekanntermaßen stabilen und leistungsstarken Netzteil. Dies ist oft die zuverlässigste Methode, um das Netzteil als Ursache auszuschließen oder zu identifizieren.
• Lastspitzen: AMD-Karten können kurzzeitig sehr hohe Lastspitzen verursachen. Ein hochwertiges Netzteil ist besser in der Lage, diese zu bewältigen.

4. Das Anzeigekabel und der Monitor

Manchmal sind es die einfachen Dinge. Ein defektes oder minderwertiges DisplayPort– oder HDMI-Kabel kann zu Signalverlusten führen, besonders bei hohen Auflösungen und Bildwiederholraten, die in Spielen genutzt werden.

• Kabeltausch: Testen Sie ein anderes, hochwertiges DisplayPort- oder HDMI-Kabel. Achten Sie auf die Spezifikationen des Kabels (z.B. DisplayPort 1.4, HDMI 2.0/2.1) – es muss die Bandbreite für Ihre Monitorauflösung und Bildwiederholrate liefern können.
• Anderer Port/Monitor: Probieren Sie einen anderen Port an der Grafikkarte oder testen Sie die RX 6700 XT an einem anderen Monitor oder Fernseher.
• Monitoreinstellungen: Überprüfen Sie die Einstellungen Ihres Monitors. Ist Adaptive Sync/FreeSync aktiviert? Deaktivieren Sie es testweise. Auch eine Reduzierung der Bildwiederholrate testweise kann Aufschluss geben. Manche Monitore haben Energiesparmodi, die zu Problemen führen können.
• Firmware des Monitors: Manche Monitore erhalten Firmware-Updates, die Probleme beheben können. Prüfen Sie die Herstellerseite Ihres Monitors.

5. Softwarekonflikte und Hintergrundprozesse

Neben den Treibern können auch andere Programme, Overlays oder Hintergrunddienste zu Konflikten mit Ihrer RX 6700 XT führen.

• Overlays deaktivieren: Programme wie Discord Overlay, Steam Overlay, Xbox Game Bar, GOG Galaxy Overlay oder auch Aufnahmeprogramme (OBS, ReLive) können manchmal Probleme verursachen. Deaktivieren Sie diese testweise.
• Antiviren-Software: Manchmal kann auch eine aggressive Antiviren-Software das System beeinträchtigen.
• Hintergrundprozesse schließen: Schließen Sie vor dem Spielen alle unnötigen Programme, die im Hintergrund laufen.

6. BIOS/UEFI-Einstellungen und PCIe-Slot

Die Hauptplatine und ihre Einstellungen spielen ebenfalls eine Rolle bei der Stabilität der Grafikkarte.

• PCIe-Version: Prüfen Sie im UEFI/BIOS, ob der PCIe-Steckplatz, in dem die RX 6700 XT steckt, auf „Auto” oder eine bestimmte Generation (z.B. Gen4) eingestellt ist. Manchmal kann eine manuelle Einstellung auf PCIe Gen3 die Stabilität verbessern, falls es Probleme mit der Kompatibilität oder der Signalqualität gibt.
• Re-Size BAR (Smart Access Memory): Diese Funktion kann die Leistung steigern, aber in seltenen Fällen auch zu Instabilitäten führen. Deaktivieren Sie Re-Size BAR testweise im BIOS, falls es aktiviert ist.
• BIOS/UEFI-Update: Stellen Sie sicher, dass Ihr Mainboard-BIOS auf dem neuesten Stand ist. Aktualisierungen können Kompatibilitätsprobleme beheben und die Stabilität verbessern.
• Anderer PCIe-Slot: Wenn Ihr Mainboard mehrere PCIe x16-Slots bietet, versuchen Sie, die Grafikkarte in einem anderen Slot zu testen. Dies könnte einen defekten Slot ausschließen.

7. Windows-Integrität und Systemdateien

Auch das Betriebssystem selbst kann eine Rolle spielen. Korrupte Systemdateien oder fehlerhafte Windows-Updates können zu Instabilitäten führen.

• SFC /scannow: Öffnen Sie die Eingabeaufforderung als Administrator und führen Sie sfc /scannow aus. Dies prüft und repariert beschädigte Windows-Systemdateien.
• DISM-Befehle: Bei hartnäckigeren Problemen können die DISM-Befehle (Deployment Imaging and Servicing Management) helfen, das Systemabbild zu reparieren. (DISM /Online /Cleanup-Image /RestoreHealth)
• Windows-Updates: Überprüfen Sie, ob alle Windows-Updates installiert sind, oder ob ein kürzlich installiertes Update Probleme verursacht haben könnte.

8. Undervolting/Underclocking als Notlösung oder Diagnose

Wenn alles andere fehlschlägt, kann eine temporäre Reduzierung der Last auf die RX 6700 XT helfen, das Problem einzugrenzen oder sogar als Übergangslösung zu dienen.

• AMD Adrenalin Software: Im Leistungsbereich können Sie die Taktraten (GPU-Frequenz) leicht reduzieren oder ein leichtes Undervolting vornehmen. Weniger Spannung bedeutet weniger Hitze und potenziell weniger Lastspitzen. Beginnen Sie mit kleinen Schritten (z.B. 20-50mV weniger Spannung für die GPU) und testen Sie die Stabilität.
• Reduzierung der Power Limit: Auch eine Reduzierung des Power Limits kann helfen, die Leistungsaufnahme und damit die Temperaturen zu senken.

9. Letzter Ausweg: Hardware-Defekt der RX 6700 XT?

Wenn alle Software- und Umgebungsfaktoren ausgeschlossen wurden, bleibt die Möglichkeit eines Hardware-Defekts. Dies ist leider die teuerste und frustrierendste Option.

• GPU selbst: Die Grafikkarte könnte einen Defekt haben, sei es im VRAM, im GPU-Chip selbst oder in der Spannungsversorgung auf der Platine.
• Test in einem anderen System: Wenn Sie die Möglichkeit haben, testen Sie Ihre RX 6700 XT in einem komplett anderen PC. Funktioniert sie dort einwandfrei, liegt das Problem bei Ihrem System (Mainboard, CPU, RAM). Tritt das Problem auch dort auf, ist die Grafikkarte wahrscheinlich defekt.
• Garantie/RMA: Wenn die Karte noch Garantie hat, sollten Sie den Hersteller oder Händler kontaktieren. Beschreiben Sie das Problem und die bereits durchgeführten Troubleshooting-Schritte detailliert.

Zusammenfassende Strategie zur Fehlerbehebung

1. Systematisch vorgehen: Ändern Sie immer nur eine Variable gleichzeitig, um festzustellen, welche Änderung das Problem behebt oder verschlimmert.
2. Dokumentieren: Schreiben Sie auf, welche Schritte Sie unternommen haben und welche Ergebnisse sie brachten.
3. Stress-Tests: Verwenden Sie Programme wie FurMark, Unigine Heaven Benchmark oder 3DMark, um die RX 6700 XT gezielt unter Last zu setzen und das Problem reproduzierbar zu machen. Überwachen Sie dabei die Temperaturen und Leistungsdaten.

Das Problem, dass die RX 6700 XT den Bildschirm in Spielen abschaltet, ist frustrierend, aber oft lösbar. Meist liegt es an einer Kombination aus Treibern, Temperaturen oder der Stromversorgung. Mit Geduld und einer systematischen Fehlersuche können Sie die Ursache finden und wieder ungestört in Ihre virtuellen Welten eintauchen. Bleiben Sie ruhig, gehen Sie die Schritte methodisch durch, und bald werden Ihre epischen Kämpfe nicht mehr im Dunkeln enden!