Seit der Einführung von E10 kursiert ein hartnäckiger Mythos: Mit dem Biokraftstoff soll man pro Liter weniger weit fahren als mit dem herkömmlichen E5. Viele Autofahrer schwören darauf, dass ihr Wagen mit E10 schneller leer ist und sie häufiger tanken müssen. Doch was ist dran an dieser Behauptung? Wir haben den großen Tank-Mythos im Check und beleuchten die Faktenlage.
Was ist E10 überhaupt?
Bevor wir uns der Frage zuwenden, ob E10 den Verbrauch tatsächlich erhöht, ist es wichtig zu verstehen, was dieser Kraftstoff eigentlich ist. Die Bezeichnung „E10” steht für einen Ottokraftstoff, der bis zu 10 Prozent Bioethanol enthält. E5 hingegen enthält maximal 5 Prozent Bioethanol. Das Ethanol wird aus nachwachsenden Rohstoffen wie Mais, Weizen oder Zuckerrüben gewonnen und soll dazu beitragen, den Ausstoß von Treibhausgasen zu reduzieren.
Der Unterschied im Energiegehalt
Der Hauptgrund, warum viele Autofahrer einen höheren Verbrauch bei E10 vermuten, liegt im geringeren Energiegehalt von Ethanol im Vergleich zu Benzin. Ethanol hat tatsächlich einen etwas niedrigeren Brennwert als reines Benzin. Das bedeutet, dass bei der Verbrennung von Ethanol weniger Energie freigesetzt wird. Theoretisch müsste man also mehr E10 verbrennen, um die gleiche Leistung wie mit E5 zu erzielen.
Konkret liegt der Energiegehalt von Ethanol etwa 3-4 % unter dem von Benzin. Bei einem Kraftstoffgemisch wie E10, das 10 % Ethanol enthält, ergibt sich somit ein theoretischer Energieverlust von etwa 0,3-0,4 %. Dieser Wert ist jedoch sehr gering und in der Praxis oft kaum spürbar.
Studien und Tests zum E10-Verbrauch
Zahlreiche Studien und Tests haben den tatsächlichen Mehrverbrauch von E10 im Vergleich zu E5 untersucht. Die Ergebnisse sind dabei relativ einheitlich: Der Mehrverbrauch liegt in der Regel im Bereich von 1-3 %. Das bedeutet, dass man bei einer Tankfüllung von 50 Litern E10 etwa 0,5 bis 1,5 Liter mehr verbraucht als mit E5. Dieser Unterschied ist oft so gering, dass er im normalen Fahrbetrieb kaum wahrnehmbar ist und durch andere Faktoren wie Fahrweise, Reifendruck oder Beladung des Fahrzeugs überdeckt werden kann.
Es ist wichtig zu betonen, dass der tatsächliche Mehrverbrauch von E10 auch stark vom Fahrzeugmodell abhängt. Ältere Fahrzeuge, die nicht für den Betrieb mit E10 ausgelegt sind, können unter Umständen einen höheren Mehrverbrauch aufweisen oder sogar Schäden erleiden. Neuere Fahrzeuge hingegen, die von den Herstellern für E10 freigegeben sind, zeigen in der Regel nur einen geringen oder gar keinen Mehrverbrauch.
Weitere Faktoren, die den Verbrauch beeinflussen
Neben dem Kraftstoff selbst gibt es eine Vielzahl von Faktoren, die den Kraftstoffverbrauch eines Autos beeinflussen. Dazu gehören:
- Fahrweise: Eine aggressive Fahrweise mit häufigem Beschleunigen und Bremsen erhöht den Verbrauch erheblich.
- Reifendruck: Ein zu niedriger Reifendruck führt zu einem höheren Rollwiderstand und somit zu einem höheren Verbrauch.
- Beladung des Fahrzeugs: Je schwerer das Fahrzeug, desto mehr Kraftstoff wird benötigt.
- Klimaanlage: Der Betrieb der Klimaanlage erhöht den Verbrauch, da der Kompressor zusätzliche Energie benötigt.
- Wartungszustand des Fahrzeugs: Ein schlecht gewartetes Fahrzeug mit verschmutzten Filtern oder defekten Zündkerzen kann einen höheren Verbrauch aufweisen.
- Streckenprofil: Bergfahrten und häufige Staus erhöhen den Verbrauch.
- Wetterbedingungen: Kalte Temperaturen und starker Wind können den Verbrauch ebenfalls beeinflussen.
Diese Faktoren spielen oft eine größere Rolle als der geringe Unterschied im Energiegehalt zwischen E10 und E5. Es ist daher wichtig, diese Aspekte zu berücksichtigen, wenn man den Kraftstoffverbrauch seines Autos beurteilt.
E10-Verträglichkeit prüfen
Bevor man E10 tankt, sollte man unbedingt prüfen, ob das eigene Fahrzeug dafür geeignet ist. Die meisten neueren Fahrzeuge sind problemlos mit E10 kompatibel, bei älteren Modellen kann es jedoch zu Problemen kommen. Informationen zur E10-Verträglichkeit finden sich in der Betriebsanleitung des Fahrzeugs oder auf der Website des Fahrzeugherstellers. Auch online gibt es Listen und Datenbanken, die Auskunft über die E10-Verträglichkeit verschiedener Modelle geben. Im Zweifelsfall sollte man lieber E5 tanken, um Schäden am Motor zu vermeiden.
Fazit: Der Mythos des E10-Mehrverbrauchs
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Mythos des E10-Mehrverbrauchs zwar eine gewisse Grundlage hat, aber in der Praxis oft überschätzt wird. Der theoretische Mehrverbrauch aufgrund des geringeren Energiegehalts von Ethanol liegt im Bereich von 1-3 % und ist in vielen Fällen kaum spürbar. Andere Faktoren wie Fahrweise, Reifendruck oder Beladung des Fahrzeugs haben einen deutlich größeren Einfluss auf den Kraftstoffverbrauch. Wer sein Auto sparsam fährt und regelmäßig wartet, kann den Mehrverbrauch von E10 minimieren oder sogar kompensieren.
Die Entscheidung, ob man E10 oder E5 tankt, sollte daher nicht nur von der Frage des Verbrauchs abhängen, sondern auch von der E10-Verträglichkeit des Fahrzeugs und den persönlichen Präferenzen. Wer auf Nummer sicher gehen will, kann weiterhin E5 tanken. Wer jedoch einen Beitrag zum Umweltschutz leisten und gleichzeitig etwas Geld sparen möchte, kann E10 bedenkenlos tanken, sofern das Fahrzeug dafür geeignet ist. Denn oft ist E10 pro Liter etwas günstiger als E5, was den geringen Mehrverbrauch wieder ausgleichen kann.
Es ist ratsam, den eigenen Verbrauch über mehrere Tankfüllungen hinweg zu beobachten, um einen persönlichen Eindruck zu gewinnen. So kann man am besten feststellen, ob E10 im individuellen Fall tatsächlich zu einem höheren Verbrauch führt und die Entscheidung für oder gegen den Biokraftstoff entsprechend anpassen.