Ein kurzer Blick auf die Straße, die Ampel springt auf Grün, der Fuß tippt aufs Gaspedal – und schon fühlen sich viele Autofahrer frei, die Geschwindigkeit zu erhöhen. Doch halt! Eine Frage, die im deutschen Straßenverkehr immer wieder für Verwirrung, teure Bußgelder und sogar gerichtliche Auseinandersetzungen sorgt, ist folgende: Ist eine Geschwindigkeitsbeschränkung, die vor einer Ampel ausgeschildert war, nach dieser Kreuzung oder Einmündung automatisch aufgehoben? Die Antwort ist komplexer, als viele glauben, und birgt das Potenzial für einen echten teuren Irrtum.
Der weitverbreitete Glaube an die „Ampel als Reset-Knopf”
Es ist ein weitverbreitetes Missverständnis: Für viele Verkehrsteilnehmer fungiert eine Kreuzung, Einmündung oder insbesondere eine Ampelanlage als eine Art „Reset-Knopf” für zuvor angeordnete Verkehrszeichen. Die Logik dahinter scheint plausibel: Eine neue Verkehrssituation beginnt, die alte Beschilderung verliert ihre Gültigkeit. Man fährt von einer Straße in eine andere ein, die Ampel regelt den Verkehr – also müsste doch auch ein vorheriges Tempolimit hinfällig sein, oder? Leider nein. Diese Annahme führt regelmäßig zu kostspieligen Blitzern und Bußgeldern, weil die deutsche Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) hier eine sehr klare, wenn auch manchmal für Laien schwer verständliche, Linie zieht.
Was sagt die StVO wirklich zur Gültigkeit von Verkehrszeichen?
Die Grundlage für alle Verkehrsregeln in Deutschland bildet die StVO. Im Hinblick auf Verkehrszeichen ist ihr Prinzip eindeutig: Ein Verkehrszeichen ist so lange gültig, bis es durch ein anderes Zeichen ausdrücklich aufgehoben wird oder die örtlichen Gegebenheiten eine Aufhebung zweifelsfrei indizieren. Das runde Schild mit dem roten Rand und der schwarzen Zahl (Zeichen 274) ordnet eine Geschwindigkeitsbegrenzung an. Diese Anordnung gilt grundsätzlich für den gesamten Streckenabschnitt, bis sie durch ein explizites Aufhebungszeichen beendet wird.
Wichtig ist hierbei: Eine Ampel ist kein Verkehrszeichen im Sinne einer Geschwindigkeitsbegrenzung oder deren Aufhebung. Sie dient der Regelung des Verkehrsflusses an Kreuzungen und Einmündungen, sorgt für Sicherheit beim Abbiegen und Queren, hat aber keine direkte Aussagekraft über die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf der nachfolgenden Strecke. Die Annahme, dass eine Ampel ein Tempolimit aufhebt, ist daher ein fundamentaler Fehler im Verständnis des Verkehrsrechts.
Wann endet eine Geschwindigkeitsbeschränkung tatsächlich?
Um dem teuren Irrtum vorzubeugen, ist es unerlässlich zu wissen, wann eine Geschwindigkeitsbeschränkung laut StVO endet:
- Durch ein explizites Aufhebungszeichen: Dies ist der häufigste und eindeutigste Fall. Das runde weiße Schild mit schwarzem Rand und vier dünnen, diagonalen schwarzen Linien (Zeichen 278) beendet die zuvor angeordnete Geschwindigkeitsbegrenzung. Es gibt auch das Zeichen 279 (Ende des Überholverbots) oder das Zeichen 280/281 (Ende aller Streckenverbote), die, je nach Kontext, auch ein Tempolimit aufheben können.
- Durch eine Ortstafel: Mit dem Passieren einer Ortstafel (Zeichen 310 – gelb, Ortname) endet in der Regel die außerörtliche Geschwindigkeitsbegrenzung, und es gilt die innerörtliche Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h, sofern nicht anders beschildert. Beim Passieren der Ortstafel zum Ortsausgang (Zeichen 311) endet die innerörtliche Begrenzung, und es gilt die zulässige Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften (meist 100 km/h für Pkw).
- Durch das Ende einer Strecke, für die das Limit gilt: Wenn eine Geschwindigkeitsbeschränkung beispielsweise nur für eine bestimmte Baustelle oder eine Gefahrenstelle (z. B. eine enge Kurve) angeordnet wurde und diese Stelle eindeutig beendet ist, kann das Limit mit dem Ende dieser Gefahr entfallen. Dies ist jedoch kein Automatismus und erfordert eine klare Zuordnung des Zeichens zur Gefahr.
Die Tücken von Kreuzungen und Einmündungen: Der Ausnahmefall
Hier wird es kompliziert, und hier liegt auch die Wurzel vieler Missverständnisse. Grundsätzlich gilt: Eine Einmündung oder Kreuzung hebt eine Geschwindigkeitsbeschränkung nicht automatisch auf. Die allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs-Ordnung (VwV-StVO) ist in dieser Hinsicht sehr präzise:
Ein Verkehrszeichen gilt so lange, wie es seinen Regelungsbereich hat. Eine Einmündung oder Kreuzung beendet die Gültigkeit eines vorangegangenen Zeichens (z.B. eines Tempolimits) nur dann, wenn das Zeichen eindeutig auf eine *vorangegangene* Gefahrenstelle oder eine *vorangegangene* Streckencharakteristik bezogen war, die mit dem Erreichen der Kreuzung oder Einmündung eindeutig und umfassend entfällt. Dies ist der absolute Ausnahmefall und nicht die Regel!
Konkretes Beispiel: Wurde ein 30 km/h-Schild direkt vor einer sehr scharfen, unübersichtlichen Kurve aufgestellt, und direkt nach dieser Kurve folgt eine Einmündung, dann könnte man argumentieren, dass die Gefahr der Kurve mit dem Passieren der Einmündung beendet ist und somit auch das Limit. Aber selbst in solchen Fällen wird oft gestritten, und es hängt stark von der genauen Beschilderung, den örtlichen Gegebenheiten und der Intention der anordnenden Behörde ab. Die Rechtsprechung ist hier nicht immer einheitlich, tendiert aber dazu, dass eine Aufhebung nur bei eindeutiger Bezugnahme auf eine vorangegangene, durch die Kreuzung beendete Gefahr angenommen wird. Bei allgemeinen Streckenbegrenzungen, die nicht an eine spezifische, unmittelbar vor der Kreuzung endende Gefahr geknüpft sind, bleibt das Limit bestehen.
Die pauschale Annahme, dass „jede Kreuzung” oder „jede Einmündung” ein Tempolimit aufhebt, ist daher ein gefährlicher Irrtum. Autofahrer sollten immer davon ausgehen, dass das Limit weiter gilt, solange kein eindeutiges Aufhebungszeichen vorhanden ist. Die Anwesenheit einer Ampel ändert an dieser Rechtslage nichts.
Das „Nach der Ampel”-Szenario im Detail
Kehren wir zu unserem Ausgangsszenario zurück: Sie fahren auf eine Ampel zu, davor ist ein 70 km/h-Schild. Die Ampel wird grün, Sie überqueren die Kreuzung. Wenn nun kein neues Geschwindigkeitsbeschränkung-Schild, kein Aufhebungszeichen oder keine Ortstafel folgt, dann bleibt die 70 km/h-Begrenzung weiterhin gültig! Die Ampel hat keine aufhebende Wirkung. Wer hier beschleunigt und geblitzt wird, begeht eine Geschwindigkeitsüberschreitung und muss mit den entsprechenden Konsequenzen rechnen.
Dieses Szenario ist alltäglich und führt zu unzähligen Vergehen, da viele Fahrer gedanklich die Ampel mit einem „Ende der Strecke” oder „Neuanfang” gleichsetzen. Sie vergessen, dass Verkehrszeichen, insbesondere jene zur Geschwindigkeit, eine dauerhafte Regelung für einen bestimmten Abschnitt darstellen, bis sie gezielt geändert oder beendet werden. Das reine Vorhandensein einer Kreuzung oder einer Ampelanlage ist dafür nicht ausreichend.
Die Konsequenzen des kostspieligen Fehlers
Die Nichteinhaltung von Geschwindigkeitsbeschränkungen kann weitreichende und teure Folgen haben:
- Bußgelder: Je nach Höhe der Geschwindigkeitsüberschreitung können Bußgelder von wenigen Euro bis zu mehreren hundert Euro anfallen.
- Punkte in Flensburg: Bei größeren Überschreitungen werden Punkte im Fahreignungsregister eingetragen. Zu viele Punkte führen zum Entzug der Fahrerlaubnis.
- Fahrverbote: Ab einer bestimmten Überschreitungshöhe droht ein temporäres Fahrverbot.
- Erhöhtes Unfallrisiko: Unabhängig von rechtlichen Konsequenzen erhöht überhöhte Geschwindigkeit immer das Risiko schwerer Unfälle.
- Anstieg der Versicherungsprämien: Wiederholte Verkehrsverstöße können zu höheren Versicherungsbeiträgen führen.
Der scheinbar kleine Irrtum kann also schnell zu einer großen Belastung für Geldbeutel und Mobilität werden. Es lohnt sich daher, die Regeln genau zu kennen und im Zweifel lieber die Geschwindigkeit beizubehalten, als unnötige Risiken einzugehen.
Praktische Tipps für Autofahrer: So vermeiden Sie den Irrtum
Um dem teuren Irrtum zu entgehen und sicher im Straßenverkehr unterwegs zu sein, beachten Sie folgende Hinweise:
- Achten Sie auf explizite Aufhebungszeichen: Suchen Sie aktiv nach den weißen, runden Schildern mit diagonalen Linien oder dem Ende aller Streckenverbote. Nur diese beenden eindeutig ein Tempolimit.
- Verlassen Sie sich nicht auf Kreuzungen oder Ampeln: Betrachten Sie eine Kreuzung oder eine Ampel niemals als automatischen Beender einer Geschwindigkeitsbegrenzung. Die alte Begrenzung gilt in der Regel weiter.
- Im Zweifel langsamer fahren: Wenn Sie unsicher sind, ob eine Begrenzung noch gilt, wählen Sie die niedrigere Geschwindigkeit. Das ist nicht nur sicherer, sondern schützt Sie auch vor Bußgeldern.
- Wiederholungszeichen beachten: Auf längeren Streckenabschnitten mit einer Geschwindigkeitsbegrenzung werden die Schilder oft als Wiederholungszeichen nach größeren Einmündungen oder in regelmäßigen Abständen wiederholt, um die Gültigkeit zu bekräftigen.
- Kenntnis der Grundregeln: Frischen Sie Ihr Wissen über die StVO regelmäßig auf. Ein Grundverständnis des Verkehrsrechts ist essenziell für jeden Fahrer.
Fazit: Sicherheit geht vor Spekulation
Die Annahme, dass eine Geschwindigkeitsbeschränkung nach einer Ampel oder einer Kreuzung automatisch aufgehoben ist, ist ein weitverbreiteter und oft kostspieliger Irrtum. Die deutsche Straßenverkehrs-Ordnung ist hier klar: Ein Tempolimit bleibt so lange gültig, bis es explizit durch ein entsprechendes Verkehrszeichen aufgehoben wird. Ampeln und die meisten Einmündungen haben diese aufhebende Wirkung nicht.
Um Bußgelder, Punkte in Flensburg und im schlimmsten Fall Unfälle zu vermeiden, sollten Autofahrer stets aufmerksam sein und sich ausschließlich auf eindeutige Beschilderungen verlassen. Spekulationen über die Gültigkeit von Verkehrszeichen sind im Straßenverkehr fehl am Platz und können teuer werden. Im Zweifel gilt immer: lieber die Geschwindigkeit beibehalten und nach einem Aufhebungszeichen Ausschau halten. So tragen Sie nicht nur zu Ihrer eigenen Sicherheit, sondern auch zu der aller anderen Verkehrsteilnehmer bei und vermeiden einen unnötigen teuren Irrtum.