Die Frage, ob man seine Motorradkette regelmäßig fetten sollte, ist so alt wie das Motorradfahren selbst. Wie bei vielen Dingen im Leben gibt es auch hier keine einfache, pauschale Antwort. Vielmehr ist es eine Frage der Perspektive, der Fahrgewohnheiten und des gewählten Schmiermittels. Tauchen wir ein in die Tiefen dieser Debatte und beleuchten die Vor- und Nachteile des Kettenfettens.
Warum überhaupt eine Motorradkette schmieren?
Bevor wir uns in die Kontroverse stürzen, sollten wir uns vergegenwärtigen, warum die Schmierung einer Motorradkette überhaupt so wichtig ist. Die Motorradkette ist ein zentrales Element des Antriebsstrangs. Sie überträgt die Kraft des Motors auf das Hinterrad und ermöglicht so die Fortbewegung. Dabei ist sie extremen Belastungen ausgesetzt: Hohe Zugkräfte, abrasive Verschmutzung durch Staub, Sand und Straßenschmutz sowie Witterungseinflüsse wie Regen und Sonneneinstrahlung.
Die Schmierung der Kette dient im Wesentlichen drei Zwecken:
- Verschleißreduzierung: Das Schmiermittel bildet einen Film zwischen den einzelnen Kettengliedern und den Zähnen der Ritzel und des Kettenrads. Dieser Film reduziert die Reibung und damit den Verschleiß. Ohne Schmierung würde die Kette schnell verschleißen, was zu einer Verkürzung ihrer Lebensdauer und letztendlich zum Bruch führen kann.
- Korrosionsschutz: Das Schmiermittel schützt die Kette vor Korrosion, insbesondere durch Feuchtigkeit und Streusalz. Rost kann die Beweglichkeit der Kettenglieder beeinträchtigen und den Verschleiß beschleunigen.
- Geräuschreduzierung: Eine gut geschmierte Kette läuft leiser und ruhiger. Knackende oder ratternde Geräusche können ein Zeichen für mangelnde Schmierung sein.
Die Argumente für das Kettenfetten
Die Befürworter des regelmäßigen Kettenfettens argumentieren, dass die Vorteile die Nachteile bei weitem überwiegen. Sie betonen vor allem:
- Verlängerte Lebensdauer der Kette: Studien und praktische Erfahrungen zeigen, dass eine gut geschmierte Kette deutlich länger hält als eine vernachlässigte. Die Investition in Kettenfett und die Zeit für die Schmierung zahlen sich also langfristig aus.
- Zuverlässigkeit: Eine gut gewartete Kette ist weniger anfällig für Pannen. Ein Kettenriss kann gefährlich sein und zu teuren Reparaturen führen.
- Optimale Performance: Eine gut geschmierte Kette überträgt die Kraft des Motors effizienter auf das Hinterrad. Das führt zu einer besseren Beschleunigung und einem geringeren Kraftstoffverbrauch.
Viele Motorradfahrer schwören auf die klassische Methode des Kettenfettens mit Sprühfett oder Kettenöl. Sie verwenden spezielle Bürsten, um die Kette vor dem Auftragen des Schmiermittels zu reinigen und tragen das Fett dann sparsam, aber gleichmäßig auf. Regelmäßige Intervalle, abhängig von den Fahrbedingungen (alle 300-500 km oder nach Regenfahrten), sind dabei entscheidend.
Die Argumente gegen das Kettenfetten
Die Gegner des Kettenfettens weisen auf die potenziellen Nachteile hin, die mit dieser Praxis verbunden sein können. Sie argumentieren vor allem:
- Schmutzanziehung: Kettenfett wirkt wie ein Magnet für Schmutz, Staub und Sand. Dieser Schmutz vermischt sich mit dem Fett und bildet eine abrasive Paste, die den Verschleiß der Kette beschleunigen kann.
- Aufwand und Verschmutzung: Das Kettenfetten ist mit Aufwand verbunden. Es erfordert Zeit, die Kette zu reinigen und zu schmieren. Außerdem kann das Fett spritzen und die Felge, den Hinterreifen und die Kleidung verschmutzen.
- Ineffektivität bei O-Ring-Ketten: Moderne Motorräder sind in der Regel mit O-Ring- oder X-Ring-Ketten ausgestattet. Diese Ketten haben Dichtungen zwischen den Kettengliedern, die das Fett im Inneren halten und das Eindringen von Schmutz verhindern sollen. Einige argumentieren, dass das äußere Fetten dieser Ketten wenig bringt, da das Schmiermittel nicht in die kritischen Bereiche gelangt.
- Falsche Anwendung: Eine falsche Anwendung von Kettenfett kann mehr Schaden anrichten als Nutzen bringen. Zu viel Fett zieht noch mehr Schmutz an, während zu wenig Fett keinen ausreichenden Schutz bietet.
Einige Motorradfahrer bevorzugen deshalb Kettenöler. Diese Systeme sprühen in regelmäßigen Abständen kleine Mengen Öl auf die Kette und halten sie so konstant geschmiert. Der Vorteil ist, dass das Öl in der Regel dünnflüssiger ist als Kettenfett und somit weniger Schmutz anzieht. Allerdings sind Kettenöler teuer und erfordern eine sorgfältige Installation und Wartung.
Was ist die richtige Wahl?
Die Entscheidung, ob man seine Motorradkette fetten sollte oder nicht, hängt von verschiedenen Faktoren ab:
- Art der Kette: Bei O-Ring- oder X-Ring-Ketten ist die innere Schmierung wichtiger als die äußere. Dennoch kann eine äußere Schmierung helfen, die Dichtungen geschmeidig zu halten und Korrosion zu verhindern.
- Fahrbedingungen: Bei Fahrten auf staubigen oder schmutzigen Straßen ist die Gefahr der Verschmutzung größer. In diesem Fall ist es besonders wichtig, die Kette regelmäßig zu reinigen und ein Schmiermittel zu verwenden, das wenig Schmutz anzieht.
- Fahrstil: Bei sportlicher Fahrweise mit hoher Belastung der Kette ist eine häufigere Schmierung ratsam.
- Persönliche Präferenz: Einige Motorradfahrer legen Wert auf maximale Lebensdauer der Kette und sind bereit, den Aufwand des Kettenfettens in Kauf zu nehmen. Andere bevorzugen eine einfachere Lösung und nehmen eine kürzere Lebensdauer der Kette in Kauf.
Hier sind einige Tipps für die richtige Kettenpflege:
- Reinigung: Reinigen Sie die Kette vor dem Schmieren mit einem speziellen Kettenreiniger oder Petroleum. Vermeiden Sie aggressive Lösungsmittel, die die Dichtungen beschädigen können.
- Schmiermittel: Verwenden Sie ein hochwertiges Kettenfett oder Kettenöl, das für den Einsatz an O-Ring- oder X-Ring-Ketten geeignet ist.
- Dosierung: Tragen Sie das Schmiermittel sparsam, aber gleichmäßig auf die Innenseite der Kette auf. Vermeiden Sie es, die Kette zu überfetten.
- Intervalle: Schmieren Sie die Kette regelmäßig, abhängig von den Fahrbedingungen (alle 300-500 km oder nach Regenfahrten).
- Spannung: Überprüfen Sie regelmäßig die Spannung der Kette und passen Sie sie gegebenenfalls an. Eine zu lockere oder zu stramme Kette kann den Verschleiß beschleunigen.
Fazit
Die Debatte, ob man seine Motorradkette fetten sollte oder nicht, wird wohl nie endgültig entschieden werden. Letztendlich ist es eine Frage der persönlichen Präferenz und der individuellen Umstände. Wenn Sie Wert auf maximale Lebensdauer der Kette legen und bereit sind, den Aufwand des Kettenfettens in Kauf zu nehmen, ist es sicherlich eine gute Idee, Ihre Kette regelmäßig zu schmieren. Wenn Sie eine einfachere Lösung bevorzugen oder Bedenken wegen der Schmutzanziehung haben, können Sie auf alternative Methoden wie Kettenöler oder eine vernünftige Reinigung zurückgreifen. Wichtig ist, dass Sie sich bewusst mit dem Thema auseinandersetzen und eine Entscheidung treffen, die zu Ihren Bedürfnissen und Ihrem Fahrstil passt.
Egal für welche Methode Sie sich entscheiden, vernachlässigen Sie die Kettenpflege nicht. Eine gut gewartete Kette ist nicht nur sicherer, sondern sorgt auch für ein angenehmeres Fahrerlebnis.