Bi-Wiring – ein Begriff, der in der Audio-Welt oft für Diskussionen sorgt. Vor allem dann, wenn es um die Kombination mit „normalen” zweiadrigen Lautsprecherkabeln geht. Besitzen Ihre Lautsprecher ein Bi-Wiring Terminal mit vier Anschlüssen, Sie möchten aber kein spezielles Bi-Wiring Lautsprecherkabel kaufen? Dann sind Sie hier genau richtig! In diesem Artikel gehen wir der Frage nach, ob und wie das funktioniert, klären Mythen auf und erklären die technischen Hintergründe. Ziel ist es, Ihnen eine fundierte Entscheidungsgrundlage zu liefern, damit Sie das bestmögliche Klangergebnis aus Ihrer Anlage herausholen können.
Was ist Bi-Wiring überhaupt?
Um das Thema zu verstehen, ist es wichtig, zuerst die Grundlagen zu klären. Bi-Wiring bezeichnet eine Anschlussart von Lautsprechern, bei der die Hoch- und Tieftonbereiche separat mit dem Verstärker verbunden werden. Üblicherweise haben Lautsprecher mit Bi-Wiring Terminal vier Anschlussklemmen: zwei für den Hochtöner und zwei für den Tieftöner. Diese sind im Normalbetrieb durch sogenannte Brücken miteinander verbunden. Durch das Entfernen dieser Brücken und die separate Verkabelung soll eine bessere Klangqualität erreicht werden.
Der vermeintliche Vorteil von Bi-Wiring
Die Theorie hinter Bi-Wiring besagt, dass die separate Ansteuerung der Hoch- und Tieftonbereiche dazu beiträgt, Intermodulationsverzerrungen zu reduzieren. Intermodulationsverzerrungen entstehen, wenn verschiedene Frequenzen gleichzeitig über dasselbe Kabel übertragen werden. Die Idee ist, dass die Tieftonanteile (die viel Energie benötigen) die Hochtonanteile weniger beeinflussen, wenn sie separate Kabelwege haben. Dies soll zu einem saubereren, klareren Klangbild führen.
Das Problem: Das zweiadrige Lautsprecherkabel
Die meisten Menschen verwenden herkömmliche zweiadrige Lautsprecherkabel, um ihre Lautsprecher anzuschließen. Diese Kabel haben, wie der Name schon sagt, zwei Adern: eine für das positive Signal und eine für das negative Signal. Das Problem ist nun, dass ein Bi-Wiring Terminal vier Anschlüsse benötigt. Wie soll man also ein zweiadriges Lautsprecherkabel an ein Bi-Wiring Terminal anschließen?
Die Lösung: Brücken beibehalten oder überbrücken
Die einfachste und sicherste Lösung ist, die vorhandenen Brücken am Bi-Wiring Terminal beizubehalten. In diesem Fall verbinden Sie Ihr zweiadriges Lautsprecherkabel an einem beliebigen der beiden Klemmenpaare (entweder an den Hochtöner- oder den Tieftöner-Anschlüssen). Durch die Brücken werden dann beide Bereiche (Hoch- und Tiefton) mit dem Signal versorgt. Klanglich macht es praktisch keinen Unterschied, an welchem Klemmenpaar Sie das Kabel anschließen.
Alternativ, wenn Sie die Brücken entfernt haben, können Sie die beiden Adern des zweiadrigen Lautsprecherkabels so aufteilen, dass eine Ader jeweils an einem der oberen und unteren Anschlüsse befestigt wird. Das bedeutet, Sie verbinden das positive Kabel mit dem positiven Anschluss des Hochtöners und das negative Kabel mit dem negativen Anschluss des Tieftöners (oder umgekehrt – wichtig ist, dass Sie es bei beiden Lautsprechern gleich machen!). In diesem Fall fungiert Ihr zweiadriges Lautsprecherkabel quasi als Brücke. Auch hier ist die Funktionalität gegeben, ohne dass ein Unterschied zu den ursprünglichen Brücken zu erwarten ist.
Funktioniert das gut? Die Klangfrage
Hier scheiden sich die Geister. Objektiv betrachtet, mit den vorhandenen Brücken oder der beschriebenen Überbrückungsmethode, funktioniert die Verbindung technisch einwandfrei. Ob es klanglich einen Unterschied macht, ist höchst subjektiv und hängt von vielen Faktoren ab:
- Qualität der Lautsprecher: Bei hochwertigen Lautsprechern sind die Frequenzweichen (die Bauteile, die das Signal auf Hoch- und Tiefton aufteilen) oft so gut, dass Bi-Wiring keinen hörbaren Vorteil bringt.
- Qualität der Elektronik: Ein hochwertiger Verstärker mit guter Stromversorgung und geringem Klirrfaktor kann die Vorteile von Bi-Wiring möglicherweise besser ausspielen – oder aber auch nicht.
- Raumakustik: Die Raumakustik hat einen viel größeren Einfluss auf den Klang als die Anschlussart der Lautsprecher.
- Individuelles Hörempfinden: Jeder Mensch hört anders. Was der eine als Verbesserung wahrnimmt, bemerkt der andere vielleicht gar nicht.
Viele Audio-Enthusiasten berichten von subtilen Verbesserungen im Klangbild durch Bi-Wiring, wie z.B. eine verbesserte Räumlichkeit oder eine präzisere Basswiedergabe. Andere wiederum können keinen Unterschied feststellen. Wichtig ist: Wenn Sie die Brücken entfernen und das zweiadrige Lautsprecherkabel wie beschrieben verwenden, riskieren Sie keine Beschädigung Ihrer Geräte. Sie können also gefahrlos experimentieren und selbst herausfinden, ob Sie einen Unterschied hören.
Bi-Amping als Alternative?
Eine Alternative zu Bi-Wiring ist Bi-Amping. Hierbei werden die Hoch- und Tieftonbereiche mit separaten Verstärkern angesteuert. Bi-Amping verspricht durch die getrennten Verstärker eine noch größere Klangverbesserung als Bi-Wiring. Allerdings ist Bi-Amping auch deutlich aufwändiger und teurer, da Sie zusätzliche Verstärker benötigen.
Fazit: Mythos oder Magie?
Die Frage, ob Bi-Wiring mit einem zweiadrigen Lautsprecherkabel „gut geht”, lässt sich nicht pauschal beantworten. Technisch gesehen funktioniert es problemlos, indem entweder die Brücken beibehalten oder eine Überbrückung mit dem zweiadrigen Lautsprecherkabel realisiert wird. Ob es klanglich einen Vorteil bringt, ist subjektiv und hängt von vielen Faktoren ab.
Bi-Wiring ist kein Allheilmittel für schlechten Klang. Es kann jedoch in bestimmten Fällen zu einer subtilen Verbesserung des Klangbildes führen. Ob sich der Aufwand lohnt, müssen Sie selbst entscheiden. Am besten probieren Sie es einfach aus und bilden sich Ihre eigene Meinung. Achten Sie jedoch immer darauf, dass alle Verbindungen korrekt und sicher sind. Im Zweifelsfall konsultieren Sie einen Fachmann.
Empfehlungen
- Experimentieren Sie: Probieren Sie verschiedene Anschlussarten aus und hören Sie, ob Sie einen Unterschied feststellen.
- Achten Sie auf gute Kabel: Die Qualität der Lautsprecherkabel spielt eine wichtige Rolle. Investieren Sie in hochwertige Kabel mit ausreichend Querschnitt.
- Verbessern Sie die Raumakustik: Die Raumakustik hat einen viel größeren Einfluss auf den Klang als die Anschlussart der Lautsprecher.
- Holen Sie sich fachkundigen Rat: Wenn Sie unsicher sind, wenden Sie sich an einen erfahrenen Audio-Händler oder Techniker.
Wir hoffen, dieser Artikel hat Ihnen geholfen, das Thema Bi-Wiring besser zu verstehen und Ihnen eine fundierte Entscheidungsgrundlage für Ihre Audio-Anlage zu liefern. Viel Spaß beim Experimentieren!