Ein Luxusproblem? Warum Sie trotz deaktiviertem AMD Freesync permanent 165fps haben

Stellen Sie sich vor, Sie haben ein High-End-Gaming-Setup, einen Monitor mit einer beeindruckenden Bildwiederholrate von 165 Hz und eine leistungsstarke Grafikkarte, die jedes Spiel in höchster Qualität butterweich darstellt. Dann beschließen Sie aus dem einen oder anderen Grund, AMD FreeSync zu deaktivieren – vielleicht um Input Lag zu minimieren, vielleicht aus reiner Neugierde, oder weil Sie ein spezifisches Problem lösen wollen. Doch zu Ihrer Überraschung bleibt Ihre Framerate in vielen Spielen konstant bei 165fps, ohne sichtbares Tearing oder Stottern. Ist das nicht wunderbar? Absolut! Aber es wirft auch Fragen auf: Wenn FreeSync nicht aktiv ist, was sorgt dann für diese perfekte Synchronisation und Begrenzung? Willkommen zu einem klassischen „Luxusproblem“ der modernen PC-Gaming-Welt.

Dieses Phänomen ist keineswegs ein Fehler, sondern vielmehr das Ergebnis eines Zusammenspiels verschiedener Technologien und Einstellungen, die oft übersehen oder missverstanden werden. In diesem ausführlichen Artikel tauchen wir tief in die Materie ein, entschlüsseln die möglichen Ursachen und zeigen Ihnen, wie Sie die volle Kontrolle über Ihre Bildraten zurückgewinnen – oder einfach genießen, was Ihnen Ihr System bietet.

Was ist AMD FreeSync und warum ist es so beliebt?

Bevor wir uns dem Mysterium der konstanten 165fps widmen, ist es wichtig, kurz zu verstehen, was AMD FreeSync überhaupt leistet. FreeSync ist eine Technologie für adaptive Synchronisation, entwickelt von AMD, die darauf abzielt, das Spielerlebnis durch die Eliminierung von Bildfehlern wie Tearing und Stottern erheblich zu verbessern. Normalerweise gibt eine Grafikkarte Bilder in einer variablen Rate aus, während ein Monitor in einer festen Rate (z.B. 60 Hz, 144 Hz, 165 Hz) aktualisiert wird. Diese Diskrepanz führt dazu, dass der Monitor oft ein Bild anzeigt, das noch nicht vollständig von der Grafikkarte gerendert wurde, was sich als horizontaler Riss (Tearing) bemerkbar macht. Umgekehrt kann es zu Stottern kommen, wenn die Grafikkarte zu langsam ist und der Monitor auf ein neues Bild warten muss.

FreeSync synchronisiert die Bildwiederholrate des Monitors dynamisch mit der tatsächlichen Framerate, die Ihre Grafikkarte in Echtzeit ausgibt. Das Ergebnis ist ein unglaublich flüssiges und reaktionsschnelles Gameplay, da jedes Bild genau dann angezeigt wird, wenn es fertig ist. Es ist der Goldstandard für viele Gamer und ein entscheidender Faktor für ein immersives Erlebnis. Warum sollte man es also deaktivieren? Manchmal können individuelle Präferenzen (z.B. die subjektive Wahrnehmung von leicht erhöhtem Input Lag), Kompatibilitätsprobleme mit bestimmten Spielen oder die Notwendigkeit, FreeSync zu Testzwecken auszuschalten, der Grund sein.

Das „Problem” erklärt: 165fps ohne FreeSync – Ein Segen oder ein Mysterium?

Wenn Sie FreeSync deaktivieren und Ihre Bildrate dennoch bei stabilen 165fps verbleibt – der maximalen Bildwiederholrate Ihres Monitors – dann ist das in den meisten Fällen erst einmal kein Problem, sondern ein Zeichen dafür, dass Ihr System hervorragend funktioniert. Ihre Grafikkarte ist leistungsstark genug, um diese hohe Framerate konstant zu liefern, und Ihr Monitor ist in der Lage, sie darzustellen. Das „Problem” entsteht erst dann, wenn man versucht zu verstehen, *warum* diese Begrenzung stattfindet, da FreeSync ja die eigentliche Technologie für die adaptive Synchronisation ist.

Das Mysterium lüftet sich, wenn man die anderen Mechanismen berücksichtigt, die die Bildausgabe und -begrenzung in modernen PCs steuern. Es gibt mehrere „Kontrollinstanzen”, die auf verschiedenen Ebenen agieren und unabhängig von FreeSync eine maximale Framerate festlegen oder die Synchronisation erzwingen können.

Die wahren Drahtzieher: Mögliche Ursachen für konstante 165fps

Lassen Sie uns die Hauptverdächtigen genauer unter die Lupe nehmen, die für Ihre unerwartet stabilen 165fps verantwortlich sein könnten:

1. V-Sync (Vertikale Synchronisation) – Der alte Bekannte

V-Sync ist die ältere, nicht-adaptive Synchronisationstechnologie, die bereits vor FreeSync und G-Sync existierte. Wenn V-Sync aktiviert ist, synchronisiert die Grafikkarte ihre Bildausgabe mit der festen Bildwiederholrate des Monitors. Das bedeutet, wenn Ihr Monitor eine Refresh Rate von 165 Hz hat, wird V-Sync die Framerate auf maximal 165fps begrenzen. Ziel ist es, Tearing zu verhindern, indem die Grafikkarte wartet, bis der Monitor einen Aktualisierungszyklus abgeschlossen hat, bevor sie ein neues Bild sendet.

• Wo suchen? V-Sync kann an verschiedenen Stellen aktiviert sein:
  • In-Game-Einstellungen: Viele Spiele bieten eine explizite Option für V-Sync. Dies ist oft die erste Anlaufstelle.
  • Grafiktreiber-Einstellungen (AMD Adrenalin / NVIDIA Systemsteuerung): Hier kann V-Sync global für alle Anwendungen oder spezifisch für einzelne Spieleprofile aktiviert sein. Eine globale Einstellung überschreibt oft die In-Game-Einstellungen, wenn sie auf „An” oder „Immer An” gesetzt ist.
• Der Haken: Obwohl V-Sync Tearing eliminiert, kann es zu einem spürbaren Input Lag führen, besonders wenn die Framerate unter die Bildwiederholrate des Monitors fällt. Dies ist der Hauptgrund, warum adaptive Synchronisationstechnologien wie FreeSync so beliebt geworden sind. Wenn Sie jedoch konstant 165fps erreichen, ist der Input Lag durch V-Sync minimal, da die Grafikkarte kaum warten muss.

2. Die native Bildwiederholrate Ihres Monitors

Es mag offensichtlich klingen, aber der wichtigste Faktor für 165fps ist, dass Ihr Monitor tatsächlich eine Bildwiederholrate von 165 Hz unterstützt. Ihr System ist dann bestrebt, diese Rate zu erreichen, wenn keine anderen Begrenzungen aktiv sind. Wenn Ihr System leistungsstark genug ist, um diese 165 Bilder pro Sekunde konsistent zu rendern, ist es ganz natürlich, dass Sie diese Framerate sehen werden.

• Wo suchen? Überprüfen Sie die Anzeigeeinstellungen in Windows: Rechtsklick auf den Desktop -> Anzeigeeinstellungen -> Erweiterte Anzeigeeinstellungen -> Bildwiederholfrequenz. Stellen Sie sicher, dass hier 165 Hz (oder die maximale Rate Ihres Monitors) ausgewählt ist. Manche Programme und Spiele passen sich automatisch an die vom Betriebssystem eingestellte maximale Refresh Rate an.

3. Interne Framerate-Limiter in Spielen

Viele moderne Spiele verfügen über integrierte Framerate-Limiter, die Sie in den Grafikeinstellungen des Spiels finden. Diese Begrenzer dienen dazu, die Framerate auf einen bestimmten Wert zu beschränken, um beispielsweise die Grafikkarte nicht unnötig zu überlasten (was zu Hitzeproblemen oder unnötigem Energieverbrauch führen könnte) oder um ein konsistenteres Spielerlebnis zu gewährleisten. Es ist sehr wahrscheinlich, dass dieser Limiter standardmäßig auf die maximale Bildwiederholrate Ihres Monitors eingestellt ist (z.B. 165fps).

• Wo suchen? Überprüfen Sie die Grafikeinstellungen in jedem Spiel, das Sie spielen. Suchen Sie nach Optionen wie „Max FPS”, „Frame Rate Limit” oder ähnlichen Bezeichnungen.

4. Grafiktreiber-Einstellungen (AMD Adrenalin / NVIDIA Systemsteuerung)

Unabhängig von FreeSync bieten sowohl AMDs Adrenalin Software als auch NVIDIAs Systemsteuerung umfassende Optionen zur Steuerung der Framerate. Diese Einstellungen können globale Auswirkungen haben oder spezifisch für einzelne Spielprofile angepasst werden:

• AMD Radeon Chill: Dies ist eine sehr häufige Ursache für eine konstante Framerate. Radeon Chill ist eine intelligente Funktion, die die Framerate dynamisch basierend auf der Kamerabewegung im Spiel anpasst. Sie können jedoch auch einen oberen Grenzwert festlegen. Wenn dieser auf 165fps eingestellt ist, wird Ihre Framerate nicht darüber hinausgehen, auch wenn Ihre GPU mehr leisten könnte.
• AMD Frame Rate Target Control (FRTC): Eine ältere, aber immer noch in einigen Systemen aktive Funktion, die direkt eine maximale Framerate festlegt.
• NVIDIA Max Frame Rate: Das Äquivalent bei NVIDIA, das direkt eine maximale Framerate festlegt.
• Globale V-Sync-Einstellungen: Wie oben erwähnt, kann V-Sync im Treiber global aktiviert sein, was jede andere Einstellung außer Kraft setzt und die Framerate auf die Refresh Rate des Monitors begrenzt.

• Wo suchen? Öffnen Sie die AMD Adrenalin Software oder die NVIDIA Systemsteuerung. Navigieren Sie zu den Einstellungen für Grafiken oder Spiele. Überprüfen Sie sowohl die globalen Einstellungen als auch die spezifischen Profile für die Spiele, bei denen Sie die konstanten 165fps beobachten.

5. Desktop-Einstellungen für die Bildwiederholrate

Manchmal sind die einfachsten Dinge die Ursache. Wenn Ihr Windows- oder macOS-Desktop auf eine Bildwiederholrate von 165 Hz eingestellt ist, versuchen viele Anwendungen und Spiele, sich daran zu orientieren, insbesondere wenn sie im Fenstermodus laufen oder keine eigene Framerate-Begrenzung haben.

6. Software von Drittanbietern / Overlays

Einige Tools und Overlays, wie der RivaTuner Statistics Server (RTSS) (oft mit MSI Afterburner verwendet), bieten auch eigene Framerate-Limiter an. Wenn Sie solche Tools verwenden, überprüfen Sie deren Einstellungen, da sie ebenfalls eine Begrenzung auf 165fps verursachen könnten.

Wie Sie die Ursache identifizieren und die Kontrolle zurückgewinnen

Um die genaue Ursache für Ihre konstanten 165fps ohne FreeSync zu finden, gehen Sie systematisch vor:

1. Beginnen Sie im Spiel: Starten Sie ein Spiel, in dem Sie die konstanten 165fps beobachten. Gehen Sie zu den Grafikeinstellungen und suchen Sie nach V-Sync oder einem Framerate-Limiter. Deaktivieren Sie V-Sync und stellen Sie den Framerate-Limiter auf „Unbegrenzt” oder den höchstmöglichen Wert. Speichern Sie die Einstellungen und prüfen Sie, ob sich die Framerate ändert.
2. Grafiktreiber überprüfen: Wenn das Spiel die Einstellungen nicht beeinflusst, öffnen Sie Ihre AMD Adrenalin Software oder NVIDIA Systemsteuerung.
   • Suchen Sie nach globalen V-Sync-Einstellungen und stellen Sie diese auf „Anwendungsgesteuert” oder „Aus”.
   • Überprüfen Sie spezifische Spielprofile für das betreffende Spiel und stellen Sie sicher, dass V-Sync deaktiviert ist und keine Framerate-Limiter (wie Radeon Chill, FRTC, Max Frame Rate) aktiv sind oder auf 165fps begrenzt sind.
3. Windows-Anzeigeeinstellungen: Stellen Sie sicher, dass Ihre Bildwiederholrate in den Windows-Einstellungen tatsächlich auf 165 Hz eingestellt ist und nicht versehentlich niedriger. Dies beeinflusst die maximale Rate, die Ihr System als Ziel ansieht.
4. Software von Drittanbietern: Falls Sie Tools wie RTSS verwenden, überprüfen Sie auch dort die Framerate-Begrenzer.
5. Experimentieren Sie: Deaktivieren Sie die potenziellen Ursachen nacheinander und testen Sie nach jeder Änderung. Wenn Sie alles deaktiviert haben, was eine Begrenzung verursachen könnte, sollten Sie im Idealfall unbegrenzte Frameraten sehen (sofern Ihre Hardware leistungsfähig genug ist).

Ist das „Problem” überhaupt ein Problem? Wann Sie FreeSync deaktivieren sollten (oder auch nicht).

Ehrlich gesagt ist es in den meisten Fällen ein „Luxusproblem” im besten Sinne. Wenn Ihre Framerate konstant und ohne Tearing bei 165fps liegt, ist das ein hervorragendes Spielerlebnis. Ob Sie FreeSync dann überhaupt benötigen, hängt von Ihrer persönlichen Präferenz ab.

• FreeSync bei konstanter Max-FPS: Wenn Ihre Grafikkarte *immer* 165fps liefert, ist der adaptive Aspekt von FreeSync weniger entscheidend, da es nichts zu synchronisieren gibt, das stark schwankt. Allerdings sorgt FreeSync auch bei konstanter maximaler Framerate für eine perfekte Frame-Pacing, d.h. die Bilder werden absolut gleichmäßig ausgeliefert, was das subjektive Gefühl der Flüssigkeit noch weiter verbessert. Der oft diskutierte zusätzliche Input Lag durch FreeSync ist bei modernen Implementierungen und bei hohen Frameraten so gering, dass er für die meisten Spieler nicht spürbar ist.
• Wann FreeSync wirklich glänzt: Wenn Ihre Framerate *unter* die maximale Bildwiederholrate Ihres Monitors fällt und schwankt – beispielsweise zwischen 80fps und 140fps – dann ist FreeSync unverzichtbar, um Tearing und Stottern zu vermeiden und ein butterweiches Erlebnis zu gewährleisten.
• Deaktivieren Sie FreeSync, wenn…
  • Sie Probleme mit der Kompatibilität in spezifischen, älteren Spielen haben.
  • Sie tatsächlich spürbaren Input Lag wahrnehmen (sehr selten bei modernen FreeSync-Monitoren und hohen FPS).
  • Sie Fehlersuche betreiben und FreeSync als potenzielle Fehlerquelle ausschließen möchten.

In den meisten Szenarien ist es ratsam, AMD FreeSync aktiviert zu lassen und alle anderen Framerate-Limiter auf „Unbegrenzt” oder „Aus” zu stellen, damit FreeSync seine Arbeit tun kann. Ihr System wird dann die bestmögliche Balance zwischen flüssiger Darstellung, minimalem Input Lag und dem Schutz vor Tearing bieten.

Fazit

Die konstante Anzeige von 165fps trotz deaktiviertem AMD FreeSync ist ein faszinierendes Beispiel dafür, wie mehrere Technologien in modernen PC-Systemen zusammenwirken können. Es ist kein Fehler, sondern in den meisten Fällen das Ergebnis von V-Sync, internen Framerate-Limitern, den Treibereinstellungen Ihrer Grafikkarte oder schlicht der hervorragenden Leistung Ihres Systems. Anstatt sich darüber Gedanken zu machen, sollten Sie dieses „Luxusproblem” genießen!

Indem Sie die verschiedenen Einstellungen in Ihren Spielen, den Grafiktreibern und im Betriebssystem verstehen und überprüfen, können Sie die volle Kontrolle über Ihre Framerate gewinnen. Doch letztendlich ist das Ziel immer dasselbe: ein immersives, flüssiges und reaktionsschnelles Gaming-Erlebnis. Und wenn Sie das mit konstanten 165fps erreichen – mit oder ohne FreeSync als offensichtlichem Treiber – dann haben Sie Ihr Ziel bereits erreicht. Herzlichen Glückwunsch zu Ihrem „Problem”!