Ein rotes Licht, ein kurzer Schreck – und dann die bange Frage: War das jetzt zu schnell? Viele Autofahrer kennen das unangenehme Gefühl, wenn sie von einem Blitzer erfasst werden. Doch was passiert, wenn der erwartete Bußgeldbescheid einfach nicht kommt? Und was, wenn Sie sich sicher sind, dass der Blitzer Sie zu Unrecht erfasst hat? Dieser Artikel beleuchtet die verschiedenen Szenarien und gibt Ihnen wertvolle Informationen an die Hand, wie Sie sich in solchen Fällen verhalten können.
Warum der Blitzer-Bescheid auf sich warten lässt
Es gibt verschiedene Gründe, warum der Blitzer-Bescheid nicht innerhalb der üblichen Frist von zwei bis drei Wochen im Briefkasten landet. Hier sind einige der häufigsten Ursachen:
- Verzögerungen bei der Behörde: Gerade in größeren Städten oder zu Ferienzeiten kann es zu Verzögerungen bei der Bearbeitung der Fälle kommen. Die zuständigen Behörden sind mit der Auswertung der Daten und dem Versand der Bußgeldbescheide überlastet.
- Technische Probleme: Auch technische Probleme bei der Auswertung der Blitzerfotos oder bei der Zuordnung der Kennzeichen können zu Verzögerungen führen.
- Fehlerhafte Daten: Die vom Blitzer erfassten Daten (z.B. Kennzeichen, Geschwindigkeit) können fehlerhaft sein. Bevor ein Bußgeldbescheid verschickt wird, müssen diese Daten überprüft werden.
- Verjährung: Ein Bußgeldverfahren kann verjähren. Die Verjährungsfrist beginnt mit dem Tag der Ordnungswidrigkeit und beträgt in der Regel drei Monate. Wird Ihnen innerhalb dieser Zeit kein Bußgeldbescheid zugestellt oder eine Anhörung geschickt, ist die Sache erledigt. Allerdings wird die Verjährung durch bestimmte Handlungen der Behörde (z.B. Anhörungsbogen) unterbrochen.
- Die Person am Steuer war nicht der Halter: Wenn das Blitzerfoto zeigt, dass nicht der Fahrzeughalter am Steuer saß, muss die Behörde erst den tatsächlichen Fahrer ermitteln. Dies kann die Zustellung des Bußgeldbescheids erheblich verzögern.
Wann wurde ich zu Unrecht geblitzt? Typische Fehlerquellen
Es gibt verschiedene Situationen, in denen ein Blitzer möglicherweise fehlerhafte Messungen vornimmt oder Sie zu Unrecht erfasst:
- Fehlerhafte Geschwindigkeitsmessung: Die Messtoleranz wird nicht korrekt berücksichtigt. Bei Geschwindigkeiten unter 100 km/h werden in der Regel 3 km/h, bei höheren Geschwindigkeiten 3% abgezogen. Auch Messfehler aufgrund von defekten oder schlecht gewarteten Blitzern sind möglich.
- Falsche Zuordnung: Der Blitzer hat das falsche Fahrzeug erfasst, insbesondere wenn mehrere Fahrzeuge gleichzeitig im Messbereich waren. Dies ist besonders häufig auf mehrspurigen Straßen der Fall.
- Falsche Beschilderung: Die Geschwindigkeitsbegrenzung war nicht korrekt oder unzureichend ausgeschildert. Beispielsweise kann ein Schild verdeckt, beschädigt oder nicht mehr aktuell sein.
- Beeinträchtigung des Messbereichs: Äußere Einflüsse wie starker Regen, Nebel oder Reflexionen können die Messung des Blitzers beeinträchtigen.
- Wartungsfehler: Regelmäßige Wartung und Eichung der Blitzer sind Pflicht. Vernachlässigungen können die Genauigkeit beeinträchtigen.
Was tun, wenn Sie vermuten, zu Unrecht geblitzt worden zu sein?
Auch wenn der Bußgeldbescheid noch nicht da ist, können Sie aktiv werden, wenn Sie vermuten, zu Unrecht geblitzt worden zu sein:
- Ruhe bewahren: Auch wenn Sie sich ärgern, ist es wichtig, ruhig zu bleiben und keine voreiligen Schlüsse zu ziehen.
- Situation rekonstruieren: Versuchen Sie, sich genau an die Situation zu erinnern. War die Geschwindigkeitsbegrenzung klar erkennbar? Gab es äußere Umstände, die die Messung beeinträchtigt haben könnten?
- Beweise sammeln: Suchen Sie nach Beweisen, die Ihre Vermutung stützen. Das können Fotos von der Beschilderung, Zeugenaussagen oder Dokumentationen über die Wetterbedingungen sein.
- Akteneinsicht beantragen (nach Erhalt des Bußgeldbescheids): Nach Erhalt des Bußgeldbescheids haben Sie das Recht auf Akteneinsicht. Die Akte enthält das Blitzerfoto, das Messprotokoll und gegebenenfalls weitere relevante Informationen.
- Einspruch einlegen (nach Erhalt des Bußgeldbescheids): Wenn Sie nach der Akteneinsicht weiterhin der Meinung sind, zu Unrecht geblitzt worden zu sein, können Sie innerhalb von zwei Wochen Einspruch gegen den Bußgeldbescheid einlegen.
- Rechtlichen Beistand suchen: Ein Anwalt für Verkehrsrecht kann Sie bei der Prüfung des Bußgeldbescheids und der Einlegung eines Einspruchs unterstützen. Er kann auch die Messung des Blitzers auf Fehler überprüfen lassen.
Wie Sie einen erfolgreichen Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid formulieren
Der Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid sollte gut formuliert und begründet sein. Hier sind einige wichtige Punkte, die Sie beachten sollten:
- Fristgerecht einlegen: Der Einspruch muss innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Bußgeldbescheids bei der zuständigen Behörde eingehen.
- Formale Anforderungen beachten: Der Einspruch muss schriftlich erfolgen und Ihren Namen, Ihre Adresse, das Aktenzeichen des Bußgeldbescheids und eine Begründung enthalten.
- Sachlich und präzise formulieren: Bleiben Sie sachlich und vermeiden Sie emotionale Ausdrücke. Beschreiben Sie die Situation so präzise wie möglich und legen Sie Ihre Argumente dar.
- Beweise beifügen: Fügen Sie Ihrem Einspruch alle Beweise bei, die Ihre Argumentation unterstützen (z.B. Fotos, Zeugenaussagen, Messprotokolle).
- Rechtliche Grundlage nennen: Wenn Sie rechtliche Argumente haben, sollten Sie diese im Einspruch nennen (z.B. Verstoß gegen die Mess- und Eichordnung).
Die Bedeutung der Messtoleranz und wie sie sich auswirkt
Die Messtoleranz ist ein wichtiger Faktor bei der Beurteilung von Geschwindigkeitsmessungen. Sie berücksichtigt die Ungenauigkeiten, die bei der Messung auftreten können. Die Messtoleranz wird von der gemessenen Geschwindigkeit abgezogen, bevor das Bußgeld festgelegt wird.
In Deutschland gelten folgende Toleranzwerte:
- Bei Geschwindigkeiten unter 100 km/h: 3 km/h
- Bei Geschwindigkeiten über 100 km/h: 3% der gemessenen Geschwindigkeit
Es ist wichtig zu wissen, dass die Behörde diese Messtoleranz automatisch berücksichtigt. Sie müssen dies also nicht explizit im Einspruch fordern.
Kann ein Anwalt wirklich helfen? Wann sich juristischer Beistand lohnt
Ein Anwalt für Verkehrsrecht kann Ihnen in verschiedenen Situationen helfen:
- Prüfung des Bußgeldbescheids: Der Anwalt kann den Bußgeldbescheid auf formale und inhaltliche Fehler prüfen.
- Akteneinsicht: Der Anwalt kann Akteneinsicht beantragen und die Messprotokolle des Blitzers genau analysieren.
- Einspruch einlegen: Der Anwalt kann einen fundierten Einspruch gegen den Bußgeldbescheid formulieren und Sie vor Gericht vertreten.
- Bewertung der Erfolgsaussichten: Der Anwalt kann Ihnen eine realistische Einschätzung der Erfolgsaussichten Ihres Einspruchs geben.
Es lohnt sich besonders, einen Anwalt einzuschalten, wenn:
- Ihnen ein Fahrverbot droht.
- Sie sich sicher sind, zu Unrecht geblitzt worden zu sein.
- Die Beweislage komplex ist.
Fazit: Wissen ist Macht – So handeln Sie richtig
Ein Blitzer-Bescheid, der nicht kommt, muss nicht zwangsläufig bedeuten, dass Sie straffrei davonkommen. Es ist wichtig, die möglichen Ursachen zu kennen und die Verjährungsfristen im Auge zu behalten. Wenn Sie vermuten, zu Unrecht geblitzt worden zu sein, sollten Sie aktiv werden und Beweise sammeln. Die Akteneinsicht und die Einlegung eines Einspruchs sind Ihre wichtigsten Instrumente, um sich gegen unberechtigte Bußgelder zu wehren. In komplexen Fällen oder bei drohendem Fahrverbot kann die Unterstützung eines Anwalts für Verkehrsrecht sehr hilfreich sein.