Der Name Assassin’s Creed löst bei vielen sofort Bilder von akrobatischen Sprüngen über Dächer, von versteckten Klingen und dem ewigen Kampf zwischen Templern und Assassinen aus. Als der Kinofilm basierend auf dem beliebten Videospiel-Franchise im Jahr 2016 erschien, war die Erwartungshaltung enorm – nicht nur bei Fans, sondern auch bei Eltern. Schließlich trägt die Filmversion, im Gegensatz zu den meisten Spielen, eine FSK 12 Altersfreigabe. Doch ist diese Einschätzung wirklich passend, wenn man bedenkt, wie intensiv und brutal die Spielvorlage sein kann? Diese Frage beschäftigt viele, und wir wollen sie in diesem ausführlichen Artikel von verschiedenen Seiten beleuchten.
Ein Sprung in die Animus-Welt: Der Assassin’s Creed Film im Überblick
Der Assassin’s Creed Film, unter der Regie von Justin Kurzel und mit Michael Fassbender in der Hauptrolle, versucht die komplexe Mythologie der Spiele auf die große Leinwand zu bringen. Die Geschichte dreht sich um Callum Lynch, der in der Gegenwart zum Tode verurteilt wird. Stattdessen landet er in einer mysteriösen Forschungseinrichtung, wo ihm offenbart wird, dass er der Nachfahre des Assassinen Aguilar de Nerha aus dem Spanien des 15. Jahrhunderts ist. Mithilfe des Animus, einer Maschine, die genetische Erinnerungen freischaltet, soll Callum die Erfahrungen seines Vorfahren noch einmal erleben. Ziel ist es, den Aufenthaltsort eines mächtigen Artefakts, des sogenannten Apfels Edens, herauszufinden, bevor es in die Hände des ewigen Gegners der Assassinen, der Templer, fällt.
Der Film bietet atemberaubende Parkour-Sequenzen, detaillierte historische Kulissen und intensive Kampfszenen. Er versucht, sowohl die Action als auch die philosophischen Untertöne der Spiele einzufangen – den Kampf um freien Willen versus Kontrolle, Licht versus Dunkelheit. Visuell ist der Film beeindruckend und technisch auf hohem Niveau. Doch gerade die Art und Weise, wie Gewalt, Story-Komplexität und thematische Tiefe dargestellt werden, ist entscheidend für die Beurteilung der Altersfreigabe.
Die FSK 12 Freigabe: Was bedeutet sie eigentlich?
Die FSK, die Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft, ist die Instanz in Deutschland, die Filme prüft und Altersfreigaben vergibt. Eine FSK 12 Freigabe bedeutet laut offizieller Definition, dass der Film für Kinder ab 12 Jahren geeignet ist. Das schließt ein, dass er „keine nachhaltige Ängstigung oder Desorientierung” verursachen sollte. Filme dieser Kategorie dürfen zwar thematisch komplexer sein und auch Gewalt enthalten, diese muss jedoch „in einen Kontext eingebettet” sein, darf nicht selbstzweckhaft wirken und keine „ausgeprägte Drastik” besitzen. Die Darstellung soll nicht dazu führen, dass jüngere Kinder die gezeigte Realität falsch interpretieren oder emotional überfordert werden.
Für die Prüfer der FSK ist es entscheidend, wie die Gewalt inszeniert wird. Ist sie stilisiert? Wird sie glorifiziert? Gibt es explizite Darstellungen von Verletzungen oder Schmerz? Bei Assassin’s Creed handelt es sich um einen Fantasy-Actionfilm mit historischem Setting. Die Kämpfe sind schnell, choreografiert und oft akrobatisch. Die ikonische „versteckte Klinge” kommt zum Einsatz, und Gegner werden ausgeschaltet. Allerdings geschieht dies meist schnell, ohne übermäßige Blutspritzer oder detaillierte Nahaufnahmen von Leid.
Gewalt und ihre Darstellung im Assassin’s Creed Film
Einer der Hauptkritikpunkte im Kontext der FSK 12 Altersfreigabe ist fast immer die Darstellung von Gewalt. Im Assassin’s Creed Film gibt es zweifellos eine Menge Action und Kampf. Assassinen und Templer gehen nicht zimperlich miteinander um. Gegner fallen, und es wird getötet. Doch wie bereits angedeutet, unterscheidet sich die Art der Gewaltdarstellung hier oft von der in expliziteren Filmen.
- Stilisierung: Die Kämpfe sind hoch choreografiert und erinnern oft an Ballett oder Artistik. Der Fokus liegt auf Bewegung, Geschwindigkeit und der Ästhetik des Kampfes, weniger auf blutigen Details.
- Implizite statt explizite Gewalt: Oft sieht man den Beginn oder das Ende einer tödlichen Aktion, aber selten den detaillierten Moment des Aufpralls oder der Verletzung. Blut wird sparsam eingesetzt und dient eher als Akzent denn als dominierendes Element.
- Narrativer Kontext: Die Gewalt ist fast immer in den Kampf zwischen Assassinen und Templern eingebettet. Sie dient dazu, die Geschichte voranzutreiben und die Gefahr für die Protagonisten darzustellen. Es handelt sich selten um willkürliche oder sinnlose Gewalt, auch wenn die Moral der Assassinen selbst diskutabel sein mag.
- Keine glorifizierte Gewalt: Obwohl die Assassinen als Heldenfiguren dargestellt werden, wird die Gewalt, die sie anwenden, nicht übermäßig gefeiert. Es ist ein notwendiges Übel in ihrem Kampf. Der Film zeigt auch die Konsequenzen und die Ernsthaftigkeit der Situation.
Für 12-jährige Zuschauer, die bereits Erfahrung mit Actionfilmen oder sogar den Videospielen haben, mag diese Form der Gewalt nicht schockierend sein. Für sehr sensible Kinder oder solche, die noch nie mit derartiger Action konfrontiert wurden, könnte sie jedoch potenziell beunruhigend wirken. Es ist wichtig zu verstehen, dass die FSK bei FSK 12 nicht nur die Drastik, sondern auch die emotionale Wirkung und die Verunsicherung berücksichtigt.
Psychologische und thematische Aspekte für 12-Jährige
Neben der reinen Gewaltdarstellung spielen auch die thematische Komplexität und die psychologische Intensität eine große Rolle bei der Einschätzung der Altersfreigabe. Der Assassin’s Creed Film ist nicht nur ein reiner Actionfilm, er behandelt auch tiefere Themen:
- Komplexität der Handlung: Die Geschichte springt zwischen Gegenwart und Vergangenheit, arbeitet mit Konzepten wie genetischer Erinnerung, Zeitreisen (durch den Animus) und uralten Verschwörungen. Für manche 12-Jährige mag dies schwer zu verfolgen sein, während andere gerade diese intellektuelle Herausforderung lieben.
- Moralische Ambiguität: Die Assassinen kämpfen für den freien Willen, die Templer für Ordnung – doch die Grenzen zwischen Gut und Böse sind oft fließend, und beide Seiten begehen Taten, die man moralisch hinterfragen könnte. Das ist ein reifes Thema, das eine gewisse Fähigkeit zur Reflexion erfordert.
- Spannung und Bedrohung: Auch wenn der Film nicht auf Horror-Elemente setzt, gibt es Momente der Bedrohung und des Gefangenseins. Callum Lynch wird gezwungen, am Animus teilzunehmen, und die Organisation der Templer ist allgegenwärtig und mächtig. Diese subtile psychische Bedrohung kann auf jüngere Zuschauer wirken.
Ein 12-Jähriger sollte in der Lage sein, diese komplexen Zusammenhänge zu erkennen und zu verarbeiten, ohne überfordert zu werden. Die FSK 12 Freigabe setzt voraus, dass Kinder in diesem Alter in der Lage sind, Fiktion von Realität zu trennen und auch moralische Dilemmata zumindest ansatzweise zu verstehen.
Die Rolle der Eltern: Mehr als nur ein Blick auf die Altersfreigabe
Die Altersfreigabe der FSK ist eine wertvolle Orientierungshilfe, aber sie ersetzt niemals die Einschätzung der Eltern. Jedes Kind ist einzigartig und entwickelt sich unterschiedlich schnell. Was für den einen 12-Jährigen völlig unproblematisch ist, kann für einen anderen im selben Alter zu viel sein. Daher ist ein Elternratgeber in diesem Kontext unerlässlich.
Als Eltern sollten Sie sich folgende Fragen stellen:
- Wie reagiert mein Kind normalerweise auf Action und Gewalt in Filmen? Ist es eher ängstlich und sensibel oder abgehärtet und unterscheidet gut zwischen Fiktion und Realität?
- Hat mein Kind bereits Erfahrung mit den Assassin’s Creed Spielen oder ähnlichen Franchises? Wenn es die Spiele kennt, ist es wahrscheinlich mit der Thematik und der Art der Gewaltdarstellung vertraut. Die Spiele sind oft FSK 16 oder FSK 18, was bedeutet, dass der Film in dieser Hinsicht abgeschwächt wurde.
- Ist mein Kind in der Lage, komplexe Handlungsstränge und moralische Grauzonen zu verstehen? Kann es die philosophischen Fragen des Films erfassen oder würde es sich nur auf die Action konzentrieren?
- Wäre ich bereit, den Film gemeinsam mit meinem Kind anzusehen und eventuell entstandene Fragen oder Sorgen zu besprechen? Das gemeinsame Schauen und die anschließende Diskussion sind oft der beste Weg, um Inhalte zu verarbeiten.
Die FSK 12-Freigabe bedeutet „freigegeben ab 12 Jahren”. Sie impliziert nicht, dass der Film *für* alle 12-Jährigen *empfohlen* wird. Es ist vielmehr eine Grenze, unter der der Film als ungeeignet angesehen wird. Darüber liegt es in der Verantwortung der Erziehungsberechtigten, die individuelle Reife ihres Kindes zu beurteilen.
Der Vergleich: Film versus Videospiele
Ein wichtiger Punkt ist der Vergleich zwischen dem Assassin’s Creed Film und den dazugehörigen Videospielen. Die Spiele sind bekannt für ihre detaillierte und oft drastischere Gewaltdarstellung. Während ein Stealth-Kill in den Spielen oft detaillierter und blutiger gezeigt wird, ist die Kinofassung hier deutlich zurückhaltender. Die Interaktivität der Spiele spielt ebenfalls eine Rolle: Der Spieler ist aktiv an den Handlungen beteiligt, was die Immersion und damit auch die Wirkung der Gewalt erhöht. Ein passiver Konsum des Films hat hier eine andere psychologische Auswirkung.
Die FSK-Freigaben der Spiele sind entsprechend höher (meist FSK 16 oder FSK 18). Der Film musste, um ein breiteres Publikum zu erreichen und die FSK 12 zu erhalten, bewusst Abstriche in der Drastik machen. Wer also befürchtet, der Film sei so brutal wie die Spiele, kann hier etwas beruhigt sein – die visuelle Härte ist deutlich reduziert. Allerdings könnte der Film für einige 12-Jährige, die mit der Franchise bisher nicht in Berührung gekommen sind, ein Einstiegspunkt sein und das Interesse an den (brutaler eingestuften) Spielen wecken. Dies ist ein Aspekt, den Eltern ebenfalls berücksichtigen sollten.
Fazit: Eine Frage der individuellen Reife und elterlichen Begleitung
Ist die FSK 12 Altersfreigabe für den Assassin’s Creed Film angemessen? Aus der Perspektive der FSK-Kriterien – also der Art der Gewaltdarstellung (stilisiert, nicht übermäßig drastisch), der Einbettung in einen narrativen Kontext und der fehlenden expliziten Schockmomente – lässt sich argumentieren, dass die Freigabe durchaus gerechtfertigt ist. Der Film liefert Action und Spannung, aber in einer Form, die von einem durchschnittlichen 12-Jährigen verarbeitet werden kann, ohne nachhaltig verstörend zu wirken.
Dennoch gibt es Aspekte, die über die reine FSK-Bewertung hinausgehen. Die thematische Komplexität, die moralischen Grauzonen und die allgemeine Intensität eines Actionfilms mit historischem Hintergrund können für den einen 12-Jährigen aufregend und bereichernd sein, für den anderen aber überfordernd. Daher ist die Freigabe als Orientierung zu verstehen, nicht als pauschale Empfehlung. Der beste Jugendschutz kommt immer noch von den Eltern selbst.
Eltern, die unsicher sind, sollten den Film am besten zuerst selbst ansehen oder gemeinsam mit ihrem Kind. Eine offene Kommunikation über das Gesehene kann dabei helfen, etwaige Sorgen zu zerstreuen und ein tieferes Verständnis für die Handlung und ihre Implikationen zu entwickeln. Letztendlich ist die Frage, ob ein 12-Jähriger den Assassin’s Creed Film gucken sollte, eine individuelle Entscheidung, die auf dem Wissen um das eigene Kind und dessen Reife basiert. Der Film bietet Unterhaltung, Spannung und sogar Anlass zu Diskussionen – vorausgesetzt, der Zuschauer ist bereit dafür.