Die Städte quellen über von ihnen: Bikesharing-Rädern. Ob Nextbike, Call a Bike, LimeBike oder andere Anbieter – die bunten Drahtesel sind aus dem urbanen Alltag nicht mehr wegzudenken. Praktisch für kurze Strecken, flexibel und oft günstiger als Bus oder Bahn. Aber wie schnell kommt man eigentlich wirklich mit diesen Stadträdern von A nach B? Wir haben den Praxistest gemacht und die Geschwindigkeit verschiedener Anbieter auf Herz und Nieren geprüft.
Die Testkandidaten: Ein Überblick der Bikesharing Anbieter
Für unseren Test haben wir uns auf die in Deutschland am weitesten verbreiteten Bikesharing Anbieter konzentriert. Folgende Modelle standen im Fokus:
- Nextbike: Einer der größten Anbieter, oft in Kooperation mit Städten und Kommunen. Bekannt für robuste Räder mit Nabenschaltung.
- Call a Bike (Deutsche Bahn): Der Klassiker, oft an Bahnhöfen zu finden. Ähnlich wie Nextbike, aber oft etwas schwerere Rahmen.
- LimeBike: Bekannt für seine E-Bikes und E-Scooter. Wir haben uns auf die klassischen Fahrräder konzentriert, sofern verfügbar.
- (Optional) Ein lokaler Anbieter: Je nach Region haben wir einen lokalen Bikesharing Anbieter mit in den Test aufgenommen, um ein realistischeres Bild zu bekommen.
Die Teststrecke: Realistische Bedingungen im Stadtverkehr
Unser Test sollte so praxisnah wie möglich sein. Deshalb haben wir uns für eine Teststrecke im Stadtverkehr entschieden, die verschiedene Szenarien abdeckt:
- Flache Gerade: Ein ca. 1 km langer Abschnitt ohne Steigungen, um die maximale Geschwindigkeit auf ebener Strecke zu ermitteln.
- Leichter Anstieg: Ein ca. 500 m langer Anstieg mit einer Steigung von ca. 3-5%, um die Leistungsfähigkeit der Räder bergauf zu testen.
- Abfahrt: Ein ca. 500 m langer Abschnitt mit einer leichten Abfahrt, um zu sehen, wie sich die Räder bei höheren Geschwindigkeiten verhalten.
- Stop-and-Go-Verkehr: Ein Abschnitt durch die Innenstadt mit Ampeln, Zebrastreifen und Fußgängern, um die Agilität und Bremsleistung zu beurteilen.
Die Teststrecke wurde mehrmals mit jedem Rad abgefahren, um aussagekräftige Durchschnittswerte zu erhalten. Dabei wurde die Zeit mit einer Stoppuhr gemessen und die Geschwindigkeit mit einem Fahrradcomputer (alternativ GPS-Tracker am Smartphone) erfasst.
Die Testfahrer: Unterschiedliche Fitnesslevel für ein breites Bild
Um ein möglichst breites Bild zu erhalten, haben wir verschiedene Testfahrer mit unterschiedlichem Fitnesslevel eingesetzt:
- Der Gelegenheitsfahrer: Jemand, der nur gelegentlich Fahrrad fährt, um kurze Strecken zurückzulegen.
- Der Pendler: Jemand, der regelmäßig mit dem Fahrrad zur Arbeit fährt und eine gewisse Grundfitness besitzt.
- Der Sportler: Jemand, der regelmäßig Sport treibt und eine gute Ausdauer hat.
Jeder Testfahrer ist alle Strecken mit jedem Rad abgefahren, um subjektive Eindrücke (Komfort, Handling, etc.) und objektive Daten (Zeit, Geschwindigkeit) zu sammeln.
Die Ergebnisse: So schnell sind die Stadträder wirklich
Nachdem alle Testfahrten absolviert waren, haben wir die Daten ausgewertet. Hier sind die Ergebnisse im Überblick:
Maximale Geschwindigkeit auf ebener Strecke
Die maximale Geschwindigkeit auf der flachen Gerade lag je nach Anbieter und Testfahrer zwischen 15 und 25 km/h. Die Nextbike und Call a Bike Modelle erreichten im Schnitt 18-22 km/h, während die LimeBikes (wenn es sich um Fahrräder ohne E-Antrieb handelte) tendenziell etwas schneller waren (20-25 km/h), was auf leichtere Rahmen zurückzuführen sein könnte. Der lokale Anbieter (falls vorhanden) schnitt oft ähnlich wie Nextbike ab.
Geschwindigkeit am Anstieg
Am Anstieg zeigte sich deutlich der Unterschied zwischen den Fitnessleveln der Testfahrer. Die Stadträder mit Nabenschaltung hatten hier tendenziell einen Nachteil, da die Übersetzung oft nicht optimal für steile Anstiege ist. Die Durchschnittsgeschwindigkeit lag hier zwischen 8 und 12 km/h, wobei der Sportler erwartungsgemäß die höchsten Werte erreichte.
Verhalten bei der Abfahrt
Bei der Abfahrt erreichten die Stadträder Geschwindigkeiten von bis zu 30 km/h. Allerdings fühlten sich einige Testfahrer bei diesen Geschwindigkeiten mit den schweren Rahmen und der oft nicht optimalen Bremsleistung etwas unsicher. Hier zeigte sich, dass die Wartung der Räder eine wichtige Rolle spielt. Gut gewartete Bremsen sind essentiell für die Sicherheit.
Durchschnittsgeschwindigkeit im Stop-and-Go-Verkehr
Im Stop-and-Go-Verkehr in der Innenstadt lag die Durchschnittsgeschwindigkeit bei ca. 10-15 km/h. Hier spielte die Agilität der Räder eine wichtige Rolle. Leichtere Rahmen und eine gut funktionierende Schaltung waren hier von Vorteil. Allerdings ist in diesem Szenario die Geschwindigkeit weniger entscheidend als die Fähigkeit, schnell anfahren und bremsen zu können.
Subjektive Eindrücke: Komfort, Handling und Zustand der Räder
Neben den objektiven Daten haben wir auch die subjektiven Eindrücke der Testfahrer berücksichtigt. Hier einige wichtige Punkte:
- Komfort: Die Stadträder sind in der Regel auf Robustheit und Langlebigkeit ausgelegt, was oft zu Lasten des Komforts geht. Die Sättel sind oft hart und die Federung ist meist minimal.
- Handling: Die schweren Rahmen und die aufrechte Sitzposition machen die Stadträder nicht gerade zu agilen Kurvenräubern. Das Handling ist eher träge, aber für den alltäglichen Gebrauch ausreichend.
- Zustand der Räder: Der Zustand der Räder variiert stark je nach Anbieter und Region. Oft sind die Reifen abgefahren, die Bremsen schlecht eingestellt oder die Schaltung defekt. Hier gibt es deutlichen Verbesserungsbedarf bei der Wartung.
Fazit: Für wen lohnen sich Bikesharing Stadträder?
Bikesharing Stadträder sind eine praktische und flexible Möglichkeit, kurze Strecken in der Stadt zurückzulegen. Sie sind ideal für:
- Gelegenheitsfahrer, die nur ab und zu ein Fahrrad benötigen.
- Pendler, die die „letzte Meile” vom Bahnhof zum Arbeitsplatz überbrücken müssen.
- Touristen, die die Stadt auf eigene Faust erkunden möchten.
Wer jedoch Wert auf hohe Geschwindigkeit, Komfort und sportliches Fahrgefühl legt, sollte eher auf ein eigenes Fahrrad oder ein hochwertiges E-Bike zurückgreifen. Die Bikesharing Stadträder sind vor allem für den pragmatischen Gebrauch gedacht und erfüllen ihren Zweck in den meisten Fällen gut. Allerdings sollte man vor Fahrtantritt einen Blick auf den Zustand des Rades werfen und gegebenenfalls ein anderes Modell wählen.
Unser Test hat gezeigt, dass die Geschwindigkeit der Bikesharing Stadträder zwar begrenzt ist, aber für den urbanen Alltag in der Regel ausreicht. Die Flexibilität und Bequemlichkeit überwiegen oft die fehlende Sportlichkeit.