Die Vorstellung, mit einem Katamaran die Weiten der Ozeane zu erkunden, ferne Ankerplätze anzulaufen und dabei nicht auf den Komfort eines gut gefüllten Kühlschranks – oder besser gesagt, einer gut gefüllten Tiefkühltruhe – verzichten zu müssen, ist für viele Segler der Inbegriff von Luxus auf See. Doch während ein einzelnes Kühlgerät mittlerweile zum Standard gehört, stellt sich die Frage: Ist es überhaupt möglich und sinnvoll, gleich zwei Tiefkühltruhen in einem Katamaran zu installieren? Diese Frage führt uns tief in die Bereiche der Bordstromversorgung, des Raummanagements und der Lebensqualität auf Langfahrt.
Warum zwei Tiefkühltruhen auf See? Der Traum von Autarkie und Komfort
Für viele mag eine zweite Tiefkühltruhe an Bord eines Schiffes wie übertriebener Luxus erscheinen. Doch für Eigner, die von längeren Törns, einer Langfahrt oder sogar dem Leben an Bord träumen, bietet sie entscheidende Vorteile, die weit über das reine „Mehr” hinausgehen:
- Verlängerte Autarkie: Mit ausreichend Gefrierkapazität lassen sich Vorräte für Wochen oder Monate bunkern. Dies ist entscheidend, wenn man entlegene Gebiete bereist, in denen die Einkaufsmöglichkeiten begrenzt oder teuer sind. Man ist unabhängiger von Supermärkten und lokalen Märkten.
- Frische und Vielfalt: Fleisch, Fisch, Gemüse, Brot, Fertiggerichte oder sogar Eiswürfel – eine große Gefrierkapazität ermöglicht eine abwechslungsreiche und gesunde Ernährung an Bord, ohne ständig frisch einkaufen zu müssen. Gourmets können sich auch auf See kulinarisch austoben.
- Spezielle Ernährungsbedürfnisse: Für Menschen mit speziellen Diäten oder Allergien kann das Mitführen eigener, sicher gelagerter Lebensmittel entscheidend sein.
- Sicherheit und Notfallvorsorge: Ausreichende Vorräte geben ein Gefühl der Sicherheit, besonders wenn unvorhergesehene Umstände eine längere Zeit auf See erfordern.
- Flexibilität: Eine separate Tiefkühltruhe kann auch als zusätzliche Kühlbox verwendet werden, wenn beispielsweise größere Mengen Getränke für Gäste gekühlt werden müssen oder ein Fest ansteht.
Kurz gesagt, zwei Tiefkühltruhen bedeuten ein erhebliches Plus an Unabhängigkeit, Komfort und Lebensqualität – die Essenz dessen, was man unter Luxus auf See versteht.
Die Machbarkeit: Mehr als nur Platz finden
Die erste Hürde, die bei der Überlegung, zwei Tiefkühltruhen zu installieren, in den Sinn kommt, ist der Platz. Katamarane bieten hier gegenüber Monohulls einen klaren Vorteil: Sie haben in der Regel deutlich mehr nutzbaren Wohn- und Stauraum. Doch auch auf einem Katamaran ist der Raum begrenzt und muss gut geplant werden. Die weit größere Herausforderung ist jedoch nicht der physische Platz, sondern die Energieversorgung.
Moderne Gefrierschränke sind zwar effizienter als frühere Modelle, aber das Betreiben von zwei Geräten rund um die Uhr erfordert ein robustes und gut durchdachtes Bordstromsystem. Hinzu kommen Faktoren wie das Gewicht der Geräte und ihrer Inhalte, die Abwärme und die Integration in die Schiffsinfrastruktur.
Herausforderung Nr. 1: Der Energiehunger der Tiefkühltruhen
Die größte Hürde beim Einbau von zwei Tiefkühltruhen ist der Energieverbrauch. Ein handelsüblicher Haushalts-Gefrierschrank kann zwischen 100 und 300 Wattstunden pro Tag verbrauchen, je nach Größe, Isolation und Umgebungstemperatur. Multipliziert man dies mit zwei Geräten und rechnet einen gewissen Puffer für Spitzenlasten ein, kommt man schnell auf einen täglichen Bedarf von 500 bis 1000 Wattstunden (Wh) oder mehr, die aus der Batteriebank entnommen werden müssen. Dieser Verbrauch ist zusätzlich zu allen anderen elektrischen Verbrauchern an Bord, wie Navigationsinstrumenten, Beleuchtung, Wasserpumpen und Unterhaltungselektronik.
Um diesen hohen Bedarf zu decken, reicht ein Standard-Bordnetz mit Blei-Säure-Batterien und einer kleinen Solaranlage in der Regel nicht aus. Es erfordert eine grundlegende Überarbeitung oder eine von vornherein großzügig dimensionierte Energieinfrastruktur.
Lösungen für die Energieversorgung – Das Rückgrat der Autarkie
Die Schlüssel zur erfolgreichen Integration von zwei Tiefkühltruhen liegen in einer intelligenten Kombination verschiedener Energiequellen und -speicher:
- Leistungsstarke Batteriebänke: Moderne Lithium-Eisenphosphat-Batterien (LiFePO4) sind hier die erste Wahl. Sie bieten eine höhere nutzbare Kapazität, sind leichter, kompakter und zyklenfester als herkömmliche Blei-Säure-Batterien. Eine Batteriebank mit 400 Ah bis 800 Ah bei 12V (oder entsprechend bei 24V) ist oft die Basis für solch ein energieintensives System.
- Ergiebige Solaranlagen: Photovoltaik ist auf einem Katamaran ideal, da die breiten Dächer der Aufbauten viel Platz für Solarpanele bieten. Eine Anlage von 800 Watt bis 1500 Watt oder mehr, idealerweise mit hocheffizienten monokristallinen Modulen und intelligenten MPPT-Ladereglern, kann einen Großteil des Tagesbedarfs decken, besonders in sonnigen Revieren.
- Windgeneratoren: Als Ergänzung zu Solaranlagen sind Windgeneratoren nützlich, insbesondere bei Nacht oder an bewölkten, windigen Tagen, wenn Solarenergie nicht verfügbar ist. Sie liefern jedoch nicht kontinuierlich hohe Leistungen.
- Hydrogeneratoren: Für Segler, die lange Passagen unter Segel zurücklegen, kann ein Hydrogenerator eine ausgezeichnete Quelle für kontinuierliche Ladung sein. Er erzeugt Strom aus der Bewegung des Schiffes durchs Wasser.
- Leistungsstarke Lichtmaschinen/Generatoren: Die Lichtmaschinen der Hauptmotoren sollten über intelligente Laderegler (z.B. extern geregelte Hochleistungslichtmaschinen) verfügen, um die Batteriebänke effizient während der Motorlaufzeiten zu laden.
- Dedizierter Stromgenerator: Für den ultimativen Komfort und die Sicherstellung der Energieversorgung bei längeren Schlechtwetterperioden oder hohem Verbrauch ist ein Bordstromgenerator (Dieselgenerator) oft unerlässlich. Er kann die Batterien schnell laden und gleichzeitig andere Verbraucher wie einen Wasserkocher oder eine Klimaanlage versorgen. Die Geräuschentwicklung und der Treibstoffverbrauch sind dabei die Nachteile.
- Hocheffiziente Geräte: Die Wahl der Tiefkühltruhen selbst ist entscheidend. Marine-spezifische 12V/24V-Gefriergeräte mit Danfoss/Secop-Kompressoren und exzellenter Isolation sind deutlich effizienter als Standard-Haushaltsgeräte und sollten bevorzugt werden. Toplader sind in der Regel energieeffizienter als Frontlader, da die kalte Luft beim Öffnen weniger leicht entweicht.
Herausforderung Nr. 2: Platz und Platzierung
Katamarane bieten, wie erwähnt, mehr Raum als Einrumpfboote. Dennoch muss der Platz für zwei Tiefkühltruhen strategisch gewählt werden. Typische Orte könnten sein:
- Unter Sitzbänken oder Kojen: Viele Katamarane haben Hohlräume unter den Sitzbänken im Salon oder in den Kabinen, die sich für den Einbau eignen. Eine gute Belüftung des Kompressorabteils ist hier jedoch entscheidend.
- In einem der Rümpfe: Ein separater Technikraum oder ein größerer Stauraum in einem der Rümpfe kann ideal sein, um die Geräte unterzubringen und sie von den Wohnbereichen zu entkoppeln.
- Im Cockpit-Stauraum: Einige Katamarane bieten im Cockpit geräumige Stauräume, die sich für den Einbau eignen. Hier ist auf Wasserdichtigkeit und gute Belüftung zu achten.
- Sonderanfertigungen: Für den ultimativen Luxus können Gefrierfächer maßgeschneidert in die Möbel integriert werden, was eine optimale Raumnutzung und Ästhetik ermöglicht.
Wichtig ist, dass die Geräte gut zugänglich sind, ausreichend belüftet werden können und nicht die Laufwege oder die Ergonomie des Schiffes beeinträchtigen. Das Gewicht der Geräte und der Lebensmittel sollte zudem so verteilt werden, dass es die Trimmung und die Segeleigenschaften des Katamarans nicht negativ beeinflusst.
Herausforderung Nr. 3: Gewicht, Stabilität und Leistung
Zwei Tiefkühltruhen, gefüllt mit Lebensmitteln, können ein erhebliches Gewicht darstellen – leicht über 100 kg, je nach Größe und Inhalt. Dieses Gewicht muss berücksichtigt werden. Katamarane sind von Natur aus sehr stabil, aber jedes zusätzliche Gewicht, insbesondere wenn es ungünstig platziert ist (z.B. hoch oder weit außen), kann die Leistung und das Seeverhalten beeinflussen. Es ist ratsam, die Geräte möglichst mittig und tief im Schiff zu platzieren, um den Schwerpunkt niedrig zu halten und die Trimmung nicht zu beeinträchtigen.
Herausforderung Nr. 4: Wärme und Belüftung
Jede Tiefkühltruhe erzeugt Abwärme, die vom Kompressor und Kondensator abgegeben wird. Wird diese Wärme nicht effektiv abgeführt, kann sie zu einem Aufheizen des Innenraums führen und die Effizienz der Geräte mindern. Eine gute Belüftung der Kompressorabteile ist daher unerlässlich. Idealerweise sollte die warme Luft nach außen abgeführt werden, besonders in tropischen Klimazonen. Dies kann durch Lüftungsschlitze, Ventilatoren oder ein Kanalsystem realisiert werden.
Die Auswahl der richtigen Tiefkühltruhen
Die Entscheidung für das richtige Gerät ist nicht trivial. Hier einige Überlegungen:
- Marine-Spezifikationen: Geräte, die speziell für den Einsatz auf See konzipiert sind, sind oft robuster, korrosionsbeständiger und energieeffizienter.
- Spannung: DC-Geräte (12V/24V) sind oft die effizientere Wahl, da sie direkt von der Batteriebank gespeist werden können, ohne den Umweg über einen Inverter, der immer mit Verlusten verbunden ist. Wenn jedoch bereits ein leistungsstarker Wechselrichter und ein AC-Netz vorhanden sind, können auch hocheffiziente 230V-Haushaltsgeräte in Betracht gezogen werden, die dann nur laufen, wenn der Inverter aktiv ist (z.B. während Motorlaufzeiten oder Generatorbetrieb).
- Typ: Toplader (Kühltruhen) sind in der Regel effizienter als Frontlader (Kühlschränke mit Gefrierfach), da beim Öffnen weniger kalte Luft entweicht. Für den Einbau können auch nur die Kühlplatten und der Kompressor gekauft und in einen maßgeschneiderten, super-isolierten Kasten installiert werden.
- Isolation: Je besser die Isolation der Gefrierbox, desto weniger oft muss der Kompressor anspringen und desto geringer ist der Energieverbrauch.
Kostenbetrachtung: Ein Luxus, der seinen Preis hat
Der Einbau von zwei Tiefkühltruhen in einen Katamaran ist eine Investition, die über die reinen Anschaffungskosten der Geräte hinausgeht. Man muss mit zusätzlichen Kosten rechnen für:
- Geräte: Hocheffiziente Marine-Gefriergeräte sind teurer als Haushaltsmodelle.
- Energieinfrastruktur: Die größte Investition dürften die Lithium-Batterien, die Solaranlage, gegebenenfalls ein Generator und die notwendigen Laderegler und Inverter sein.
- Installation: Professionelle Installation durch einen Yachtelektriker ist dringend empfohlen, um Sicherheit und Effizienz zu gewährleisten.
- Wartung: Die komplexere Anlage erfordert regelmäßige Wartung und Überwachung.
Dieser Luxus auf See ist also nicht nur eine Frage des „Ob”, sondern auch des „Wie” und des „Wieviel”. Es ist eine Investition in Komfort und Unabhängigkeit, die gut überlegt und geplant sein will.
Fazit: Ein realisierbarer Traum mit Planung und Investition
Ja, es ist absolut möglich, zwei Tiefkühltruhen in einen Katamaran einzubauen und zu betreiben. Es ist keine Utopie, sondern ein realisierbarer Traum für alle, die das höchste Maß an Komfort und Autarkie auf ihren Segelabenteuern suchen. Allerdings erfordert dieses Vorhaben eine sorgfältige Planung, erhebliche Investitionen in eine leistungsstarke Energieinfrastruktur und die Bereitschaft, sich mit den technischen Details auseinanderzusetzen.
Ein gut geplantes System mit ausreichend dimensionierten Solaranlagen, einer modernen Lithium-Batteriebank und effizienten Gefriergeräten kann den Traum von unbegrenzten Vorräten an Bord wahr werden lassen. Der Lohn ist eine neue Dimension der Freiheit und des Luxus auf See, die es ermöglicht, abgelegene Destinationen länger zu erkunden, ohne auf die Annehmlichkeiten des Zuhauses verzichten zu müssen. Wer diese Investition tätigt, wird mit einer unvergleichlichen Unabhängigkeit belohnt, die jede Langfahrt zu einem noch größeren Genuss macht.