Wer regelmäßig mit der S2 durch den Münchner Hauptbahnhof fährt, kennt das Phänomen: Kaum taucht der Zug in die Tiefen des Bahnhofs ein, umhüllt ein eigentümlicher Geruch die Waggons. Ein Geruch, der von Fahrgästen mal als modrig, mal als chemisch, mal sogar als „Bahnhofsfuß” beschrieben wird. Aber woher kommt dieser spezielle Duft, der die Fahrt so unangenehm macht? Wir sind dem Rätsel auf den Grund gegangen und haben die Antworten gefunden.
Die Spurensuche beginnt: Was riecht da überhaupt?
Bevor wir die Ursachenforschung beginnen, ist es wichtig, den Geruch genauer zu definieren. Das ist gar nicht so einfach, denn die Wahrnehmung ist subjektiv. Was dem einen modrig vorkommt, erinnert den anderen an feuchten Keller. Fest steht aber, dass es sich um einen undefinierbaren Mix handelt, der nicht gerade zum Verweilen einlädt.
Häufig genannte Bestandteile des „Bahnhofsduftes” sind:
* Modriger Geruch: Erinnert an feuchte Erde, Pilze oder verrottendes organisches Material.
* Chemischer Geruch: Kann auf Reinigungsmittel, Desinfektionsmittel oder sogar auf Industrieemissionen hindeuten.
* Abwassergeruch: Besonders unangenehm und oft mit sanitären Anlagen in Verbindung gebracht.
* Metallischer Geruch: Könnte von den Gleisen, der Oberleitung oder anderen metallischen Bauteilen stammen.
* Staubiger Geruch: Typisch für unterirdische Bereiche, in denen sich Staub und Schmutz ansammeln.
Die Kombination dieser Gerüche ergibt den einzigartigen „Duftcocktail”, den viele S2-Pendler so gut kennen.
Die Verdächtigen: Mögliche Ursachen für den Geruch
Nun, da wir den Geruch etwas eingegrenzt haben, können wir uns den möglichen Ursachen zuwenden. Im Münchner Hauptbahnhof gibt es eine Vielzahl von Faktoren, die zu der Geruchsbildung beitragen können:
* Die Tiefgarage: Der Münchner Hauptbahnhof ist unterirdisch mit einer großen Tiefgarage verbunden. Abgase von Autos, Reifengummi und andere Emissionen können sich in den Tunneln sammeln und in die Bahnhofsbereiche gelangen. Auch Öl und andere Flüssigkeiten, die in der Tiefgarage austreten, können unangenehme Gerüche verursachen.
* Die sanitären Anlagen: Toiletten sind oft eine Quelle unangenehmer Gerüche. Insbesondere in stark frequentierten Bereichen wie dem Hauptbahnhof kann es zu Problemen mit der Belüftung und Reinigung kommen, was zu Geruchsbelästigungen führt.
* Die Gleisanlagen: Die Gleise selbst sind nicht geruchlos. Durch den Abrieb der Bremsen, das Austreten von Öl und Fett sowie die Ablagerung von Staub und Schmutz kann es zu Geruchsbildung kommen. Besonders in Tunnelbereichen, in denen die Luftzirkulation eingeschränkt ist, können sich diese Gerüche konzentrieren.
* Die Belüftungsanlage: Die Belüftungsanlage des Münchner Hauptbahnhofs ist ein komplexes System, das frische Luft in die unterirdischen Bereiche leiten und verbrauchte Luft abführen soll. Wenn die Anlage nicht optimal funktioniert oder verunreinigt ist, kann sie jedoch auch zur Verteilung von Gerüchen beitragen. Beispielsweise können sich in den Luftkanälen Staub, Schmutz und sogar Schimmelpilze ansiedeln, die unangenehme Gerüche verursachen.
* Das Grundwasser: München liegt in einem Gebiet mit hohem Grundwasserstand. Feuchtigkeit und Nässe können in die unterirdischen Bereiche des Bahnhofs eindringen und zur Bildung von Schimmel und Moder führen. Dieser Prozess wird durch die mangelnde Sonneneinstrahlung und die oft unzureichende Belüftung in den Tunnelbereichen noch verstärkt.
* Die Reinigung: Paradoxerweise kann auch die Reinigung selbst zur Geruchsbildung beitragen. Wenn aggressive Reinigungsmittel verwendet werden oder die Reinigung nicht gründlich genug erfolgt, können chemische Rückstände zurückbleiben, die unangenehm riechen. Auch die falsche Lagerung von Reinigungsmitteln kann zu Geruchsbelästigungen führen.
* Die Bauarbeiten: Der Münchner Hauptbahnhof ist ein riesiges Bauprojekt. Ständige Bauarbeiten und Sanierungen können Staub, Schmutz und chemische Dämpfe freisetzen, die zur Geruchsbildung beitragen. Insbesondere das Verarbeiten von Klebstoffen, Farben und Lacken kann intensive Gerüche verursachen.
* Die Müllentsorgung: Die Müllentsorgung in einem stark frequentierten Bahnhof ist eine Herausforderung. Wenn Müll nicht regelmäßig und fachgerecht entsorgt wird, können sich schnell unangenehme Gerüche entwickeln. Auch das Auslaufen von Flüssigkeiten aus Mülltonnen kann zur Geruchsbildung beitragen.
Der Einfluss der S-Bahn: Warum gerade die S2?
Die Frage ist nun: Warum riecht es gerade in der S2 so stark? Dafür gibt es mehrere mögliche Erklärungen:
* Die Strecke: Die S2 fährt einen längeren Abschnitt unterirdisch als andere S-Bahn-Linien. Dadurch ist sie stärker den Gerüchen in den Tunnelbereichen ausgesetzt.
* Die Belüftung der Züge: Die Belüftungssysteme der S2-Züge könnten weniger effektiv sein als die anderer Linien. Dadurch werden die Gerüche aus dem Tunnelinneren stärker in die Waggons transportiert.
* Der „Kamineffekt”: Durch die Tunnelröhre kann ein „Kamineffekt” entstehen, der die Gerüche aus den tieferliegenden Bereichen des Bahnhofs nach oben zieht. Die S2, die tiefer liegt, könnte davon stärker betroffen sein.
* Subjektive Wahrnehmung: Es könnte auch sein, dass die Fahrgäste der S2 einfach sensibler für Gerüche sind oder die Gerüche aufgrund anderer Faktoren (z.B. Tageszeit, Stimmung) stärker wahrnehmen.
Maßnahmen zur Geruchsbekämpfung: Was wird getan?
Die Deutsche Bahn ist sich des Problems bewusst und unternimmt verschiedene Maßnahmen, um die Geruchsbildung im Münchner Hauptbahnhof zu reduzieren:
* Verbesserung der Belüftungsanlage: Die Belüftungsanlage wird regelmäßig gewartet und gereinigt, um eine optimale Luftzirkulation zu gewährleisten und die Ansammlung von Staub und Schmutz zu verhindern.
* Intensivierung der Reinigung: Die Reinigung wird intensiviert und auf die Beseitigung von Geruchsquellen ausgerichtet. Dabei werden spezielle Reinigungsmittel verwendet, die geruchsneutralisierend wirken.
* Optimierung der Müllentsorgung: Die Müllentsorgung wird optimiert, um eine schnelle und fachgerechte Entsorgung des Mülls zu gewährleisten und die Geruchsbildung zu minimieren.
* Abdichtung von Fugen und Rissen: Fugen und Risse in den Wänden und Böden werden abgedichtet, um das Eindringen von Feuchtigkeit und die Bildung von Schimmel zu verhindern.
* Einsatz von Luftreinigern: In bestimmten Bereichen werden Luftreiniger eingesetzt, um die Luftqualität zu verbessern und Gerüche zu neutralisieren.
* Regelmäßige Kontrollen: Regelmäßige Kontrollen werden durchgeführt, um potenzielle Geruchsquellen frühzeitig zu erkennen und zu beseitigen.
Die Zukunft des „Bahnhofsduftes”: Eine Besserung in Sicht?
Obwohl die Deutsche Bahn Maßnahmen zur Geruchsbekämpfung ergreift, ist es unwahrscheinlich, dass der „Bahnhofsduft” vollständig verschwindet. Der Münchner Hauptbahnhof ist ein komplexes System mit vielen potenziellen Geruchsquellen.
Die laufenden Bauarbeiten und Sanierungen werden die Situation vorübergehend wahrscheinlich noch verschärfen. Langfristig gesehen könnten jedoch die Modernisierungsmaßnahmen und die Verbesserung der Infrastruktur zu einer spürbaren Verbesserung der Luftqualität führen.
Bis dahin müssen die S2-Fahrgäste wohl weiterhin mit dem speziellen „Bahnhofsduft” leben. Vielleicht hilft es ja, sich vor der Einfahrt in den Bahnhof die Nase zuzuhalten oder sich mit einem wohlriechenden Duftöl abzulenken. Oder man betrachtet den Geruch einfach als Teil des einzigartigen Erlebnisses einer Fahrt durch den Münchner Hauptbahnhof.