In der schillernden Welt der Hot Hatches gibt es wenige Namen, die so viel Leidenschaft und Respekt hervorrufen wie der Ford Focus RS. Seit seiner Einführung hat der RS die Messlatte für Performance, Fahrspaß und Alltagstauglichkeit immer wieder neu definiert. Doch wie so oft im Leben, bringt die Evolution auch Entscheidungen mit sich: Welcher Generation gehört die Krone? Im Mittelpunkt unseres Generationen-Duells stehen zwei Titanen: der raue, charakterstarke **Focus RS Mk2** mit seinem ikonischen 2,5-Liter-Fünfzylinder und 305 PS, und sein modernerer Nachfolger, der technologisch fortschrittliche **Focus RS Mk3** mit dem potenten 2,3-Liter-EcoBoost-Motor und satten 350 PS. Beide sind Legenden auf ihre eigene Art, aber welche spricht das Herz mehr an, und welche überzeugt mit der reineren Performance? Tauchen wir ein in dieses faszinierende Kräftemessen.
### Der Ford Focus RS Mk2 (305 PS): Der Fünf-Zylinder-Krieger mit Seele
Als der Ford Focus RS Mk2 im Jahr 2009 auf den Markt rollte, schlug er ein wie ein Blitz. Mit seiner kühnen Optik, den breiten Kotflügeln und dem markanten Heckflügel war er alles andere als subtil. Er schrie förmlich „Performance!“ aus jeder Pore, und seine Präsenz auf der Straße war unübersehbar. Doch das wahre Herzstück und die Seele dieses Wagens lag unter der Haube: ein 2,5-Liter-Reihenfünfzylinder-Turbomotor, der ursprünglich von Volvo stammte.
Dieser Motor war nicht nur ein Kraftpaket, das beeindruckende 305 PS und ein Drehmoment von 440 Nm auf die Vorderachse losließ, sondern er lieferte auch einen Sound, der süchtig machte. Der unverwechselbare, bassige Grollen, gefolgt von einem heiseren Brüllen bei höheren Drehzahlen, ist bis heute eine Klangsignatur, die kaum ein anderer Motor replizieren kann. Er war rau, charismatisch und unendlich emotional – ein Motor, der lebendig wirkte und den Fahrer bei jedem Gasstoß in seinen Bann zog.
Doch 305 PS und 440 Nm auf die Vorderräder zu bringen, war eine gewaltige Herausforderung. Ford löste dies mit einer innovativen Technologie namens **RevoKnuckle**. Diese spezielle Vorderradaufhängung minimierte das **Drehmomentlenken** (Torque Steer), ein Phänomen, bei dem sich das Lenkrad unter starker Beschleunigung verdreht. Ergänzt wurde dies durch ein Quaife **Sperrdifferenzial**, das die Kraft effizienter zwischen den Vorderrädern verteilte. Das Ergebnis war eine überraschend hohe Traktion und ein direkteres Fahrgefühl, auch wenn das Lenkrad unter Volllast immer noch ein Eigenleben führte – ein Charakterzug, den Puristen liebten und als Teil des rohen Erlebnisses akzeptierten.
Der Mk2 war kein Auto für sanfte Gemüter. Er forderte seinen Fahrer, kommunizierte jede Unebenheit der Straße und belohnte präzise Lenkbefehle mit einer unglaublichen Agilität. Er war puristisch, analog und verlangte vom Fahrer eine gewisse Fertigkeit, um sein volles Potenzial auszuschöpfen. Im Innenraum gab es sportliche Recaro-Sitze, die hervorragenden Halt boten, und ein auf das Wesentliche reduziertes Cockpit. Technik-Schnickschnack war Mangelware; hier stand das Fahrerlebnis im Vordergrund. Der Focus RS Mk2 ist heute ein begehrtes **Sammlerstück**, ein Symbol für eine Ära, in der Emotionen oft über die pure Effizienz gestellt wurden. Er ist eine Legende des **Vorderradantriebs**.
### Der Ford Focus RS Mk3 (350 PS): Der Hightech-Allrad-Bezwinger
Einige Jahre später, im Jahr 2016, betrat der Nachfolger die Bühne: der Ford Focus RS Mk3. Die Erwartungen waren immens, und Ford lieferte ein Auto, das die Formel des Hot Hatch neu definierte, indem es sich radikal von seinem Vorgänger unterschied. Das auffälligste Merkmal war der Wechsel von Front- auf **Allradantrieb** (AWD), eine Entscheidung, die das Fahrverhalten des RS grundlegend veränderte.
Unter der Haube des Mk3 schlug nun ein 2,3-Liter-EcoBoost-Vierzylinder-Turbomotor, der aus dem Mustang bekannt war, hier aber für den RS optimiert wurde. Mit beeindruckenden 350 PS und einem Overboost-Drehmoment von 470 Nm übertraf er seinen Vorgänger in puncto reiner Leistung deutlich. Der Vierzylinder lieferte eine brutale Beschleunigung (0-100 km/h in nur 4,7 Sekunden) und einen aggressiven, wenn auch nicht ganz so charismatischen Sound wie der Fünfzylinder. Er war effizient, modern und unglaublich kraftvoll.
Das Herzstück der dynamischen Fähigkeiten des Mk3 war sein hochentwickeltes **Allradantriebssystem** mit **Dynamic Torque Vectoring**. Dieses System konnte bis zu 70 Prozent des Drehmoments an die Hinterachse leiten und davon bis zu 100 Prozent an ein einzelnes Hinterrad. Das Ergebnis war eine unerhörte Traktion, eine unglaubliche Kurvenstabilität und die Fähigkeit, in Kurven mit einer Präzision zu steuern, die zuvor undenkbar war. Der Mk3 klebte förmlich am Asphalt und bot ein Vertrauen, das man im Mk2 so nicht kannte.
Doch das war noch nicht alles. Der Mk3 war auch das erste Serienfahrzeug, das mit einem speziellen **Drift-Modus** ausgestattet war. Dieser Modus ermöglichte es selbst weniger erfahrenen Fahrern, kontrollierte Drifts einzuleiten, indem er die Kraftverteilung und die Fahrwerksabstimmung entsprechend anpasste. Der Drift-Modus war eine Sensation und unterstrich den spielerischen, aber technisch brillanten Charakter des Mk3.
Das Design des Mk3 war ebenfalls aggressiv, aber etwas stromlinienförmiger und moderner als das des Mk2. Im Innenraum gab es neben den sportlichen Recaro-Sitzen auch modernste Konnektivität und Infotainment-Systeme, wie das SYNC-System. Der **Focus RS Mk3** war ein technisches Wunderwerk, ein Auto, das unglaubliche Geschwindigkeiten erreichte und dabei relativ einfach zu fahren war – eine Demonstration der Möglichkeiten des modernen Automobilbaus.
### Das Kopf-an-Kopf-Rennen: Direkter Vergleich der Legenden
Nun, da wir beide Einzelkämpfer kennengelernt haben, ist es Zeit für den direkten Vergleich. Die Frage ist nicht, welcher objektiv „besser” ist, sondern welcher besser zu welcher Philosophie passt.
1. **Motor und Klang:** Hier scheiden sich die Geister am deutlichsten. Der **5-Zylinder** des Mk2 ist eine Legende für sich. Sein tiefer, unverkennbarer Klang und sein rauer Charakter sind pur Emotion. Der **EcoBoost 4-Zylinder** des Mk3 ist zwar leistungsstärker und effizienter, und sein Sound ist aggressiv und sportlich, aber er kann die einzigartige Sinfonie des Fünfzylinders nicht ganz erreichen. Wer den Motor nicht nur als Antrieb, sondern als Musikerlebnis schätzt, wird dem Mk2 den Vorzug geben.
2. **Antriebskonzept und Fahrgefühl:** Der größte Unterschied liegt hier: **Vorderradantrieb** mit RevoKnuckle versus **Allradantrieb** mit Torque Vectoring. Der Mk2 mit seinem FWD ist ein intensives Erlebnis. Man spürt das Ringen der Vorderräder mit der Kraft, das leichte Drehmomentlenken, die rohe, ungefilterte Verbindung zur Straße. Es verlangt Konzentration und Können, belohnt aber mit einem unvergleichlichen, viszeralen Gefühl. Der Mk3 hingegen ist ein Meister der Traktion. Sein AWD-System sorgt für unglaubliche Grip-Reserven, katapultiert ihn aus Kurven heraus und ermöglicht atemberaubende Rundenzeiten. Er ist präzise, kontrollierbar und bietet eine schiere Geschwindigkeit, die der Mk2 in vielen Situationen nicht erreichen kann. Der **Drift-Modus** ist dabei die Kirsche auf dem Sahnehäubchen für Spiel und Show.
3. **Performance:** Auf dem Papier hat der Mk3 die Nase vorn. Er ist schneller in der Beschleunigung und auf der Rennstrecke dürfte er aufgrund seines überlegenen Grips und seiner Effizienz oft die besseren Rundenzeiten erzielen. Der Mk2 hingegen fühlt sich vielleicht subjektiv schneller an, weil die Leistungsentfaltung so ungefiltert ist. Hier gewinnt der Mk3 die objektive Wertung.
4. **Technologie und Komfort:** Der Mk3 ist das modernere Auto. Er bietet fortschrittlichere Assistenzsysteme, ein besseres Infotainment und ist im Alltag wahrscheinlich komfortabler und praktischer. Der Mk2 ist spartanischer, fokussierter auf das reine Fahrerlebnis und weniger auf digitale Annehmlichkeiten. Wer Wert auf Konnektivität und moderne Features legt, wird den Mk3 bevorzugen.
5. **Design und Präsenz:** Beide Autos haben eine starke Präsenz, aber auf unterschiedliche Weise. Der Mk2 ist der extrovertierte Showman mit seinem extrem breiten Auftritt und dem riesigen Heckflügel. Er ist ein Blickfang und ein Auto, das sofort als etwas Besonderes erkannt wird. Der Mk3 ist aggressiv und sportlich, aber in einem moderneren, vielleicht etwas weniger flamboyanten Stil. Die Wahl hier ist reine Geschmackssache.
6. **Sammlerwert und Wertstabilität:** Der Ford Focus RS Mk2 ist bereits heute ein gesuchter **Youngtimer** und Sammlerstück. Seine Limitierung, der einzigartige Motor und sein Status als letzter reiner FWD-RS tragen zu seiner Wertstabilität bei. Der Mk3 hat das Potenzial, ebenfalls ein Klassiker zu werden, aber es wird noch einige Zeit dauern, bis er den gleichen Status erreicht.
### Welche Legende ist besser? Eine Frage der Philosophie
Die Frage, welche Legende „besser“ ist, lässt sich nicht pauschal beantworten. Es ist eine Frage der Prioritäten, der Vorlieben und letztendlich der Philosophie, die man dem Autofahren entgegenbringt.
Der **Ford Focus RS Mk2** ist für den **Puristen**. Er ist für den Fahrer, der ein unverfälschtes, rohes und emotionales Erlebnis sucht. Er ist für jene, die die Herausforderung lieben, ein leistungsstarkes FWD-Fahrzeug am Limit zu bewegen, und die den unverwechselbaren Klang eines Fünfzylinders über alles stellen. Er ist eine Hommage an die analoge Fahrkultur, an die Zeit, in der das Auto eine direkte Verlängerung des Fahrers war, mit all seinen Ecken und Kanten. Für viele ist er die wahre **Focus RS Legende**, die in einer eigenen Liga spielt.
Der **Ford Focus RS Mk3** hingegen ist für den **Performance-Jäger** und den **Technologieliebhaber**. Er ist für jene, die die ultimative Geschwindigkeit, den grenzenlosen Grip und die Präzision eines modernen Hochleistungsfahrzeugs schätzen. Er ist für Fahrer, die ein Auto wollen, das auf der Rennstrecke brillante Zeiten liefert, aber auch im Alltag durch seine Technologie und seinen Komfort überzeugt. Der Mk3 ist ein Zeugnis dessen, was mit moderner Technik und einem intelligenten **Allradantriebssystem** möglich ist – ein Auto, das fast schon unverschämt schnell ist.
### Fazit
Sowohl der **Ford Focus RS Mk2** als auch der **Ford Focus RS Mk3** sind herausragende Fahrzeuge und haben ihren Platz in den Annalen der Automobilgeschichte sicher. Beide tragen den ikonischen RS-Schriftzug mit Stolz und liefern ein unvergessliches Fahrerlebnis. Der Mk2 fasziniert mit seiner rauen, emotionalen Seele und dem betörenden 5-Zylinder-Sound, während der Mk3 mit seiner überragenden Performance, dem intelligenten Allradantrieb und der modernen Technologie beeindruckt.
Letztendlich ist die Entscheidung zwischen diesen beiden **Hot Hatch**-Ikonen eine zutiefst persönliche. Liebst du das ungefilterte, anspruchsvolle und rohe Erlebnis eines mechanischen Biests? Dann ist der Mk2 deine Wahl. Oder bevorzugst du die schiere, technologisch brillante Performance und die vielseitigen Fähigkeiten eines modernen Wunders? Dann wird der Mk3 dein Herz erobern. Eines ist sicher: Beide sind absolute **Sportwagenlegenden**, die das Erbe des Ford RS mit Würde tragen und uns daran erinnern, wie aufregend und emotional das Autofahren sein kann. Es gibt keine „bessere“ Legende, nur die, die besser zu dir passt.