Ein weit verbreiteter Glaube besagt: Wer ins Gefängnis muss, verliert automatisch den Führerschein. Aber stimmt das wirklich? Die Antwort ist komplexer als man denkt. In diesem Artikel tauchen wir tief in die Materie ein und beleuchten die Rechtslage, die relevanten Faktoren und die tatsächlichen Konsequenzen einer Haftstrafe für die Fahrerlaubnis.
Die Kurzfassung: Nicht automatisch, aber sehr wahrscheinlich
Klar gesagt: Eine Haftstrafe führt nicht automatisch zum Verlust des Führerscheins. Es gibt jedoch zahlreiche Szenarien, in denen eine Inhaftierung sehr wohl den Entzug der Fahrerlaubnis nach sich zieht. Der Schlüssel liegt in der Art des Vergehens, das zur Verurteilung geführt hat, und in der Einschätzung der Fahreignung durch die Behörden.
Das Strafrecht und die Fahrerlaubnis: Zwei getrennte Welten?
Grundsätzlich sind das Strafrecht und das Fahrerlaubnisrecht voneinander unabhängige Rechtsgebiete. Eine strafrechtliche Verurteilung, auch zu einer Haftstrafe, hat nicht zwangsläufig Auswirkungen auf die Fahrerlaubnis. Das bedeutet, dass man theoretisch wegen einer Straftat, die nichts mit dem Straßenverkehr zu tun hat (z.B. Diebstahl, Körperverletzung ohne Bezug zum Führen eines Fahrzeugs), ins Gefängnis kommen kann, ohne den Führerschein zu verlieren.
Aber Achtung: In der Praxis ist die Situation oft anders. Denn die Behörden prüfen sehr genau, ob die Straftat Rückschlüsse auf die charakterliche Eignung zum Führen eines Kraftfahrzeugs zulässt. Hier kommt die sogenannte Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) ins Spiel.
Die Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV): Der entscheidende Faktor
Die FeV legt fest, unter welchen Umständen eine Person als fahrgeeignet gilt und wann die Fahrerlaubnis entzogen werden muss. § 46 FeV regelt beispielsweise den Entzug der Fahrerlaubnis wegen mangelnder Eignung. Hier heißt es sinngemäß, dass die Fahrerlaubnis zu entziehen ist, wenn Tatsachen vorliegen, die die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen infrage stellen.
Und genau hier liegt der Knackpunkt: Eine Haftstrafe, insbesondere wenn sie im Zusammenhang mit einer Straftat steht, die die Sicherheit im Straßenverkehr beeinträchtigen könnte, kann als solche Tatsache gewertet werden. Denkbar sind hier insbesondere:
*
Trunkenheit im Verkehr: Wer unter Alkohol- oder Drogeneinfluss ein Fahrzeug führt und dafür verurteilt wird, muss in der Regel mit dem Entzug der Fahrerlaubnis rechnen. Eine Haftstrafe kann die Folge sein, besonders bei Wiederholungstätern oder schweren Unfällen.
*
Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort (Fahrerflucht): Auch hier droht der Verlust des Führerscheins, vor allem wenn Personen verletzt wurden oder erheblicher Sachschaden entstanden ist. Eine Haftstrafe ist in solchen Fällen nicht ungewöhnlich.
*
Gefährliche Eingriffe in den Straßenverkehr: Wer vorsätzlich die Sicherheit des Straßenverkehrs gefährdet (z.B. durch Manipulationen am Fahrzeug, Blockaden, etc.), riskiert eine Haftstrafe und den Entzug der Fahrerlaubnis.
*
Nötigung im Straßenverkehr: Aggressives Fahrverhalten, das andere Verkehrsteilnehmer gefährdet oder behindert, kann ebenfalls zu einer Verurteilung und dem Entzug der Fahrerlaubnis führen.
*
Straftaten, die auf Aggressivität und Gewaltbereitschaft schließen lassen: Auch wenn die Straftat nicht direkt im Straßenverkehr begangen wurde, kann sie Auswirkungen auf die Fahrerlaubnis haben, wenn sie auf eine mangelnde Impulskontrolle oder eine generelle Neigung zu aggressivem Verhalten hindeutet. Die Behörden argumentieren dann, dass diese Eigenschaften auch im Straßenverkehr zu gefährlichen Situationen führen könnten.
Das Strafgericht und der Führerschein: § 69 StGB
Neben der FeV spielt auch § 69 des Strafgesetzbuches (StGB) eine wichtige Rolle. Dieser Paragraph ermöglicht es dem Gericht, dem Täter die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn er im Zusammenhang mit der Straftat ein Kraftfahrzeug geführt und dabei eine erhebliche Gefährdung für die Sicherheit des Straßenverkehrs verursacht hat.
Konkret heißt das: Wenn jemand beispielsweise unter Alkoholeinfluss einen Unfall verursacht und dabei Menschen verletzt werden, kann das Gericht neben der Haftstrafe auch den Entzug der Fahrerlaubnis anordnen. In diesem Fall wird der Führerschein nicht nur entzogen, sondern es wird auch eine Sperrfrist festgelegt, innerhalb derer keine neue Fahrerlaubnis erteilt werden darf. Diese Sperrfrist kann erheblich sein, oft mehrere Jahre.
Die Rolle der Fahrerlaubnisbehörde
Auch wenn das Strafgericht keine Entscheidung über den Führerschein getroffen hat, kann die Fahrerlaubnisbehörde aktiv werden. Sie wird in der Regel über die strafrechtliche Verurteilung informiert und prüft dann, ob die vorliegenden Tatsachen die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen infrage stellen. Die Behörde kann dann verschiedene Maßnahmen ergreifen:
*
Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung (MPU): Die Behörde kann den Betroffenen auffordern, eine MPU zu absolvieren, um seine Fahreignung nachzuweisen. Dies ist besonders häufig der Fall bei Alkohol- oder Drogenverstößen oder wenn Zweifel an der charakterlichen Eignung bestehen.
*
Entzug der Fahrerlaubnis: Wenn die Behörde zu dem Schluss kommt, dass der Betroffene nicht (mehr) fahrgeeignet ist, kann sie die Fahrerlaubnis entziehen. Auch hier wird eine Sperrfrist festgelegt, innerhalb derer keine neue Fahrerlaubnis beantragt werden kann.
Was passiert während der Haft?
Während der Haftstrafe ruht die Fahrerlaubnis. Das bedeutet, dass der Betroffene in dieser Zeit kein Kraftfahrzeug führen darf. Auch wenn der Führerschein nicht explizit entzogen wurde, ist das Fahren ohne gültige Fahrerlaubnis eine Straftat.
Nach der Entlassung aus dem Gefängnis ist die Situation unterschiedlich. Wenn der Führerschein während der Haft entzogen wurde, muss der Betroffene in der Regel eine neue Fahrerlaubnis beantragen. Dies kann mit Auflagen verbunden sein, beispielsweise der erfolgreichen Teilnahme an einer MPU.
Wenn der Führerschein nicht entzogen wurde, darf der Betroffene grundsätzlich wieder ein Kraftfahrzeug führen. Allerdings kann die Fahrerlaubnisbehörde auch nach der Entlassung aktiv werden, wenn neue Tatsachen vorliegen, die die Fahreignung infrage stellen.
Fazit: Keine Automatik, aber ein hohes Risiko
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass eine Haftstrafe nicht automatisch zum Verlust des Führerscheins führt. Allerdings ist das Risiko, die Fahrerlaubnis zu verlieren, sehr hoch, insbesondere wenn die Straftat im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr steht oder Rückschlüsse auf die charakterliche Eignung des Betroffenen zulässt. Die Fahrerlaubnisbehörden prüfen jeden Fall individuell und treffen ihre Entscheidung auf Grundlage der vorliegenden Fakten und der einschlägigen Rechtsvorschriften (FeV, StGB). Wer also ins Gefängnis muss, sollte sich darauf einstellen, dass er möglicherweise auch seinen Führerschein verliert.