Es ist ein Albtraum für jeden PC-Besitzer: Man drückt den Einschaltknopf, der Rechner erwacht zum Leben, die Lüfter drehen sich, LEDs leuchten – doch statt des bekannten Betriebssystem-Ladebildschirms erscheint eine Fehlermeldung wie „No bootable device found“, „Kein Boot-Gerät gefunden“ oder „Insert boot disk and press any key“. Besonders ärgerlich wird es, wenn dies auf einem nagelneuen System mit einem modernen Mainboard wie dem Gigabyte B650 Gaming auftritt. Aber keine Sorge, Sie sind nicht allein und in den meisten Fällen lässt sich das Problem mit den richtigen Schritten beheben. Dieser umfassende Guide führt Sie durch die typischen Ursachen und Lösungen, um Ihr System wieder zum Laufen zu bringen.
Die Basics zuerst: Keine Panik und eine erste Bestandsaufnahme
Bevor wir uns in komplexe BIOS-Einstellungen stürzen, atmen Sie tief durch. Viele Probleme lassen sich durch einfache Überprüfungen lösen. Schalten Sie den PC aus und trennen Sie ihn vom Stromnetz, bevor Sie Hardware anfassen.
1. Stromversorgung überprüfen
- Sitz der Kabel: Sind alle Stromkabel fest mit dem Mainboard (24-Pin ATX und 8-Pin EPS für die CPU) und der Grafikkarte verbunden? Überprüfen Sie auch die Stromkabel, die zu Ihren SATA-Festplatten oder NVMe SSDs führen, sofern diese ein separates Stromkabel benötigen (was bei M.2 NVMe in der Regel nicht der Fall ist, aber bei SATA-SSDs und HDDs).
- Netzteil: Hat das Netzteil genügend Leistung für alle Komponenten? Ist es vielleicht defekt? Manchmal können instabile Stromversorgungen zu solchen Fehlern führen.
2. Datenkabel und Laufwerke checken
- SATA-Kabel: Wenn Sie SATA-Laufwerke verwenden, überprüfen Sie, ob die SATA-Datenkabel sowohl am Laufwerk als auch am Mainboard fest sitzen. Versuchen Sie gegebenenfalls, ein anderes Kabel oder einen anderen SATA-Port am Gigabyte B650 Gaming Mainboard zu verwenden. Ein defektes Kabel ist eine häufige Ursache.
- NVMe SSDs: Bei NVMe SSDs, die direkt auf dem Mainboard stecken, stellen Sie sicher, dass sie korrekt in den M.2-Slot eingesetzt und mit der kleinen Schraube fixiert sind. Lockere NVMe-SSDs werden oft nicht erkannt.
- Alle Peripheriegeräte entfernen: Manchmal kann ein externer USB-Stick, eine SD-Karte oder ein anderes angeschlossenes Gerät, das versehentlich als Boot-Gerät erkannt wird, den Startvorgang stören. Entfernen Sie alles Unnötige und versuchen Sie es erneut.
Tauchgang ins UEFI/BIOS des Gigabyte B650 Gaming
Die meisten Probleme, die über lockere Kabel hinausgehen, haben ihre Ursache in den Einstellungen des Unified Extensible Firmware Interface (UEFI), das umgangssprachlich oft noch als BIOS bezeichnet wird. Hier können Sie dem Mainboard mitteilen, wo es nach einem Betriebssystem suchen soll.
Ins UEFI/BIOS gelangen
Schalten Sie Ihren PC ein und drücken Sie sofort wiederholt die Entf-Taste (oder DEL). Bei Gigabyte-Mainboards ist dies der gängige Weg ins UEFI. Manchmal funktionieren auch F2 oder F12 (für das Boot-Menü), aber DEL ist der Standard für das volle BIOS/UEFI.
1. Die Boot-Priorität (Boot Order) überprüfen
Dies ist der wichtigste Punkt. Ihr Mainboard muss wissen, welches Laufwerk es zuerst nach einem Betriebssystem durchsuchen soll.
- Navigieren Sie im UEFI zu den „Boot”- oder „BIOS”-Einstellungen.
- Suchen Sie nach „Boot Option Priorities” oder „Hard Drive BBS Priorities”.
- Stellen Sie sicher, dass Ihr Betriebssystemlaufwerk (z.B. Ihre NVMe SSD oder SATA SSD) an erster Stelle steht. Wenn dort nur „Windows Boot Manager” oder der Name Ihrer SSD/HDD steht, ist das korrekt.
- Achten Sie darauf, dass nicht versehentlich ein USB-Stick oder ein Netzwerk-Boot als primäre Boot-Option eingestellt ist.
- Speichern Sie die Änderungen (F10) und starten Sie neu.
2. SATA-Modus-Einstellungen (falls SATA-Laufwerke verwendet werden)
Wenn Sie ein SATA-Laufwerk als Boot-Medium nutzen oder es erst kürzlich gewechselt haben:
- Suchen Sie unter „Peripherals” oder „Integrated Peripherals” nach „SATA Mode Selection” oder Ähnlichem.
- Stellen Sie sicher, dass es auf „AHCI” eingestellt ist. „RAID” ist nur relevant, wenn Sie mehrere SATA-Laufwerke in einem RAID-Verbund betreiben, und „IDE” ist veraltet und sollte nicht verwendet werden. Ein Wechsel zwischen diesen Modi nach der Betriebssysteminstallation kann zu Boot-Problemen führen. Wenn Sie den Modus ändern, müssen Sie unter Umständen das Betriebssystem neu installieren oder spezielle Treiber integrieren.
3. CSM (Compatibility Support Module) und UEFI-Modus
Das Gigabyte B650 Gaming ist ein modernes Mainboard, das primär für den UEFI-Modus ausgelegt ist. Ältere Betriebssysteme oder bestimmte ältere Grafikkarten benötigen möglicherweise das CSM (Legacy-BIOS-Modus).
- Gehen Sie zu „BIOS” und suchen Sie nach „CSM Support” oder „Launch CSM”.
- Wenn Ihr Betriebssystem im UEFI-Modus installiert wurde (was bei Windows 10/11 der Standard ist), sollte CSM deaktiviert sein oder auf „UEFI Only” stehen.
- Wenn Sie CSM aktiviert haben und es Probleme gibt, versuchen Sie, es zu deaktivieren. Umgekehrt, wenn es deaktiviert ist und Sie ein älteres System haben, versuchen Sie, es zu aktivieren.
- Beachten Sie, dass ein Wechsel hier oft mit Secure Boot zusammenhängt.
4. Secure Boot
Secure Boot ist eine Sicherheitsfunktion, die verhindert, dass nicht autorisierte Software beim Systemstart geladen wird. Es ist Teil des UEFI-Standards.
- Finden Sie die Option „Secure Boot” im „BIOS”-Bereich.
- Wenn Ihr Betriebssystem im UEFI-Modus mit Secure Boot installiert wurde, sollte es aktiviert sein.
- Manchmal kann Secure Boot Probleme verursachen, wenn beispielsweise ein Betriebssystem im Legacy-Modus installiert wurde oder die Boot-Einträge beschädigt sind. Versuchen Sie, Secure Boot vorübergehend zu deaktivieren, um zu prüfen, ob dies den Startfehler behebt. Wenn es danach funktioniert, müssen Sie möglicherweise die Secure Boot-Schlüssel neu generieren oder Ihr Betriebssystem reparieren.
- Oft müssen Sie zuerst „Key Management” auf „Standard” zurücksetzen oder „Custom” auswählen, um Secure Boot zu aktivieren/deaktivieren.
5. NVMe-Konfiguration und M.2-Slots
Moderne B650-Mainboards setzen stark auf NVMe SSDs. Stellen Sie sicher, dass die SSD erkannt wird.
- Unter „Peripherals” oder „Settings” > „NVMe Configuration” können Sie sehen, welche NVMe-Laufwerke erkannt werden.
- Das Gigabyte B650 Gaming hat mehrere M.2-Slots. Stellen Sie sicher, dass Ihre Boot-NVMe SSD in einem Slot steckt, der direkt an die CPU angebunden ist (oft der oberste Slot, M2A_CPU), da diese die beste Performance bieten. Überprüfen Sie im Handbuch, ob bestimmte Slots Bandbreiten mit SATA-Ports teilen, was manchmal zu Problemen führen kann, wenn beide gleichzeitig genutzt werden (obwohl dies bei B650-Chipsätzen seltener ein Problem ist).
- Wenn Ihre NVMe SSD hier nicht auftaucht, könnte sie nicht korrekt eingesetzt oder defekt sein.
6. BIOS-Einstellungen auf Standardwerte zurücksetzen
Ein Klassiker, der oft Wunder wirkt. Wenn Sie viele Einstellungen geändert haben oder sich nicht sicher sind, was das Problem verursacht, setzen Sie das BIOS auf die Werkseinstellungen zurück.
- Im „Save & Exit”-Bereich finden Sie meist eine Option wie „Load Optimized Defaults” oder „Load Default Settings”.
- Bestätigen Sie und speichern Sie die Einstellungen. Anschließend müssen Sie möglicherweise wieder die korrekte Boot-Reihenfolge einstellen.
7. BIOS-Update
Manchmal können Inkompatibilitäten oder Fehler in der aktuellen BIOS-Version zu Problemen führen, besonders bei neuer Hardware oder wenn Sie ein sehr frühes BIOS-Release haben. Ein BIOS-Update kann Abhilfe schaffen.
- Besuchen Sie die offizielle Gigabyte-Website für Ihr Gigabyte B650 Gaming-Mainboard.
- Laden Sie die neueste stabile BIOS-Version herunter.
- Nutzen Sie die Q-Flash-Funktion von Gigabyte (meist über die End-Taste beim Starten erreichbar oder direkt im BIOS). Beachten Sie die genaue Anleitung von Gigabyte, da ein fehlerhaftes BIOS-Update das Mainboard unbrauchbar machen kann.
- Stellen Sie sicher, dass der PC während des Updates nicht vom Strom getrennt wird!
Hardware-Checks: Liegt’s am Laufwerk selbst?
Wenn die BIOS-Einstellungen alle korrekt erscheinen, könnte das Problem am Boot-Gerät selbst liegen.
1. Laufwerk neu einstecken (Reseating)
Schalten Sie den PC aus und ziehen Sie das Stromkabel. Entfernen Sie Ihre NVMe SSD aus dem M.2-Slot und setzen Sie sie wieder fest ein. Bei SATA-Laufwerken ziehen Sie die Strom- und Datenkabel ab und stecken Sie sie wieder fest an. Manchmal reicht ein einfacher Wackelkontakt aus.
2. Anderen Port probieren
Wenn Sie ein SATA-Laufwerk haben, versuchen Sie, es an einem anderen SATA-Port am Gigabyte B650 Gaming Mainboard anzuschließen. Vielleicht ist ein Port defekt.
3. Laufwerk testen
- Externes Gehäuse: Wenn Sie ein externes M.2- oder SATA-Gehäuse besitzen, können Sie versuchen, das Laufwerk an einem anderen PC anzuschließen, um zu prüfen, ob es dort erkannt wird und funktioniert.
- Anderer PC: Alternativ können Sie das Laufwerk testweise in einen anderen PC einbauen, um dessen Funktionsfähigkeit zu überprüfen. Wenn das Laufwerk auch dort nicht erkannt wird, ist es wahrscheinlich defekt.
- Akustische Anzeichen: Bei klassischen HDDs achten Sie auf ungewöhnliche Geräusche (Klicken, Schleifen), die auf einen Defekt hindeuten könnten. SSDs sind lautlos, daher ist dies hier nicht anwendbar.
Software-Probleme: Wenn das System doch bootfähig sein sollte
Das Laufwerk wird erkannt, die Boot-Reihenfolge stimmt, aber es wird immer noch kein Betriebssystem gefunden? Dann liegt es möglicherweise an einem Softwareproblem auf dem Laufwerk.
1. Defekter Bootsektor oder MBR/GPT
Der Bootsektor (bei MBR-Partitionen) oder die GPT-Struktur mit dem EFI-System-Partition (ESP) (bei UEFI-Systemen) enthält die notwendigen Informationen, um das Betriebssystem zu laden. Eine Beschädigung kann den Start verhindern.
- Windows-Installationsmedium: Booten Sie von einem Windows-Installations-USB-Stick oder einer DVD.
- Wählen Sie „Computer reparieren” statt „Jetzt installieren”.
- Gehen Sie zu „Problembehandlung” > „Erweiterte Optionen” > „Starthilfe”. Windows versucht dann, den Startfehler automatisch zu beheben.
- Alternativ können Sie die Eingabeaufforderung nutzen, um Befehle wie
bootrec /fixmbr,bootrec /fixbootundbootrec /rebuildbcdauszuführen. Bei UEFI-Systemen sind die Schritte etwas komplexer und beinhalten oft das Zuweisen eines Laufwerksbuchstabens zur EFI-Partition und das Kopieren der Boot-Dateien.
2. Neuinstallation des Betriebssystems
Als letzte drastische Maßnahme, wenn alle Reparaturversuche fehlschlagen, bleibt die Neuinstallation des Betriebssystems. Sichern Sie vorher unbedingt alle wichtigen Daten, falls möglich (z.B. über ein Live-Linux-System oder durch den Anschluss des Laufwerks an einen anderen PC).
- Beim Installationsprozess wird der Bootsektor neu geschrieben und das System frisch aufgesetzt.
- Stellen Sie sicher, dass Sie beim Installieren von Windows 10/11 im UEFI-Modus starten, um die Vorteile des modernen BIOS zu nutzen (einschließlich Secure Boot).
Weiterführende Schritte und Spezialfälle
1. CMOS-Reset
Wenn ein einfacher BIOS-Reset über die Software nicht hilft, kann ein Hardware-CMOS-Reset notwendig sein. Dies löscht wirklich alle Einstellungen und setzt sie auf die absolute Werkseinstellung zurück.
- Trennen Sie den PC vom Stromnetz.
- Entfernen Sie die kleine Knopfzellenbatterie (CR2032) vom Mainboard für etwa 5-10 Minuten.
- Alternativ können Sie den „Clear CMOS”-Jumper auf dem Gigabyte B650 Gaming Mainboard (siehe Handbuch für die genaue Position) für einige Sekunden überbrücken.
- Setzen Sie die Batterie wieder ein bzw. entfernen Sie den Jumper und starten Sie den PC.
- Sie müssen dann erneut ins BIOS und die wichtigsten Einstellungen wie die Boot-Reihenfolge vornehmen.
2. Mainboard-Defekt
Im schlimmsten Fall könnte das Gigabyte B650 Gaming Mainboard selbst einen Defekt haben, beispielsweise im M.2-Controller, den SATA-Controllern oder im BIOS-Chip. Dies ist selten, aber nicht auszuschließen, besonders wenn keiner der oben genannten Schritte hilft und Sie sicher sind, dass das Laufwerk selbst in Ordnung ist.
3. Netzteil-Probleme (Indirekt)
Ein instabiles oder zu schwaches Netzteil kann zwar den PC zum Starten bringen, aber die angeschlossenen Laufwerke nicht zuverlässig mit Strom versorgen. Dies kann sporadisch zu „No bootable device found„-Fehlern führen. Wenn Sie ein Ersatznetzteil zur Hand haben, könnte ein Test nicht schaden.
Fazit: Geduld ist der Schlüssel zur Fehlerbehebung
Ein „kein Boot-Gerät gefunden„-Fehler auf Ihrem Gigabyte B650 Gaming-System kann frustrierend sein, aber in den allermeisten Fällen ist er lösbar. Beginnen Sie immer mit den einfachsten Checks – Kabel, korrekter Sitz der Komponenten – und arbeiten Sie sich systematisch durch die BIOS-Einstellungen. Das BIOS ist dabei die häufigste Fehlerquelle. Sollte alles fehlschlagen, überlegen Sie, ob das Problem erst nach einer bestimmten Änderung aufgetreten ist (neue Hardware, BIOS-Update, Softwareinstallation). Mit Geduld und dieser Anleitung sollten Sie Ihr System bald wieder zum Laufen bringen. Viel Erfolg!