Die Probezeit ist eine Bewährungsphase für Fahranfänger, die zwei Jahre dauert. In dieser Zeit werden Verstöße gegen die Straßenverkehrsordnung (StVO) strenger geahndet als für erfahrene Fahrer. Ein Fehlverhalten kann hier schnell zum Verlust des Führerscheins führen. Doch welche Verstöße sind besonders gravierend und werden als A-Verstoß oder B-Verstoß eingestuft? Dieser Artikel gibt Ihnen einen detaillierten Überblick über die wichtigsten Unterschiede und Konsequenzen.
Was ist die Probezeit und warum gibt es sie?
Die Probezeit wurde eingeführt, um die hohe Unfallrate junger Fahrer zu senken. Fahranfänger sind aufgrund mangelnder Erfahrung und oft auch risikobereiterem Verhalten häufiger in Unfälle verwickelt als erfahrene Autofahrer. Die Probezeit dient als Lernphase, in der die Einhaltung der Verkehrsregeln besonders wichtig ist. Bei Verstößen werden erzieherische Maßnahmen ergriffen, die im schlimmsten Fall zum Entzug der Fahrerlaubnis führen können.
A-Verstöße: Die schwerwiegenden Delikte
A-Verstöße sind die schwerwiegendsten Vergehen während der Probezeit. Sie signalisieren ein erhebliches Fehlverhalten und bergen ein hohes Gefahrenpotenzial. Ein einziger A-Verstoß führt in der Regel zur Anordnung eines Aufbauseminars. Hier sind einige Beispiele für A-Verstöße:
- Geschwindigkeitsüberschreitungen: Deutlich überhöhte Geschwindigkeit, insbesondere innerorts oder in Baustellenbereichen. Dies umfasst in der Regel Überschreitungen von mehr als 20 km/h.
- Alkohol am Steuer: Fahren unter Alkoholeinfluss (über 0,0 Promille für Fahranfänger). Bereits geringe Mengen Alkohol können die Fahrtüchtigkeit beeinträchtigen und zu einem A-Verstoß führen.
- Drogen am Steuer: Fahren unter dem Einfluss von Betäubungsmitteln.
- Rotlichtverstoß: Überfahren einer roten Ampel.
- Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort: Fahrerflucht nach einem Unfall.
- Nötigung im Straßenverkehr: Aggressives Fahrverhalten, das andere Verkehrsteilnehmer gefährdet oder behindert.
- Gefährdung des Straßenverkehrs: Verhalten, das eine konkrete Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer darstellt.
B-Verstöße: Die weniger schwerwiegenden Delikte
B-Verstöße sind weniger gravierend als A-Verstöße, werden aber dennoch geahndet. Sie zeigen, dass der Fahranfänger nicht ausreichend aufmerksam oder sorgfältig im Straßenverkehr agiert. Zwei B-Verstöße werden wie ein A-Verstoß behandelt und führen ebenfalls zur Anordnung eines Aufbauseminars. Hier einige Beispiele für B-Verstöße:
- Handy am Steuer: Nutzung des Mobiltelefons während der Fahrt.
- Falsches Parken: Parken im eingeschränkten Halteverbot oder auf einem Behindertenparkplatz.
- Missachtung der Vorfahrt: Fehlerhaftes Verhalten an Kreuzungen oder Einmündungen, das zu einer Gefährdung führt.
- Abstandsunterschreitung: Zu geringer Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug.
- Falsche Ladungssicherung: Unzureichende Sicherung von Ladung.
Konsequenzen von A- und B-Verstößen in der Probezeit
Die Konsequenzen für A-Verstöße und B-Verstöße in der Probezeit sind gestaffelt:
- Erster A-Verstoß oder zwei B-Verstöße: Anordnung eines Aufbauseminars. Dieses Seminar soll das Fehlverhalten des Fahranfängers aufarbeiten und zu einer Verhaltensänderung führen. Die Teilnahme am Aufbauseminar ist verpflichtend. Wird es nicht fristgerecht absolviert, wird die Fahrerlaubnis entzogen. Zusätzlich verlängert sich die Probezeit um zwei Jahre, auf insgesamt vier Jahre.
- Zweiter A-Verstoß oder weitere zwei B-Verstöße nach dem Aufbauseminar: Schriftliche Verwarnung und Empfehlung zur Teilnahme an einer verkehrspsychologischen Beratung.
- Dritter A-Verstoß oder weitere zwei B-Verstöße nach der Verwarnung: Entzug der Fahrerlaubnis.
Das Aufbauseminar: Was erwartet Sie?
Das Aufbauseminar ist ein Gruppenseminar, das in der Regel aus mehreren Sitzungen besteht. Ziel ist es, das Risikobewusstsein des Fahranfängers zu schärfen und ihn zu einem sichereren Fahrverhalten zu bewegen. Im Aufbauseminar werden unter anderem folgende Themen behandelt:
- Ursachen für das Fehlverhalten
- Gefahren im Straßenverkehr
- Verhaltensstrategien zur Vermeidung von Verstößen
- Alkohol und Drogen im Straßenverkehr
- Emotionen im Straßenverkehr
Die Teilnahme am Aufbauseminar ist nicht nur Pflicht, sondern kann auch eine Chance sein, das eigene Fahrverhalten zu reflektieren und zu verbessern. Es ist wichtig, sich aktiv am Seminar zu beteiligen und die gewonnenen Erkenntnisse im Straßenverkehr umzusetzen.
Verkehrspsychologische Beratung
Die verkehrspsychologische Beratung ist ein Einzelgespräch mit einem Verkehrspsychologen. Sie wird empfohlen, wenn der Fahranfänger nach dem Aufbauseminar erneut auffällig geworden ist. Ziel der Beratung ist es, die tieferliegenden Ursachen für das Fehlverhalten zu erkennen und individuelle Lösungsstrategien zu entwickeln. Die Teilnahme an der verkehrspsychologischen Beratung ist freiwillig, kann aber helfen, den Führerschein zu behalten.
Entzug der Fahrerlaubnis: Was nun?
Wird die Fahrerlaubnis aufgrund von Verstößen in der Probezeit entzogen, muss der Fahranfänger einen Antrag auf Neuerteilung stellen. In der Regel ist dafür eine medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU), auch „Idiotentest” genannt, erforderlich. Die MPU soll klären, ob der Fahranfänger in der Lage ist, ein Fahrzeug sicher im Straßenverkehr zu führen. Die Anforderungen an die MPU sind hoch, und die Vorbereitung ist zeitaufwendig. Es empfiehlt sich, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen, um die Chancen auf eine positive Begutachtung zu erhöhen.
Wie kann man Verstöße in der Probezeit vermeiden?
Der beste Weg, den Führerschein in der Probezeit nicht zu gefährden, ist, sich an die Verkehrsregeln zu halten und defensiv zu fahren. Hier einige Tipps:
- Konzentrieren Sie sich auf das Fahren: Lassen Sie sich nicht ablenken, z.B. durch das Handy oder laute Musik.
- Halten Sie sich an die Geschwindigkeitsbegrenzungen: Passen Sie Ihre Geschwindigkeit den Straßenverhältnissen an.
- Fahren Sie nicht unter Alkohol- oder Drogeneinfluss: Auch geringe Mengen können Ihre Fahrtüchtigkeit beeinträchtigen.
- Halten Sie ausreichend Abstand: Vermeiden Sie Auffahrunfälle.
- Beachten Sie die Vorfahrt: Seien Sie aufmerksam an Kreuzungen und Einmündungen.
- Planen Sie Ihre Fahrten sorgfältig: Vermeiden Sie unnötigen Stress und Zeitdruck.
- Reflektieren Sie Ihr Fahrverhalten: Seien Sie kritisch mit sich selbst und lernen Sie aus Ihren Fehlern.
Fazit
Die Probezeit ist eine wichtige Phase für Fahranfänger, in der sie ihr Können und ihre Verantwortung im Straßenverkehr unter Beweis stellen müssen. A-Verstöße und B-Verstöße können schwerwiegende Konsequenzen haben, bis hin zum Entzug der Fahrerlaubnis. Durch verantwortungsbewusstes Verhalten und die Einhaltung der Verkehrsregeln können Fahranfänger sicherstellen, dass sie die Probezeit erfolgreich bestehen und ihren Führerschein behalten.