Der Moment ist gekommen: Wochenlang haben Sie gespart, jedes Review gelesen und sich auf das Upgrade gefreut. Ihre brandneue AMD Radeon RX 6900 XT ist endlich da! Mit Herzklopfen öffnen Sie das Gehäuse, entfernen die alte Grafikkarte und setzen das neue Prachtstück vorsichtig in den PCIe-Slot. Die Verkabelung, die Sie schon hundertmal gemacht haben, sitzt. Der PC startet… Lüfter drehen sich… LEDs leuchten… aber Ihr Monitor bleibt dunkel. Absolut kein Bild. Ein schwarzer Bildschirm starrt Sie an, während die Panik langsam in Ihnen aufsteigt.
Keine Sorge, Sie sind nicht allein! Dieses Szenario ist ein häufiger Albtraum für PC-Bauer, selbst für erfahrene Hasen. Eine High-End-Grafikkarte wie die RX 6900 XT stellt besondere Anforderungen an Ihr System, und viele kleine Details können dazu führen, dass Ihr Traum vom High-FPS-Gaming in einem schwarzen Loch verschwindet. Bevor Sie verzweifeln, Ihre neue Karte entnervt zurückschicken oder Ihr komplettes System aufgeben – atmen Sie tief durch! Wir haben eine umfassende Checkliste für Sie zusammengestellt, die Ihnen Schritt für Schritt hilft, das Problem zu identifizieren und hoffentlich zu beheben.
Panik ist ein schlechter Ratgeber: Erste Beruhigung und Sicherheitsvorkehrungen
Bevor wir in die Details gehen, ein wichtiger Hinweis: Sicherheit geht vor! Arbeiten Sie niemals an einem PC, der unter Strom steht. Schalten Sie den Computer vollständig aus, ziehen Sie das Stromkabel aus der Steckdose und betätigen Sie den Einschaltknopf für ein paar Sekunden, um Reststrom zu entladen. Erden Sie sich, indem Sie ein Metallgehäuse berühren, um elektrostatische Entladungen (ESD) zu vermeiden, die Ihre Komponenten beschädigen könnten.
Denken Sie daran: Ein schwarzer Bildschirm bedeutet nicht zwangsläufig, dass Ihre RX 6900 XT defekt ist. Oft handelt es sich um eine Kleinigkeit bei der Installation, ein Kompatibilitätsproblem oder eine Einstellung im BIOS. Geduld ist jetzt Ihr bester Freund.
Die Checkliste: Schritt für Schritt zur Bildwiederherstellung
Wir beginnen mit den einfachsten und häufigsten Fehlerquellen und arbeiten uns dann zu komplexeren Problemlösungen vor.
1. Die Grundlagen: Haben Sie wirklich alles richtig verbunden?
Es klingt trivial, aber die meisten Probleme lassen sich oft auf falsch angeschlossene Kabel oder lose Komponenten zurückführen. Doppelt hält besser!
1.1 Monitor und Kabel: Die einfachsten Fehler zuerst
* Monitor eingeschaltet? Ja, wirklich! Im Eifer des Gefechts kann man das vergessen. Stellen Sie sicher, dass Ihr Monitor eingeschaltet ist und nicht im Standby-Modus verharrt.
* Richtiger Eingang gewählt? Viele Monitore haben mehrere Eingänge (HDMI, DisplayPort, DVI). Stellen Sie sicher, dass der Monitor den richtigen Eingang ausgewählt hat, an dem Ihre RX 6900 XT angeschlossen ist. Wechseln Sie manuell durch die Eingänge.
* Kabelverbindung prüfen: Ist das HDMI- oder DisplayPort-Kabel fest an der Grafikkarte *und* am Monitor angeschlossen? Lösen Sie beide Enden und stecken Sie sie erneut fest ein. Manchmal hilft es auch, ein anderes Kabel auszuprobieren, um einen Kabeldefekt auszuschließen.
* Kein Mainboard-Anschluss: Verbinden Sie Ihr Monitorkabel unbedingt mit den Anschlüssen der RX 6900 XT, nicht mit den Videoausgängen auf Ihrem Mainboard (falls Ihre CPU über eine integrierte Grafikeinheit verfügt). Das ist eine sehr häufige Fehlerquelle!
* Zweiter Monitor? Falls Sie einen Zweitmonitor zur Hand haben, schließen Sie diesen an. Manchmal liegt es am Monitor selbst.
1.2 Die RX 6900 XT im PCIe-Slot: Fester Sitz ist Pflicht
* Korrekt eingesetzt? Haben Sie die Grafikkarte wirklich komplett in den PCIe-Slot gedrückt? Ein hörbares „Klick” der Arretierung ist oft ein gutes Zeichen. Wenn die Karte nur minimal schief oder nicht tief genug sitzt, kann sie nicht korrekt kommunizieren. Nehmen Sie die Karte noch einmal heraus und setzen Sie sie neu ein, wobei Sie leichten, gleichmäßigen Druck an beiden Enden ausüben.
* Primärer PCIe-Slot: Stellen Sie sicher, dass die RX 6900 XT im obersten (primären) PCIe x16 Slot Ihres Mainboards sitzt. Dies ist in der Regel der Slot, der am nächsten zur CPU ist.
1.3 Stromversorgung der Grafikkarte: Sind alle PCIe-Kabel dran?
Die RX 6900 XT ist eine leistungshungrige Karte und benötigt in der Regel zwei 8-Pin-PCIe-Stromanschlüsse (manchmal sogar drei, je nach Modell).
* Alle Anschlüsse belegt? Prüfen Sie genau, ob *jeder* erforderliche Stromanschluss an der Grafikkarte mit einem Kabel vom Netzteil verbunden ist. Fehlende Anschlüsse führen garantiert zu einem schwarzen Bildschirm.
* Kabel richtig gesteckt? Stellen Sie sicher, dass die Kabel korrekt herum eingesteckt sind und fest sitzen. Lösen und stecken Sie sie neu.
2. Das Herzstück der Leistung: Ihr Netzteil unter der Lupe
Ein unterdimensioniertes oder qualitativ minderwertiges Netzteil ist eine der häufigsten Ursachen für Probleme mit High-End-Grafikkarten.
2.1 Genug Watt? Die Anforderung der RX 6900 XT
* Mindestanforderung prüfen: AMD empfiehlt für die RX 6900 XT ein Netzteil von mindestens 750 Watt. Wenn Sie eine CPU haben, die ebenfalls viel Strom zieht (z.B. ein übertakteter Intel Core i9 oder AMD Ryzen 9) oder viele andere Komponenten (Lüfter, Festplatten), können 750 Watt bereits knapp sein. Viele Experten raten zu 850 Watt oder mehr, um Reserven zu haben.
* Netzteil-Typ: Haben Sie ein „No-Name”-Netzteil? Billige Netzteile liefern oft nicht die angegebene Leistung auf den benötigten 12V-Schienen und können bei Lastabstürzen oder instabilem Betrieb führen. Ein hochwertiges Netzteil ist eine Investition in die Stabilität Ihres gesamten Systems.
2.2 Dedizierte Kabel: Nie Daisy-Chains bei High-End-Karten!
* Separate PCIe-Kabel: Dies ist extrem wichtig! Nutzen Sie für jeden 8-Pin-Anschluss der RX 6900 XT ein separates PCIe-Kabel, das direkt vom Netzteil kommt. Vermeiden Sie es, ein einzelnes Kabel mit zwei 6+2-Pin-Steckern (sogenannte „Daisy-Chain-Kabel”) zu verwenden, um beide Anschlüsse zu versorgen. Ein einzelnes Kabel kann oft nicht genug stabilen Strom für eine so leistungshungrige Karte liefern, was zu Instabilität oder einem schwarzen Bildschirm führt.
3. BIOS/UEFI: Der Startpunkt Ihres Systems
Das Basic Input/Output System (BIOS) oder dessen Nachfolger, die Unified Extensible Firmware Interface (UEFI), steuert die grundlegende Hardware-Initialisierung. Falsche Einstellungen hier können das Problem verursachen.
3.1 BIOS-Reset: Der schnelle Neustart
* Standardeinstellungen laden: Manchmal helfen frühere BIOS-Einstellungen, die mit Ihrer alten Karte funktionierten, Ihrer neuen RX 6900 XT nicht. Ein Zurücksetzen des BIOS auf die Werkseinstellungen (Default Settings) ist oft eine gute erste Maßnahme. Dies geschieht entweder direkt im BIOS-Menü (wenn Sie ein Bild bekommen) oder über einen CMOS-Reset (siehe Punkt 5.4).
3.2 Primäre Grafikausgabe prüfen
* Integrierte Grafik? Falls Ihre CPU über eine integrierte Grafikeinheit (iGPU) verfügt (z.B. Intel-Prozessoren ohne „F” am Ende oder AMD Ryzen G-Serie), und Ihr Mainboard diese als primäre Grafikausgabe eingestellt hat, könnte dies zu Problemen führen. Falls Sie über die iGPU ein Bild bekommen: Gehen Sie ins BIOS/UEFI und stellen Sie sicher, dass die primäre Grafikausgabe auf „PCIe/PEG” (PCI Express Graphics) eingestellt ist. Deaktivieren Sie die iGPU temporär, falls es eine Option dafür gibt.
3.3 BIOS/UEFI Update: Veraltete Firmware als Stolperfalle
* Mainboard-Kompatibilität: Moderne Grafikkarten erfordern oft ein aktuelles Mainboard-BIOS/UEFI, um korrekt erkannt zu werden. Dies ist besonders bei neuen Grafikkartengenerationen und älteren Mainboards der Fall. Prüfen Sie auf der Webseite Ihres Mainboard-Herstellers, ob es ein aktuelleres BIOS/UEFI gibt. Wenn Sie ein Bild über die iGPU oder eine alte Grafikkarte bekommen, führen Sie das Update durch.
3.4 Resizable BAR (ReBAR) / Smart Access Memory (SAM)
* BIOS-Einstellungen: Die RX 6900 XT unterstützt AMDs Smart Access Memory (SAM), auch bekannt als Resizable BAR (ReBAR). Diese Funktion kann die Leistung steigern, erfordert aber eine spezifische BIOS-Einstellung und ein kompatibles System (AMD Ryzen 5000er-Serie CPUs und 500er-Serie Mainboards oder Intel-Systeme mit entsprechender Unterstützung). Manchmal kann das (De-)Aktivieren dieser Funktion im BIOS bei einem schwarzen Bildschirm helfen. Versuchen Sie, sie zu deaktivieren, wenn sie aktiviert ist, oder umgekehrt. Stellen Sie sicher, dass „Above 4G Decoding” ebenfalls aktiviert ist.
4. Treiber-Dilemma: Wenn Software die Hardware blockiert
Auch wenn Sie kein Bild bekommen, kann ein Treiberproblem die Ursache sein, besonders wenn noch Reste alter Grafikkartentreiber im System sind.
4.1 Integrierte Grafik nutzen: Der Weg aus der Dunkelheit
* Wenn Ihre CPU über eine integrierte Grafikeinheit (iGPU) verfügt, nehmen Sie die RX 6900 XT aus dem System, schließen Sie Ihren Monitor an den Mainboard-Videoausgang an und starten Sie den PC. So bekommen Sie ein Bild und können im System arbeiten.
4.2 Alte Treiber restlos entfernen (DDU)
* Sobald Sie ein Bild haben (entweder über iGPU oder eine alte Grafikkarte), laden Sie das Tool Display Driver Uninstaller (DDU) herunter. Starten Sie Ihren PC im abgesicherten Modus (Safe Mode) und verwenden Sie DDU, um alle alten AMD- und NVIDIA-Grafiktreiber restlos zu entfernen. Dies ist entscheidend, um Konflikte zu vermeiden.
* Fahren Sie den PC herunter, bauen Sie die RX 6900 XT wieder ein und versuchen Sie erneut zu starten.
4.3 Neue Treiber installieren
* Wenn Sie nun ein Bild bekommen, aber die Auflösung schlecht ist, fehlen die richtigen Treiber. Laden Sie die neuesten AMD Adrenalin Treiber für Ihre RX 6900 XT von der offiziellen AMD-Webseite herunter und installieren Sie diese.
5. Ausschlussverfahren: Komponenten und Kompatibilität
Wenn die einfacheren Schritte nicht geholfen haben, müssen wir tiefer graben und andere Komponenten als potenzielle Übeltäter in Betracht ziehen.
5.1 RAM-Riegel prüfen
* Probleme mit dem Arbeitsspeicher können ebenfalls zu einem schwarzen Bildschirm führen. Versuchen Sie, Ihren PC nur mit einem einzigen RAM-Riegel zu starten. Wenn Sie mehrere Riegel haben, probieren Sie jeden Riegel einzeln in verschiedenen Slots aus.
5.2 Andere PCIe-Slots versuchen
* Falls Ihr Mainboard über mehrere PCIe x16 Slots verfügt, versuchen Sie, die RX 6900 XT in einen anderen Slot zu stecken. Es ist selten, aber ein Slot kann defekt sein.
5.3 Eine andere Grafikkarte testen (falls vorhanden)
* Wenn Sie noch eine alte, funktionierende Grafikkarte besitzen: Bauen Sie diese ein und prüfen Sie, ob Sie damit ein Bild bekommen. Wenn die alte Karte funktioniert, deutet das stärker auf ein Problem mit der neuen RX 6900 XT oder deren spezifischer Kompatibilität hin. Wenn auch die alte Karte kein Bild liefert, liegt das Problem wahrscheinlich nicht an der Grafikkarte selbst, sondern an anderen Komponenten (Mainboard, CPU, Netzteil).
5.4 CMOS-Reset: Der ultimative System-Neustart
* Ein CMOS-Reset setzt das BIOS/UEFI auf die absoluten Werkseinstellungen zurück. Dies ist oft die letzte Rettung bei hartnäckigen Anzeigeproblemen.
* Schalten Sie den PC aus, ziehen Sie das Stromkabel.
* Entfernen Sie die kleine Knopfzellenbatterie (CR2032) auf Ihrem Mainboard für etwa 5-10 Minuten.
* Alternativ können Sie den „Clear CMOS”-Jumper auf Ihrem Mainboard verwenden (Informationen dazu im Handbuch).
* Setzen Sie die Batterie wieder ein oder stellen Sie den Jumper zurück und versuchen Sie den Start erneut.
6. Der letzte Ausweg: Wann ist die Karte defekt?
Wenn Sie alle Punkte auf dieser umfassenden Checkliste sorgfältig durchgearbeitet haben und immer noch einen schwarzen Bildschirm haben, ist es leider möglich, dass Ihre RX 6900 XT selbst defekt ist oder es ein tiefergehendes Kompatibilitätsproblem mit Ihrem Mainboard oder Ihrer CPU gibt, das über ein einfaches BIOS-Update hinausgeht.
In diesem Fall sollten Sie:
* Die Karte an einem anderen System testen lassen, falls möglich.
* Kontakt mit dem Händler aufnehmen und die Möglichkeit eines Austauschs oder einer Rücksendung besprechen (RMA-Prozess).
* Den Hersteller der Grafikkarte oder des Mainboards kontaktieren.
Fazit: Geduld zahlt sich aus
Ein schwarzer Bildschirm nach der Installation einer neuen RX 6900 XT ist frustrierend, aber in den meisten Fällen lösbar. Bleiben Sie ruhig, arbeiten Sie diese Checkliste systematisch ab und geben Sie nicht zu schnell auf. Oft ist es nur eine Kleinigkeit – ein lose sitzendes Kabel, ein unterdimensioniertes Netzteil oder eine veraltete BIOS-Einstellung. Wir hoffen, dass diese Anleitung Ihnen dabei geholfen hat, das Problem zu beheben und Sie bald die volle Leistung Ihrer neuen Grafikkarte genießen können! Viel Erfolg!