Die Volljährigkeit hat im deutschen Straßenverkehr eine besondere Bedeutung: Erst mit 18 Jahren dürfen junge Menschen den Führerschein der Klasse B erwerben und eigenverantwortlich am Steuer sitzen. Doch dank des Modells des Begleiteten Fahrens ab 17 (BF17) können Jugendliche schon ein Jahr früher wertvolle Fahrerfahrung sammeln. Eine der häufigsten Fragen, die sich dabei stellt, ist: Was passiert, wenn die eigenen Eltern keinen Führerschein besitzen oder aus anderen Gründen nicht als Begleitperson zur Verfügung stehen können? Keine Sorge, diese Situation ist keineswegs ein Hindernis für den Traum vom Autofahren. Dieser umfassende Artikel klärt alle Regeln und gibt Ihnen Sicherheit bei der Wahl der richtigen Begleitperson.
### Was ist das Begleitete Fahren ab 17 (BF17)? Ein kurzer Überblick
Bevor wir uns den Details der Begleitperson widmen, ist es hilfreich, das Konzept des BF17 kurz zu rekapitulieren. Das Begleitete Fahren ist ein Erfolgsmodell, das darauf abzielt, die Verkehrssicherheit junger Fahranfänger zu erhöhen. Statistiken belegen, dass Fahranfänger, die am BF17 teilgenommen haben, deutlich seltener in Unfälle verwickelt sind und weniger Verkehrsverstöße begehen als diejenigen, die direkt mit 18 Jahren ihren Führerschein machen.
Die Idee ist einfach: Jugendliche dürfen bereits mit 17 Jahren ihre Fahrprüfung ablegen. Nach bestandener Prüfung erhalten sie jedoch keinen vollwertigen Führerschein, sondern eine Prüfbescheinigung. Diese Bescheinigung erlaubt es ihnen, nur in Begleitung einer oder mehrerer zuvor namentlich genannter und in der Bescheinigung eingetragener Personen ein Kraftfahrzeug der Klasse B (PKW) zu führen. Die Begleitperson sitzt dabei auf dem Beifahrersitz und dient als Ansprechpartner, Ratgeber und ruhender Pol – jedoch nicht als Fahrlehrer. Ziel ist es, in einem geschützten Rahmen unter realen Verkehrsbedingungen zusätzliche Erfahrung zu sammeln. Mit dem 18. Geburtstag erhalten die jungen Fahrer dann ihren regulären EU-Kartenführerschein und dürfen eigenständig fahren.
### Die Kernfrage: Was, wenn die Eltern keinen Führerschein haben?
Hier kommt die gute Nachricht, die viele junge Fahrschüler und ihre Familien aufatmen lässt: Die Begleitperson muss *nicht* zwangsläufig ein Elternteil oder Erziehungsberechtigter sein. Das Gesetz macht hier keine Vorgaben bezüglich des Verwandtschaftsgrades oder der Beziehung zum Fahranfänger. Das bedeutet konkret: Auch wenn Ihre Eltern keinen Führerschein besitzen, können Sie problemlos am BF17 teilnehmen, solange Sie geeignete Begleitpersonen finden, die die gesetzlichen Anforderungen erfüllen.
Diese Flexibilität ist ein entscheidender Vorteil des BF17-Modells, da es sicherstellt, dass die Teilnahme nicht an der persönlichen Situation der Eltern scheitert. Es öffnet die Tür für eine breitere Auswahl an Unterstützern im erweiterten Familien- oder Freundeskreis.
### Wer darf Begleitperson sein? Die strengen Regeln im Detail
Um die Sicherheit des jungen Fahrers und anderer Verkehrsteilnehmer zu gewährleisten, sind die Anforderungen an die Begleitperson klar definiert und sehr wichtig. Es ist unerlässlich, dass jede Person, die als Begleitperson eingetragen werden soll, diese Kriterien erfüllt. Hier sind die Details:
1. **Mindestalter**: Die Begleitperson muss mindestens 30 Jahre alt sein. Diese Altersgrenze soll sicherstellen, dass die Begleitperson über eine gewisse Lebens- und Fahrerfahrung verfügt und die nötige Reife mitbringt.
2. **Besitz der Fahrerlaubnis**: Die Begleitperson muss seit mindestens fünf Jahren ununterbrochen im Besitz einer gültigen Fahrerlaubnis der Klasse B (oder einer entsprechenden alten Klasse, z.B. Klasse 3) sein. „Ununterbrochen” bedeutet hier, dass die Fahrerlaubnis in den letzten fünf Jahren nicht entzogen oder ruhend gestellt wurde. Es geht darum, dass die Person über eine konstante und aktuelle Fahrerfahrung verfügt.
3. **Punkte im Fahreignungsregister (FAER) in Flensburg**: Dies ist ein sehr wichtiger Punkt, der oft übersehen wird. Die Begleitperson darf zum Zeitpunkt der Antragstellung und während der gesamten Begleitphase maximal einen Punkt im Fahreignungsregister (FAER) in Flensburg haben. Zwei Punkte oder mehr bedeuten, dass die Person nicht als Begleitperson zugelassen werden kann. Dieser Punktwert ist ein Indikator für das Fahrverhalten und die Zuverlässigkeit im Straßenverkehr. Ein Auszug aus dem Fahreignungsregister muss bei der Antragstellung vorgelegt werden.
4. **Keine Alkohol- oder Drogenbeeinflussung**: Während der Fahrt darf die Begleitperson selbstverständlich nicht unter dem Einfluss von Alkohol oder berauschenden Mitteln stehen. Die 0,5-Promille-Grenze und die Nulltoleranz bei Drogen gelten für die Begleitperson genauso wie für jeden anderen Fahrer – und faktisch sollte die Begleitperson immer komplett nüchtern sein, um ihrer Verantwortung gerecht zu werden. Auch darf sie nicht durch Medikamente oder Krankheiten in ihrer Fahrtüchtigkeit eingeschränkt sein.
5. **Anwesenheit im Fahrzeug**: Die Begleitperson muss stets während der Fahrt auf dem Beifahrersitz Platz nehmen, um direkt eingreifen (verbal) und unterstützen zu können. Sie darf nicht auf der Rückbank sitzen.
6. **Eintragung in die Prüfbescheinigung**: Alle Personen, die als Begleitperson fungieren sollen, müssen namentlich in der Prüfbescheinigung des jungen Fahrers eingetragen sein. Ohne diese Eintragung ist das Begleiten nicht erlaubt.
Es ist die Verantwortung des jungen Fahrers und seiner Erziehungsberechtigten sicherzustellen, dass jede eingetragene Begleitperson diese Kriterien erfüllt und auch während der Begleitfahrten stets einhält. Ein Verstoß kann schwerwiegende Konsequenzen haben, bis hin zum Entzug der Prüfbescheinigung für den Fahranfänger.
### Die Suche nach der idealen Begleitperson: Mehr als nur Formalitäten
Da die Eltern in unserem Szenario nicht in Frage kommen, ist es umso wichtiger, sorgfältig die richtige Begleitperson(en) auszuwählen. Hier sind einige Überlegungen, die über die reinen Formalitäten hinausgehen:
* **Vertrauensperson**: Die Begleitperson sollte eine Person sein, zu der der junge Fahrer Vertrauen hat. Eine offene Kommunikation ist entscheidend, um Ängste abzubauen und Fehler konstruktiv anzusprechen.
* **Geduld und Ruhe**: Fahranfänger machen Fehler. Eine Begleitperson muss geduldig sein, Ruhe bewahren und den jungen Fahrer ermutigen, anstatt ihn zu verunsichern.
* **Gute eigene Fahrpraxis**: Auch wenn die Begleitperson nicht als Fahrlehrer agiert, sollte sie ein gutes Vorbild sein und selbst eine sichere, vorausschauende und regelkonforme Fahrweise an den Tag legen. Schlechte Angewohnheiten können sich sonst schnell übertragen.
* **Verfügbarkeit**: Das Begleitete Fahren ist nur effektiv, wenn es auch tatsächlich stattfindet. Die Begleitperson sollte bereit sein, regelmäßig Zeit zu investieren, um Fahrten zu ermöglichen – sei es zum Einkaufen, zur Schule, zu Freizeitaktivitäten oder einfach nur für Übungsfahrten.
* **Lernbereitschaft**: Auch wenn die Begleitperson eine erfahrene Kraft ist, kann es hilfreich sein, sich mit den aktuellen Verkehrsregeln und den Empfehlungen der Fahrschule vertraut zu machen. Manchmal schleichen sich über die Jahre kleine Nachlässigkeiten ein, die es als Begleitperson zu vermeiden gilt.
Mögliche Kandidaten könnten ältere Geschwister, Onkel und Tanten, Großeltern, Paten, oder auch langjährige Freunde der Familie sein. Wichtig ist, dass alle Beteiligten – der junge Fahrer, die Erziehungsberechtigten und die potenzielle Begleitperson – offen miteinander sprechen und die Erwartungen und Verantwortlichkeiten klären.
### Der Antragsprozess: So werden Begleitpersonen eingetragen
Der Antrag auf Begleitetes Fahren ab 17 wird in der Regel zusammen mit dem Antrag auf die Erteilung der Fahrerlaubnis bei der zuständigen Fahrerlaubnisbehörde (oft das Straßenverkehrsamt) gestellt.
Für jede Begleitperson, die eingetragen werden soll, sind folgende Unterlagen einzureichen:
1. **Antragsformular**: Ein spezielles Formular für die Eintragung von Begleitpersonen, das von allen Beteiligten (Fahrschüler, Erziehungsberechtigte und Begleitperson) unterschrieben werden muss.
2. **Kopie des Personalausweises oder Reisepasses** der Begleitperson.
3. **Kopie des Führerscheins** der Klasse B (oder einer entsprechenden alten Klasse) der Begleitperson.
4. **Auszug aus dem Fahreignungsregister (FAER)** der Begleitperson. Dieser Nachweis darf nicht älter als drei Monate sein. Er kann beim Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) in Flensburg beantragt werden. Es ist ratsam, diesen frühzeitig zu beantragen, da die Bearbeitung einige Zeit in Anspruch nehmen kann.
5. **Einwilligungserklärung** der Begleitperson.
Es ist auch möglich, Begleitpersonen nachträglich einzutragen. Dafür müssen die gleichen Unterlagen für die zusätzliche Person eingereicht werden. In diesem Fall wird in der Regel eine neue Prüfbescheinigung ausgestellt, auf der alle Begleitpersonen vermerkt sind. Für jede Eintragung fallen Gebühren an.
### Die Rolle der Begleitperson während der Fahrt: Was ist zu beachten?
Die Begleitperson ist kein Fahrlehrer im eigentlichen Sinne. Sie darf nicht ins Lenkrad greifen oder die Pedale bedienen. Ihre Aufgabe ist es, dem Fahranfänger Sicherheit zu geben, als Ansprechpartner zu dienen und Ratschläge zu erteilen.
Wichtige Aspekte der Rolle:
* **Wachsamkeit**: Die Begleitperson sollte das Verkehrsgeschehen aufmerksam verfolgen und frühzeitig auf potenzielle Gefahren oder Fehler hinweisen.
* **Ruhepol**: Gerade in stressigen Situationen (z.B. komplexe Kreuzungen, dichtes Verkehrsaufkommen) kann die Begleitperson durch ihre Ruhe und Erfahrung eine beruhigende Wirkung auf den jungen Fahrer haben.
* **Feedback**: Konstruktives Feedback nach den Fahrten ist wichtig. Was lief gut? Wo gibt es noch Verbesserungsbedarf?
* **Einhaltung der Regeln**: Die Begleitperson ist mitverantwortlich dafür, dass die Regeln des BF17 eingehalten werden, insbesondere, dass der junge Fahrer nicht alleine fährt.
### Vorteile des Begleiteten Fahrens ab 17 – auch ohne Führerschein-Eltern
Die Vorteile des BF17 sind weitreichend und gelten uneingeschränkt, auch wenn die Eltern selbst nicht als Begleitperson fungieren können:
* **Mehr Fahrpraxis**: Junge Fahrer sammeln im Durchschnitt deutlich mehr Kilometer Fahrpraxis, bevor sie eigenständig fahren. Diese Erfahrung ist unbezahlbar.
* **Reduziertes Unfallrisiko**: Die Statistiken sprechen für sich. BF17-Teilnehmer haben ein signifikant geringeres Unfallrisiko in ihrer ersten eigenständigen Fahrzeit.
* **Sichererer Übergang**: Der Übergang vom Fahrschulauto zum eigenen PKW verläuft fließender und weniger abrupt.
* **Erfahrung unter verschiedenen Bedingungen**: Mit der Begleitperson können Fahrten zu unterschiedlichen Tageszeiten, bei verschiedenen Wetterbedingungen und auf verschiedenen Streckenprofilen (Stadt, Land, Autobahn) geübt werden.
* **Reifere Entscheidungen**: Die ständige Begleitung und die Möglichkeit, Fragen zu stellen und Situationen zu besprechen, fördert die Entwicklung eines reiferen Fahrstils und einer besseren Einschätzung von Risiken.
* **Potenzielle Vorteile bei der Versicherung**: Viele Kfz-Versicherer bieten günstigere Tarife für Fahranfänger an, die am BF17 teilgenommen haben, da sie als geringeres Risiko eingestuft werden.
### Häufige Missverständnisse und wichtige Hinweise
* **Fahren ohne Begleitperson**: Fährt der 17-jährige Prüfungsbescheinigungsinhaber ohne eingetragene Begleitperson oder mit einer nicht eingetragenen Begleitperson, hat dies drastische Konsequenzen. Es wird als Fahren ohne Fahrerlaubnis gewertet. Dies führt in der Regel zum Widerruf der Prüfbescheinigung, einer Sperrfrist für den Erwerb des regulären Führerscheins (oft bis zu 21 Monate), einer Geldstrafe und der Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung (MPU) vor einer Neuerteilung der Fahrerlaubnis.
* **Auslandfahrten**: Die Prüfbescheinigung für das BF17 ist nur in Deutschland gültig. Fahrten ins Ausland sind damit nicht erlaubt.
* **Gültigkeit der Prüfbescheinigung**: Die Prüfbescheinigung ist bis drei Monate nach dem 18. Geburtstag gültig. Innerhalb dieser Frist muss der reguläre EU-Kartenführerschein bei der Fahrerlaubnisbehörde abgeholt werden.
* **Verlust der Fahrerlaubnis der Begleitperson**: Verliert die Begleitperson während der Begleitphase ihren Führerschein (z.B. durch ein Fahrverbot oder Entzug), darf sie ab diesem Zeitpunkt selbstverständlich nicht mehr begleiten. Die Erziehungsberechtigten und der Fahranfänger müssen dies umgehend berücksichtigen und gegebenenfalls auf andere eingetragene Begleitpersonen ausweichen oder neue eintragen lassen.
### Fazit: BF17 ist für alle offen
Die Befürchtung, dass der Traum vom eigenen Führerschein mit 17 platzt, nur weil die Eltern keinen Führerschein besitzen oder nicht die Kriterien für eine Begleitperson erfüllen, ist unbegründet. Das Modell des Begleiteten Fahrens ab 17 ist bewusst so flexibel gestaltet, dass es möglichst vielen jungen Menschen die Chance gibt, von seinen Vorteilen zu profitieren.
Entscheidend ist, die gesetzlichen Vorgaben für die Begleitperson genau zu kennen und sorgfältig zu prüfen, wer diese wichtige Rolle übernehmen kann. Mit mindestens 30 Jahren Alter, fünf Jahren ununterbrochenem Besitz des Klasse B Führerscheins und maximal einem Punkt in Flensburg stehen die wichtigsten Kriterien fest. Darüber hinaus sollte die Begleitperson eine vertrauenswürdige, geduldige und verantwortungsbewusste Person sein, die dem jungen Fahrer nicht nur eine Stütze im Straßenverkehr, sondern auch ein gutes Vorbild ist.
Nutzen Sie diese fantastische Möglichkeit, um Ihrem Kind einen sichereren Start in die motorisierte Mobilität zu ermöglichen – auch ohne dass die Eltern selbst am Steuer sitzen müssen. Der Weg zum BF17 ist offen, finden Sie einfach die richtigen Wegbegleiter!