Ein dumpfer Schlag, splitternes Glas, ein Schreck – ein Wildunfall ist für jeden Autofahrer eine unangenehme Situation. Egal, ob es sich um ein Reh, einen Hasen oder ein Wildschwein handelt, die Konsequenzen können von Blechschäden bis hin zu schweren Verletzungen reichen. Doch was ist zu tun, wenn es passiert ist? Wie verhält man sich richtig, um sich selbst zu schützen, den Schaden zu begrenzen und alle notwendigen Schritte für die Schadensregulierung einzuleiten? Dieser Artikel gibt Ihnen eine umfassende Anleitung für das richtige Verhalten nach einem Wildunfall.
Sicherheit geht vor: Sofortmaßnahmen am Unfallort
Nach dem Schockmoment gilt es, Ruhe zu bewahren und besonnen zu handeln. Die oberste Priorität hat die Sicherheit aller Beteiligten. Befolgen Sie diese Schritte, um sich und andere zu schützen:
- Warnblinkanlage einschalten: Machen Sie Ihr Fahrzeug für andere Verkehrsteilnehmer sichtbar.
- Sichere Position: Bringen Sie Ihr Fahrzeug, wenn möglich und gefahrlos, an den Straßenrand oder auf einen nahegelegenen Parkplatz.
- Warnweste anziehen: Ziehen Sie die Warnweste an, um auch bei schlechten Sichtverhältnissen gut erkennbar zu sein.
- Unfallstelle absichern: Stellen Sie das Warndreieck in ausreichender Entfernung (innerorts 50 Meter, außerorts 100 Meter, Autobahn 150-200 Meter) auf.
- Verletzte versorgen: Leisten Sie Erste Hilfe, falls Personen verletzt wurden, und rufen Sie gegebenenfalls den Rettungsdienst (112).
- Gefahrenquelle beseitigen (wenn möglich): Wenn das tote Tier eine Gefahr für den Verkehr darstellt, versuchen Sie, es gefahrlos von der Fahrbahn zu entfernen. Tragen Sie dabei Handschuhe, um sich vor Krankheiten zu schützen.
Wichtig: Verlassen Sie sich nicht darauf, dass andere Verkehrsteilnehmer aufmerksam sind. Gehen Sie beim Verlassen Ihres Fahrzeugs äußerst vorsichtig vor und achten Sie auf den fließenden Verkehr.
Die Polizei rufen: Wann ist es Pflicht?
Die Frage, ob die Polizei nach einem Wildunfall gerufen werden muss, ist nicht immer einfach zu beantworten. Generell gilt: Bei Personenschäden ist die Hinzuziehung der Polizei obligatorisch. Aber auch in anderen Fällen ist es ratsam, die Polizei zu informieren:
- Bei unklaren Sachverhalten: Wenn Sie sich unsicher sind, wer für den Schaden aufkommt oder wenn der Unfallhergang unklar ist.
- Bei hohem Sachschaden: Bei größeren Schäden am Fahrzeug.
- Wenn das Tier noch lebt: Ist das Tier verletzt, aber noch am Leben, ist es zwingend erforderlich, die Polizei zu verständigen. Diese wird den zuständigen Jagdpächter informieren, der sich um das Tier kümmert, um unnötiges Leid zu vermeiden.
- Wenn die Polizei es fordert: In einigen Bundesländern ist es Pflicht, die Polizei bei einem Wildunfall zu informieren, unabhängig vom Schaden. Informieren Sie sich über die geltenden Bestimmungen in Ihrem Bundesland.
Die Polizei nimmt den Unfall auf, sichert Spuren und stellt eine Wildunfallbescheinigung aus. Diese Bescheinigung ist essenziell für die Schadensregulierung mit Ihrer Versicherung.
Die Wildunfallbescheinigung: Ihr Schlüssel zur Schadensregulierung
Die Wildunfallbescheinigung ist ein offizielles Dokument, das von der Polizei oder dem Jagdpächter ausgestellt wird und den Wildunfall bestätigt. Sie enthält Angaben zum Unfallort, -zeitpunkt, zum beteiligten Wildtier und zum Fahrzeug. Ohne diese Bescheinigung kann die Versicherung die Schadensregulierung ablehnen. Achten Sie daher unbedingt darauf, eine Wildunfallbescheinigung zu erhalten.
Die Versicherung informieren: Fristen und Vorgehensweise
Nachdem die ersten Maßnahmen am Unfallort getroffen wurden, ist es wichtig, Ihre Versicherung so schnell wie möglich über den Wildunfall zu informieren. Die meisten Versicherungen haben hierfür bestimmte Fristen (oft innerhalb von 24 bis 48 Stunden). Versäumen Sie diese Frist nicht, da dies zu Problemen bei der Schadensregulierung führen kann.
Informieren Sie Ihre Versicherung telefonisch oder online und halten Sie folgende Informationen bereit:
- Versicherungsnummer
- Kennzeichen des Fahrzeugs
- Unfallort und -zeitpunkt
- Angaben zum beteiligten Wildtier
- Polizeiliches Aktenzeichen (falls vorhanden)
- Kopie der Wildunfallbescheinigung
- Fotos vom Schaden
Beschreiben Sie den Unfallhergang so genau wie möglich und beantworten Sie alle Fragen der Versicherung wahrheitsgemäß. Klären Sie ab, welche Unterlagen und Nachweise für die Schadensregulierung benötigt werden.
Welche Versicherung zahlt? Teilkasko vs. Vollkasko
Die Frage, welche Versicherung für den Schaden nach einem Wildunfall aufkommt, hängt von Ihrem Versicherungsschutz ab. In der Regel greift die Teilkaskoversicherung, wenn es sich um einen Zusammenstoß mit Haarwild handelt. Haarwild umfasst beispielsweise Rehe, Wildschweine, Hirsche und Füchse. Einige Versicherungen decken auch Schäden durch Federwild ab. Prüfen Sie Ihre Versicherungsbedingungen, um genau zu wissen, welche Tierarten abgedeckt sind.
Die Vollkaskoversicherung deckt in der Regel auch Schäden ab, die nicht durch Haarwild verursacht wurden, sowie Schäden durch Vandalismus oder selbstverschuldete Unfälle. Wenn Sie also beispielsweise einem Ausweichmanöver ausweichen mussten, um einen Wildunfall zu vermeiden, und dabei einen Baum touchiert haben, würde die Vollkaskoversicherung in der Regel den Schaden übernehmen. Allerdings müssen Sie in diesem Fall mit einer Höherstufung Ihres Schadenfreiheitsrabatts rechnen.
Wichtig: Informieren Sie sich genau über die Leistungen Ihrer Versicherung und lassen Sie sich im Zweifelsfall von einem Versicherungsexperten beraten.
Schadensregulierung: So bekommen Sie Ihr Geld
Nachdem Sie Ihre Versicherung informiert haben, wird diese den Schaden begutachten. In der Regel wird ein Gutachter beauftragt, den Schaden am Fahrzeug zu bewerten und die Reparaturkosten zu schätzen. Sie können auch selbst einen Gutachter beauftragen, allerdings müssen Sie die Kosten dafür in der Regel selbst tragen, wenn die Versicherung den Gutachter bereits beauftragt hat.
Lassen Sie Ihr Fahrzeug in einer Werkstatt Ihrer Wahl reparieren und reichen Sie die Rechnung bei Ihrer Versicherung ein. Die Versicherung wird die Reparaturkosten im Rahmen Ihrer Versicherungsbedingungen übernehmen. Beachten Sie, dass Sie bei einer Teilkaskoversicherung in der Regel eine Selbstbeteiligung zahlen müssen.
Wildunfälle vermeiden: Tipps für sicheres Fahren
Ein Wildunfall ist oft unvermeidlich, aber es gibt einige Maßnahmen, die Sie ergreifen können, um das Risiko zu minimieren:
- Aufmerksam fahren: Achten Sie besonders in waldreichen Gebieten und in der Dämmerung aufmerksam auf den Straßenrand.
- Geschwindigkeit anpassen: Fahren Sie in gefährdeten Gebieten langsamer und bremsbereit.
- Auf Wildwechsel achten: Beachten Sie Warnschilder, die auf Wildwechsel hinweisen.
- Fernlicht nutzen: Nutzen Sie Fernlicht, um Tiere frühzeitig zu erkennen, aber blenden Sie entgegenkommende Fahrzeuge ab.
- Hupen: Wenn Sie ein Tier am Straßenrand sehen, hupen Sie kurz, um es zu verscheuchen.
- Bremsen und Ausweichen: Wenn ein Tier die Straße betritt, bremsen Sie stark ab. Ein Ausweichmanöver sollte nur als letzte Option in Betracht gezogen werden, da es oft zu unkontrollierten Fahrmanövern und schlimmeren Unfällen führen kann.
Ein Wildunfall ist eine belastende Erfahrung. Mit den richtigen Informationen und dem richtigen Verhalten können Sie jedoch den Schaden minimieren und die Schadensregulierung reibungslos gestalten. Bleiben Sie ruhig, handeln Sie besonnen und informieren Sie sich über Ihre Rechte und Pflichten.