Stärke am Himmel: Wie viele Flugzeuge besitzt die Deutsche Bundeswehr tatsächlich?

Die Diskussion um die Leistungsfähigkeit der Deutschen Bundeswehr ist ein ständiges Thema in Politik und Öffentlichkeit. Ein zentraler Aspekt dieser Debatte betrifft die Luftstreitkräfte – das Rückgrat der militärischen Projektion und Verteidigung. Doch wie viele Flugzeuge und Hubschrauber besitzt die Bundeswehr tatsächlich? Die Antwort ist komplexer, als eine einfache Zahl vermuten lässt, denn sie hängt von Definitionen, Zuständigkeiten und nicht zuletzt der operativen Verfügbarkeit ab. Dieser Artikel taucht tief in die Materie ein und beleuchtet die beeindruckende, aber auch herausfordernde Realität der deutschen Luftstreitkräfte.

### Ein Himmel voller Facetten: Die Gliederung der Luftstreitkräfte

Die Bundeswehr ist in Teilstreitkräfte gegliedert, und jede von ihnen verfügt über Luftfahrzeuge für spezifische Aufgaben. Die größten Bestände besitzt die Luftwaffe, die für den Luftkampf, strategischen Transport und Luftaufklärung zuständig ist. Das Heer (Heeresflieger) betreibt eine Flotte von Kampf- und Transporthubschraubern zur Unterstützung der Bodentruppen. Die Marine (Marineflieger) setzt Hubschrauber auf Schiffen und Seefernaufklärer für maritime Operationen ein. Zudem gibt es spezialisierte Einheiten und unbemannte Systeme, die das Gesamtbild abrunden. Es ist also nicht nur eine Frage der Quantität, sondern auch der Qualität und der Einsatzbereiche.

### Die Königsklasse der Luftwaffe: Kampfflugzeuge

An der Spitze der Luftwaffenflotte stehen die Kampfflugzeuge, deren Hauptaufgabe die Sicherung des Luftraums und die Durchführung von Präzisionsschlägen ist.

#### Eurofighter Typhoon – Das Rückgrat der Luftverteidigung
Der Eurofighter Typhoon ist das modernste und leistungsfähigste Kampfflugzeug der Luftwaffe und bildet das Herzstück der deutschen Luftverteidigung. Mit seinen fortschrittlichen Sensoren, der hohen Agilität und der Fähigkeit, eine Vielzahl von Luft-Luft- und Luft-Boden-Waffen zu tragen, ist er ein Multitalent. Deutschland verfügt über verschiedene Tranchen des Eurofighters, die sukzessive modernisiert werden. Aktuell befinden sich etwa 140 Eurofighter im Bestand der Bundeswehr. Allerdings sind nicht alle davon jederzeit einsatzbereit, da Wartung, Reparaturen und Pilotenausbildung einen erheblichen Teil der Flotte binden. Die kontinuierliche Weiterentwicklung und die Beschaffung weiterer Flugzeuge sind geplant, um die Effektivität auch in Zukunft zu gewährleisten.

#### Panavia Tornado – Der Veteran im Übergang
Der Panavia Tornado, ein Kampfflugzeug der zweiten Generation, dient der Bundeswehr seit den 1980er Jahren. Er ist ein vielseitiger Jagdbomber, der für seine Tiefflugfähigkeiten und seine Rolle in der elektronischen Kampfführung (ECR – Electronic Combat/Reconnaissance) bekannt ist. Von ursprünglich über 350 Exemplaren sind heute noch etwa 80 Tornado-Jets im Einsatz, vor allem in den Rollen der elektronischen Aufklärung und Bekämpfung sowie als Träger für nukleare Waffen im Rahmen der nuklearen Teilhabe. Der Tornado befindet sich jedoch in der Ausmusterung und soll bis Mitte der 2020er Jahre schrittweise durch den modernen F-35 Lightning II für die nukleare Teilhabe und spezialisierte Eurofighter ECR für die elektronische Kampfführung ersetzt werden.

### Transport und Logistik: Die globalen Reichweite der Luftwaffe

Neben der Kampfkraft ist die Fähigkeit zum Lufttransport entscheidend für die globale Präsenz und schnelle Reaktion der Bundeswehr.

#### Airbus A400M Atlas – Das europäische Arbeitspferd
Der Airbus A400M ist das moderne taktische und strategische Transportflugzeug der Luftwaffe und ersetzt sukzessive die legendäre C-160 Transall. Mit seiner Fähigkeit, große Lasten – von Panzern bis hin zu humanitärer Hilfe – über weite Strecken zu transportieren und auf unbefestigten Pisten zu landen, ist der A400M ein unverzichtbares Asset. Deutschland hat insgesamt 53 A400M bestellt, von denen derzeit über 40 Flugzeuge ausgeliefert und im Dienst sind. Der A400M ist das Rückgrat der Lufttransportfähigkeit der Bundeswehr und ermöglicht Operationen in den entlegensten Winkeln der Welt.

#### Airbus A330 MRTT – Tanker und Transporter
Die A330 Multi Role Tanker Transport (MRTT) sind nicht nur für den Personentransport großer Delegationen und Truppenteile vorgesehen, sondern auch für die Luftbetankung von Kampfflugzeugen. Deutschland beteiligt sich an einem multinationalen MRTT-Pool, der von der NATO betrieben wird. Zwei dieser hochmodernen Flugzeuge wurden bereits ausgeliefert, weitere sind geplant, um die strategische Reichweite und Ausdauer der Kampfjets deutlich zu erhöhen.

#### VIP- und Verbindungsflotte
Für den Transport hochrangiger Persönlichkeiten und Regierungsmitglieder unterhält die Flugbereitschaft des Bundesministeriums der Verteidigung eine eigene Flotte. Dazu gehören unter anderem Airbus A321 (ehemals A319), sowie kleinere Business-Jets wie die Global 6000 und Global 5000. Diese Flugzeuge sind zwar nicht direkt an militärischen Operationen beteiligt, tragen aber zur diplomatischen Handlungsfähigkeit und zur schnellen Verfügbarkeit von Führungspersonal bei.

### Die Heeresflieger: Unterstützung aus der Luft für Bodentruppen

Die Heeresflieger sind spezialisiert auf die direkte Unterstützung der Bodentruppen und betreiben eine leistungsstarke Hubschrauberflotte.

#### Airbus Tiger – Der Kampfhubschrauber
Der Airbus Tiger ist der moderne Kampfhubschrauber des Heeres, der für die Panzerabwehr, Aufklärung und Feuerunterstützung konzipiert wurde. Mit seiner agilen Flugleistung und der Fähigkeit, eine Vielzahl von Waffen zu tragen, ist er ein effektives Werkzeug im modernen Gefechtsfeld. Deutschland hat insgesamt 51 Tiger-Hubschrauber beschafft, von denen derzeit etwa 50 im Dienst sind. Wie bei allen komplexen Waffensystemen ist auch hier die Einsatzbereitschaft ein wiederkehrendes Thema, das durch intensive Wartung und Modernisierung adressiert wird.

#### NH90 TTH – Der Transporter für das Heer
Der NH90 TTH (Tactical Transport Helicopter) ist der mittlere Transporthubschrauber des Heeres und ersetzt sukzessive die über Jahrzehnte bewährte UH-1D. Er ist vielseitig einsetzbar, von Truppentransport über Verwundetentransport bis hin zu Spezialmissionen. Deutschland hat insgesamt 82 NH90 für das Heer bestellt, von denen der Großteil bereits ausgeliefert und im Einsatz ist. Der NH90 ist ein Schlüssel für die Mobilität und Flexibilität der Landstreitkräfte.

#### Sikorsky CH-53G – Der schwere Lastesel im Ruhestand
Der schwere Transporthubschrauber Sikorsky CH-53G war über fünf Jahrzehnte lang das Rückgrat der Schwerlasttransportfähigkeit des Heeres. Mit seiner beeindruckenden Tragkraft konnte er ganze Fahrzeuge oder große Mengen Material transportieren. Von ehemals über 110 Exemplaren sind heute noch rund 60 CH-53G im aktiven Dienst, die jedoch das Ende ihrer Lebensdauer erreicht haben. Ihre Außerdienststellung ist geplant, und als Nachfolger hat sich die Bundeswehr für den US-amerikanischen Boeing CH-47F Chinook entschieden. 60 Chinooks sollen ab 2027 die Fähigkeiten im Schwerlastbereich wieder auf ein modernes Niveau heben.

#### H145 LUH SAR / SOF – Spezialisten für Rettung und Spezialkräfte
Die H145 Light Utility Helicopter (LUH) werden in verschiedenen Konfigurationen eingesetzt. Als H145 LUH SAR sind sie für den Such- und Rettungsdienst (SAR) in Deutschland zuständig und ersetzen die betagten Bell UH-1D. Rund 15 dieser Hubschrauber sind hierfür im Einsatz. Eine weitere Variante, die H145 LUH SOF, dient den Spezialkräften (KSK) und ermöglicht schnelle, diskrete Operationen. Diese Hubschrauber sind nicht nur vielseitig, sondern auch hochmodern und tragen maßgeblich zur Fähigkeit der Spezialkräfte bei.

### Die Marineflieger: Augen und Ohren auf See

Die Marineflieger sichern die Seegebiete, unterstützen Marineverbände und leisten Beiträge zur maritimen Aufklärung und Rettung.

#### P-3C Orion – Der Seefernaufklärer im Abschied
Die P-3C Orion ist der Seefernaufklärer der Deutschen Marine und essentiell für die U-Boot-Jagd, maritime Aufklärung und Überwachung großer Seegebiete. Von ursprünglich acht Flugzeugen sind derzeit noch fünf in der Flotte aktiv. Auch diese Flugzeuge nähern sich dem Ende ihrer Lebensdauer und werden in den kommenden Jahren durch modernere Systeme ersetzt. Deutschland hat sich für die Beschaffung von fünf US-amerikanischen Boeing P-8A Poseidon entschieden, die ab 2025 die Fähigkeiten der Marineflieger auf ein neues Level heben sollen.

#### NH90 Sea Lion – Der Bordhubschrauber der Zukunft
Der NH90 Sea Lion ist der neue Mehrzweckhubschrauber der Marine und ersetzt sukzessive den betagten Sea King. Er ist für den Einsatz von Fregatten und Korvetten optimiert und dient für Such- und Rettungseinsätze, den Transport von Personal und Material sowie zur maritimen Aufklärung. Deutschland hat 18 Sea Lions bestellt, von denen bereits mehrere ausgeliefert wurden und sich im Einsatz befinden.

#### Westland Sea Lynx Mk.88A – Der agile Bordhubschrauber
Der Westland Sea Lynx Mk.88A ist seit Jahrzehnten der Bordhubschrauber der deutschen Fregatten. Er ist primär für die U-Boot-Jagd und Aufklärung konzipiert. Rund 22 dieser Hubschrauber sind derzeit noch im Dienst, werden aber langfristig ebenfalls durch den NH90 Sea Lion ergänzt und schrittweise ersetzt.

#### Dornier Do 228 LM – Die Spezialistin für Umweltschutz
Zwei Flugzeuge des Typs Dornier Do 228 LM (Luftreinhaltung Marine) werden von der Marine für die Überwachung des maritimen Umweltschutzes in der Nord- und Ostsee eingesetzt. Sie können Ölverschmutzungen erkennen und dokumentieren, was einen wichtigen Beitrag zum Schutz der Meere leistet.

### Unbemannte Systeme (UAS/Drohnen): Der Blick von oben

Die Bedeutung von Unmanned Aircraft Systems (UAS), umgangssprachlich Drohnen genannt, hat in den letzten Jahren rasant zugenommen. Sie ergänzen bemannte Systeme in Aufklärung, Überwachung und zukünftig auch im Kampf.

#### Heron TP – Die große Aufklärungsdrohne
Die Bundeswehr least derzeit fünf israelische Aufklärungsdrohnen vom Typ Heron TP, die in Mali und Afghanistan wertvolle Dienste für die Aufklärung und den Schutz der eigenen Kräfte geleistet haben. Die Heron TP kann sehr lange in der Luft bleiben und große Gebiete überwachen. Sie wird von der Luftwaffe betrieben. Derzeit laufen die Planungen für ein europäisches MALE RPAS (Medium Altitude Long Endurance – Remotely Piloted Aircraft System) als zukünftige Lösung.

#### Kleinere Drohnensysteme
Neben der Heron TP setzt die Bundeswehr eine Vielzahl kleinerer Drohnensysteme ein, darunter Aufklärungsdrohnen wie die Luna NG und die KZO (Kleinflugzeug für Zielortung), die auf Bataillonsebene zur unmittelbaren Gefechtsfeldaufklärung dienen. Auch Handstartdrohnen wie die Aladin und Mikado finden in der Infanterie breite Anwendung. Die Anzahl dieser Systeme geht in die Hunderte und wächst stetig.

### Die Herausforderung der Verfügbarkeit und Modernisierung

Die bloße Anzahl der Flugzeuge ist nur eine Seite der Medaille. Eine ebenso entscheidende Rolle spielt die Verfügbarkeit. Flugzeuge und Hubschrauber müssen regelmäßig gewartet, repariert und modernisiert werden. Dies führt dazu, dass ein signifikanter Teil der Flotte zu jedem Zeitpunkt in der Werft steht und nicht für den operativen Einsatz bereit ist. Die Bundeswehr hat in den letzten Jahren erhebliche Anstrengungen unternommen, um die technische Verfügbarkeit ihrer Luftfahrzeuge zu verbessern, was jedoch ein fortlaufender Prozess ist, der hohe Investitionen in Personal, Material und Infrastruktur erfordert.

Die Modernisierung der Flotte ist ebenfalls ein Dauerbrenner. Viele Systeme, wie der Tornado oder die CH-53G, haben das Ende ihrer Nutzungsdauer erreicht. Die Beschaffung von Nachfolgemodellen wie der F-35, dem CH-47F Chinook und der P-8A Poseidon ist aufwendig, zeitintensiv und mit erheblichen Kosten verbunden. Doch sie ist unerlässlich, um die technologische Anschlussfähigkeit und somit die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr in einem komplexen sicherheitspolitischen Umfeld zu gewährleisten.

### Fazit: Eine dynamische Bilanz am Himmel

Die Deutsche Bundeswehr verfügt über eine beeindruckende und technologisch vielfältige Flotte von Flugzeugen und Hubschraubern, die auf die Bedürfnisse von Luftwaffe, Heer und Marine zugeschnitten ist. Die Gesamtzahl der Luftfahrzeuge, einschließlich bemannter und unbemannter Systeme, liegt bei weit über 600 Einheiten, wobei diese Zahl ständig durch Zuläufe, Ausmusterungen und Leasings variiert.

Es ist jedoch entscheidend zu verstehen, dass die „Stärke am Himmel” nicht allein durch die reine Stückzahl definiert wird. Vielmehr sind die operative Verfügbarkeit, die Ausbildung der Besatzungen, die moderne Ausrüstung und die Fähigkeit zur Vernetzung im Verbund die wahren Indikatoren militärischer Leistungsfähigkeit. Die Bundeswehr befindet sich in einem ständigen Prozess der Erneuerung und Anpassung, um den Herausforderungen der Gegenwart und Zukunft gerecht zu werden. Die Investitionen in neue Flugzeugtypen, die Verbesserung der Wartungsprozesse und die Ausbildung des Personals sind entscheidend, um die Rolle Deutschlands als verlässlicher Partner in internationalen Bündnissen und zur Sicherung der nationalen Interessen effektiv wahrnehmen zu können. Die deutsche Luftwaffe, die Heeresflieger und die Marineflieger bleiben somit ein unverzichtbarer Pfeiler der deutschen Verteidigungs- und Sicherheitspolitik.