E-Scooter haben sich in vielen deutschen Städten etabliert – als praktische Alternative für die „letzte Meile“, um Staus zu umfahren oder einfach für eine spaßige Fahrt durch die City. Doch so bequem und umweltfreundlich die kleinen Elektroroller auch sein mögen, birgt ihre Nutzung auch eine nicht zu unterschätzende Bußgeld-Falle: Das Fahren eines E-Scooters ohne gültige Zulassung kann teuer werden und im schlimmsten Fall sogar strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Viele Nutzer, insbesondere private Besitzer oder solche, die einen gebrauchten E-Scooter kaufen möchten, sind sich der rechtlichen Anforderungen oft nicht bewusst. Dieser Artikel soll Ihnen dabei helfen, die wichtigsten Merkmale eines zugelassenen E-Scooters zu erkennen und sich so vor unnötigem Ärger und hohen Strafen zu schützen.
Die rechtliche Grundlage für E-Scooter in Deutschland bildet die Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung (EkFV), die seit Juni 2019 in Kraft ist. Diese Verordnung definiert genau, welche technischen Voraussetzungen ein E-Scooter erfüllen muss, um am öffentlichen Straßenverkehr teilnehmen zu dürfen. Ein Verstoß gegen diese Vorschriften wird nicht nur mit Bußgeldern geahndet, sondern kann auch dazu führen, dass Ihr Versicherungsschutz erlischt – eine existenzbedrohende Situation im Falle eines Unfalls.
Warum ist die Zulassung so entscheidend?
Die sogenannte „Zulassung“ für E-Scooter ist etwas anders als bei Autos oder Motorrädern. Es handelt sich hierbei nicht um eine einzelne Registrierung, sondern um zwei zentrale Säulen: die Allgemeine Betriebserlaubnis (ABE) für das Modell an sich und das jährliche Versicherungskennzeichen. Beide sind unerlässlich für die legale Nutzung. Hier die wichtigsten Gründe, warum Sie darauf achten müssen:
- Rechtliche Konformität: Nur mit einer gültigen ABE und einem Versicherungskennzeichen dürfen Sie den E-Scooter überhaupt im öffentlichen Straßenverkehr nutzen. Alles andere ist illegal.
- Versicherungsschutz: Ohne ein gültiges Versicherungskennzeichen verfügen Sie über keinerlei Haftpflichtversicherung. Verursachen Sie einen Unfall, müssen Sie alle entstandenen Personen- und Sachschäden aus eigener Tasche bezahlen. Das kann in die Millionen gehen und Ihre finanzielle Existenz ruinieren.
- Sicherheit: E-Scooter mit ABE müssen bestimmte Sicherheitsstandards erfüllen. Dazu gehören verlässliche Bremsen, eine funktionierende Beleuchtung und eine stabile Bauweise. Fahren Sie ein nicht zugelassenes Modell, riskieren Sie nicht nur Bußgelder, sondern auch Ihre eigene Sicherheit und die anderer Verkehrsteilnehmer.
- Vermeidung von Bußgeldern und Strafen: Die Konsequenzen des Fahrens ohne Zulassung sind drastisch. Das bloße Fahren ohne Versicherungsschutz ist in Deutschland sogar eine Straftat.
Die offensichtlichsten Merkmale eines zugelassenen E-Scooters
Glücklicherweise gibt es einige klare Indikatoren, an denen Sie auf den ersten Blick erkennen können, ob ein E-Scooter in Deutschland zugelassen ist. Achten Sie auf diese Punkte, bevor Sie losfahren oder einen Kauf tätigen:
1. Die Versicherungsplakette (oder das „Moped-Kennzeichen“)
Dies ist der wohl wichtigste und sichtbarste Hinweis. Jeder E-Scooter, der am öffentlichen Straßenverkehr teilnimmt, muss über eine gültige Versicherungsplakette verfügen. Diese kleine, selbstklebende Plakette wird von Ihrer Versicherung ausgegeben und muss gut sichtbar am hinteren Schutzblech des E-Scooters angebracht sein. Die Farbe der Plakette wechselt jedes Jahr (aktuell in diesem Jahr Grün, im nächsten Jahr Blau, dann Schwarz), um zu signalisieren, ob der Versicherungsschutz noch aktiv ist. Ist keine Plakette vorhanden oder ist sie abgelaufen, ist die Fahrt illegal.
- Wo finden Sie sie? In der Regel auf der Rückseite des hinteren Schutzblechs.
- Was sagt sie aus? Sie bestätigt, dass für den E-Scooter eine Haftpflichtversicherung besteht.
- Farbe beachten: Die Farbe wechselt jährlich (z.B. Grün für 2024, Blau für 2025, Schwarz für 2026).
2. Die Allgemeine Betriebserlaubnis (ABE)
Jedes Modell eines E-Scooters, das in Deutschland verkauft und im Straßenverkehr genutzt werden darf, benötigt eine Allgemeine Betriebserlaubnis (ABE) des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA). Diese bescheinigt, dass der Scooter alle technischen und rechtlichen Anforderungen der EkFV erfüllt. Die ABE wird dem Käufer in der Regel in Form eines kleinen Dokumentes oder einer Karte beim Kauf ausgehändigt. Sie müssen dieses Dokument (oder eine Kopie davon) immer bei sich führen, wenn Sie den E-Scooter nutzen. Polizeibeamte sind berechtigt, die ABE zu kontrollieren.
- Was ist die ABE? Ein offizielles Dokument, das die Konformität des E-Scooter-Modells mit den deutschen Vorschriften bestätigt.
- Wo finden Sie die ABE-Nummer am Scooter? Oft ist die ABE-Nummer (eine Kombination aus Buchstaben und Zahlen) auf einem Typenschild oder einem Aufkleber am Rahmen des Scooters zu finden, oft in der Nähe der Lenkstange oder auf der Unterseite des Trittbretts.
- Wichtig: Beim Kauf müssen Sie die ABE vom Händler erhalten. Geht sie verloren, können Sie eine Zweitschrift beim Hersteller beantragen.
Technische Merkmale, die auf eine Zulassung hindeuten
Neben den sofort sichtbaren Kennzeichen gibt es eine Reihe von technischen Spezifikationen, die ein E-Scooter erfüllen muss, um eine ABE zu erhalten. Diese Merkmale sind zwar nicht immer sofort erkennbar, aber sie sind fester Bestandteil der Zulassung:
3. Bauartbedingte Höchstgeschwindigkeit
Ein E-Scooter im Sinne der EkFV darf eine bauartbedingte Höchstgeschwindigkeit von maximal 20 km/h erreichen. Modelle, die schneller fahren können (z.B. 25 km/h oder mehr), fallen nicht unter die EkFV und sind somit in Deutschland als E-Scooter im öffentlichen Straßenverkehr nicht zugelassen. Sie würden unter andere Fahrzeugklassen fallen und beispielsweise eine Moped-Zulassung, einen Führerschein und einen Helm erfordern. Modelle, die langsamer als 6 km/h fahren, gelten wiederum nicht als Elektrokleinstfahrzeuge und haben andere Regeln (z.B. keine Versicherungspflicht, aber auch andere Nutzungsbereiche).
4. Bremsen
Der E-Scooter muss über zwei voneinander unabhängige Bremsen verfügen, die jeweils auf unterschiedliche Räder wirken. Diese Bremsen müssen ausreichend dimensioniert sein, um das Fahrzeug sicher zum Stillstand zu bringen.
5. Licht und Beleuchtung
Ein zugelassener E-Scooter benötigt eine ordnungsgemäße Beleuchtung. Dazu gehören:
- Ein weißer Frontscheinwerfer
- Ein rotes Rücklicht
- Reflektoren: weiße vorne, rote hinten, gelbe an den Seiten (oft in den Reifen integriert oder als Streifen am Rahmen).
Die Beleuchtung muss fest angebracht oder abnehmbar sein, aber bei Dunkelheit oder schlechten Sichtverhältnissen stets verwendet werden. Achten Sie auf Prüfzeichen wie die „K-Nummer” oder das „ECE-Prüfzeichen” auf den Leuchten.
6. Klingel
Eine Klingel ist Pflicht. Sie muss fest montiert und ausreichend laut sein, um andere Verkehrsteilnehmer warnen zu können.
7. Reifen
Die Reifen müssen einen ordnungsgemäßen Zustand aufweisen und dürfen keine Beschädigungen haben. Ein Mindestprofil ist zwar nicht explizit vorgeschrieben wie bei Autos, aber stark abgefahrene Reifen beeinträchtigen die Sicherheit und können bei einer Kontrolle bemängelt werden.
8. Lenkstange
Die Lenkstange muss eine Mindesthöhe von 50 cm über der Fahrbahn haben, um eine sichere Führung des Fahrzeugs zu gewährleisten.
9. Typenschild und Seriennummer
Jeder zugelassene E-Scooter trägt ein Typenschild, auf dem der Hersteller, das Modell, die Seriennummer und oft auch die ABE-Nummer vermerkt sind. Dieses Schild ist meist fest am Rahmen angebracht und dient der eindeutigen Identifikation des Fahrzeugs.
Besondere Vorsicht beim Kauf und bei Miet-Scootern
Miet-E-Scooter:
Bei den E-Scootern der bekannten Sharing-Anbieter (wie Lime, Tier, Voi etc.) können Sie in der Regel davon ausgehen, dass diese über eine gültige ABE und ein Versicherungskennzeichen verfügen. Die Anbieter sind gesetzlich dazu verpflichtet, dies sicherzustellen. Trotzdem schadet es nicht, kurz einen Blick auf die Rückseite des Scooters zu werfen, um sich von der Existenz der aktuellen Versicherungsplakette zu überzeugen.
Kauf eines E-Scooters (neu oder gebraucht):
Hier ist besondere Aufmerksamkeit geboten, um die Bußgeld-Falle zu umgehen:
- Neukauf im Fachhandel: Kaufen Sie am besten bei einem seriösen Händler. Diese verkaufen in der Regel nur Modelle, die über eine deutsche ABE verfügen. Bestehen Sie darauf, die ABE-Bescheinigung beim Kauf ausgehändigt zu bekommen.
- Online-Kauf: Seien Sie vorsichtig bei Angeboten auf ausländischen Plattformen oder von unbekannten Händlern, die mit „Top-Speed“ oder „Offroad-Funktionen“ werben. Oftmals haben diese Modelle keine deutsche ABE und dürfen hierzulande nicht auf der Straße gefahren werden. Achten Sie explizit auf den Hinweis „Mit Straßenzulassung für Deutschland“ oder „Inklusive ABE“.
- Gebrauchtkauf: Dies ist das größte Risiko. Fragen Sie unbedingt nach der Original-ABE oder einer Zweitschrift. Prüfen Sie die am Scooter angebrachte ABE-Nummer und vergleichen Sie sie mit dem Dokument. Seien Sie misstrauisch, wenn der Verkäufer keine ABE vorlegen kann oder vage Angaben macht. Ohne ABE ist der Roller wertlos für den Straßenverkehr! Vergewissern Sie sich auch, dass ein Versicherungskennzeichen montiert werden kann (d.h. eine Halterung für die Plakette ist vorhanden).
Die Konsequenzen: Was passiert, wenn ich ohne Zulassung fahre?
Die Risiken, einen nicht zugelassenen E-Scooter zu fahren, sind beträchtlich und sollten nicht auf die leichte Schulter genommen werden:
- Fahren ohne Allgemeine Betriebserlaubnis (ABE): Ein Verstoß gegen die Bauartvorschriften der EkFV wird mit einem Bußgeld von bis zu 70 Euro geahndet.
- Fahren ohne Versicherungsschutz: Dies ist der gravierendste Punkt. Gemäß § 6 des Pflichtversicherungsgesetzes (PflVG) ist das Fahren eines zulassungspflichtigen Fahrzeugs ohne gültigen Versicherungsschutz eine Straftat. Die Konsequenzen können eine Geldstrafe oder sogar eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr sein. Hinzu kommen zwei Punkte im Fahreignungsregister in Flensburg.
- Fahren ohne Versicherungskennzeichen: Obwohl es oft eine Folge des fehlenden Versicherungsschutzes ist, kann das bloße Fahren ohne angebrachtes Kennzeichen (auch wenn eine Versicherung besteht) ein Bußgeld von 40 Euro nach sich ziehen.
- Fahren mit manipuliertem E-Scooter: Wer einen E-Scooter so manipuliert, dass er schneller als 20 km/h fährt (sogenanntes „Tuning“), verliert die ABE und den Versicherungsschutz. Dies kann ebenfalls als Fahren ohne Fahrerlaubnis (wenn über 20 km/h eine andere Führerscheinklasse erforderlich wäre) und ohne Versicherungsschutz gewertet werden – beides sind Straftaten.
- Unfall und Haftung: Bei einem Unfall mit einem nicht zugelassenen E-Scooter müssen Sie alle Schäden selbst tragen. Ihre private Haftpflichtversicherung greift hier in der Regel nicht, da sie nur für Schäden aufkommt, die nicht durch den Betrieb eines zulassungspflichtigen Fahrzeugs entstehen. Die Kosten für Personenschäden können schnell in die Millionen gehen.
Fazit: Auf Nummer sicher gehen
Die Welt der E-Scooter bietet eine hervorragende Möglichkeit zur Fortbewegung, doch die regulatorischen Rahmenbedingungen sind klar definiert. Um die Bußgeld-Falle zu vermeiden und stets sicher und legal unterwegs zu sein, sollten Sie die hier genannten Prüfpunkte stets im Auge behalten. Die Versicherungsplakette und die Allgemeine Betriebserlaubnis (ABE) sind die beiden wichtigsten Dokumente und Merkmale, die auf eine gültige Zulassung hinweisen. Verlassen Sie sich nicht auf Vermutungen, sondern überprüfen Sie die Fakten. Nehmen Sie sich die Zeit, die Merkmale zu kontrollieren, bevor Sie einen E-Scooter kaufen oder nutzen. So können Sie die Fahrt unbeschwert genießen und sich auf das Wesentliche konzentrieren: eine sichere und legale Fahrt durch den Verkehr.
Im Zweifelsfall ist es immer ratsamer, sich an den Hersteller oder das Kraftfahrt-Bundesamt zu wenden, um Informationen über die ABE eines spezifischen Modells zu erhalten. Nur wer informiert ist, kann verantwortungsvoll und gesetzeskonform am Straßenverkehr teilnehmen und unliebsame Überraschungen vermeiden. Fahren Sie sicher – und vor allem: fahren Sie legal!