Reifen sind die einzige Verbindung zwischen Ihrem Fahrzeug und der Straße. Sie sind entscheidend für Ihre Sicherheit, die Ihrer Mitfahrer und anderer Verkehrsteilnehmer. Abgefahrene oder beschädigte Reifen können das Fahrverhalten Ihres Autos erheblich beeinträchtigen und das Unfallrisiko erhöhen. Aber wann ist ein Reifen wirklich „abgefahren” und wann ist er noch sicher genug, um damit zu fahren? Dieser Artikel gibt Ihnen eine umfassende Checkliste, damit Sie diese Frage fundiert beantworten können.
Die Mindestprofiltiefe: Das Gesetz im Blick
Das Gesetz schreibt eine Mindestprofiltiefe von 1,6 mm vor. Das bedeutet, dass die Hauptprofilrillen Ihrer Reifen mindestens 1,6 Millimeter tief sein müssen. Klingt wenig, ist aber entscheidend. Warum? Weil Reifen mit geringerer Profiltiefe deutlich schlechter Wasser verdrängen können, was zu Aquaplaning führen kann – ein gefährlicher Zustand, bei dem Ihr Auto die Bodenhaftung verliert und unkontrollierbar wird.
Viele Reifen verfügen über sogenannte Verschleißindikatoren (TWI – Tread Wear Indicators). Das sind kleine Stege, die sich quer zu den Profilrillen befinden. Sobald das Reifenprofil auf Höhe dieser Stege abgefahren ist, haben Sie die gesetzliche Mindestprofiltiefe erreicht – und es ist höchste Zeit, die Reifen zu wechseln. Ignorieren Sie diese Warnung nicht! Fahren mit Reifen unterhalb der Mindestprofiltiefe ist nicht nur illegal, sondern auch extrem gefährlich.
So messen Sie die Profiltiefe richtig
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die Profiltiefe Ihrer Reifen zu messen:
- Profiltiefenmesser: Das genaueste Werkzeug ist ein Profiltiefenmesser. Diese kleinen Geräte sind kostengünstig und einfach zu bedienen. Stecken Sie den Messstift in eine der Hauptprofilrillen und lesen Sie den Wert ab. Messen Sie an verschiedenen Stellen des Reifens, um ungleichmäßigen Verschleiß zu erkennen.
- 1-Euro-Münze: Eine einfache Methode ist die Verwendung einer 1-Euro-Münze. Halten Sie die Münze mit dem goldenen Rand nach unten in eine der Hauptprofilrillen. Verschwindet der goldene Rand komplett im Profil, ist die Profiltiefe ausreichend. Ist der Rand sichtbar, sollten Sie die Reifen bald wechseln. Diese Methode ist jedoch weniger präzise als ein Profiltiefenmesser.
- Visuelle Inspektion: Achten Sie auf die oben erwähnten Verschleißindikatoren (TWI). Wenn das Profil bündig mit den Indikatoren ist, müssen die Reifen ausgetauscht werden.
Mehr als nur die Profiltiefe: Achten Sie auf Beschädigungen
Die Profiltiefe ist zwar ein wichtiger Faktor, aber nicht der einzige. Auch andere Beschädigungen können die Sicherheit Ihrer Reifen beeinträchtigen:
- Risse und Schnitte: Untersuchen Sie die Reifenflanken (Seitenwände) sorgfältig auf Risse und Schnitte. Kleine Risse können harmlos sein, aber tiefe Schnitte, die bis zum Gewebe des Reifens reichen, sind gefährlich. Sie können zu einem plötzlichen Reifenplatzer führen.
- Beulen und Ausbuchtungen: Beulen und Ausbuchtungen an den Reifenflanken sind ein Warnsignal. Sie deuten auf eine Beschädigung der Karkasse (des tragenden Gerüsts des Reifens) hin. Solche Reifen müssen sofort ausgetauscht werden, da die Gefahr eines Reifenplatzers besteht.
- Eingefahrene Gegenstände: Entfernen Sie regelmäßig Steine, Nägel oder andere scharfe Gegenstände, die sich im Reifenprofil verfangen haben. Diese können den Reifen beschädigen und zu einem Luftverlust führen.
- Ungleichmäßiger Verschleiß: Achten Sie auf ungleichmäßigen Reifenverschleiß. Einseitig abgefahrene Reifen können auf Probleme mit der Achsgeometrie (Spur, Sturz) oder den Stoßdämpfern hindeuten. Lassen Sie die Ursache in einer Werkstatt beheben, um weiteren Reifenverschleiß und ein unsicheres Fahrverhalten zu vermeiden.
- Alterung: Auch wenn Ihre Reifen noch ausreichend Profil haben, können sie durch Alterung porös und rissig werden. Das Alter der Reifen können Sie anhand der DOT-Nummer auf der Reifenflanke erkennen. Diese Nummer gibt die Produktionswoche und das Produktionsjahr an (z.B. DOT 1223 bedeutet 12. Woche des Jahres 2023). Reifen, die älter als 8-10 Jahre sind, sollten aus Sicherheitsgründen ausgetauscht werden, auch wenn sie noch ausreichend Profil haben.
Die Rolle des Reifendrucks
Der richtige Reifendruck ist entscheidend für die Sicherheit, den Fahrkomfort und die Lebensdauer Ihrer Reifen. Ein zu geringer Reifendruck führt zu erhöhtem Rollwiderstand, höherem Kraftstoffverbrauch und schnellerem Reifenverschleiß. Außerdem kann er die Fahrstabilität beeinträchtigen und das Risiko eines Reifenplatzers erhöhen. Ein zu hoher Reifendruck hingegen verringert die Bodenhaftung und den Fahrkomfort. Der richtige Reifendruck für Ihr Fahrzeug ist in der Regel im Tankdeckel, im Türrahmen oder in der Betriebsanleitung angegeben. Überprüfen Sie den Reifendruck regelmäßig, idealerweise alle zwei Wochen und vor längeren Fahrten, wenn die Reifen kalt sind.
Reifenwechsel: Wann und wo?
Wenn Ihre Reifen die oben genannten Kriterien nicht erfüllen, ist es Zeit für einen Reifenwechsel. Diesen sollten Sie von einem Fachmann in einer Werkstatt durchführen lassen. Dort können die Reifen fachgerecht montiert, ausgewuchtet und die Radschrauben mit dem richtigen Drehmoment angezogen werden. Die Werkstatt kann auch die Achsgeometrie überprüfen und gegebenenfalls korrigieren.
Die optimale Zeit für den Reifenwechsel von Sommer- auf Winterreifen und umgekehrt hängt von den Wetterbedingungen ab. Die „O-bis-O-Regel” (Oktober bis Ostern) ist ein guter Richtwert. In Regionen mit häufigen Schneefällen und Eisglätte kann es jedoch sinnvoll sein, Winterreifen früher aufzuziehen. Bei Temperaturen unter 7 Grad Celsius bieten Winterreifen aufgrund ihrer speziellen Gummimischung und des Profils eine deutlich bessere Haftung als Sommerreifen.
Fazit: Sicherheit geht vor!
Die regelmäßige Überprüfung Ihrer Reifen ist unerlässlich für Ihre Sicherheit und die Ihrer Mitmenschen. Achten Sie auf die Profiltiefe, Beschädigungen, den Reifendruck und das Alter Ihrer Reifen. Im Zweifelsfall lassen Sie Ihre Reifen von einem Fachmann überprüfen. Sparen Sie nicht an der falschen Stelle – investieren Sie in neue Reifen, wenn es nötig ist. Denn die Sicherheit auf der Straße sollte immer oberste Priorität haben.