Der Führerschein ist für viele junge Menschen ein Symbol der Freiheit und Unabhängigkeit. Doch diese Freiheit kann schnell wieder verloren gehen, besonders in der Probezeit. Was passiert aber, wenn es hart auf hart kommt und man sich nach zwei A-Verstößen plötzlich vor dem Aus steht? Kann in dieser Situation ein Anwalt noch helfen? Dieser Artikel beleuchtet die Rechtslage, die Möglichkeiten und die Chancen, die ein erfahrener Jurist in solch einer prekären Situation bieten kann.
Die Probezeit: Ein harter Lehrer
Die ersten zwei Jahre nach Erhalt des Führerscheins sind eine Bewährungszeit, die sogenannte Probezeit. Sie dient dazu, Fahranfänger unter besonderer Beobachtung zu halten und ihnen die Möglichkeit zu geben, sich im Straßenverkehr zu bewähren. Während dieser Zeit gelten strengere Regeln und Verstöße werden härter geahndet als bei erfahrenen Fahrern.
Es wird zwischen A-Verstößen (schwerwiegende Verstöße) und B-Verstößen (weniger schwerwiegende Verstöße) unterschieden. Ein A-Verstoß wiegt deutlich schwerer. Zwei A-Verstöße oder auch ein A-Verstoß und zwei B-Verstöße in der Probezeit führen in der Regel zur Anordnung eines Aufbauseminars.
Die Konsequenzen von A-Verstößen
Was genau sind aber A-Verstöße? Dazu gehören beispielsweise:
- Geschwindigkeitsüberschreitungen (in der Regel ab 21 km/h zu schnell)
- Rotlichtverstöße
- Fahren unter Alkoholeinfluss oder Drogeneinfluss
- Nötigung im Straßenverkehr
- Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort (Fahrerflucht)
- Verstöße gegen das Rechtsfahrgebot mit Gefährdung anderer
Die Konsequenzen nach dem ersten A-Verstoß sind bereits einschneidend: Die Probezeit verlängert sich um zwei Jahre (auf insgesamt vier Jahre), und es wird die Teilnahme an einem Aufbauseminar angeordnet. Dieses Seminar soll das Fehlverhalten reflektieren und zu einer sichereren Fahrweise anregen. Verweigert man die Teilnahme am Aufbauseminar, droht der Entzug der Fahrerlaubnis.
Der zweite A-Verstoß während der verlängerten Probezeit ist dann der Worst Case. Die Fahrerlaubnis wird in der Regel entzogen. Man erhält dann eine Sperrfrist, während der keine neue Fahrerlaubnis erteilt werden darf. Nach Ablauf der Sperrfrist muss man einen neuen Antrag auf Erteilung der Fahrerlaubnis stellen.
Kann ein Anwalt wirklich helfen?
Die Frage ist nun: Kann ein Anwalt nach zwei A-Verstößen wirklich noch etwas bewirken? Die Antwort ist: Es kommt darauf an. Ein Anwalt kann nicht zaubern, aber er kann verschiedene Ansatzpunkte nutzen, um die Situation zu verbessern oder zumindest abzumildern.
Prüfung der Sachlage: Der erste Schritt ist die genaue Prüfung der Sachlage. War der Bußgeldbescheid rechtmäßig? Gab es Messfehler bei der Geschwindigkeitsmessung? War die Beschilderung eindeutig? Hat die Polizei alle Vorschriften eingehalten? Ein Anwalt kann die Beweise genau unter die Lupe nehmen und nach Fehlern suchen, die zu einem Freispruch oder einer milderen Strafe führen könnten.
Einlegung von Rechtsmitteln: Wenn der Bußgeldbescheid fehlerhaft ist, kann der Anwalt Einspruch einlegen. Er kann Akteneinsicht beantragen und die Beweise der Behörden prüfen. Im Zweifel kann er den Fall vor Gericht bringen und dort für die Rechte seines Mandanten kämpfen. Auch wenn die Beweislage erdrückend scheint, kann ein erfahrener Anwalt oft noch Argumente finden, um die Strafe zu mildern oder den Entzug der Fahrerlaubnis hinauszuzögern.
Argumentation vor Gericht: Auch wenn die Schuld des Mandanten feststeht, kann der Anwalt vor Gericht mildernde Umstände geltend machen. War der Mandant beispielsweise in einer Notsituation? Hat er aus Unachtsamkeit gehandelt? Ist er beruflich auf den Führerschein angewiesen? All diese Faktoren können bei der Urteilsfindung eine Rolle spielen. Der Anwalt wird versuchen, die Richter von der Notwendigkeit einer milderen Strafe zu überzeugen.
Verhandlungen mit der Behörde: In manchen Fällen kann der Anwalt auch direkt mit der zuständigen Behörde verhandeln. Vielleicht gibt es die Möglichkeit, den Entzug der Fahrerlaubnis abzuwenden, indem man sich zu zusätzlichen Auflagen verpflichtet, wie beispielsweise einer verkehrspsychologischen Beratung. Der Anwalt kann hier als Vermittler agieren und im besten Fall eine für beide Seiten akzeptable Lösung finden.
Wann ist es zu spät?
Es gibt natürlich auch Fälle, in denen ein Anwalt machtlos ist. Wenn die Beweislage erdrückend ist und keine Verfahrensfehler vorliegen, ist es schwierig, den Entzug der Fahrerlaubnis abzuwenden. Dennoch kann ein Anwalt auch in dieser Situation noch helfen:
- Verkürzung der Sperrfrist: Der Anwalt kann sich dafür einsetzen, dass die Sperrfrist, während der keine neue Fahrerlaubnis erteilt werden darf, so kurz wie möglich gehalten wird.
- Beratung für die Zukunft: Der Anwalt kann den Mandanten über die Voraussetzungen für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis beraten. Er kann ihm Tipps geben, wie er sich in der Zukunft verhalten sollte, um erneute Verstöße zu vermeiden.
Die Kosten eines Anwalts
Die Beauftragung eines Anwalts ist natürlich mit Kosten verbunden. Die Höhe der Kosten hängt vom Umfang der Tätigkeit und dem Streitwert ab. In der Regel wird der Anwalt ein Honorar vereinbaren, das sich nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) richtet. Es ist ratsam, sich vorab über die voraussichtlichen Kosten zu informieren. Eine Rechtsschutzversicherung kann die Kosten übernehmen, wenn der Fall versichert ist.
Fazit: Frühzeitige Beratung ist entscheidend
Ob ein Anwalt nach zwei A-Verstößen in der Probezeit noch das Ruder herumreißen kann, hängt von vielen Faktoren ab. Es gibt keine Garantie für einen Erfolg. Dennoch kann ein erfahrener Jurist oft noch wertvolle Hilfe leisten, indem er die Sachlage genau prüft, Rechtsmittel einlegt, vor Gericht argumentiert und mit den Behörden verhandelt. Je früher man sich an einen Anwalt wendet, desto größer sind die Chancen, die Situation zu verbessern. Eine frühzeitige Beratung kann unter Umständen sogar verhindern, dass es überhaupt zu einem zweiten A-Verstoß kommt. Denn Prävention ist immer besser als Nachsorge. Die wichtigste Lektion für Fahranfänger ist jedoch, sich stets an die Verkehrsregeln zu halten und verantwortungsbewusst zu fahren. Nur so kann man die Freiheit, die der Führerschein bietet, auch wirklich genießen.