ABS (Acrylnitril-Butadien-Styrol) und ASA (Acrylnitril-Styrol-Acrylat) sind beliebte Filamente für den 3D-Druck, bekannt für ihre hohe Festigkeit, Temperaturbeständigkeit und Schlagzähigkeit. Aber im Gegensatz zu PLA, das relativ einfach zu drucken ist, stellen ABS und ASA Drucker oft vor Herausforderungen. Eine der größten Fragen, die sich stellt, ist: Kann man ABS/ASA auch ohne eine spezielle Druckerbox, also eine geschlossene Druckkammer, erfolgreich verarbeiten? Dieser Artikel beleuchtet die Vor- und Nachteile, gibt detaillierte Tipps und Tricks und hilft Ihnen zu entscheiden, ob sich der Aufwand lohnt.
Was sind ABS und ASA überhaupt?
Bevor wir uns der Frage widmen, ob eine Druckerbox notwendig ist, ist es wichtig zu verstehen, was ABS und ASA so besonders macht:
- ABS: Ein weit verbreitetes thermoplastisches Polymer, das sich durch seine Härte, Festigkeit und Hitzebeständigkeit auszeichnet. Es wird häufig für funktionale Prototypen, Endanwendungen und Teile verwendet, die einer hohen Belastung standhalten müssen.
- ASA: Ähnelt ABS, bietet aber eine deutlich verbesserte UV-Beständigkeit. Dadurch ist ASA ideal für Anwendungen im Freien, da es nicht so schnell verblasst oder spröde wird wie ABS.
Beide Materialien haben jedoch auch ihre Tücken. Sie neigen zum Warping (Verziehen) und Delamination (Ablösen der Schichten), insbesondere bei größeren Drucken. Dies liegt an den hohen Drucktemperaturen und der starken Schrumpfung beim Abkühlen.
Die Bedeutung der Druckerbox: Warum wird sie empfohlen?
Eine Druckerbox, auch als geschlossene Druckkammer bezeichnet, dient primär dazu, eine konstante und warme Umgebung während des Druckprozesses zu gewährleisten. Die Vorteile sind vielfältig:
- Reduziert Warping: Durch die gleichmäßige Temperaturverteilung wird das Abkühlen des Drucks verlangsamt, was die Schrumpfung minimiert und somit das Warping verhindert.
- Verbessert die Schichthaftung: Eine warme Umgebung fördert die Haftung zwischen den einzelnen Schichten, was zu stärkeren und haltbareren Drucken führt.
- Eliminiert Zugluft: Zugluft kann zu ungleichmäßiger Abkühlung führen und somit ebenfalls Warping und Delamination verursachen. Eine geschlossene Kammer schützt den Druck vor äußeren Einflüssen.
- Verbessert die Materialeigenschaften: In einigen Fällen kann eine konstante Temperatur die mechanischen Eigenschaften des gedruckten Teils verbessern.
Kurz gesagt, eine Druckerbox schafft eine kontrollierte Umgebung, die ideal für den Druck von ABS und ASA ist.
ABS/ASA ohne Druckerbox drucken: Ist das möglich?
Die kurze Antwort lautet: Ja, es ist möglich, ABS und ASA ohne eine Druckerbox zu drucken. Allerdings erfordert es mehr Sorgfalt, Erfahrung und die richtige Ausrüstung. Die Erfolgsquote kann geringer sein, und es ist wahrscheinlich, dass Sie einige Fehldrucke haben werden, bevor Sie den Dreh raushaben.
Voraussetzungen und Vorbereitungen für den Druck ohne Druckerbox
Wenn Sie sich entscheiden, ABS/ASA ohne Druckerbox zu drucken, sollten Sie folgende Punkte beachten:
1. Die richtige Hardware
- Beheiztes Druckbett: Ein beheiztes Druckbett ist unerlässlich. ABS benötigt in der Regel eine Betttemperatur zwischen 100°C und 120°C, ASA etwas weniger (90°C – 110°C).
- Direktantriebsextruder oder Bowden-Extruder mit guter Retraction: Ein präziser Extruder ist wichtig, um Stringing und andere Probleme zu vermeiden.
- Gute Betthaftung: Eine gute Betthaftung ist entscheidend, um Warping zu verhindern. Empfehlenswert sind BuildTak, PEI-Folie oder Kaptonband.
- Umschlossener Raum (optional, aber empfehlenswert): Auch wenn Sie keine vollständige Druckerbox haben, kann ein provisorischer Umschlossener Raum helfen. Dies kann ein einfacher Karton oder eine selbstgebaute Konstruktion sein, die den Druck vor Zugluft schützt.
2. Die richtigen Einstellungen im Slicer
- Drucktemperatur: ABS benötigt in der Regel eine Drucktemperatur zwischen 230°C und 260°C, ASA etwas weniger (220°C – 250°C).
- Betttemperatur: Wie bereits erwähnt, 100°C – 120°C für ABS und 90°C – 110°C für ASA.
- Druckgeschwindigkeit: Eine langsamere Druckgeschwindigkeit (z.B. 30-50 mm/s) kann helfen, Warping zu reduzieren und die Schichthaftung zu verbessern.
- Kühlung: Reduzieren oder deaktivieren Sie die Kühlung des Drucks. ABS und ASA profitieren von einer langsamen und gleichmäßigen Abkühlung.
- Brim oder Raft: Ein Brim (Rand) oder ein Raft (Floß) kann die Betthaftung verbessern und Warping reduzieren.
- Retraction: Optimieren Sie die Retraction-Einstellungen, um Stringing zu minimieren.
- Infill: Ein höherer Infill-Prozentsatz kann die Stabilität des Drucks erhöhen und Warping reduzieren, besonders bei großen flachen Flächen.
3. Die richtige Umgebung
- Raumtemperatur: Vermeiden Sie Zugluft und sorgen Sie für eine konstante Raumtemperatur.
- Luftfeuchtigkeit: Hohe Luftfeuchtigkeit kann die Filamente beeinträchtigen. Lagern Sie Ihr Filament trocken und verwenden Sie gegebenenfalls einen Filamenttrockner.
Tipps und Tricks für den erfolgreichen Druck ohne Druckerbox
Hier sind einige zusätzliche Tipps, die Ihnen helfen können:
- Verwenden Sie Haftmittel: Spezielle Haftmittel wie Dimafix, 3DLac oder Magigoo können die Betthaftung deutlich verbessern.
- Leveln Sie Ihr Druckbett sorgfältig: Ein perfekt geleveltes Druckbett ist entscheidend für eine gute Betthaftung.
- Experimentieren Sie mit den Einstellungen: Jede Konfiguration ist anders. Experimentieren Sie mit den Druckeinstellungen, um die optimalen Werte für Ihren Drucker und Ihr Filament zu finden.
- Drucken Sie kleinere Teile: Kleinere Teile sind weniger anfällig für Warping.
- Verwenden Sie eine „Warping-Kompenstation”: Einige Slicer bieten Funktionen zur Warping-Kompensation, die das Modell leicht verändern, um Warping entgegenzuwirken.
- Beobachten Sie den Druck genau: Achten Sie während des Druckvorgangs auf Anzeichen von Warping oder Delamination. Wenn Sie Probleme feststellen, stoppen Sie den Druck und passen Sie die Einstellungen an.
- Filament trocknen: ABS und ASA sind hygroskopisch, was bedeutet, dass sie Feuchtigkeit aus der Luft aufnehmen. Dies kann zu Problemen beim Drucken führen. Trocknen Sie Ihr Filament vor dem Drucken in einem Filamenttrockner oder im Ofen (bei niedriger Temperatur).
Wann ist eine Druckerbox unverzichtbar?
Obwohl es möglich ist, ABS und ASA ohne Druckerbox zu drucken, gibt es bestimmte Situationen, in denen eine geschlossene Kammer unverzichtbar ist:
- Große Drucke: Bei großen Drucken ist das Risiko von Warping und Delamination deutlich höher.
- Komplexe Geometrien: Komplexe Geometrien mit vielen Überhängen und dünnen Wänden sind ebenfalls anfälliger für Probleme.
- Funktionale Teile: Wenn Sie funktionale Teile drucken, die hohe Festigkeit und Maßhaltigkeit erfordern, ist eine Druckerbox ratsam.
- Professionelle Anwendungen: Für professionelle Anwendungen, bei denen Zuverlässigkeit und Wiederholbarkeit wichtig sind, ist eine Druckerbox die beste Wahl.
Fazit: Abwägen und Entscheiden
Das Drucken von ABS/ASA ohne Druckerbox ist durchaus möglich, erfordert aber einiges an Erfahrung, Geduld und die Bereitschaft, zu experimentieren. Wenn Sie gerade erst mit dem 3D-Druck beginnen oder komplexe, große und funktionale Teile drucken möchten, ist eine Druckerbox die bessere Wahl. Wenn Sie jedoch kleinere, weniger anspruchsvolle Teile drucken und bereit sind, Zeit und Mühe in die Optimierung der Einstellungen zu investieren, können Sie auch ohne Druckerbox gute Ergebnisse erzielen.
Letztendlich hängt die Entscheidung von Ihren individuellen Bedürfnissen und Umständen ab. Wägen Sie die Vor- und Nachteile sorgfältig ab, berücksichtigen Sie Ihre Erfahrung und Ihre Anforderungen an die Druckqualität, bevor Sie sich entscheiden.