Du hast einen Job im Ausland gefunden, innerhalb der Europäischen Union – herzlichen Glückwunsch! Ein spannendes neues Kapitel beginnt. Doch bevor du deine Koffer packst und dich in das Abenteuer stürzt, solltest du dich mit einigen wichtigen rechtlichen Aspekten auseinandersetzen, insbesondere mit der Gültigkeit deiner deutschen Probezeit im neuen Land. Denn: Nicht alles, was in Deutschland gilt, lässt sich eins zu eins auf andere EU-Länder übertragen.
Dieser Artikel soll dir einen umfassenden Überblick über das Thema geben und dir helfen, Fallstricke zu vermeiden. Wir beleuchten, wie die Probezeit in der EU grundsätzlich geregelt ist, welche Unterschiede es zu Deutschland gibt und worauf du bei deinem Arbeitsvertrag achten solltest.
Was ist die Probezeit überhaupt?
Die Probezeit ist eine vertraglich vereinbarte Anfangsphase eines Arbeitsverhältnisses, die sowohl dem Arbeitgeber als auch dem Arbeitnehmer die Möglichkeit gibt, das Arbeitsverhältnis ohne Angabe von Gründen und mit verkürzter Kündigungsfrist zu beenden. In Deutschland beträgt die gesetzliche Kündigungsfrist während der Probezeit in der Regel zwei Wochen. Ziel ist es, herauszufinden, ob die Erwartungen beider Seiten erfüllt werden und ob eine langfristige Zusammenarbeit denkbar ist.
Wie ist die Probezeit in der EU geregelt?
Die Europäische Union hat keine einheitlichen Gesetze zur Probezeit erlassen. Die Gestaltung der Probezeit ist Sache der einzelnen Mitgliedstaaten. Das bedeutet, dass die Dauer der Probezeit, die Kündigungsfristen und die Bedingungen für eine Kündigung während der Probezeit von Land zu Land unterschiedlich sein können. Einige Länder haben detaillierte gesetzliche Regelungen, während andere den Parteien mehr Spielraum bei der Ausgestaltung lassen.
Unterschiede zwischen Deutschland und anderen EU-Ländern
Hier einige Beispiele für Unterschiede in der Gestaltung der Probezeit in verschiedenen EU-Ländern:
- Dauer: In Deutschland ist eine Probezeit von bis zu sechs Monaten üblich. In einigen anderen EU-Ländern kann die Probezeit kürzer oder länger sein. In Frankreich beispielsweise kann die Probezeit für Angestellte bis zu vier Monate dauern, für leitende Angestellte sogar bis zu acht Monate. In Spanien hingegen ist eine Probezeit von sechs Monaten bei hochqualifizierten Fachkräften üblich, während sie bei einfachen Tätigkeiten oft kürzer ausfällt.
- Kündigungsfristen: Auch die Kündigungsfristen während der Probezeit variieren stark. In Deutschland beträgt die gesetzliche Kündigungsfrist zwei Wochen. In manchen Ländern kann sie kürzer, in anderen länger sein.
- Kündigungsschutz: Der Kündigungsschutz während der Probezeit ist in den meisten EU-Ländern eingeschränkt. Allerdings gibt es auch hier Unterschiede. In einigen Ländern genießen bestimmte Personengruppen (z.B. Schwangere oder Schwerbehinderte) auch während der Probezeit einen besonderen Schutz.
- Formvorschriften: Während in Deutschland eine mündliche Kündigung unwirksam ist, können in anderen Ländern möglicherweise andere Formvorschriften gelten. Es ist wichtig, sich über die spezifischen Bestimmungen im jeweiligen Land zu informieren.
Was bedeutet das für dich, wenn du im Ausland arbeitest?
Wenn du in einem anderen EU-Land arbeitest, gilt grundsätzlich das Arbeitsrecht des Landes, in dem du arbeitest. Das bedeutet, dass deine deutsche Probezeit im eigentlichen Sinne keine Gültigkeit hat. Stattdessen gelten die Bestimmungen des Arbeitsrechts des Gastlandes.
Wichtig: Auch wenn dein deutscher Arbeitsvertrag eine Probezeit vorsieht, die länger ist als die im Gastland übliche, kann diese Klausel unwirksam sein, wenn sie gegen das dortige Arbeitsrecht verstößt. Umgekehrt kann eine kürzere deutsche Probezeit irrelevant sein, wenn das Gastland längere Probezeiten erlaubt.
Worauf solltest du bei deinem Arbeitsvertrag achten?
Um Missverständnisse und böse Überraschungen zu vermeiden, solltest du bei deinem Arbeitsvertrag im Ausland besonders auf folgende Punkte achten:
- Anwendbares Recht: Stelle sicher, dass im Arbeitsvertrag klar festgelegt ist, welches Recht (also das Recht welchen Landes) auf das Arbeitsverhältnis Anwendung findet. In den meisten Fällen ist dies das Recht des Landes, in dem du arbeitest.
- Dauer der Probezeit: Auch wenn im Vertrag eine Probezeit vereinbart ist, solltest du dich zusätzlich über die gesetzlichen Bestimmungen zur Probezeit im jeweiligen Land informieren.
- Kündigungsfristen während der Probezeit: Achte auf die Kündigungsfristen, die während der Probezeit gelten. Sie können von den deutschen Fristen abweichen.
- Kündigungsschutz: Informiere dich über den Kündigungsschutz, der dir während der Probezeit zusteht.
- Sprache des Vertrags: Idealerweise sollte der Arbeitsvertrag in deiner Muttersprache oder in einer Sprache verfasst sein, die du fließend beherrschst. Wenn das nicht der Fall ist, lass den Vertrag von einem Übersetzer übersetzen oder von einem Experten prüfen.
Wie kannst du dich informieren?
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, sich über das Arbeitsrecht und die Bestimmungen zur Probezeit in anderen EU-Ländern zu informieren:
- Die EURES-Website: Die EURES-Website (European Employment Services) bietet Informationen zum Arbeiten und Leben in verschiedenen EU-Ländern.
- Die Botschaft oder das Konsulat des jeweiligen Landes: Die Botschaft oder das Konsulat des Landes, in dem du arbeiten möchtest, kann dir ebenfalls Informationen zum Arbeitsrecht geben.
- Ein Anwalt oder eine Rechtsberatungsstelle: Ein Anwalt oder eine Rechtsberatungsstelle, die auf Arbeitsrecht spezialisiert ist, kann dich umfassend beraten und dir helfen, deinen Arbeitsvertrag zu prüfen.
- Gewerkschaften: Gewerkschaften können dir ebenfalls Informationen zum Arbeitsrecht und zu den Arbeitsbedingungen in dem jeweiligen Land geben.
- Online-Foren und Communities: Online-Foren und Communities, in denen sich Expats austauschen, können dir wertvolle Einblicke und praktische Tipps geben.
Fazit
Die Probezeit in der EU ist kein einheitlich geregeltes Thema. Die Bestimmungen zur Dauer, den Kündigungsfristen und dem Kündigungsschutz können von Land zu Land stark variieren. Wenn du einen Job im Ausland antrittst, solltest du dich daher unbedingt über die spezifischen Bestimmungen im jeweiligen Land informieren und deinen Arbeitsvertrag sorgfältig prüfen. So kannst du sicherstellen, dass du deine Rechte kennst und böse Überraschungen vermeidest. Ein gut informierter Start in dein neues Abenteuer ist der Schlüssel zum Erfolg!
Ein Job im Ausland ist eine fantastische Chance, neue Kulturen kennenzulernen, deine Karriere voranzutreiben und persönlich zu wachsen. Mit der richtigen Vorbereitung und dem nötigen Wissen über die rechtlichen Rahmenbedingungen steht deinem erfolgreichen Start nichts mehr im Wege.