Der Händler verweigert die Reparatur deiner heißen ASRock Radeon RX 6900 XT? Das sind deine Rechte!

Die neueste Generation von Grafikkarten ist ein Meisterwerk der Technik – aber auch eine Quelle intensiver Hitze. Besonders High-End-Modelle wie die ASRock Radeon RX 6900 XT können unter Last beeindruckende Temperaturen entwickeln. Doch was, wenn diese Temperaturen über das normale Maß hinausgehen, die Leistung beeinträchtigen oder gar zu Abstürzen führen? Und was, wenn Ihr Händler die Reparatur verweigert, obwohl Sie überzeugt sind, dass Ihre teure Grafikkarte einen Defekt hat?

Diese Situation ist nicht nur frustrierend, sondern kann auch finanziell schmerzhaft sein. Doch keine Sorge: Als Verbraucher in Deutschland und der EU sind Sie nicht schutzlos. Dieser Artikel beleuchtet umfassend Ihre Rechte und zeigt Ihnen Schritt für Schritt, wie Sie vorgehen können, wenn Ihr Händler die gesetzliche Gewährleistung ignoriert.

Grundlagen der Gewährleistung: Ihre primäre Waffe als Käufer

Das wichtigste Instrument an Ihrer Seite ist die gesetzliche Gewährleistung. Diese wird oft fälschlicherweise mit der Garantie verwechselt, ist aber von entscheidender Bedeutung. Die Gewährleistung ist ein gesetzlich verankertes Recht, das besagt, dass ein Produkt zum Zeitpunkt des Kaufs frei von Mängeln sein muss. Sie gilt in Deutschland für neue Produkte für einen Zeitraum von zwei Jahren ab Übergabe der Ware.

Der zentrale Unterschied zur Herstellergarantie: Ihr Vertragspartner für die Gewährleistung ist immer der Händler, bei dem Sie die Grafikkarte gekauft haben – nicht der Hersteller ASRock. Der Händler ist dafür verantwortlich, dass das Produkt mangelfrei ist. Tritt innerhalb der Gewährleistungsfrist ein Mangel auf, haben Sie das Recht auf sogenannte Nacherfüllung. Das bedeutet, Sie können wählen, ob Sie eine Reparatur des Produkts oder ein Ersatzprodukt verlangen.

Wichtig: Der Händler hat das Recht, die Art der Nacherfüllung zu wählen (also Reparatur oder Ersatz), wenn die von Ihnen gewählte Option für ihn mit unverhältnismäßig hohen Kosten verbunden wäre. In der Regel wird er zuerst eine Reparatur versuchen.

Wann ist eine „heiße” Grafikkarte ein Mangel? Der Knackpunkt

Hier liegt oft der Kern des Problems. Eine ASRock Radeon RX 6900 XT ist eine leistungsstarke Karte, die unter Volllast von Natur aus hohe Temperaturen erreicht. Es ist entscheidend zu verstehen, wann hohe Temperaturen einen Mangel im Sinne der Gewährleistung darstellen und wann sie im Rahmen der normalen Betriebseigenschaften liegen.

1. Normale Betriebstemperaturen: Moderne GPUs wie die RX 6900 XT sind für hohe Temperaturen ausgelegt. Werte um 70-85°C (Edge Temperature) unter Last sind nicht ungewöhnlich. Die sogenannte Junction Temperature (Hot Spot) kann dabei noch deutlich höher sein, oft über 90°C oder sogar 100°C, bevor ein Throttling (Heruntertakten zur Selbstschonung) einsetzt. Diese Werte sind in der Regel normal und kein Defekt.
2. Mangelhafte Temperaturen: Ein Mangel liegt vor, wenn die hohen Temperaturen zu einer signifikanten Leistungsminderung (Throttling) führen, die über das übliche Maß hinausgeht, wenn die Grafikkarte unter diesen Bedingungen regelmäßig abstürzt, Grafikfehler produziert oder das System instabil wird. Ein Defekt kann auch dann vorliegen, wenn die Karte unter identischen Bedingungen deutlich heißer wird als vergleichbare Modelle der gleichen Serie, ohne dass eine externe Ursache (schlechte Gehäuselüftung, fehlerhafte Treiber) vorliegt.

Der Händler wird argumentieren, dass die Karte „im Rahmen der Spezifikationen” arbeitet. Ihre Aufgabe ist es, zu belegen, dass dies nicht der Fall ist oder dass die Leistungseinschränkungen unzumutbar sind. Recherchieren Sie Vergleichswerte von anderen Besitzern der gleichen Karte (Foren, Testberichte) und dokumentieren Sie Ihre eigenen Temperaturen und die damit verbundenen Probleme.

Die Beweislast und die magische Frist von 12 Monaten

Ein sehr wichtiger Aspekt der Gewährleistung ist die Beweislastumkehr. Seit dem 1. Januar 2022 wurde die Frist für neue Produkte von sechs auf zwölf Monate verlängert. Das bedeutet:

• Innerhalb der ersten 12 Monate nach dem Kauf: Es wird gesetzlich vermutet, dass der Mangel, der sich zeigt, bereits zum Zeitpunkt der Übergabe der Ware bestanden hat. Der Händler müsste beweisen, dass die Grafikkarte bei der Auslieferung mangelfrei war und der Fehler erst später durch unsachgemäße Nutzung oder äußere Einflüsse entstanden ist. Dies ist für den Händler meist sehr schwierig.
• Nach Ablauf der 12 Monate bis zum Ende der 24-monatigen Frist: Nun kehrt sich die Beweislast um. Sie als Käufer müssen beweisen, dass der Mangel bereits beim Kauf vorhanden war oder zumindest angelegt war. Dies ist die schwierigere Phase, da Sie beispielsweise ein Gutachten beibringen müssten, um dies zu untermauern.

Handeln Sie also so schnell wie möglich, wenn Sie einen Defekt vermuten, idealerweise innerhalb der ersten 12 Monate!

Der erste Schritt: Die Kommunikation mit dem Händler

Sobald Sie einen Mangel an Ihrer ASRock Radeon RX 6900 XT vermuten, ist die richtige Kommunikation entscheidend. Gehen Sie wie folgt vor:

1. Schriftliche Mängelanzeige: Verfassen Sie ein Schreiben (E-Mail oder besser noch Einwurf-Einschreiben mit Rückschein), in dem Sie den Mangel präzise beschreiben. Nennen Sie das Kaufdatum, die Produktbezeichnung (ASRock Radeon RX 6900 XT), Seriennummer und die genauen Symptome (z.B. „Junction Temperature erreicht 110°C, führt zu Throttling und Bildaussetzern nach 5 Minuten Spielzeit in [Spielname]”).
2. Forderung nach Nacherfüllung: Fordern Sie den Händler unmissverständlich zur Nacherfüllung auf, bevorzugt die Reparatur der Grafikkarte.
3. Fristsetzung: Setzen Sie dem Händler eine angemessene Frist zur Reaktion und/oder zur Reparatur/zum Austausch. Üblich sind hier 10 bis 14 Tage. Formulieren Sie klar, dass Sie nach fruchtlosem Ablauf der Frist weitere rechtliche Schritte einleiten werden.
4. Kopie der Unterlagen: Legen Sie eine Kopie des Kaufbelegs bei. Behalten Sie das Original und alle Kommunikationsaufzeichnungen.

Vermeiden Sie emotionale Ausbrüche und bleiben Sie sachlich. Das hilft Ihnen, Ihre Position zu stärken.

Dokumentation ist alles: Sammeln Sie Beweise

Egal, ob innerhalb oder außerhalb der 12-Monats-Frist: Eine lückenlose Dokumentation ist Ihr bester Freund. Sammeln Sie alles, was den Mangel belegen kann:

• Temperaturlogs: Nutzen Sie Tools wie HWMonitor, HWiNFO64 oder MSI Afterburner, um detaillierte Temperaturdaten (Edge und Junction Temperature), Taktraten und Auslastung während der Problematik zu protokollieren.
• Fotos/Videos: Machen Sie Fotos oder Videos von abstürzenden Spielen, Fehlermeldungen, Bluescreens oder Anzeichen von Throttling in Benchmarks.
• Benchmark-Ergebnisse: Führen Sie anerkannte Benchmarks (z.B. FurMark, 3DMark) durch und protokollieren Sie die Ergebnisse, insbesondere wenn sie deutlich unter dem Durchschnitt vergleichbarer Karten liegen.
• Kommunikation: Speichern Sie jede E-Mail, jeden Brief und notieren Sie Details von Telefongesprächen (Datum, Uhrzeit, Gesprächspartner, Inhalt).
• Versuche zur Fehlerbehebung: Dokumentieren Sie, welche Schritte Sie selbst unternommen haben (Treiber-Updates, Neuinstallation, Gehäuselüftung überprüft), um auszuschließen, dass der Fehler an Ihnen liegt.

Der Händler verweigert die Reparatur – Was nun? Ihre Optionen

Wenn der Händler trotz Ihrer Mängelanzeige und Fristsetzung weiterhin die Reparatur verweigert oder eine unbegründete Ablehnung ausspricht, haben Sie mehrere Eskalationsmöglichkeiten:

1. Erneute Fristsetzung und Androhung weiterer Schritte: Senden Sie eine letzte Mahnung, in der Sie nochmals eine kurze, letzte Frist setzen und explizit darauf hinweisen, dass Sie bei fruchtlosem Verstreichen der Frist vom Kaufvertrag zurücktreten, den Kaufpreis mindern oder rechtliche Schritte einleiten werden.
2. Rücktritt vom Kaufvertrag oder Minderung des Kaufpreises: Wenn die Nacherfüllung (Reparatur oder Ersatzlieferung) fehlschlägt, unzumutbar ist oder verweigert wird, können Sie vom Kaufvertrag zurücktreten. Das bedeutet, Sie geben die defekte Grafikkarte zurück und erhalten den vollen Kaufpreis erstattet. Alternativ können Sie eine Minderung des Kaufpreises fordern und die Karte behalten.
3. Einbindung einer Verbraucherzentrale oder Schlichtungsstelle:
   • Verbraucherzentralen: Die Verbraucherzentralen bieten rechtliche Beratung und können Ihnen helfen, Ihre Ansprüche durchzusetzen. Sie haben oft Musterschreiben und können bei der Kommunikation mit dem Händler unterstützen. Die Erstberatung ist meist kostengünstig oder kostenlos.
   • Schlichtungsstellen: Viele Branchen verfügen über Schlichtungsstellen (z.B. Allgemeine Verbraucherschlichtungsstelle des Zentrums für Schlichtung e.V.). Diese versuchen, eine außergerichtliche Einigung zwischen Ihnen und dem Händler zu erzielen. Das Verfahren ist in der Regel kostenlos und kann eine gerichtliche Auseinandersetzung vermeiden.
4. Der rechtliche Weg – Anwalt und Klage:
   • Rechtsanwalt einschalten: Wenn alle anderen Wege scheitern, kann ein Rechtsanwalt Ihre Interessen vertreten. Dieser kann den Händler mit einem juristisch fundierten Schreiben zur Nacherfüllung auffordern und nötigenfalls eine Klage einreichen. Bedenken Sie, dass hier Kosten entstehen können, die bei Erfolg des Rechtsstreits vom Händler zu tragen wären oder durch eine Rechtsschutzversicherung abgedeckt sein könnten.
   • Gerichtliches Mahnverfahren / Klage: Im äußersten Fall können Sie ein gerichtliches Mahnverfahren einleiten oder direkt Klage auf Nacherfüllung (Reparatur/Ersatz), Rücktritt oder Minderung einreichen.

Herstellergarantie vs. Gesetzliche Gewährleistung: Der Unterschied

Es ist wichtig, diese beiden Begriffe nicht zu verwechseln:

• Die gesetzliche Gewährleistung (Mängelhaftung) ist Ihr gesetzliches Recht gegenüber dem Händler für die Dauer von zwei Jahren. Sie ist zwingend und kann nicht ausgeschlossen werden.
• Die Herstellergarantie ist eine freiwillige Leistung des Herstellers (ASRock in diesem Fall). Die Bedingungen (Dauer, Leistungsumfang) bestimmt der Hersteller selbst. Sie besteht *zusätzlich* zur gesetzlichen Gewährleistung und tritt nicht an deren Stelle. Manchmal ist es einfacher, direkt den Hersteller zu kontaktieren, wenn dessen Garantiebedingungen besser sind als die Situation mit der Gewährleistung (z.B. nach den 12 Monaten Beweislastumkehr). Prüfen Sie daher auch die Garantiebedingungen von ASRock.

Tipps zur Vermeidung und Selbsthilfe (als Kontext)

Auch wenn der Fokus auf Ihren Rechten liegt, können präventive Maßnahmen und die Überprüfung einfacher Dinge im Vorfeld Missverständnisse vermeiden:

• Gehäusekühlung: Stellen Sie sicher, dass Ihr PC-Gehäuse eine adäquate Belüftung bietet. Unzureichender Airflow ist eine häufige Ursache für hohe GPU-Temperaturen.
• Treiber: Halten Sie Ihre Grafikkartentreiber immer auf dem neuesten Stand.
• Bios/Firmware: Prüfen Sie, ob es für Ihre Grafikkarte ein BIOS-Update gibt, das das Temperaturverhalten optimiert.
• Wärmeleitpaste: Nur für erfahrene Nutzer: Eine Erneuerung der Wärmeleitpaste und der Wärmeleitpads kann die Temperaturen unter Umständen verbessern, führt aber zum Garantieverlust, wenn nicht vom Hersteller explizit erlaubt.

Haben Sie all dies geprüft und der Mangel besteht weiterhin, stärkt dies Ihre Position gegenüber dem Händler.

Fazit: Lassen Sie sich nicht abwimmeln!

Eine defekte ASRock Radeon RX 6900 XT, deren Reparatur vom Händler verweigert wird, ist ärgerlich. Doch Sie haben Rechte, die Sie aktiv einfordern sollten. Bleiben Sie sachlich, dokumentieren Sie alles sorgfältig und nutzen Sie die gesetzliche Gewährleistung als Ihr starkes Argument. Scheuen Sie sich nicht, Verbraucherzentralen oder Schlichtungsstellen einzuschalten. Im Zweifelsfall kann auch der Gang zum Anwalt zielführend sein. Ihr Recht auf ein mangelfreies Produkt ist ein wichtiger Pfeiler des Verbraucherschutzes – lassen Sie sich dieses Recht nicht nehmen!