Der Raspberry Pi hat sich längst vom Bastelprojekt zum vielseitigen Mini-Computer gemausert. Ob als Mediacenter, Smart Home Zentrale oder sogar als Desktop-Ersatz – die Einsatzmöglichkeiten sind nahezu unbegrenzt. Doch wie schlägt sich der etwas betagtere Raspberry Pi 3 B+ im Streaming-Bereich? Kann er als Receiver für Zattoo, Netflix und Amazon Prime Video dienen und ein flüssiges Seherlebnis bieten? Dieser Frage gehen wir in diesem Artikel auf den Grund.
Was macht den Raspberry Pi 3 B+ aus?
Bevor wir ins Detail gehen, werfen wir einen kurzen Blick auf die Hardware des Raspberry Pi 3 B+:
- Prozessor: Broadcom BCM2837B0, Cortex-A53 (64-Bit Quad-Core) mit 1.4 GHz
- Arbeitsspeicher: 1 GB LPDDR2 SDRAM
- Netzwerk: Gigabit Ethernet, 2.4GHz und 5GHz IEEE 802.11.b/g/n/ac Wireless LAN, Bluetooth 4.2, BLE
- Anschlüsse: HDMI, 4x USB 2.0, Micro-SD-Kartensteckplatz, 3.5mm Audioausgang
- Stromversorgung: 5V/2.5A via Micro-USB
Im Vergleich zu neueren Raspberry Pi Modellen wie dem 4 oder 5 ist der 3 B+ natürlich etwas schwächer auf der Brust. Der Prozessor ist zwar ein Quad-Core, aber die Taktfrequenz und der Arbeitsspeicher sind begrenzt. Das Gigabit Ethernet ist ein Plus, da es theoretisch schnellere Netzwerkverbindungen erlaubt. Die HDMI-Schnittstelle ermöglicht den Anschluss an einen Fernseher oder Monitor.
Die Herausforderungen beim Streaming
Streaming-Dienste wie Zattoo, Netflix und Amazon Prime Video stellen unterschiedliche Anforderungen an die Hardware. Diese Anforderungen hängen von verschiedenen Faktoren ab:
- Auflösung: Je höher die Auflösung (SD, HD, Full HD, 4K), desto mehr Rechenleistung wird benötigt, um das Video zu dekodieren.
- Codec: Moderne Codecs wie H.265 (HEVC) sind effizienter als ältere Codecs wie H.264 (AVC), erfordern aber auch mehr Rechenleistung zum Dekodieren.
- Bitrate: Die Bitrate bestimmt die Datenmenge, die pro Sekunde übertragen wird. Eine höhere Bitrate führt zu einer besseren Bildqualität, erfordert aber auch eine stabilere und schnellere Internetverbindung.
- DRM (Digital Rights Management): DRM-Technologien schützen die Inhalte vor illegaler Vervielfältigung. Die Entschlüsselung dieser DRM-Schichten benötigt zusätzliche Rechenleistung.
Der Raspberry Pi 3 B+ muss all diese Faktoren berücksichtigen, um ein flüssiges Streaming-Erlebnis zu gewährleisten. Insbesondere die DRM-Anforderungen stellen oft eine Hürde dar, da sie spezielle Software und Lizenzen erfordern.
Raspberry Pi 3 B+ und Zattoo
Zattoo ist ein beliebter Streaming-Dienst, der Live-TV-Sender über das Internet anbietet. Die Anforderungen an die Hardware sind im Vergleich zu Netflix oder Prime Video etwas geringer, da Zattoo oft mit niedrigeren Auflösungen und Bitraten arbeitet.
Der Raspberry Pi 3 B+ kann in der Regel Zattoo in SD-Qualität problemlos wiedergeben. Auch HD-Inhalte sollten mit etwas Feintuning funktionieren. Allerdings kann es bei sehr schnellen Bildwechseln oder komplexen Szenen zu Rucklern kommen.
Um Zattoo auf dem Raspberry Pi 3 B+ zu nutzen, gibt es verschiedene Möglichkeiten:
- Webbrowser: Die einfachste Methode ist, Zattoo über einen Webbrowser wie Chromium oder Firefox zu nutzen. Dies ist jedoch oft nicht die performanteste Lösung, da der Browser zusätzliche Ressourcen verbraucht.
- Kodi-Add-on: Kodi ist ein beliebtes Mediacenter, für das es ein Zattoo-Add-on gibt. Dieses Add-on bietet eine optimierte Benutzererfahrung und kann die Hardwarebeschleunigung des Raspberry Pi besser nutzen.
- Native Zattoo-App (falls verfügbar): Es gibt keine offizielle native Zattoo-App für den Raspberry Pi.
Tipps für eine bessere Zattoo-Performance:
- Leichtgewichtige Linux-Distribution verwenden: Eine schlanke Distribution wie Raspbian Lite oder LibreELEC reduziert den Ressourcenverbrauch und verbessert die Performance.
- Kodi nutzen: Das Zattoo-Add-on für Kodi ist oft performanter als die Nutzung über den Webbrowser.
- Übertakten (mit Vorsicht!): Durch Übertakten des Prozessors kann die Leistung gesteigert werden. Dies sollte jedoch nur mit Vorsicht geschehen, da es die Lebensdauer des Raspberry Pi verkürzen kann.
- Regelmäßige Updates: Halten Sie das Betriebssystem, Kodi und das Zattoo-Add-on auf dem neuesten Stand, um von Performance-Verbesserungen und Fehlerbehebungen zu profitieren.
Raspberry Pi 3 B+ und Netflix
Netflix ist bekannt für seine hohe Bildqualität und seine anspruchsvollen DRM-Mechanismen. Der Raspberry Pi 3 B+ stößt hier schnell an seine Grenzen.
Offiziell wird Netflix auf dem Raspberry Pi 3 B+ nicht unterstützt. Das liegt hauptsächlich an den DRM-Anforderungen von Netflix. Die Widevine-Komponente, die für die Entschlüsselung der DRM-Inhalte benötigt wird, ist auf dem Raspberry Pi 3 B+ nicht vollständig lauffähig.
Es gibt zwar inoffizielle Wege, Netflix auf dem Raspberry Pi 3 B+ zum Laufen zu bringen, beispielsweise durch die Verwendung von Chromium und der Installation von Widevine. Allerdings ist die Performance oft schlecht und die Bildqualität auf SD (Standard Definition) beschränkt. Ruckler und Aussetzer sind keine Seltenheit.
Fazit: Der Raspberry Pi 3 B+ ist nicht ideal für Netflix. Wer ein flüssiges Netflix-Erlebnis in HD oder Full HD erwartet, sollte auf ein leistungsstärkeres Gerät wie den Raspberry Pi 4 oder einen anderen Streaming-Stick zurückgreifen.
Raspberry Pi 3 B+ und Amazon Prime Video
Ähnlich wie bei Netflix verhält es sich mit Amazon Prime Video. Auch hier sind die DRM-Anforderungen hoch und die Hardware des Raspberry Pi 3 B+ ist oft überfordert.
Es gibt keine offizielle Prime Video App für den Raspberry Pi. Die Nutzung über den Webbrowser ist zwar möglich, aber die Performance ist in der Regel schlecht und die Bildqualität auf SD beschränkt.
Auch hier gilt: Inoffizielle Lösungen existieren, aber das Ergebnis ist selten zufriedenstellend. Ruckler, Aussetzer und eine niedrige Bildqualität trüben das Seherlebnis.
Fazit: Auch für Amazon Prime Video ist der Raspberry Pi 3 B+ nicht die beste Wahl. Für ein flüssiges und hochwertiges Streaming-Erlebnis ist ein leistungsstärkeres Gerät empfehlenswert.
Alternativen zum Raspberry Pi 3 B+
Wenn der Raspberry Pi 3 B+ für Ihre Streaming-Ansprüche nicht ausreicht, gibt es verschiedene Alternativen:
- Raspberry Pi 4 oder 5: Die neueren Modelle bieten deutlich mehr Rechenleistung und sind besser für anspruchsvolle Streaming-Aufgaben geeignet.
- Streaming-Sticks (Amazon Fire TV Stick, Google Chromecast, Roku): Diese Geräte sind speziell für das Streaming optimiert und bieten eine einfache Bedienung und eine gute Performance.
- Smart TVs: Viele moderne Fernseher verfügen bereits über integrierte Streaming-Apps und bieten eine gute Bildqualität.
- Mini-PCs: Es gibt eine Vielzahl von Mini-PCs mit Intel- oder AMD-Prozessoren, die eine hohe Rechenleistung bieten und sich gut für Streaming und andere Aufgaben eignen.
Fazit: Raspberry Pi 3 B+ als Streaming-Receiver – Eine Frage der Ansprüche
Der Raspberry Pi 3 B+ kann zwar als Receiver für Zattoo, Netflix und Amazon Prime Video genutzt werden, aber die Ergebnisse sind oft kompromissbehaftet. Für Zattoo in SD-Qualität mag er noch ausreichen, aber für Netflix und Prime Video ist er in der Regel zu schwach.
Wer Wert auf eine hohe Bildqualität, ein flüssiges Streaming-Erlebnis und eine einfache Bedienung legt, sollte auf ein leistungsstärkeres Gerät wie den Raspberry Pi 4 oder einen dedizierten Streaming-Stick zurückgreifen. Der Raspberry Pi 3 B+ eignet sich eher für Bastler und Tüftler, die bereit sind, Kompromisse einzugehen und Zeit in die Optimierung der Software zu investieren.
Letztendlich hängt die Entscheidung, ob der Raspberry Pi 3 B+ als Streaming-Receiver geeignet ist, von Ihren individuellen Ansprüchen und Erwartungen ab. Wenn Sie nur gelegentlich in SD-Qualität streamen möchten und bereit sind, mit einigen Einschränkungen zu leben, kann er eine kostengünstige Option sein. Für ein optimales Streaming-Erlebnis ist jedoch ein leistungsstärkeres Gerät empfehlenswert.