Der Raspberry Pi 4 hat sich als vielseitiger Mini-Computer einen Namen gemacht. Er ist nicht nur bei Bastlern und Entwicklern beliebt, sondern findet auch immer häufiger seinen Weg in Wohnzimmer als kostengünstige Multimedia-Zentrale. Doch kann der kleine Rechner wirklich mit den großen Playern mithalten? Wir haben den Pi 4 einem ausführlichen Test unterzogen, um herauszufinden, ob er YouTube, Netflix, Amazon Prime Video und flüssiges Browsen problemlos bewältigt.
Was steckt im Raspberry Pi 4?
Bevor wir ins Detail gehen, werfen wir einen kurzen Blick auf die Hardware. Der Raspberry Pi 4 ist in verschiedenen Varianten erhältlich, die sich hauptsächlich im Arbeitsspeicher unterscheiden. Die gängigsten Modelle sind mit 2GB, 4GB oder 8GB RAM ausgestattet. Das Herzstück bildet ein Broadcom BCM2711 Quad-Core Cortex-A72 (ARM v8) 64-Bit SoC mit einer Taktfrequenz von 1,5 GHz. Für die Grafik sorgt eine VideoCore VI GPU, die die Wiedergabe von 4K-Videos ermöglicht. Weitere wichtige Merkmale sind zwei Micro-HDMI-Anschlüsse, zwei USB 3.0-Ports, zwei USB 2.0-Ports, Gigabit Ethernet und Dual-Band WLAN. Diese Ausstattung klingt vielversprechend für den Einsatz als Multimedia-Zentrale.
Die Testumgebung
Für unseren Test haben wir einen Raspberry Pi 4 mit 4GB RAM verwendet. Als Betriebssystem kam Raspberry Pi OS (ehemals Raspbian) in der aktuellen Version zum Einsatz. Um die Leistung des Pi 4 realistisch einzuschätzen, haben wir verschiedene Szenarien durchgespielt:
- YouTube-Wiedergabe: Verschiedene Videos in unterschiedlichen Auflösungen (720p, 1080p, 4K) wurden getestet.
- Netflix-Streaming: Wir haben eine aktuelle Folge einer Serie in HD-Qualität über die Netflix-App im Browser wiedergegeben.
- Amazon Prime Video: Analog zu Netflix wurde eine Folge einer Serie in HD-Qualität gestreamt.
- Browsen: Wir haben mehrere Webseiten mit unterschiedlichen Inhalten (Text, Bilder, Videos) geöffnet, um die Browser-Performance zu beurteilen.
YouTube: Ein gemischtes Bild
Die YouTube-Wiedergabe auf dem Raspberry Pi 4 ist grundsätzlich möglich, aber es gibt Einschränkungen. Videos in 720p und 1080p laufen in der Regel flüssig, solange keine ressourcenintensiven Effekte oder Animationen im Video vorkommen. Bei 4K-Videos wird es hingegen kritisch. Hier kommt es häufig zu Rucklern und Aussetzern, insbesondere bei Videos mit hoher Bitrate. Der Pi 4 ist zwar theoretisch in der Lage, 4K-Videos wiederzugeben, aber in der Praxis stößt er hier an seine Grenzen. Die Leistung hängt stark vom verwendeten Browser und den installierten Codecs ab. Chrome und Chromium sind tendenziell ressourcenhungriger als beispielsweise der schlankere Firefox-Browser. Experimentieren mit verschiedenen Browsern und Erweiterungen kann hier die Performance verbessern.
Netflix und Amazon Prime Video: Lizenzprobleme und Workarounds
Die Wiedergabe von Netflix und Amazon Prime Video auf dem Raspberry Pi 4 gestaltet sich etwas komplizierter. Das Problem liegt in den DRM-Schutzmaßnahmen (Digital Rights Management), die von diesen Streaming-Diensten eingesetzt werden. Offiziell gibt es keine nativen Apps für Raspberry Pi OS, die diese Schutzmechanismen unterstützen. Das bedeutet, dass man auf Workarounds angewiesen ist.
Ein beliebter Ansatz ist die Verwendung des Kodi Media Centers in Verbindung mit entsprechenden Add-ons. Kodi ist eine Open-Source-Medienverwaltungssoftware, die sich durch ihre Flexibilität und Erweiterbarkeit auszeichnet. Mit den richtigen Add-ons lassen sich Netflix und Amazon Prime Video in Kodi integrieren und auf dem Raspberry Pi 4 wiedergeben. Allerdings ist die Einrichtung nicht ganz trivial und erfordert etwas technisches Know-how. Außerdem ist die Performance nicht immer optimal. Insbesondere bei älteren Kodi-Versionen kann es zu Rucklern und Aussetzern kommen.
Alternativ kann man versuchen, die Streaming-Dienste über den Browser zu nutzen. Hier ist es wichtig, einen Browser zu verwenden, der Widevine DRM unterstützt. Chrome und Chromium sind hier die erste Wahl. Allerdings ist auch hier die Performance nicht immer ideal. Es kann zu Bildfehlern, Rucklern und einer insgesamt trägen Bedienung kommen. Die Erfahrung zeigt, dass die 4GB-Version des Raspberry Pi 4 hier einen Vorteil bietet, da der zusätzliche Arbeitsspeicher die Performance verbessert.
Browsen: Alltagstaugliche Performance
Das Browsen auf dem Raspberry Pi 4 ist im Allgemeinen alltagstauglich. Einfache Webseiten mit Text und Bildern werden problemlos dargestellt. Bei komplexeren Seiten mit vielen interaktiven Elementen oder Videos kann es jedoch zu Verzögerungen kommen. Insbesondere das Scrollen auf solchen Seiten kann etwas ruckelig sein. Auch hier spielt die Wahl des Browsers eine Rolle. Firefox ist oft eine gute Wahl für ältere Hardware oder Systeme mit begrenzten Ressourcen, da er im Vergleich zu Chrome ressourcenschonender ist.
Tipps und Tricks für eine bessere Performance
Wenn Sie das Beste aus Ihrem Raspberry Pi 4 als Multimedia-Zentrale herausholen möchten, sollten Sie folgende Tipps berücksichtigen:
- Verwenden Sie ein aktuelles Betriebssystem: Stellen Sie sicher, dass Sie die neueste Version von Raspberry Pi OS installiert haben.
- Installieren Sie die neuesten Updates: Halten Sie Ihr Betriebssystem und alle installierten Programme auf dem neuesten Stand.
- Wählen Sie den richtigen Browser: Experimentieren Sie mit verschiedenen Browsern, um den optimalen für Ihre Bedürfnisse zu finden.
- Installieren Sie die benötigten Codecs: Stellen Sie sicher, dass die notwendigen Codecs für die Wiedergabe von Videos und Audiodateien installiert sind.
- Übertakten Sie Ihren Raspberry Pi: Durch Übertakten können Sie die Leistung Ihres Pi 4 etwas steigern. Beachten Sie jedoch, dass dies die Wärmeentwicklung erhöhen kann.
- Verwenden Sie eine schnelle SD-Karte: Eine langsame SD-Karte kann die Performance Ihres Raspberry Pi deutlich beeinträchtigen.
- Schließen Sie unnötige Programme: Beenden Sie alle Programme, die Sie nicht benötigen, um Ressourcen freizugeben.
- Nutzen Sie Kodi mit den passenden Add-ons: Kodi ist eine großartige Möglichkeit, Netflix und Amazon Prime Video auf Ihrem Raspberry Pi 4 zu streamen.
Fazit: Der Raspberry Pi 4 – ein brauchbarer Multimedia-Allrounder mit Einschränkungen
Der Raspberry Pi 4 ist durchaus in der Lage, als Multimedia-Zentrale zu dienen. Die Wiedergabe von YouTube-Videos in 720p und 1080p ist in den meisten Fällen problemlos möglich. Auch das Browsen ist für den alltäglichen Gebrauch ausreichend performant. Allerdings gibt es bei der Wiedergabe von 4K-Videos und dem Streaming von Netflix und Amazon Prime Video Einschränkungen. Hier sind Workarounds erforderlich, und die Performance ist nicht immer optimal.
Ob der Raspberry Pi 4 für Sie als Multimedia-Zentrale geeignet ist, hängt von Ihren individuellen Bedürfnissen und Ansprüchen ab. Wenn Sie hauptsächlich YouTube-Videos in HD-Qualität schauen und gelegentlich im Internet surfen möchten, ist der Pi 4 eine gute und kostengünstige Option. Wenn Sie jedoch Wert auf eine reibungslose Wiedergabe von 4K-Videos und eine einfache Integration von Netflix und Amazon Prime Video legen, sollten Sie möglicherweise eine leistungsstärkere Lösung in Betracht ziehen. In jedem Fall bietet der Raspberry Pi 4 ein hervorragendes Preis-Leistungs-Verhältnis und ist ein spannendes Projekt für alle Technikbegeisterten.