Die Call of Duty-Reihe hat im Laufe ihrer Geschichte viele Settings erkundet – von den Schlachten des Zweiten Weltkriegs über moderne Konflikte bis hin zu futuristischen Kriegen im Weltall. Doch nach Jahren des Advanced Movement, der Jetpacks und Wall Runs, sehnten sich viele Fans nach einer Rückkehr zu den Wurzeln. 2017 war es dann soweit: Sledgehammer Games präsentierte Call of Duty: WW2 und versprach genau das – ein authentisches, brutales und bodenständiges Erlebnis im Zweiten Weltkrieg. Doch konnte das Spiel die hohen Erwartungen erfüllen und das Gefühl der alten Tage zurückbringen? Tauchen wir ein in das Setting und das Gameplay, um diese Frage zu beantworten.
Der Ruf nach den Wurzeln: Warum CoD WW2 kam
Nachdem Titel wie Advanced Warfare, Black Ops 3 und Infinite Warfare die Call of Duty-Formel mit futuristischen Elementen angereichert hatten, war die Community gespalten. Während einige die Innovationen begrüßten, wuchs die Zahl derer, die sich nach dem traditionellen „Boots on the Ground„-Gameplay sehnten. Die ständige Bewegung, vertikale Map-Designs und die Überbetonung von Fähigkeiten statt reinem Schusswechsel ermüdeten viele Veteranen. Der Ruf nach einer Rückkehr zu den Ursprüngen, speziell zum Zweiten Weltkrieg, wurde lauter und lauter. Sledgehammer Games, das Studio hinter Advanced Warfare, nahm sich dieser Forderung an und verkündete die Entwicklung von Call of Duty: WW2. Allein die Ankündigung löste eine Welle der Begeisterung aus. Es war nicht nur ein Spiel, es war eine Versöhnung, ein Versprechen, die Serie wieder auf den Boden der Tatsachen zu holen und an die glorreichen Tage von Call of Duty 1, 2 und World at War anzuknüpfen. Diese strategische Entscheidung war nicht nur ein cleverer Marketing-Schachzug, sondern zeugte auch von einem tiefen Verständnis für die Wünsche der treuen Fangemeinde.
Das Setting: Authentizität und Immersion im Zweiten Weltkrieg
Das Setting des Zweiten Weltkriegs ist in Videospielen nicht neu, aber CoD: WW2 versuchte, es mit einem neuen Grad an Brutalität und Realismus darzustellen. Von der ersten Sekunde der Kampagne an, die Spieler an den berüchtigten D-Day-Landungsstränden der Normandie absetzte, war klar, dass Sledgehammer Games eine düstere, ungeschönte Perspektive auf den Krieg präsentieren wollte.
Grafik und Sounddesign: Eine Reise in die Vergangenheit
Visuell war Call of Duty: WW2 beeindruckend. Die Umgebungen waren detailliert und trugen maßgeblich zur Immersion bei. Zerbombte französische Dörfer, verschneite Ardennenwälder und die klaustrophobischen Gräben des Hürtgenwaldes wurden mit einer beeindruckenden Grafikengine zum Leben erweckt. Besonders hervorzuheben ist die Darstellung der menschlichen Gesichter, die Emotionen wie Angst, Entschlossenheit und Verzweiflung glaubwürdig vermittelte. Das Sounddesign spielte ebenfalls eine entscheidende Rolle. Das Kreischen der Stukas, das Knistern des Maschinengewehrfeuers, die Detonationen von Granaten und das markerschütternde Schreien der Soldaten schufen eine beklemmende und oft herzzerreißende Atmosphäre. Jede Waffe hatte ihren eigenen, unverwechselbaren Klang, was zur Authentizität des Erlebnisses beitrug. Man fühlte sich nicht wie in einem Actionfilm, sondern mitten in den Schrecken des Krieges.
Schauplätze und historische Akkuratesse
Die Kampagne führte uns durch einige der ikonischsten Schlachten der Westfront. Von der stürmischen Landung in der Normandie über die Befreiung von Paris bis hin zur blutigen Ardennenoffensive und den gnadenlosen Kämpfen im Hürtgenwald. Die Entwickler haben sich sichtlich bemüht, die historischen Gegebenheiten so genau wie möglich darzustellen, auch wenn, wie bei jedem Spiel, eine gewisse künstlerische Freiheit für die Dramaturgie genutzt wurde. Die Locations waren nicht nur Kulisse, sondern beeinflussten das Gameplay: enge Gassen für Nahkämpfe, offene Felder für Scharfschützen, dichte Wälder für Überraschungsangriffe. Diese Vielfalt sorgte dafür, dass das Setting nie eintönig wurde und immer neue taktische Herausforderungen bot. Es war ein visuelles und akustisches Spektakel, das die Grausamkeit und das Chaos des Krieges einfing.
Das Gameplay: Boots on the Ground ist zurück
Der Kern der Rückkehr zu den Wurzeln lag im Gameplay. CoD: WW2 verzichtete vollständig auf das Advanced Movement und setzte wieder auf bodenständige Gefechte. Dies hatte tiefgreifende Auswirkungen auf den Multiplayer und die allgemeine Spielweise.
Multiplayer-Kernelemente: Klassisches CoD-Feeling
Der Multiplayer-Modus war das Herzstück vieler Call of Duty-Fans, und hier lieferte WW2 genau das, was erwartet wurde: traditionelles, schnelles Gunplay. Die Spieler waren wieder an den Boden gefesselt, was die Notwendigkeit für präzises Aiming, gute Kartenkenntnis und strategisches Positionieren erhöhte. Die Map-Designs waren klassisch CoD: Drei-Bahnen-Struktur, vertikale Elemente, aber ohne die Notwendigkeit von Jetpacks. Jede Karte, ob ein zerbombtes Dorf oder ein verschneiter Wald, bot einzigartige Engpässe und Flankierungsmöglichkeiten. Das Gefühl, wieder auf Augenhöhe zu kämpfen, war für viele eine enorme Erleichterung und ein deutliches Signal, dass das „alte” CoD noch immer relevant war. Die TTK (Time to Kill) fühlte sich vertraut an, und die Belohnung für Skill war wieder spürbar.
Waffenarsenal: Ikonische Kriegsgeräte
Das Waffenarsenal von CoD: WW2 war ein Fest für Liebhaber historischer Feuerwaffen. Vom M1 Garand mit seinem unverwechselbaren „Ping” nach dem letzten Schuss über die präzise Kar98k bis hin zur schnellen MP40 und der mächtigen BAR – jede Waffe fühlte sich authentisch an und hatte ihre eigenen Stärken und Schwächen. Die Individualisierung war im Vergleich zu modernen CoDs reduziert, aber passend zum Setting. Aufsätze wie Griffe und Magazine verbesserten das Handling, aber die Grundcharakteristik der Waffen blieb erhalten. Dies trug zur Authentizität bei und erforderte von den Spielern, sich mit den Eigenheiten jeder Waffe vertraut zu machen. Das Gefühl, mit diesen ikonischen Waffen in die Schlacht zu ziehen, war unbezahlbar und ein großer Pluspunkt für das immersive Erlebnis.
Spielmodi und Divisionen: Innovation mit Tradition
Neben den klassischen Spielmodi wie Team Deathmatch und Domination führte CoD: WW2 den innovativen Kriegsmodus (War Mode) ein. Dieser zielbasierte Modus erzählte kleine Geschichten in Form von mehrstufigen Operationen, bei denen die Teams abwechselnd angreifen und verteidigen mussten. Der Kriegsmodus war ein echter Hit, da er teamworkorientiert war und das individuelle Kill-Death-Verhältnis in den Hintergrund rückte. Er fügte dem Multiplayer eine willkommene strategische Tiefe hinzu und wurde von der Community hochgelobt.
Das traditionelle „Create-a-Class”-System wurde durch das Divisionen-System ersetzt. Statt frei Perks zu wählen, wählte man eine von fünf Divisionen (Infanterie, Luftlandedivision, Expeditionstruppe, Gebirgsjäger, Gepanzerte), die bestimmte Primärwaffen, Grundausbildungen (ehemals Perks) und Fertigkeiten boten. Dieses System war eine interessante Abwechslung und zwang die Spieler, sich auf spezifische Spielstile festzulegen, was die taktische Vielfalt erhöhte, aber auch die individuelle Anpassung leicht einschränkte.
Das **Hauptquartier** (Headquarters) war eine weitere Neuerung: ein sozialer Raum, in dem Spieler mit Freunden interagieren, ihre Ausrüstung testen und sogar 1v1-Duelle austragen konnten. Es war ein mutiger Schritt, der die soziale Komponente des Spiels stärken sollte, auch wenn er nicht von allen gleichermaßen angenommen wurde.
Kampagne: Eine emotionale Reise durch die Hölle
Die Einzelspieler-Kampagne von Call of Duty: WW2 konzentrierte sich auf die Geschichte von Private Ronald „Red” Daniels und seiner Einheit, der First Infantry Division, während ihres Feldzugs durch Europa. Die Story war eine Hommage an klassische Kriegsfilme wie „Der Soldat James Ryan” und legte den Schwerpunkt auf die Kameradschaft, die Schrecken des Krieges und die individuellen Opfer.
Story und Charaktere: Menschlichkeit im Chaos
Im Gegensatz zu früheren CoD-Kampagnen, die oft auf überzogene Action setzten, versuchte WW2, eine persönlichere und emotionalere Geschichte zu erzählen. Die Charaktere, insbesondere Reds Vorgesetzter Sergeant Pierson und sein bester Freund Zussman, waren gut ausgearbeitet und ihre Entwicklung im Laufe des Krieges war greifbar. Die Kampagne scheute sich nicht davor, die brutale Realität des Krieges zu zeigen – den Verlust von Kameraden, die psychische Belastung und die moralischen Dilemmata, mit denen die Soldaten konfrontiert wurden. Dies trug zur Immersion bei und machte die Kampagne zu einer der denkwürdigsten der jüngeren CoD-Geschichte.
Gameplay-Mechaniken in der Kampagne
Ein interessantes Element in der Kampagne war die Abkehr von der automatischen Gesundheitsregeneration. Stattdessen musste man auf Sanitäter in der eigenen Einheit zurückgreifen, um Gesundheitspakete zu erhalten, oder Munition von Versorgungsoffizieren anfordern. Diese Mechaniken förderten das Teamwork und die taktische Herangehensweise, auch im Einzelspieler-Modus, und unterstrichen das Gefühl der Abhängigkeit von der eigenen Einheit. Es war eine willkommene Abwechslung und trug zur Spannung bei, da man nicht einfach hinter einer Deckung warten konnte, bis die Lebensanzeige wieder voll war. Die Kampagne bot zudem Abwechslung durch Fahrzeugmissionen und Stealth-Abschnitte, die das Gameplay frisch hielten.
Innovationen und Kontroversen
Obwohl CoD: WW2 primär eine Rückkehr zu den Wurzeln darstellte, brachte es auch einige eigene Innovationen mit sich, die teilweise auf Begeisterung, teilweise auf Kritik stießen.
Der gefeierte Kriegsmodus und das Hauptquartier
Wie bereits erwähnt, war der Kriegsmodus eine echte Bereicherung für das Multiplayer-Erlebnis. Er bewies, dass Call of Duty auch abseits des klassischen Deathmatch-Formats innovative und fesselnde Erfahrungen bieten kann. Er wurde schnell zum Liebling vieler Spieler, die eine Abwechslung vom ständigen Kill-Grind suchten. Das Hauptquartier war eine interessante Idee, um eine soziale Ebene ins Spiel zu bringen. Es erlaubte Spielern, sich außerhalb der Matches zu treffen, Herausforderungen zu absolvieren und Belohnungen abzuholen. Obwohl es manchen zu leer oder unnötig erschien, war es für andere eine willkommene Ergänzung, um die Community zu stärken.
Die Schattenseite: Loot Boxes und Supply Drops
Der größte Kritikpunkt und die wohl kontroverseste Aspekt von CoD: WW2 waren die Loot Boxes, hier als „Supply Drops” bezeichnet. Während Skins und Embleme in Loot Boxes in anderen Spielen akzeptiert wurden, fühlte sich die Implementierung in einem Spiel, das sich der Authentizität des Zweiten Weltkriegs verschrieben hatte, unpassend an. Besonders die Tatsache, dass kosmetische Gegenstände in einem Kriegsspiel oft albern und deplatziert wirkten, trübte das Erlebnis für viele. Auch wenn die Entwickler beteuerten, dass die Loot Boxes keine Pay-to-Win-Elemente enthielten, blieb der Beigeschmack einer aggressiven Monetarisierung, die nicht zum Geist des Spiels passte. Die Möglichkeit, andere Spieler beim Öffnen ihrer Supply Drops im Hauptquartier zuzusehen, verstärkte das Gefühl, dass hier ein gewisser Druck zum Kauf ausgeübt werden sollte.
Fazit: War es die Rückkehr, die wir brauchten?
Call of Duty: WW2 war für die Franchise ein wichtiger Schritt. Es stellte eine dringend benötigte Kurskorrektur dar, die die Serie von der futuristischen Ermüdung befreite und wieder auf den Boden der Tatsachen zurückholte. Das Setting des Zweiten Weltkriegs wurde mit einer beeindruckenden grafischen und akustischen Detailtreue umgesetzt, die eine intensive und oft brutale Immersion ermöglichte. Die Kampagne war emotional und packend, während das Multiplayer-Gameplay mit seinem „Boots on the Ground”-Ansatz genau das lieferte, was sich die Fans so lange gewünscht hatten.
Der Kriegsmodus war eine glänzende Innovation, die bewies, dass auch in einem traditionellen Setting Raum für frische Ideen ist. Die Divisionen boten eine interessante Neuerung im Klassensystem. Abgesehen von der unglücklichen Implementierung der Loot Boxes, die einen leicht faden Beigeschmack hinterließ, war CoD: WW2 ein solides und respektables Spiel, das die Marke Call of Duty wieder auf den richtigen Weg brachte. Es war nicht perfekt, aber es war die Rückkehr zu den Wurzeln, die viele Fans sehnsüchtig erwartet hatten und die den Grundstein für nachfolgende, erfolgreichere „Boots on the Ground”-Titel legte. Es war ein notwendiger Schritt, um das Vertrauen der Community zurückzugewinnen und zu zeigen, dass Call of Duty auch ohne Jetpacks und Laserwaffen ein fesselndes Spielerlebnis bieten kann.