Teurer Fehler? Mit welcher Strafe Sie rechnen müssen, wenn Sie einen E-Scooter alkoholisiert auch nur anmachen

Die kleinen, wendigen Elektro-Roller, liebevoll E-Scooter genannt, haben sich in den letzten Jahren rasant als praktisches Fortbewegungsmittel etabliert. Sie sind schnell zur Hand, emissionsfrei und machen oft auch noch Spaß. Doch die Leichtigkeit, mit der man sich auf einen E-Scooter schwingt, birgt eine unterschätzte Gefahr: die Missachtung der Verkehrsregeln, insbesondere im Zusammenhang mit Alkohol. Viele Nutzer scheinen zu vergessen, dass ein E-Scooter rechtlich einem Kraftfahrzeug gleichgestellt ist. Dies wird besonders schmerzhaft, wenn man nach ein paar Drinks meint, den Heimweg auf dem Roller antreten zu können. Doch das Erschreckende ist: Sie müssen den E-Scooter nicht einmal aktiv fahren. Schon das bloße Anmachen eines E-Scooters unter Alkoholeinfluss kann gravierende Konsequenzen nach sich ziehen. Dieser Artikel beleuchtet umfassend, welche Strafen und Bußgelder Sie erwarten können und warum dieser scheinbar harmlose Akt ein äußerst teurer Fehler werden kann.

### Der E-Scooter als Kraftfahrzeug: Eine rechtliche Einordnung, die oft vergessen wird

E-Scooter sind in Deutschland nicht einfach nur „Spielzeuge” oder „Fahrräder mit Motor”. Sie fallen unter die Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung (eKFV) und werden verkehrsrechtlich als Kraftfahrzeuge eingestuft. Dies bedeutet, dass für ihre Nutzung dieselben strengen Regeln gelten wie für Autos, Motorräder oder Mopeds – insbesondere, wenn es um den Konsum von Alkohol geht. Diese Einordnung ist der Kern des Problems und der Grund, warum viele sich der Tragweite ihres Handelns nicht bewusst sind.

Das Führen eines E-Scooters erfordert mindestens den Besitz eines Mofa-Führerscheins (Klasse AM), sofern man nicht ohnehin einen Pkw-Führerschein (Klasse B) oder einen entsprechenden Motorrad-Führerschein besitzt. Das Mindestalter beträgt 14 Jahre. Wer sich jedoch betrunken auf einen E-Scooter schwingt, handelt nicht nur fahrlässig, sondern im schlimmsten Fall sogar kriminell.

### Die Promillegrenzen für E-Scooter – Kein Unterschied zum Auto

Die entscheidenden Grenzwerte für das Fahren unter Alkoholeinfluss sind dieselben wie für Autofahrer:

1. **0,0 Promille für Fahranfänger unter 21 Jahren oder in der Probezeit:**
Wer als Fahranfänger oder in der Probezeit auch nur den geringsten Alkoholpegel aufweist (bereits ab 0,01 Promille messbar), begeht eine Ordnungswidrigkeit. Die Konsequenzen sind ein Bußgeld von 250 Euro, 1 Punkt in Flensburg, die Anordnung eines Aufbauseminars und eine Verlängerung der Probezeit um zwei Jahre. Ein kleiner Schluck Bier kann hier bereits teure Folgen haben.

2. **Ab 0,3 Promille (relative Fahruntüchtigkeit):**
Ab einem Blutalkoholwert von 0,3 Promille sind Sie relativ fahruntüchtig. Das bedeutet: Treten zusätzlich alkoholbedingte Ausfallerscheinungen auf – etwa eine unsichere Fahrweise, Schlangenlinien oder das Anfahren eines Hindernisses –, dann liegt bereits eine Straftat vor. Diese wird als Trunkenheit im Verkehr gemäß § 316 des Strafgesetzbuches (StGB) geahndet. Die Strafen hierfür sind drastisch:
* Eine hohe Geldstrafe (oftmals im Bereich von 30 bis 70 Tagessätzen, abhängig vom Einkommen).
* 3 Punkte in Flensburg.
* Der Entzug des Führerscheins (auch wenn dieser nur für den Pkw gültig ist) mit einer Sperrfrist von mindestens sechs Monaten, oft aber deutlich länger (bis zu fünf Jahre), in der kein neuer Führerschein ausgestellt werden darf.
* Die Anordnung einer Medizinisch-Psychologischen Untersuchung (MPU) zur Wiedererlangung des Führerscheins.

3. **Ab 0,5 Promille (Ordnungswidrigkeit):**
Selbst ohne jegliche Ausfallerscheinungen begehen Sie ab 0,5 Promille eine Ordnungswidrigkeit (§ 24a Straßenverkehrsgesetz – StVG). Hier sind die Strafen:
* Beim ersten Verstoß: 500 Euro Bußgeld, 2 Punkte in Flensburg und 1 Monat Fahrverbot.
* Beim zweiten Verstoß: 1.000 Euro Bußgeld, 2 Punkte und 3 Monate Fahrverbot.
* Beim dritten Verstoß: 1.500 Euro Bußgeld, 2 Punkte und 3 Monate Fahrverbot.
Ein Fahrverbot bedeutet, dass Sie für einen bestimmten Zeitraum kein motorisiertes Fahrzeug im Straßenverkehr führen dürfen – dies betrifft auch Ihr Auto.

4. **Ab 1,1 Promille (absolute Fahruntüchtigkeit):**
Ab einem Wert von 1,1 Promille gelten Sie als absolut fahruntüchtig. Hier sind keine zusätzlichen Ausfallerscheinungen mehr nötig, um den Tatbestand der Straftat Trunkenheit im Verkehr zu erfüllen. Die Folgen sind noch gravierender:
* Eine noch höhere Geldstrafe (oftmals ab 60 Tagessätzen aufwärts).
* 3 Punkte in Flensburg.
* Unweigerlicher Entzug des Führerscheins mit einer Sperrfrist von mindestens sechs Monaten, meist jedoch länger.
* Fast immer die Anordnung einer MPU zur Wiedererlangung des Führerscheins.

5. **Ab 1,6 Promille:**
Ab einem Blutalkoholwert von 1,6 Promille – oder bei wiederholten Alkoholauffälligkeiten – ist die Anordnung einer MPU zur Klärung der Fahreignung zwingend vorgeschrieben, selbst wenn Sie (noch) keinen Führerschein besitzen. Diese MPU müssen Sie bestehen, um überhaupt jemals einen Führerschein erwerben zu können.

### Der „Anmachen”-Faktor: Warum schon der Startknopf zählt

Dies ist der wohl entscheidendste und am häufigsten unterschätzte Aspekt. Viele glauben, solange sie nicht *fahren*, passiert nichts. Doch das ist ein Trugschluss. Der Gesetzgeber spricht vom „Führen eines Fahrzeugs”. Dieses „Führen” beginnt nicht erst mit dem Anrollen, sondern bereits mit dem Inbetriebnehmen eines Fahrzeugs.

Was bedeutet das konkret?
Schon das Entsperren des E-Scooters via App, das Einschalten des Motors und die bloße Bereitstellung zur Fahrt kann als „Führen” im Sinne des Gesetzes ausgelegt werden. Steigen Sie auf einen betrunken eingeschalteten E-Scooter und wollen Sie losfahren – selbst wenn Sie dann von der Polizei angehalten werden, bevor Sie einen Meter gefahren sind – kann dies ausreichen, um den Tatbestand zu erfüllen. Selbst wenn Sie den E-Scooter nur mit eingeschaltetem Motor vor sich herschieben, könnte dies als „Führen” interpretiert werden, da Sie aktiv Einfluss auf das Fahrzeug nehmen und es in einen fahrbereiten Zustand versetzen.

Die Rechtsprechung argumentiert hier mit der Potenzialität der Gefahr: Sobald das Fahrzeug betriebsbereit ist und Sie sich in einer Position befinden, in der Sie jederzeit losfahren könnten, besteht die Gefahr, die der Gesetzgeber durch die Promillegrenzen verhindern möchte. Es geht darum, das Risiko der Trunkenheit im Verkehr bereits im Ansatz zu unterbinden, bevor es zu einer konkreten Gefährdung kommt. Ein eingeschalteter E-Scooter, auf dem eine betrunkene Person sitzt, ist eine unkontrollierbare Gefahrenquelle.

### Die Konsequenzen im Detail – Einblick in Bußgeld, Punkte, Fahrverbot und MPU

Die oben genannten Strafen klingen abstrakt, doch ihre Auswirkungen sind oft weitreichender und schmerzhafter, als man zunächst annimmt.

* **Bußgeld vs. Geldstrafe:** Ein Bußgeld ist eine Geldbuße für eine Ordnungswidrigkeit. Eine Geldstrafe ist die Folge einer Straftat und wird in Tagessätzen berechnet, die sich nach Ihrem Nettoeinkommen richten. Eine Geldstrafe wird ins Führungszeugnis eingetragen und kann somit langfristige Folgen haben.

* **Punkte in Flensburg:** Das Fahreignungsregister in Flensburg ist Ihr persönliches „Sündenregister”. 8 Punkte führen zum Entzug des Führerscheins. Jeder Verstoß sammelt Punkte, die für unterschiedlich lange Zeiträume gespeichert bleiben.

* **Fahrverbot vs. Führerscheinentzug:**
* Ein Fahrverbot ist ein vorübergehendes Verbot, ein Kraftfahrzeug zu führen (meist 1 bis 3 Monate). Danach erhalten Sie Ihren Führerschein automatisch zurück.
* Ein Führerscheinentzug ist die dauerhafte Entziehung der Fahrerlaubnis. Sie verlieren Ihren Führerschein komplett und müssen nach Ablauf einer Sperrfrist (oft 6 Monate bis 5 Jahre) einen neuen Führerschein beantragen. Dies ist nur möglich, wenn Sie Ihre Fahreignung erneut nachweisen – oft durch eine MPU.

* **Die Medizinisch-Psychologische Untersuchung (MPU) – Der „Idiotentest”:**
Die MPU ist die größte Hürde und der teuerste Teil des Wiedererlangungsprozesses. Sie soll klären, ob Sie charakterlich und gesundheitlich wieder geeignet sind, ein Fahrzeug im Straßenverkehr zu führen. Die MPU ist kein Wissenstest, sondern eine tiefgreifende Untersuchung Ihrer Persönlichkeit und Ihres Trinkverhaltens.
* **Kosten:** Die Kosten für die MPU selbst liegen bei etwa 400 bis 800 Euro. Hinzu kommen Kosten für Vorbereitungskurse (die oft ratsam sind), Abstinenznachweise (Urin- oder Haarproben, die über 6 bis 12 Monate laufen können und mehrere hundert Euro kosten), und die Gebühren für die Neubeantragung des Führerscheins. Insgesamt können schnell mehrere tausend Euro zusammenkommen.
* **Zeitaufwand:** Die Vorbereitung auf eine MPU dauert Monate, oft ein ganzes Jahr. Dies ist eine enorme Belastung.
* **Erfolgsquote:** Viele scheitern beim ersten Versuch, weil sie die Ernsthaftigkeit und den Umfang der MPU unterschätzen.

### Langfristige Auswirkungen und Prävention

Die Folgen einer Alkohol-Fahrt mit dem E-Scooter gehen über die direkten Strafen hinaus:

* **Strafregistereintrag:** Eine Verurteilung wegen Trunkenheit im Verkehr ist eine Straftat und wird im Bundeszentralregister vermerkt. Dies kann bei Bewerbungen oder für bestimmte Berufe problematisch werden.
* **Versicherungsschutz:** Bei einem Unfall unter Alkoholeinfluss kann Ihre Haftpflichtversicherung die Zahlung verweigern oder Regressforderungen an Sie stellen. Das bedeutet, Sie müssten den gesamten Schaden selbst bezahlen, der schnell in die zehntausende oder gar hunderttausende Euro gehen kann.
* **Berufliche Konsequenzen:** Für viele Berufe ist ein Führerschein unerlässlich. Der Verlust kann den Arbeitsplatz gefährden.
* **Soziales Stigma:** Eine MPU oder ein Führerscheinentzug sind oft mit einem sozialen Stigma verbunden.

**Wie können Sie dies vermeiden?**

Die Antwort ist einfach: **Trinken Sie keinen Alkohol, wenn Sie vorhaben, einen E-Scooter zu benutzen.**
Planen Sie im Voraus:
* Wenn Sie wissen, dass Sie Alkohol trinken werden, lassen Sie den E-Scooter zu Hause.
* Nutzen Sie öffentliche Verkehrsmittel, ein Taxi oder einen Fahrdienst.
* Haben Sie einen nüchternen Freund dabei, der den E-Scooter fährt oder Sie begleitet.
* Denken Sie daran: Ein E-Scooter ist kein Freifahrtschein für Alkohol im Straßenverkehr.

### Fazit: Der unterschätzte E-Scooter als Teurer Fehler

Ein E-Scooter mag sich leicht und unbeschwert anfühlen, doch rechtlich ist er ein vollwertiges Kraftfahrzeug mit allen dazugehörigen Pflichten und Risiken. Die Verlockung, nach einem Feierabendbierchen oder einer Party schnell mit dem E-Scooter nach Hause zu fahren, kann zu einem der teuersten Fehler Ihres Lebens werden. Schon das bloße Anmachen eines E-Scooters unter Alkoholeinfluss kann dazu führen, dass Sie Ihren Führerschein verlieren, horrende Geldstrafen zahlen müssen und sich einer aufwendigen MPU unterziehen müssen.

Die Konsequenzen sind nicht nur finanziell gravierend, sondern greifen tief in Ihr Berufs- und Privatleben ein. Seien Sie sich dieser Verantwortung bewusst. Planen Sie immer eine alkoholfreie Alternative für Ihren Heimweg ein. Ihre Sicherheit und die Sicherheit anderer Verkehrsteilnehmer sind es wert, diesen scheinbar kleinen, aber potenziell verheerenden Fehler zu vermeiden.