Wer kennt das nicht: Man ist mit Bus oder Bahn unterwegs, wird kontrolliert und plötzlich soll man eine Fahrpreisnacherhebung zahlen. Ein Schreckmoment! Schnell fragt man sich, ob das wirklich rechtens ist und ob man sich dagegen wehren kann. In diesem Artikel beleuchten wir, wann eine solche Forderung gerechtfertigt ist, wann nicht und wann es sich tatsächlich lohnt, Einspruch zu erheben.
Was ist eine Fahrpreisnacherhebung überhaupt?
Eine Fahrpreisnacherhebung (oft auch „Erhöhtes Beförderungsentgelt” oder „EBE” genannt) ist eine Art Vertragsstrafe, die von Verkehrsunternehmen erhoben wird, wenn ein Fahrgast ohne gültigen Fahrschein oder mit einem ungültigen Fahrschein angetroffen wird. Sie soll diejenigen bestrafen, die die Beförderungsbedingungen nicht einhalten und somit einen Anreiz schaffen, sich korrekt zu verhalten. Die Höhe der Nachzahlung ist gesetzlich geregelt und variiert je nach Verkehrsunternehmen, liegt aber in der Regel zwischen 60 und 100 Euro.
Wann ist eine Fahrpreisnacherhebung berechtigt?
Eine Fahrpreisnacherhebung ist grundsätzlich dann berechtigt, wenn ein Fahrgast gegen die Beförderungsbedingungen des jeweiligen Verkehrsunternehmens verstoßen hat. Typische Fälle sind:
* **Fahren ohne gültigen Fahrschein:** Der Klassiker. Man hat schlichtweg vergessen, ein Ticket zu kaufen oder zu entwerten.
* **Fahren mit einem ungültigen Fahrschein:** Das Ticket ist abgelaufen, die Gültigkeitsdauer ist überschritten oder es wurde nicht ordnungsgemäß entwertet.
* **Fahren mit einem gefälschten Fahrschein:** Hier handelt es sich um eine Straftat, die neben der Fahrpreisnacherhebung auch strafrechtliche Konsequenzen haben kann.
* **Fahren mit einem Fahrschein, der auf eine andere Person ausgestellt ist:** Viele persönliche Tickets sind nicht übertragbar.
* **Verstoß gegen die Beförderungsbedingungen:** Beispielsweise die Mitnahme von Fahrrädern ohne gültige Fahrradkarte oder das Rauchen im Nichtraucherbereich.
* **Nichtvorzeigen des Fahrscheins:** Auch wenn man einen gültigen Fahrschein besitzt, muss man diesen bei der Kontrolle vorzeigen können. Kann man dies nicht, ist eine Nachzahlung zunächst berechtigt.
Wann ist eine Fahrpreisnacherhebung unberechtigt?
Nicht jede Fahrpreisnacherhebung ist automatisch gerechtfertigt. Es gibt durchaus Situationen, in denen man sich erfolgreich dagegen wehren kann:
* **Unverschuldeter Irrtum:** Man hat beispielsweise ein Ticket für die falsche Zone gekauft, weil die Informationen am Automaten unklar waren. Hier kommt es auf den Einzelfall an, aber die Chancen stehen gut, dass man die Nachzahlung nicht leisten muss.
* **Defekt des Fahrkartenautomaten:** Wenn der Automat defekt ist und man keine Möglichkeit hatte, ein Ticket zu kaufen, sollte man dies sofort dem Kontrolleur mitteilen und sich dies idealerweise bestätigen lassen.
* **Fehler des Verkehrsunternehmens:** Beispielsweise eine fehlerhafte Tarifauskunft oder eine unklare Beschilderung.
* **Notfallsituation:** Man musste die Fahrt antreten, um beispielsweise einem medizinischen Notfall zu begegnen.
* **Minderjährigkeit:** Bei Minderjährigen haften in der Regel die Eltern für die Nachzahlung. Hier kann es sich lohnen, die Rechtmäßigkeit der Forderung zu prüfen, insbesondere wenn die Eltern nicht einverstanden sind.
* **Technische Probleme:** Ein defektes Mobiltelefon, auf dem das Ticket gespeichert ist, kann problematisch sein. Hier ist es wichtig, den Fehler schnellstmöglich zu beheben und dem Kontrolleur zu erklären. Wenn man den gültigen Fahrschein nachträglich nachweisen kann, wird die Nachzahlung oft storniert.
* **Falsche Behauptung:** Der Kontrolleur behauptet fälschlicherweise, dass der Fahrschein ungültig sei.
Wie geht man gegen eine unberechtigte Fahrpreisnacherhebung vor?
Wenn Sie der Meinung sind, dass die Fahrpreisnacherhebung unberechtigt ist, sollten Sie folgendermaßen vorgehen:
1. **Ruhig bleiben:** Auch wenn Sie sich ungerecht behandelt fühlen, bleiben Sie ruhig und sachlich. Eine aggressive Haltung bringt Sie nicht weiter.
2. **Sachverhalt klären:** Erklären Sie dem Kontrolleur ruhig und detailliert die Situation. Legen Sie gegebenenfalls Beweise vor (z.B. den defekten Fahrscheinautomaten).
3. **Nachweis sichern:** Notieren Sie sich den Namen des Kontrolleurs, das Datum und die Uhrzeit der Kontrolle sowie die genaue Begründung für die Fahrpreisnacherhebung.
4. **Einspruch erheben:** Bezahlen Sie die Fahrpreisnacherhebung nicht sofort, sondern erheben Sie schriftlich Einspruch. Die meisten Verkehrsunternehmen haben dafür ein Formular, das Sie auf ihrer Website finden oder beim Kundenservice anfordern können.
5. **Fristen beachten:** Achten Sie unbedingt auf die Frist für den Einspruch. Diese ist in der Regel kurz (oft nur 14 Tage).
6. **Einspruch begründen:** Begründen Sie Ihren Einspruch detailliert und legen Sie alle relevanten Beweise bei (z.B. Fotos vom defekten Fahrscheinautomaten, Zeugenaussagen, ärztliches Attest).
7. **Einschreiben:** Senden Sie den Einspruch per Einschreiben mit Rückschein, um einen Nachweis über den Versand zu haben.
8. **Anwalt einschalten:** Wenn Ihr Einspruch abgelehnt wird, können Sie sich von einem Anwalt beraten lassen. Dies ist insbesondere dann sinnvoll, wenn es sich um einen komplexen Fall handelt oder wenn die Nachzahlungssumme hoch ist.
Wann lohnt sich ein Einspruch wirklich?
Ob sich ein Einspruch gegen eine Fahrpreisnacherhebung lohnt, hängt von verschiedenen Faktoren ab:
* **Rechtslage:** Wie sind Ihre Erfolgsaussichten? Gibt es ähnliche Fälle, die bereits vor Gericht entschieden wurden?
* **Beweislage:** Können Sie Ihre Argumente mit Beweisen untermauern?
* **Kosten:** Wie hoch ist die Fahrpreisnacherhebung? Wie hoch wären die Kosten für einen Anwalt?
* **Zeitaufwand:** Wie viel Zeit müssen Sie in den Einspruch investieren?
Grundsätzlich lohnt sich ein Einspruch, wenn Sie sich sicher sind, dass die Fahrpreisnacherhebung unberechtigt ist und Sie dies auch beweisen können. Auch wenn die Nachzahlungssumme hoch ist, kann sich ein Einspruch lohnen, um unnötige Kosten zu vermeiden.
Fazit
Eine Fahrpreisnacherhebung ist ärgerlich, aber nicht immer gerechtfertigt. Wenn Sie der Meinung sind, zu Unrecht zur Kasse gebeten worden zu sein, sollten Sie Ihre Rechte kennen und gegebenenfalls Einspruch erheben. Wägen Sie jedoch die Erfolgsaussichten, Kosten und den Zeitaufwand sorgfältig ab, bevor Sie diesen Schritt gehen. Im Zweifelsfall ist eine anwaltliche Beratung ratsam. Denken Sie daran: Fahrpreisnacherhebung bedeutet nicht automatisch Rechtmäßigkeit! Seien Sie sich Ihrer Rechte bewusst und kämpfen Sie für Ihr Recht, wenn Sie im Unrecht behandelt wurden. Gültiger Fahrschein, Einspruch, Kontrolle und Beförderungsbedingungen sind Schlüsselwörter für eine erfolgreiche Auseinandersetzung. Informieren Sie sich gut und handeln Sie überlegt.