Der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) ist für viele Menschen unverzichtbar. Busse und Bahnen bringen uns zur Arbeit, zur Schule, zu Freunden und Familie. Leider sind sie aber auch Orte, an denen es zu Belästigungen kommen kann. Was aber tun, wenn man selbst oder eine andere Person in Bus oder Bahn angemacht wird? Dieser Artikel gibt dir einen umfassenden Überblick über das Thema, zeigt Handlungsmöglichkeiten auf und hilft dir, dich sicherer zu fühlen.
Was bedeutet Belästigung im ÖPNV überhaupt?
Belästigung im ÖPNV ist ein breites Feld und umfasst viele verschiedene Verhaltensweisen. Es geht dabei um unerwünschte und respektlose Handlungen, die sich gegen eine Person richten und diese in ihrer Würde verletzen. Dazu gehören:
- Sexuelle Belästigung: Dazu zählen anzügliche Bemerkungen, unerwünschte Berührungen, Starren oder das Zeigen von obszönen Bildern.
- Diskriminierung: Herabwürdigende Äußerungen oder Handlungen aufgrund des Geschlechts, der Herkunft, der Hautfarbe, der Religion, der sexuellen Orientierung oder einer Behinderung.
- Aggressives Verhalten: Drohungen, Einschüchterung oder körperliche Gewalt.
- Catcalling: Hinterherrufen oder sexuell konnotierte Kommentare.
Wichtig ist: Belästigung ist nicht harmlos. Sie kann zu Angst, Stress, Scham und einem Gefühl der Unsicherheit führen. Niemand sollte sich im ÖPNV unwohl fühlen. Jede Form von Belästigung ist inakzeptabel.
Ich werde belästigt – was kann ich tun?
Wenn du selbst angemacht wirst, ist es wichtig zu wissen, dass du nicht allein bist. Hier sind einige Strategien, die du anwenden kannst:
1. Bewusstwerden und Einschätzen der Situation
Atme tief durch und versuche, die Situation klar zu erfassen. Wie fühle ich mich? Was genau ist passiert? Wer ist beteiligt? Eine klare Einschätzung hilft dir, die nächsten Schritte zu planen.
2. Grenzen setzen – Verbal oder Nonverbal
Sage deutlich „Nein” oder „Hör auf!”. Oftmals reicht eine klare Ansage, um den Täter oder die Täterin zu stoppen. Wenn du dich unwohl fühlst, verbal zu reagieren, kannst du auch nonverbale Signale senden: Schau den Täter oder die Täterin direkt an, weiche aus oder stelle dich selbstbewusst hin.
3. Suche Unterstützung bei anderen Fahrgästen
Sprich andere Fahrgäste direkt an und bitte um Hilfe. Sage zum Beispiel: „Entschuldigen Sie, der Mann belästigt mich. Könnten Sie mir bitte helfen?” Viele Menschen sind bereit zu helfen, wenn sie direkt angesprochen werden. Nutze dabei die soziale Verantwortung der Umstehenden.
4. Informiere das Personal
In vielen Bussen und Bahnen gibt es Notrufeinrichtungen oder du kannst das Fahrpersonal direkt ansprechen. Sie können dich unterstützen, den Täter oder die Täterin zur Rede stellen oder die Polizei informieren. In dringenden Fällen wähle den Notruf 110.
5. Den Ort wechseln
Wenn möglich, wechsle den Platz oder das Abteil. Suche dir einen Platz in der Nähe anderer Fahrgäste oder des Fahrpersonals. Manchmal reicht es schon, den Täter oder die Täterin aus den Augen zu verlieren.
6. Beweise sichern
Wenn es sicher ist, versuche, Beweise zu sichern. Mache ein Foto oder Video des Täters oder der Täterin (achte dabei aber auf die Persönlichkeitsrechte anderer). Notiere dir Details wie Uhrzeit, Ort, Beschreibung des Täters oder der Täterin und eventuelle Zeugen. Diese Informationen können später bei einer Anzeige hilfreich sein.
7. Anzeige erstatten
Überlege dir, ob du Anzeige erstatten möchtest. Eine Anzeige kann dazu beitragen, dass der Täter oder die Täterin zur Rechenschaft gezogen wird und andere vor ähnlichen Übergriffen geschützt werden. Die Polizei kann dich bei der Anzeigenerstattung unterstützen.
Ich beobachte eine Belästigung – was kann ich tun?
Auch wenn du selbst nicht betroffen bist, kannst du helfen, wenn du eine Belästigung beobachtest:
1. Aufmerksam sein
Achte auf deine Umgebung und sei aufmerksam auf verdächtige Situationen. Manchmal sind es nur kleine Anzeichen, die darauf hindeuten, dass jemand belästigt wird.
2. Direkt ansprechen
Sprich die betroffene Person direkt an und frage, ob sie Hilfe benötigt. Sage zum Beispiel: „Geht es Ihnen gut? Kann ich Ihnen irgendwie helfen?”
3. Den Täter oder die Täterin ansprechen
Sprich den Täter oder die Täterin an und mache deutlich, dass sein oder ihr Verhalten inakzeptabel ist. Sage zum Beispiel: „Lassen Sie das bitte!” oder „Das ist nicht in Ordnung, was Sie hier tun!” Achte dabei aber auf deine eigene Sicherheit und bring dich nicht selbst in Gefahr.
4. Unterstützung holen
Informiere das Fahrpersonal oder andere Fahrgäste und bitte um Unterstützung. Gemeinsam könnt ihr die betroffene Person besser schützen und den Täter oder die Täterin zur Rede stellen.
5. Beweise sichern
Wenn es sicher ist, versuche, Beweise zu sichern. Mache ein Foto oder Video des Täters oder der Täterin (achte dabei aber auf die Persönlichkeitsrechte anderer). Notiere dir Details wie Uhrzeit, Ort, Beschreibung des Täters oder der Täterin und eventuelle Zeugen. Diese Informationen können später bei einer Anzeige hilfreich sein.
6. Zeugenaussage anbieten
Biete der betroffenen Person an, als Zeuge auszusagen, falls sie Anzeige erstatten möchte.
Prävention: Was können wir tun, um Belästigungen im ÖPNV zu verhindern?
Prävention ist der Schlüssel, um Belästigungen im ÖPNV zu reduzieren. Hier sind einige Maßnahmen, die dazu beitragen können:
- Aufklärung: Informiere dich und andere über das Thema Belästigung und wie man sich dagegen wehren kann.
- Zivilcourage fördern: Ermutige Menschen, einzuschreiten, wenn sie eine Belästigung beobachten.
- Sicherheitspersonal verstärken: Erhöhe die Präsenz von Sicherheitspersonal in Bussen und Bahnen.
- Videoüberwachung: Installiere Kameras in Bussen und Bahnen, um Täter abzuschrecken und Beweise zu sichern.
- Meldeportale: Schaffe Möglichkeiten, Belästigungen anonym zu melden.
- Schulungen für Personal: Bilde das Personal im Umgang mit Belästigungssituationen aus.
- Sichere Haltestellen: Sorge für gut beleuchtete und einsehbare Haltestellen.
Wo finde ich Hilfe und Unterstützung?
Wenn du von Belästigung im ÖPNV betroffen bist, gibt es zahlreiche Anlaufstellen, die dir helfen können:
- Polizei: Die Polizei ist deine erste Anlaufstelle, wenn du Anzeige erstatten möchtest.
- Frauennotrufe und Frauenberatungsstellen: Hier findest du kompetente Beratung und Unterstützung bei sexueller Belästigung und Gewalt.
- Opferhilfeeinrichtungen: Sie bieten psychosoziale Unterstützung und helfen dir bei der Bewältigung des Erlebten.
- Beratungsstellen für Betroffene von Diskriminierung: Sie beraten dich, wenn du aufgrund deiner Herkunft, deines Geschlechts oder deiner sexuellen Orientierung diskriminiert wurdest.
Es ist wichtig, sich nicht zu schämen und Hilfe anzunehmen. Du bist nicht allein!
Fazit
Belästigung im ÖPNV ist ein ernstes Problem, das viele Menschen betrifft. Es ist wichtig, sich bewusst zu machen, was Belästigung bedeutet, wie man sich dagegen wehren kann und wo man Hilfe findet. Durch Aufklärung, Zivilcourage und Präventionsmaßnahmen können wir gemeinsam dazu beitragen, den ÖPNV zu einem sichereren Ort für alle zu machen. Denke daran: Du hast das Recht, dich sicher zu fühlen!