Bußgeld, Punkte oder Fahrverbot? Was Ihnen bei genau dieser Überschreitung tatsächlich droht

Im deutschen Straßenverkehr gibt es klare Regeln, die für die Sicherheit aller Teilnehmer sorgen sollen. Werden diese Regeln missachtet, drohen Konsequenzen. Doch welche genau? Viele Autofahrer fragen sich: Bekomme ich nur ein Bußgeld, einen Punkt in Flensburg oder gar ein Fahrverbot? Die Antwort ist komplex und hängt stark von der Art und Schwere des Vergehens ab. In diesem umfassenden Artikel beleuchten wir detailliert, was Ihnen bei verschiedenen Verkehrsüberschreitungen tatsächlich droht und wie das System in Deutschland funktioniert.

Die Säulen des deutschen Verkehrsrechts: Bußgeld, Punkte, Fahrverbot

Das deutsche System zur Ahndung von Verkehrsverstößen basiert auf drei Kernkomponenten, die je nach Schwere des Verstoßes einzeln oder in Kombination angewendet werden:

1. Das Bußgeld – Der Griff ins Portemonnaie

Das Bußgeld ist die häufigste Sanktion bei Verkehrsverstößen. Es handelt sich um eine Geldbuße, die für Ordnungswidrigkeiten verhängt wird. Die Höhe des Bußgeldes ist im sogenannten Bußgeldkatalog festgelegt und variiert je nach Art und Schwere der Übertretung. Kleinere Vergehen wie geringfügige Geschwindigkeitsüberschreitungen, falsches Parken oder das Missachten kleinerer Verkehrszeichen werden oft ausschließlich mit einem Bußgeld geahndet. Bei schwereren Verstößen steigt die Höhe des Bußgeldes deutlich an und wird meist durch Punkte oder ein Fahrverbot ergänzt.

2. Punkte in Flensburg – Das Fahreignungsregister im Blick

Punkte, offiziell als „Eintragungen im Fahreignungsregister” bezeichnet, werden bei schwerwiegenderen Verkehrsverstößen vergeben, die die Verkehrssicherheit besonders beeinträchtigen. Das Register wird beim Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) in Flensburg geführt. Das Punktesystem dient dazu, wiederholte oder schwerwiegende Verstöße zu dokumentieren und bei einer bestimmten Punktezahl Konsequenzen zu ziehen:

• 1 Punkt: Bei mittelschweren Ordnungswidrigkeiten (z.B. geringe Geschwindigkeitsüberschreitung mit Gefahr, Handy am Steuer).
• 2 Punkte: Bei schwerwiegenden Ordnungswidrigkeiten mit Fahrverbot oder Straftaten (z.B. Rotlichtverstoß über 1 Sekunde, Fahren unter Alkoholeinfluss).
• 3 Punkte: Bei Straftaten, die zum Entzug der Fahrerlaubnis führen (z.B. Trunkenheit im Verkehr mit über 1,1 Promille).

Die Punkte verjähren nach einer bestimmten Zeit (2,5 bis 10 Jahre, je nach Schwere). Achtung: Das Punktesystem ist kumulativ. Erreicht man bestimmte Punkteschwellen, drohen weitere Maßnahmen:

• 1 bis 3 Punkte: Keine Maßnahme, lediglich Information über den aktuellen Punktestand.
• 4 bis 5 Punkte: Ermahnung und Hinweis auf die Möglichkeit, freiwillig an einem Fahreignungsseminar teilzunehmen, um 1 Punkt abzubauen (nur einmal innerhalb von 5 Jahren möglich).
• 6 bis 7 Punkte: Verwarnung und erneuter Hinweis auf das Fahreignungsseminar (kein Punktabzug mehr möglich).
• 8 Punkte: Entzug der Fahrerlaubnis. Der Führerschein ist weg und muss neu beantragt werden, oft erst nach einer Sperrfrist und gegebenenfalls nach einer positiven medizinisch-psychologischen Untersuchung (MPU).

3. Das Fahrverbot – Eine erzwungene Pause vom Lenkrad

Ein Fahrverbot ist eine zeitlich befristete Untersagung, Kraftfahrzeuge im Straßenverkehr zu führen. Es wird meist für die Dauer von einem bis drei Monaten verhängt und kommt bei besonders schwerwiegenden Ordnungswidrigkeiten oder bei wiederholten Verstößen zum Einsatz. Im Gegensatz zum Entzug der Fahrerlaubnis behält man beim Fahrverbot seinen Führerschein, muss ihn aber für die Dauer des Verbots bei einer Behörde abgeben. Nach Ablauf des Verbots erhält man ihn automatisch zurück.

Besondere Regelung für Ersttäter: Wer innerhalb der letzten zwei Jahre kein Fahrverbot hatte, kann in bestimmten Fällen (z.B. bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung, die ein 1-monatiges Fahrverbot nach sich zieht) den Antritt des Fahrverbots innerhalb einer Frist von vier Monaten selbst bestimmen. Dies ermöglicht es beispielsweise, das Fahrverbot in den Urlaub zu legen.

Was Ihnen bei „genau dieser Überschreitung“ tatsächlich droht: Beispiele aus der Praxis

Nun zu den häufigsten Verkehrsverstößen und ihren konkreten Konsequenzen:

1. Geschwindigkeitsüberschreitungen

Geschwindigkeit ist einer der Hauptgründe für Unfälle. Die Strafen variieren stark je nachdem, ob man innerorts oder außerorts zu schnell war und um wie viele km/h die erlaubte Geschwindigkeit überschritten wurde. Wichtig ist auch der Toleranzabzug, der je nach Messverfahren und Geschwindigkeit 3 km/h (bis 100 km/h) oder 3% (über 100 km/h) beträgt.

• Innerorts (Gefahrenzulage):
• bis 10 km/h zu schnell: 58,50 € Bußgeld.
• 11-15 km/h zu schnell: 78,50 € Bußgeld.
• 16-20 km/h zu schnell: 98,50 € Bußgeld.
• 21-25 km/h zu schnell: 118,50 € Bußgeld, 1 Punkt.
• 26-30 km/h zu schnell: 178,50 € Bußgeld, 1 Punkt.
• 31-40 km/h zu schnell: 238,50 € Bußgeld, 2 Punkte, 1 Monat Fahrverbot (Ersttäter).
• ab 41 km/h zu schnell: Höhere Bußgelder, 2 Punkte, längere Fahrverbote.
• Außerorts:
• bis 10 km/h zu schnell: 48,50 € Bußgeld.
• 11-15 km/h zu schnell: 68,50 € Bußgeld.
• 16-20 km/h zu schnell: 88,50 € Bußgeld.
• 21-25 km/h zu schnell: 108,50 € Bußgeld, 1 Punkt.
• 26-30 km/h zu schnell: 148,50 € Bußgeld, 1 Punkt.
• 31-40 km/h zu schnell: 208,50 € Bußgeld, 1 Punkt.
• 41-50 km/h zu schnell: 328,50 € Bußgeld, 2 Punkte, 1 Monat Fahrverbot.
• ab 61 km/h zu schnell: Höhere Bußgelder, 2 Punkte, längere Fahrverbote.

Wiederholungstäter bei Geschwindigkeitsüberschreitungen (zwei Verstöße von mindestens 26 km/h zu schnell innerhalb eines Jahres) erhalten fast immer ein zusätzliches 1-monatiges Fahrverbot.

2. Rotlichtverstöße

Das Missachten einer roten Ampel ist ein schwerwiegender Verstoß gegen die Verkehrssicherheit:

• Einfacher Rotlichtverstoß: Ampel leuchtete weniger als 1 Sekunde rot. 90 € Bußgeld, 1 Punkt. Bei Gefährdung 200 € Bußgeld, 2 Punkte, 1 Monat Fahrverbot. Bei Sachbeschädigung 240 € Bußgeld, 2 Punkte, 1 Monat Fahrverbot.
• Qualifizierter Rotlichtverstoß: Ampel leuchtete länger als 1 Sekunde rot. Dies wird als besonders gefährlich eingestuft, da der Querverkehr bereits grün haben könnte. 200 € Bußgeld, 2 Punkte, 1 Monat Fahrverbot. Bei Gefährdung 320 € Bußgeld, 2 Punkte, 1 Monat Fahrverbot. Bei Sachbeschädigung 360 € Bußgeld, 2 Punkte, 1 Monat Fahrverbot.

3. Abstandsunterschreitungen

Ein zu geringer Sicherheitsabstand zum vorausfahrenden Fahrzeug ist ebenfalls eine häufige Ursache für Unfälle:

• Der Abstand muss mindestens dem halben Tachowert in Metern entsprechen (z.B. bei 100 km/h = 50 Meter).
• Bei Geschwindigkeiten über 80 km/h und weniger als 5/10 des halben Tachowertes (also sehr geringem Abstand) drohen Bußgelder ab 75 €, 1 Punkt.
• Bei Geschwindigkeiten über 100 km/h und weniger als 3/10 des halben Tachowertes können es bis zu 320 € Bußgeld, 2 Punkte und 2-3 Monate Fahrverbot sein.

4. Alkohol und Drogen im Straßenverkehr

Hier gibt es eine klare Nulltoleranz bei Fahranfängern und eine gestaffelte Ahndung bei erfahrenen Fahrern:

• 0,0 Promille Grenze: Für Fahranfänger in der Probezeit und Fahrer unter 21 Jahren. Verstoß: 250 € Bußgeld, 1 Punkt.
• 0,5 Promille Grenze: Wer mit 0,5 bis 1,09 Promille fährt, begeht eine Ordnungswidrigkeit.
• 1. Verstoß: 500 € Bußgeld, 2 Punkte, 1 Monat Fahrverbot.
• 2. Verstoß: 1.000 € Bußgeld, 2 Punkte, 3 Monate Fahrverbot.
• 3. Verstoß: 1.500 € Bußgeld, 2 Punkte, 3 Monate Fahrverbot.
• Ab 1,1 Promille: Absolute Fahruntüchtigkeit. Dies ist eine Straftat, auch ohne Anzeichen von Fahrfehlern. Es drohen hohe Geldstrafen (oft ein Monatsgehalt), 3 Punkte und der sofortige Entzug der Fahrerlaubnis mit einer Sperrfrist von mindestens sechs Monaten, oft auch länger (bis zu fünf Jahre). Eine MPU wird fast immer angeordnet.
• Drogen: Fahren unter Drogeneinfluss wird ähnlich streng wie Alkohol geahndet, mit 500 € Bußgeld, 2 Punkten und 1 Monat Fahrverbot beim ersten Verstoß, plus oft ein sofortiger Entzug der Fahrerlaubnis und eine MPU-Anordnung.

5. Handy am Steuer

Die Nutzung eines Mobiltelefons (oder anderer elektronischer Geräte, die der Kommunikation, Information oder Organisation dienen) während der Fahrt, ohne dass das Gerät in die Hand genommen oder gehalten wird, ist verboten:

• 100 € Bußgeld, 1 Punkt.
• Bei Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer: 150 € Bußgeld, 2 Punkte, 1 Monat Fahrverbot.
• Bei Sachbeschädigung: 200 € Bußgeld, 2 Punkte, 1 Monat Fahrverbot.

6. Parkverstöße

Meist harmlos, können aber teuer werden:

• Falschparken: Ab 20 € Bußgeld.
• Parken im Halteverbot: Ab 25 € Bußgeld.
• Parken auf Behindertenparkplatz: 55 € Bußgeld.
• Parken in Feuerwehrzufahrt oder zweite Reihe: Ab 55 € Bußgeld.
• Wird dabei eine Behinderung, Gefährdung oder Sachbeschädigung verursacht, steigen die Bußgelder und können bis zu 100 € betragen. In der Regel gibt es hierfür jedoch keine Punkte oder Fahrverbote.

Wichtige Zusätzliche Aspekte

• Probezeit: Für Fahranfänger gelten während der Probezeit (zwei Jahre) verschärfte Regeln. Ein A-Verstoß (z.B. Geschwindigkeitsüberschreitung ab 21 km/h, Rotlichtverstoß, Handy am Steuer) oder zwei B-Verstöße (z.B. Falschparken über längere Zeit, abgefahrene Reifen) führen zur Verlängerung der Probezeit um weitere zwei Jahre und zur Anordnung eines Aufbauseminars. Werden danach weitere A-Verstöße begangen, droht der Entzug der Fahrerlaubnis.
• Einspruch einlegen: Erhalten Sie einen Bußgeldbescheid, mit dem Sie nicht einverstanden sind, haben Sie in der Regel zwei Wochen Zeit, Einspruch einzulegen. Dies ist sinnvoll, wenn Sie Zweifel an der Richtigkeit der Messung haben oder die Umstände des Verstoßes falsch dargestellt wurden. Eine anwaltliche Beratung ist hier oft hilfreich.
• Verjährung: Ordnungswidrigkeiten verjähren in der Regel nach drei Monaten, wenn kein Bußgeldbescheid erlassen oder eine gerichtliche Entscheidung getroffen wurde. Nach Zustellung eines Bußgeldbescheides beträgt die Verjährungsfrist sechs Monate.

Fazit: Sicherheit geht vor, Wissen schützt

Die deutsche Straßenverkehrsordnung ist komplex, aber die Grundprinzipien sind klar: Jeder Verkehrsteilnehmer trägt Verantwortung für die eigene und die Sicherheit anderer. Die drohenden Konsequenzen bei Verstößen – ob Bußgeld, Punkte oder Fahrverbot – sollen abschrecken und zur Einhaltung der Regeln anhalten.

Es ist entscheidend, sich der möglichen Strafen bewusst zu sein, nicht nur um das Portemonnaie zu schonen oder den Führerschein zu behalten, sondern vor allem, um Unfälle zu vermeiden. Der sicherste Weg, Ärger mit den Behörden zu vermeiden und zur Verkehrssicherheit beizutragen, ist stets vorausschauend, rücksichtsvoll und gemäß den geltenden Regeln zu fahren. Bleiben Sie achtsam und kommen Sie sicher an Ihr Ziel!