Es ist ein Szenario, das viele Rollerbesitzer kennen: Der Stichtag für die nächste Hauptuntersuchung (HU), landläufig oft als „TÜV-Termin“ bezeichnet, rückt näher. Vielleicht stand der geliebte Roller den Winter über in der Garage, wurde lange nicht bewegt, oder Sie haben gerade ein gebrauchtes Modell erworben, dessen HU abgelaufen ist. Plötzlich stellt sich die drängende Frage: Darf ich mit meinem Roller ohne gültiges Versicherungskennzeichen überhaupt zum Prüfstand fahren, um die begehrte Plakette zu erhalten? Die Antwort ist leider kurz und schmerzlos: Nein, das ist keine gute Idee. Tatsächlich ist es sogar illegal und riskant. Doch warum ist das so, und welche Alternativen gibt es, um auf der sicheren Seite zu bleiben?
Die rechtliche Grundlage: Ohne Versicherung geht nichts
In Deutschland unterliegt jeder Motorroller, der am öffentlichen Straßenverkehr teilnimmt, der Pflichtversicherung. Das regelt das Pflichtversicherungsgesetz (PflVG). Sobald Sie den Motor starten und sich auf öffentlichen Straßen, Wegen oder Plätzen bewegen, benötigen Sie eine gültige Haftpflichtversicherung, die mögliche Schäden Dritter im Falle eines Unfalls abdeckt. Für Roller bedeutet das konkret das Versicherungskennzeichen, das jedes Jahr erneuert werden muss und das die Gültigkeit der Versicherung bestätigt.
Das Argument, es handle sich ja nur um eine kurze Fahrt zum Prüfer und man sei besonders vorsichtig, zieht vor dem Gesetz nicht. Sobald Sie das private Grundstück verlassen und am öffentlichen Straßenverkehr teilnehmen, ist die Versicherungspflicht unumgänglich. Der Gesetzgeber macht hier keine Ausnahmen für Fahrten zur Hauptuntersuchung oder zur Werkstatt.
Warum die Fahrt zum TÜV ohne Versicherung eine Straftat ist
Wer seinen Roller ohne gültigen Versicherungsschutz im öffentlichen Straßenverkehr bewegt, begeht nicht nur eine Ordnungswidrigkeit, sondern eine Straftat nach § 6 des Pflichtversicherungsgesetzes. Die Konsequenzen können weitreichend und existenzbedrohend sein:
1. Hohe Geldstrafen oder sogar Freiheitsentzug
Der Gesetzestext ist eindeutig: „Wer ein Kraftfahrzeug oder einen Anhänger ohne den erforderlichen Haftpflichtversicherungsvertrag auf öffentlichen Wegen oder Plätzen gebraucht oder den Gebrauch gestattet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.“ Das bedeutet, selbst wenn es sich um eine kurze Fahrt handelt und kein Unfall passiert, drohen im Falle einer Kontrolle empfindliche Geldstrafen. Diese können sich schnell im vierstelligen Bereich bewegen. Im schlimmsten Fall, besonders bei wiederholten Verstößen oder unter erschwerenden Umständen, ist sogar eine Freiheitsstrafe möglich.
2. Punkte in Flensburg und Führerscheinentzug
Ein Verstoß gegen das Pflichtversicherungsgesetz führt nicht selten zu Punkten im Fahreignungsregister in Flensburg. Bei mehreren Punkten kann dies den Führerscheinentzug zur Folge haben. Wer seinen Führerschein für eine längere Zeit verliert, ist in seiner Mobilität stark eingeschränkt und muss eventuell hohe Kosten für eine Wiedererteilung oder eine MPU (Medizinisch-Psychologische Untersuchung) in Kauf nehmen.
3. Existenzbedrohende Haftung bei Unfall
Dies ist der wohl gravierendste Punkt. Kommt es während der Fahrt ohne Versicherungsschutz zu einem Unfall, bei dem Dritte zu Schaden kommen – sei es Sachschaden am Fahrzeug oder Personenschaden –, haften Sie als Fahrer und Halter in vollem Umfang persönlich. Und das kann schnell ruinös werden. Ein einfacher Blechschaden an einem Pkw kann bereits mehrere tausend Euro kosten. Bei Personenschäden, die medizinische Behandlungen, Reha-Maßnahmen, Verdienstausfall oder sogar lebenslange Rentenansprüche nach sich ziehen, können die Forderungen in die Millionen gehen. Ohne eine Versicherung, die diese Kosten übernimmt, sind Sie als Privatperson dafür verantwortlich. Das kann zur Privatinsolvenz führen und Ihre finanzielle Zukunft auf Jahre hinaus zerstören.
4. Stilllegung des Fahrzeugs
Wird Ihr Roller ohne Versicherungsschutz im Straßenverkehr entdeckt, kann die Polizei das Fahrzeug stilllegen und die Weiterfahrt untersagen. Das bedeutet, der Roller muss auf eigene Kosten abgeschleppt oder vor Ort gesichert werden, bis ein gültiger Versicherungsschutz nachgewiesen werden kann. Die Kosten für Abschleppdienst und eventuelle Verwahrung kommen zu den anderen Strafen hinzu.
Die Hauptuntersuchung (HU) beim Roller
Auch wenn wir im Volksmund oft vom „TÜV“ sprechen, handelt es sich bei der regelmäßigen technischen Überprüfung um die Hauptuntersuchung (HU), die von verschiedenen Prüforganisationen wie TÜV, DEKRA, GTÜ oder KÜS durchgeführt wird. Für Roller, die ein Versicherungskennzeichen benötigen, ist die HU in der Regel alle zwei Jahre fällig. Hierbei wird überprüft, ob der Roller verkehrssicher und vorschriftsmäßig ist.
Wichtig ist: Für die HU selbst ist das Versicherungskennzeichen nicht direkt relevant. Der Prüfer überprüft die Verkehrssicherheit. Aber um legal zum Prüfer zu gelangen, ist die Versicherung unerlässlich.
Der legale Weg zum Prüfer: So geht’s richtig
Es gibt nur einen absolut sicheren und legalen Weg, Ihren Roller zum TÜV zu bringen:
1. Gültigen Versicherungsschutz besorgen
Bevor Sie auch nur einen Meter fahren, müssen Sie eine gültige Haftpflichtversicherung für Ihren Roller abschließen. Dies ist heutzutage denkbar einfach und schnell erledigt:
- Online oder telefonisch: Kontaktieren Sie eine Versicherungsgesellschaft Ihrer Wahl. Viele Anbieter ermöglichen den Abschluss einer Rollerversicherung in wenigen Minuten online oder telefonisch.
- Die eVB-Nummer: Sie erhalten in der Regel sofort eine elektronische Versicherungsbestätigung (eVB-Nummer). Diese Nummer ist der Nachweis, dass Versicherungsschutz besteht.
- Das Versicherungskennzeichen: Mit der eVB-Nummer können Sie dann bei der Versicherung das tatsächliche Versicherungskennzeichen (die kleine Platte oder der Aufkleber) beantragen. Oft wird es Ihnen zugeschickt, oder Sie können es direkt in einer Geschäftsstelle abholen.
Sobald Sie das physische Kennzeichen an Ihrem Roller angebracht haben und dieses für das aktuelle Versicherungsjahr gültig ist, dürfen Sie legal am Straßenverkehr teilnehmen und somit auch zum TÜV fahren.
2. Transport auf einem Anhänger oder Transporter
Wenn Ihr Roller keine gültige HU hat, vielleicht sogar technische Mängel aufweist, oder Sie ihn einfach nicht versichern möchten, weil er beispielsweise nur für ein Liebhaberprojekt im Garten genutzt werden soll, ist der Transport auf einem Anhänger oder in einem Transporter die einzig legale Alternative. Für den Transport selbst benötigen Sie keine separate Rollerversicherung, da das Fahrzeug in diesem Fall nicht aktiv am Straßenverkehr teilnimmt, sondern als Ladung gilt.
- Voraussetzungen für den Transport:
- Der Anhänger oder Transporter muss selbst verkehrssicher, zugelassen und versichert sein.
- Der Roller muss ordnungsgemäß gesichert sein, damit er während der Fahrt nicht verrutscht oder herunterfällt. Verwenden Sie geeignete Spanngurte und beachten Sie die Ladungssicherungsvorschriften.
- Achten Sie auf das zulässige Gesamtgewicht des Anhängers oder Transporters und die zulässige Anhängelast Ihres Zugfahrzeugs.
- Wer kann helfen? Wenn Sie selbst keinen geeigneten Anhänger oder Transporter besitzen, können Sie diese mieten. Alternativ bieten viele Werkstätten oder Händler einen Transportservice an, oder Sie bitten Freunde und Familie um Hilfe.
3. Rotes Kennzeichen (Händlerkennzeichen) – keine Option für Privatpersonen
Manchmal wird das sogenannte „rote Kennzeichen” oder „Händlerkennzeichen” ins Spiel gebracht. Dies ist jedoch keine Option für Privatpersonen. Rote Kennzeichen sind speziellen Fahrzeughändlern, Werkstätten oder Sachverständigen vorbehalten, um Fahrzeuge für Probe-, Überführungs- oder Prüfungsfahrten zu nutzen. Als privater Rollerbesitzer können Sie darauf nicht zurückgreifen.
Was tun, wenn die HU abgelaufen ist?
Viele Rollerbesitzer schieben den TÜV-Termin hinaus, und ehe man sich versieht, ist die Plakette abgelaufen. Wenn Sie mit abgelaufener HU erwischt werden, drohen:
- Verwarnungsgeld: Bei einer Überschreitung von 2 bis 4 Monaten gibt es in der Regel ein Verwarnungsgeld.
- Bußgeld und Punkte: Ab 4 Monaten Überziehung wird es teurer und es gibt einen Punkt in Flensburg.
- Erhöhte Prüfgebühren: Einige Prüforganisationen erheben bei einer Überziehung von mehr als zwei Monaten einen sogenannten „Ergänzungsaufwand“, was zu höheren Kosten für die HU führt.
Unabhängig davon, ob die HU abgelaufen ist oder nicht, bleibt die Versicherungspflicht bestehen. Die abgelaufene HU verschärft die Problematik einer Fahrt ohne Versicherung nur zusätzlich, da es sich dann um zwei Vergehen gleichzeitig handelt.
Praktische Schritte für eine sorgenfreie TÜV-Fahrt
- Zustand des Rollers prüfen: Bevor Sie zur HU fahren, überprüfen Sie die wichtigsten Funktionen: Bremsen, Lichtanlage, Reifen, Hupe. Beheben Sie offensichtliche Mängel, um unnötige Nachprüfungen und Kosten zu vermeiden.
- Versicherung abschließen: Sorgen Sie dafür, dass Sie ein gültiges Versicherungskennzeichen für das aktuelle Jahr haben. Das ist der wichtigste Schritt.
- Termin vereinbaren: Vereinbaren Sie einen Termin bei einer Prüfstelle (TÜV, DEKRA, GTÜ, KÜS). Das erspart Wartezeiten.
- Dokumente bereithalten: Nehmen Sie alle relevanten Dokumente mit: die Allgemeine Betriebserlaubnis (ABE) oder die Zulassungsbescheinigung Teil I (falls vorhanden), den Nachweis der letzten HU (falls nicht mehr am Fahrzeug vermerkt) und natürlich Ihr Versicherungskennzeichen.
- Sicher fahren: Fahren Sie verantwortungsbewusst zum Prüfer.
Fazit: Sicherheit und Legalität gehen vor
Die Verlockung, den kurzen Weg zum Prüfer einfach ohne gültige Versicherung zu fahren, mag groß sein. Doch die Risiken, die Sie dabei eingehen, sind es schlichtweg nicht wert. Eine kurze Strecke auf öffentlichen Straßen ohne Versicherungsschutz kann zu hohen Geldstrafen, Punkten, Führerscheinentzug und im schlimmsten Fall zu einer finanziellen Katastrophe führen, wenn es zu einem Unfall kommt. Die Rechtslage ist eindeutig und lässt keinen Interpretationsspielraum.
Setzen Sie weder Ihre eigene Sicherheit noch Ihre finanzielle Existenz aufs Spiel. Der einzig legale und verantwortungsvolle Weg ist, vor der Fahrt zum TÜV für einen gültigen Versicherungsschutz zu sorgen oder den Roller sicher und gesetzeskonform auf einem Anhänger zu transportieren. Planen Sie vorausschauend und genießen Sie Ihre Rollerfahrt – aber immer mit einem guten Gefühl der Legalität und Sicherheit.