Eine Leibesvisitation oder Personendurchsuchung kann eine unangenehme und oft auch beunruhigende Erfahrung sein. Ob im Rahmen einer Polizeikontrolle oder bei der Sicherheitsüberprüfung am Flughafen – die Vorstellung, von Fremden durchsucht zu werden, ist für viele Menschen mit Unsicherheit verbunden. Doch gerade in solchen Situationen ist es entscheidend, Ihre Rechte zu kennen. Dieses Wissen schützt Sie vor unangemessenen Maßnahmen und hilft Ihnen, ruhig und besonnen zu reagieren. Dieser Artikel beleuchtet detailliert, was eine Leibesvisitation ist, welche Rechte Sie bei Kontrollen durch die Polizei und am Flughafen haben und wie Sie sich im Ernstfall verhalten sollten.
Was ist eine Leibesvisitation? Definition und Abgrenzung
Der Begriff Leibesvisitation ist in der Rechtssprache nicht eindeutig definiert und wird oft synonym mit „Personendurchsuchung” oder „körperlicher Durchsuchung” verwendet. Grundsätzlich handelt es sich um eine Maßnahme, bei der die Kleidung und der Körper einer Person auf Gegenstände oder Spuren untersucht werden, die für ein bestimmtes Verfahren relevant sein könnten. Es ist wichtig, zwei Hauptformen zu unterscheiden, die auch unterschiedliche rechtliche Anforderungen haben:
1. Die Durchsuchung der Person (umgangssprachlich: Frisking): Hierbei geht es um die Suche nach Gegenständen, die eine Person an sich trägt (z.B. in der Kleidung, in Taschen, an Gürteln). Dies umfasst das Abtasten der Kleidung und die Durchsuchung mitgeführter Behältnisse. Sie ist die häufigste Form der Personenkontrolle.
2. Die körperliche Untersuchung (intime Durchsuchung): Diese Form ist wesentlich invasiver und greift tiefer in die körperliche Unversehrtheit ein. Sie umfasst die Untersuchung des Körpers, etwa durch eine ärztliche Untersuchung, Blutentnahmen, Röntgenaufnahmen oder die Untersuchung von Körperöffnungen. Diese Art der Untersuchung unterliegt strengsten gesetzlichen Vorgaben.
Die rechtliche Grundlage für eine Leibesvisitation variiert stark, je nachdem, ob sie von der Polizei im Rahmen der Strafverfolgung oder Gefahrenabwehr oder von der Luftsicherheit am Flughafen durchgeführt wird.
Leibesvisitation durch die Polizei: Was Sie wissen müssen
Die Polizei hat weitreichende Befugnisse, um die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu gewährleisten und Straftaten aufzuklären. Diese Befugnisse sind jedoch nicht grenzenlos und müssen sich an die Grundrechte der Bürger halten.
Rechtsgrundlagen und Voraussetzungen
Die Befugnis der Polizei zur Durchsuchung einer Person ergibt sich aus verschiedenen Gesetzen:
* Strafprozessordnung (StPO): Insbesondere § 102 StPO ermöglicht die Durchsuchung der Person bei Personen, die einer Straftat verdächtig sind, um Beweismittel zu finden oder die Person festzunehmen. Eine richterliche Anordnung ist der Regelfall, bei „Gefahr im Verzug” (d.h., es besteht die konkrete Gefahr, dass ein Beweismittel vernichtet wird, wenn man die richterliche Anordnung abwartet) darf die Staatsanwaltschaft oder ihre Ermittlungspersonen (Polizei) die Durchsuchung auch ohne richterliche Anordnung durchführen.
* Polizeigesetze der Länder (z.B. PolG NRW, PAG Bayern) und Bundespolizeigesetz (BPolG): Diese Gesetze regeln die Befugnisse der Polizei zur Gefahrenabwehr. Eine Personendurchsuchung kann hierbei erlaubt sein, wenn die Person Waffen oder gefährliche Gegenstände mit sich führen könnte, die für einen Angriff oder eine Flucht genutzt werden könnten, oder wenn die Person zur Feststellung ihrer Identität durchsucht werden muss.
Wichtig ist: Eine Durchsuchung muss immer verhältnismäßig sein und darf nur durchgeführt werden, wenn es einen konkreten Anlass oder Verdacht gibt. Eine allgemeine präventive Durchsuchung ohne Anlass ist unzulässig.
Ablauf einer Personendurchsuchung (Frisking)
Wenn die Polizei eine Person durchsuchen möchte, geschieht dies in der Regel wie folgt:
1. **Begründung**: Die Beamten sollten Ihnen den Grund für die Durchsuchung nennen. Fragen Sie aktiv danach, falls dies nicht geschieht.
2. **Aufforderung**: Sie werden aufgefordert, Taschen, Rucksäcke oder andere mitgeführte Gegenstände selbst zu öffnen und deren Inhalt zu zeigen. Auch das Leeren der Hosentaschen wird verlangt.
3. **Abtasten**: Die Beamten tasten Ihre Kleidung von außen ab, um nach Gegenständen zu suchen. Dies geschieht systematisch von oben nach unten.
4. **Diskreter Ort**: Die Durchsuchung sollte möglichst an einem diskreten Ort stattfinden, fernab der öffentlichen Blicke, um Ihre Privatsphäre zu schützen.
Die „körperliche Untersuchung” (intime Durchsuchung)
Diese Art der Untersuchung, die tiefer in die Intimsphäre eingreift (z.B. das Entkleiden oder die Untersuchung von Körperöffnungen), ist an noch strengere Voraussetzungen gebunden:
* Sie bedarf in der Regel einer richterlichen Anordnung.
* Sie darf nur von einer Person des gleichen Geschlechts vorgenommen werden.
* Häufig ist die Hinzuziehung eines Arztes erforderlich, insbesondere bei invasiven Eingriffen.
* Es muss ein sehr dringender und schwerwiegender Verdacht bestehen, der eine solche Maßnahme rechtfertigt.
Ihre Rechte bei der Polizeikontrolle
Das Wissen um Ihre Rechte ist Ihr stärkster Schutz:
* Recht auf Auskunft über den Grund: Fragen Sie stets nach dem genauen Grund der Durchsuchung und auf welcher Rechtsgrundlage diese erfolgt. Besteht ein Verdacht, worauf beruht dieser?
* Recht auf Gleichgeschlechtlichkeit: Eine Personendurchsuchung muss grundsätzlich von einer Person des gleichen Geschlechts durchgeführt werden. Dies gilt insbesondere für intimere Bereiche.
* Recht auf Diskretion: Die Durchsuchung sollte nicht öffentlich stattfinden. Bitten Sie darum, dass diese an einem blickgeschützten Ort durchgeführt wird.
* Recht auf Beiziehung eines Zeugen/Anwalts: Besteht der Verdacht auf eine Straftat und die Durchsuchung dient der Beweismittelgewinnung, haben Sie das Recht, einen Zeugen oder Ihren Anwalt hinzuzuziehen. In dringenden Fällen kann die Durchsuchung jedoch auch ohne Wartezeit erfolgen. Machen Sie in jedem Fall deutlich, dass Sie einen Anwalt wünschen, bevor Sie Aussagen machen.
* Verhaltensregeln: Bleiben Sie ruhig und kooperativ, aber bestimmen Sie Ihre Rechte. Leisten Sie keinen Widerstand, da dies strafbar sein kann. Machen Sie aber deutlich, wenn Sie eine Maßnahme für unzulässig halten. Sie können Widerspruch einlegen und später rechtliche Schritte prüfen.
* Was tun bei Rechtsverletzung?: Notieren Sie sich Namen der Beamten (Dienstausweis verlangen), Uhrzeit, Ort und Details der Durchsuchung. Suchen Sie bei Zweifeln über die Rechtmäßigkeit der Maßnahme umgehend rechtlichen Beistand (Anwalt) auf. Eine Beschwerde bei der Polizeidienststelle oder Staatsanwaltschaft ist möglich.
Leibesvisitation am Flughafen: Sicherheit trifft Reiserecht
Die Kontrollen am Flughafen dienen der Sicherstellung der Luftsicherheit und sind präventiver Natur. Hier gelten andere Regeln als bei der Polizei, da kein konkreter Verdacht gegen eine Einzelperson vorliegen muss.
Rechtsgrundlagen und Zweck
Die Befugnisse der Luftsicherheitskräfte basieren primär auf dem Luftsicherheitsgesetz (LuftSiG) und den entsprechenden EU-Verordnungen (z.B. EU-VO 2015/1998). Der Zweck ist hier, die Sicherheit des Luftverkehrs zu gewährleisten, indem verhindert wird, dass verbotene Gegenstände (Waffen, Sprengstoffe etc.) in Flugzeuge gelangen.
Am Flughafen unterliegen Sie der Kontrolle, sobald Sie den Sicherheitsbereich betreten. Diese Kontrolle ist Teil des Beförderungsvertrags und somit obligatorisch, wenn Sie fliegen möchten.
Ablauf der Personenkontrolle
Die Personenkontrolle am Flughafen hat sich in den letzten Jahren stark weiterentwickelt:
1. Metalldetektor / Körperscanner: Zuerst durchlaufen Sie in der Regel einen Metalldetektor. Bei einem positiven Signal oder wenn Sie durch den modernen Körperscanner (Body-Scanner) als potenzielles Risiko identifiziert werden, folgt eine Nachkontrolle.
2. Handsuche (Abtasten): Dies ist die häufigste Form der Nachkontrolle. Dabei tasten Luftsicherheitsassistenten Ihre Kleidung und gegebenenfalls Schuhe systematisch ab. Sie werden aufgefordert, Arme und Beine zu spreizen und sich eventuell zu drehen.
3. Gesonderte Nachkontrolle: Wenn die Handsuche nicht ausreicht oder ein konkreter Hinweis auf einen Gegenstand besteht, kann eine vertiefte Kontrolle in einem gesonderten Raum durchgeführt werden. Dies kann auch die Durchsuchung bestimmter Körperbereiche unter der Kleidung umfassen, jedoch ohne vollständiges Entkleiden.
Ihre Rechte am Flughafen
Auch am Flughafen haben Sie Rechte, auch wenn diese im Vergleich zur Polizeikontrolle eingeschränkter sind:
* Recht auf Gleichgeschlechtlichkeit: Eine Personendurchsuchung am Flughafen muss ebenfalls von einer Person des gleichen Geschlechts durchgeführt werden.
* Recht auf eine diskrete Räumlichkeit: Bitten Sie darum, dass die Nachkontrolle in einem separaten Raum und nicht öffentlich stattfindet, wenn dies notwendig wird. Dies gilt insbesondere für intimere Durchsuchungen.
* Kein Recht auf Verweigerung: Anders als bei der Polizei können Sie eine Kontrolle am Flughafen nicht ohne Weiteres verweigern. Eine Verweigerung führt in der Regel dazu, dass Ihnen die Beförderung verweigert wird und Sie nicht fliegen können.
* Kein generelles Recht auf Anwalt/Zeugen: Sie haben am Flughafen in der Regel kein Recht, einen Anwalt oder Zeugen hinzuzuziehen, bevor die Kontrolle durchgeführt wird, da es sich um eine präventive Maßnahme handelt, die schnell erfolgen muss.
* Was tun bei Unangemessenheit?: Sollten Sie das Vorgehen der Luftsicherheitskräfte als unangemessen, diskriminierend oder übergriffig empfinden, bleiben Sie ruhig und kooperativ, aber machen Sie deutlich, dass Sie die Maßnahme beanstanden. Notieren Sie sich den Namen des Sicherheitspersonals (sofern möglich) und die genaue Uhrzeit. Sie können anschließend eine offizielle Beschwerde bei der Bundespolizei (die für die Aufsicht der Luftsicherheit zuständig ist) oder der zuständigen Luftsicherheitsbehörde einreichen.
Unterschiede und Gemeinsamkeiten im Überblick
Zusammenfassend lassen sich die wesentlichen Unterschiede und Gemeinsamkeiten wie folgt darstellen:
| Merkmal | Polizei (Strafverfolgung/Gefahrenabwehr) | Flughafen (Luftsicherheit) |
| :————————- | :————————————————————————– | :————————————————————————————– |
| **Rechtsgrundlage** | StPO, Landespolizeigesetze, BPolG | LuftSiG, EU-Verordnungen |
| **Zweck** | Aufklärung von Straftaten, Gefahrenabwehr, Feststellung der Identität | Präventive Abwehr von Gefahren für den Luftverkehr |
| **Anlass** | Konkreter Verdacht, Gefahr im Verzug, polizeiliche Anhaltepflicht | Zugang zum Sicherheitsbereich, generelle Sicherheitsüberprüfung |
| **Richterliche Anordnung** | Oft erforderlich (insbesondere bei körperlicher Untersuchung), Ausnahmen bei Gefahr im Verzug | Nicht erforderlich, da präventive Routinekontrolle |
| **Verweigerung** | Grundsätzlich möglich, kann aber zu Konsequenzen führen (z.B. Zwangsmaßnahme) | Führt zur Verweigerung der Beförderung |
| **Gleichgeschlechtlichkeit** | Zwingend erforderlich (insbesondere bei intimen Durchsuchungen) | Zwingend erforderlich |
| **Anspruch auf Zeugen/Anwalt** | Ja, bei Verdacht auf Straftat und im Rahmen der StPO | Nein, in der Regel nicht vorgesehen, da präventive Routinekontrolle |
| **Diskretion** | Sollte gewährleistet sein | Sollte gewährleistet sein, insbesondere in separaten Kontrollräumen |
Fazit
Eine Leibesvisitation ist ein tiefgreifender Eingriff in Ihre Persönlichkeitsrechte. Ob durch die Polizei oder am Flughafen – das Wissen um Ihre Rechte ist Ihr bester Schutz. Bleiben Sie stets ruhig und kooperativ, aber zögern Sie nicht, nach dem Grund der Maßnahme zu fragen und auf Ihre Rechte zu bestehen, insbesondere auf die Gleichgeschlechtlichkeit des Personals und die Diskretion der Durchführung. Sollten Sie das Gefühl haben, dass Ihre Rechte verletzt wurden, dokumentieren Sie den Vorfall sorgfältig und suchen Sie im Nachgang rechtlichen Rat. Ein informierter Bürger ist ein geschützter Bürger.