Der Raspberry Pi ist ein Phänomen – ein winziger, vielseitiger Einplatinencomputer, der die Welt der Technik revolutioniert hat. Von Heimautomatisierung über Retro-Gaming bis hin zu industriellen Anwendungen hat der Pi seinen festen Platz erobert. Doch bei der stetig wachsenden Modellvielfalt stellt sich oft die Frage: Welcher Pi ist der Richtige für *mein* Projekt? Die Antwort ist selten einfach, denn die Auswahl hängt stark von deinen Anforderungen, deinem Budget und deinen technischen Ambitionen ab. Keine Sorge, ich helfe dir dabei, Licht ins Dunkel zu bringen und die perfekte Empfehlung für deine Pi-Projekte zu finden.
### Warum die richtige Wahl entscheidend ist
Die Wahl des richtigen Raspberry Pi kann über Erfolg oder Misserfolg deines Projekts entscheiden. Ein zu schwaches Modell führt zu Frustration durch mangelnde Leistung, während ein überdimensioniertes Gerät unnötig viel Geld und Energie verbraucht. Es geht darum, das optimale Gleichgewicht zwischen Leistung, Konnektivität, Größe, Stromverbrauch und Preis zu finden. Lass uns die verschiedenen Modelle unter die Lupe nehmen und herausfinden, welcher Pi für dich bestimmt ist.
### Die Leistungsriesen und Allrounder: Raspberry Pi 5, Pi 4 und Pi 400
#### Raspberry Pi 5: Der neue König der Leistung
Der Raspberry Pi 5 ist das Neueste und Leistungsstärkste, was die Raspberry Pi Foundation zu bieten hat. Er übertrifft seinen Vorgänger, den Pi 4, in puncto CPU- und GPU-Leistung um ein Vielfaches und bietet erstmals Funktionen wie einen Power-Button und eine PCIe-Schnittstelle.
* Stärken: Deutlich schnellere CPU (Quad-core Cortex-A76 mit 2.4 GHz), schnellere GPU, bis zu 8 GB RAM, zwei 4Kp60 HDMI-Ausgänge, Gigabit Ethernet, Wi-Fi 5 (ac), Bluetooth 5.0, zwei USB 3.0-Ports, zwei USB 2.0-Ports, RTC (Real-Time Clock), PCIe 2.0-Schnittstelle (für NVMe SSDs oder andere Erweiterungen). Er bietet die höchste Leistung aller Modelle.
* Schwächen: Höherer Preis, höherer Stromverbrauch und damit verbunden oft die Notwendigkeit aktiver Kühlung (Lüfter) bei Volllast. Die Verfügbarkeit kann anfangs eingeschränkt sein.
* Ideal für Projekte: Der Raspberry Pi 5 ist die erste Wahl, wenn du kompromisslose Leistung benötigst. Er eignet sich hervorragend als Desktop-Ersatz für alltägliche Aufgaben, als leistungsstarker Heimserver (Plex Media Server, Nextcloud, Home Assistant mit vielen Integrationen), für anspruchsvolle Retro-Gaming-Emulation von Systemen bis zur PS2, für KI- und Machine Learning-Anwendungen, komplexe Kamera-Projekte mit Echtzeitverarbeitung oder als zentrale Steuereinheit für Robotik, die viel Rechenleistung erfordert. Wenn du das Beste vom Besten willst und dein Budget es zulässt, greif hier zu.
#### Raspberry Pi 4 Model B: Der bewährte Alleskönner
Der Raspberry Pi 4 Model B war lange Zeit der Goldstandard und ist immer noch eine hervorragende Wahl für eine Vielzahl von Projekten. Er bietet ein ausgezeichnetes Verhältnis von Leistung und Preis.
* Stärken: Solide Leistung (Quad-core Cortex-A72 mit 1.5/1.8 GHz), wahlweise 2 GB, 4 GB oder 8 GB RAM, zwei 4Kp60 HDMI-Ausgänge, Gigabit Ethernet, Wi-Fi 5 (ac), Bluetooth 5.0, zwei USB 3.0-Ports, zwei USB 2.0-Ports. Er ist deutlich leistungsstärker als ältere Pis, aber günstiger als der Pi 5.
* Schwächen: Bei dauerhafter Volllast kann auch hier passive oder aktive Kühlung sinnvoll sein. Die Performance liegt unter der des Pi 5.
* Ideal für Projekte: Der Raspberry Pi 4 ist der absolute Allrounder. Er ist perfekt als Smart Home Hub (Home Assistant, openHAB), als Mediacenter (Kodi, Plex Client), für Retro-Gaming (bis N64/Dreamcast), als Netzwerk-Adblocker (Pi-hole) in Kombination mit anderen Serverdiensten, als kleiner Webserver, zur Heimautomatisierung, für Lernprojekte und als Mini-PC für leichte Büroarbeiten. Für die meisten Anwender bietet der Pi 4 mit 4 GB oder 8 GB RAM das beste Preis-Leistungs-Verhältnis.
#### Raspberry Pi 400: Der integrierte Lern-PC
Der Raspberry Pi 400 ist im Grunde ein Raspberry Pi 4, der in eine Tastatur integriert ist. Er kommt als Komplettpaket mit Netzteil, Maus und vorinstallierter SD-Karte.
* Stärken: Kompakte, all-in-one-Lösung, integrierte passive Kühlung (sehr leise), Plug-and-Play-Erlebnis, ideal für Anfänger und Bildungseinrichtungen. Die Performance entspricht der eines Pi 4 (modifiziert auf 1.8 GHz).
* Schwächen: Weniger flexibel als ein separater Pi (kein GPIO-Zugang ohne Adapter), nicht für Projekte gedacht, die eine externe, spezialisierte Gehäuseintegration erfordern.
* Ideal für Projekte: Der Raspberry Pi 400 ist die perfekte Wahl für Lernprojekte, um Kindern oder Neulingen Programmierung und Computergrundlagen näherzubringen. Er eignet sich hervorragend als einfacher Desktop-Ersatz für Surfen, E-Mails und Textverarbeitung oder als sofort einsatzbereite Retro-Gaming-Konsole. Wenn du einen vollwertigen, aber kompakten Computer suchst, der sofort einsatzbereit ist, ist der Pi 400 deine Wahl.
### Die Kompakten und Energiesparenden: Raspberry Pi Zero 2 W und Zero W
#### Raspberry Pi Zero 2 W: Der Winzling mit Power
Der Raspberry Pi Zero 2 W ist der Nachfolger des ursprünglichen Zero W und bietet deutlich mehr Leistung in einem fast identischen Formfaktor.
* Stärken: Sehr klein und kompakt, geringer Stromverbrauch, Quad-core Cortex-A53 CPU (1 GHz) – vergleichbar mit dem Raspberry Pi 3B+, 512 MB RAM, Wi-Fi 4 (n), Bluetooth 4.2. Er bietet ein gutes Leistungsupgrade zum Zero W, ohne dessen Größe aufzugeben.
* Schwächen: Nur Mini-HDMI, Micro-USB für Daten (OTG) und Stromversorgung, kein Gigabit Ethernet (nur über USB-Adapter), geringerer RAM.
* Ideal für Projekte: Der Raspberry Pi Zero 2 W ist prädestiniert für IoT-Projekte, eingebettete Systeme, Wearables, batteriebetriebene Projekte, minimalistische Retro-Gaming-Handhelds (für ältere Systeme), Pi-hole, kleinere Kamera-Projekte (z.B. Zeitraffer) oder als kostengünstiger und platzsparender Smart Home Sensor. Wenn dein Projekt wenig Platz hat, batteriebetrieben sein soll, aber dennoch etwas Rechenleistung benötigt, ist dies der richtige Pi.
#### Raspberry Pi Zero W: Der ultimative Minimalist
Der Raspberry Pi Zero W ist das kleinste und energieeffizienteste Modell im Portfolio (abgesehen vom Zero ohne W-Modul).
* Stärken: Extrem klein und leicht, sehr geringer Stromverbrauch (ideal für Batteriebetrieb), Single-core CPU (1 GHz), 512 MB RAM, Wi-Fi 4 (n), Bluetooth 4.1. Unglaublich günstig.
* Schwächen: Geringste Rechenleistung aller aktuellen Modelle, nur Mini-HDMI, Micro-USB für Daten (OTG) und Stromversorgung, kein Gigabit Ethernet. Für die meisten GUI-basierten Anwendungen ist er zu langsam.
* Ideal für Projekte: Der Raspberry Pi Zero W glänzt bei wirklich minimalistischen Aufgaben, bei denen Größe, Gewicht und Stromverbrauch entscheidend sind. Denke an Sensorknoten, ultra-kleine IoT-Geräte (z.B. Wetterstationen, Türsensoren), Pi-hole (ohne weitere Dienste), grundlegende Automatisierungsaufgaben oder als versteckter Überwachungs-Pi. Wenn jede Milliamperestunde zählt und die Aufgabe sehr spezifisch und ressourcenschonend ist, ist der Zero W unschlagbar.
### Sonderfall: Raspberry Pi Compute Module (CM4)
Die Compute Modules sind keine Standalone-Pis im herkömmlichen Sinne. Sie sind für Industrie- und Embedded-Anwendungen konzipiert und bieten die Rechenleistung eines Pi 3B+ oder Pi 4 in einem SODIMM-Formfaktor. Sie erfordern ein eigenes Carrier Board, um nutzbar zu sein.
* Ideal für Projekte: Entwickler von kommerziellen Produkten, die Raspberry Pi-Technologie in ihr eigenes Hardware-Design integrieren möchten. Für den Heimanwender oder Bastler ist es in der Regel die falsche Wahl.
### Entscheidende Faktoren bei der Auswahl
Um die richtige Wahl zu treffen, solltest du folgende Punkte berücksichtigen:
1. Leistung (CPU & RAM): Benötigst du flüssiges Multitasking, hochauflösende Video-Wiedergabe, komplexe Berechnungen? Dann Pi 5 oder Pi 4 (8GB). Für einfache Sensorabfragen oder eine einzelne Anwendung genügen Pi Zero W/2 W.
2. Konnektivität: Ist Gigabit Ethernet zwingend für schnelle Netzwerkzugriffe? Brauchst du viele USB 3.0 Ports für externe Speicher oder Peripherie? Oder reicht WLAN aus?
3. Größe und Formfaktor: Muss der Pi in ein winziges Gehäuse passen oder an einem diskreten Ort versteckt werden? Die Zero-Modelle sind hier unschlagbar. Für einen Desktop-Ersatz sind Pi 4 oder Pi 5 besser geeignet.
4. Stromverbrauch: Soll das Projekt batteriebetrieben sein oder 24/7 laufen und dabei möglichst wenig Energie verbrauchen? Die Zero-Modelle sind hier klar im Vorteil.
5. Preis: Wie hoch ist dein Budget? Die Preisspanne ist groß, aber ein höherer Preis bedeutet oft auch mehr Leistung und Flexibilität.
6. Kühlungsbedarf: Je nach Modell und Auslastung kann eine aktive Kühlung (Lüfter) bei den leistungsstärkeren Modellen notwendig sein, was zusätzliche Kosten und Geräuschentwicklung bedeutet.
### Klare Empfehlungen für gängige Projekte
* **Smart Home Hub (Home Assistant, openHAB):**
* **Empfehlung:** Raspberry Pi 4 (4GB oder 8GB). Stabil, ausreichend Leistung für viele Integrationen.
* **Pro-Tipp:** Wenn du viele KI-gestützte Funktionen oder eine große Datenbank planst, ist der Raspberry Pi 5 die zukunftssichere Wahl.
* **Mediacenter (Kodi, Plex Client):**
* **Empfehlung:** Raspberry Pi 4. Spielt 4K-Inhalte flüssig ab.
* **Pro-Tipp:** Als Plex Media Server für Transcoding oder viele Streams: Raspberry Pi 5 oder Pi 4 mit 8 GB RAM und schneller externer SSD.
* **Retro Gaming Konsole:**
* **Empfehlung:** Raspberry Pi 4 für Systeme bis Dreamcast/N64/PSP.
* **Upgrade:** Raspberry Pi 5 für noch anspruchsvollere Emulation (z.B. PS2) und zukünftige Kompatibilität.
* **Kompakt:** Raspberry Pi Zero 2 W für ältere 8-Bit/16-Bit-Systeme und Handheld-Projekte.
* **Fertiglösung:** Raspberry Pi 400, wenn du eine Tastatur und Maus integriert haben möchtest.
* **Netzwerk-Adblocker (Pi-hole) / DNS-Server:**
* **Empfehlung:** Raspberry Pi Zero W oder Pi Zero 2 W. Absolut ausreichend, geringer Stromverbrauch.
* **Alternative:** Jeder andere Pi funktioniert auch, ist aber Overkill, wenn es nur um Pi-hole geht.
* **Desktop-Ersatz / Leichter PC:**
* **Empfehlung:** Raspberry Pi 5. Erster Pi, der wirklich eine Desktop-Erfahrung liefern kann.
* **Budget-Alternative:** Raspberry Pi 4 (8GB) oder Pi 400 für leichtere Aufgaben (Web, Office).
* **IoT-Projekte / Sensorik / Eingebettete Systeme:**
* **Empfehlung:** Raspberry Pi Zero W (extrem klein, geringer Verbrauch) oder Pi Zero 2 W (mehr Leistung bei ähnlicher Größe).
* **Webserver / Heimserver (LAMP-Stack, Nextcloud):**
* **Empfehlung:** Raspberry Pi 4 (4GB oder 8GB). Stabil und schnell genug.
* **Upgrade:** Raspberry Pi 5 für anspruchsvollere Serverlasten oder wenn du PCIe für schnelle NVMe-Speicher nutzen möchtest.
* **Kamera-Projekte (Überwachung, Zeitraffer, KI-Analyse):**
* **Einfach:** Raspberry Pi Zero 2 W für grundlegende Aufnahmen oder Zeitraffer.
* **Fortgeschritten:** Raspberry Pi 4 oder Pi 5 für höhere Auflösungen, mehrere Kameras oder KI-basierte Bildanalyse.
* **Lernprojekte / Programmierung (Python, Scratch):**
* **Empfehlung:** Raspberry Pi 4 oder der integrierte Raspberry Pi 400 für ein sofortiges Lernerlebnis.
### Fazit: Dein Projekt, Dein Pi
Die „richtige” Empfehlung hängt immer von deinem spezifischen Projekt ab. Es gibt keinen Einplatinencomputer, der für *alle* Anwendungsfälle optimal ist. Nimm dir die Zeit, deine Anforderungen genau zu definieren: Wie viel Leistung brauche ich? Welche Schnittstellen sind unerlässlich? Wie wichtig sind Größe und Stromverbrauch?
Wenn du einen leistungsstarken Allrounder für fast alles suchst, ist der Raspberry Pi 4 immer noch eine ausgezeichnete und kostengünstige Wahl. Für höchste Ansprüche und zukunftssichere Projekte, die das Maximum an Performance erfordern, führt kein Weg am Raspberry Pi 5 vorbei. Für kompakte, energieeffiziente oder batteriebetriebene Anwendungen sind die Pi Zero 2 W oder Pi Zero W Modelle unschlagbar. Und der Pi 400 ist dein Freund, wenn du einen sofort einsatzbereiten Mini-PC suchst.
Denke daran, dass der Kauf des Pi oft nur der erste Schritt ist. Du benötigst meist auch ein passendes Netzteil, eine MicroSD-Karte, ein Gehäuse und eventuell Kühlkörper oder Lüfter. Plane diese Zubehörteile in dein Budget und deine Überlegungen mit ein.
Mit diesem Leitfaden solltest du nun bestens gerüstet sein, um den perfekten Raspberry Pi für dein nächstes spannendes Projekt auszuwählen. Viel Spaß beim Basteln und Entdecken!