Stellen Sie sich vor: Sie räumen den Dachboden auf, durchstöbern alte Kartons und plötzlich entdecken Sie eine staubige Kiste. Darin schlummert eine ganze Armee – Plastiksoldaten in allen möglichen Posen, Uniformen und Farben. Ein Hauch von Nostalgie durchweht den Raum. Doch wer sind diese kleinen Krieger? Woher stammen sie? Und welchen Wert, ob ideell oder materiell, bergen sie? Die Identifikation dieser geheimnisvollen Figuren mag auf den ersten Blick wie eine Sisyphusarbeit erscheinen, doch mit dem richtigen Ansatz wird sie zu einer spannenden Detektivarbeit. Dieser Artikel ist Ihr Leitfaden, um Licht ins Dunkel zu bringen und die Geschichte hinter Ihrem Dachbodenfund zu entschlüsseln.
Der Reiz dieser Entdeckung geht oft über den bloßen Sammlerwert hinaus. Es ist die Verbindung zu einer vergangenen Zeit, vielleicht zur eigenen Kindheit oder der von Vorfahren. Jeder dieser alten Spielzeugsoldaten erzählt potenziell eine Geschichte – von Kinderzimmer-Schlachten, von Epochen, die er repräsentiert, und von den Händen, die ihn einst hielten. Begeben wir uns gemeinsam auf diese faszinierende Reise!
Warum die Identifikation so lohnenswert ist
Bevor wir uns den praktischen Schritten widmen, fragen Sie sich vielleicht: Warum sollte ich überhaupt Zeit in die Identifikation investieren? Hier sind einige gute Gründe:
- Historischer und kultureller Wert: Viele Plastikfiguren sind Miniaturen realer Soldaten oder historischer Persönlichkeiten. Sie können Einblicke in vergangene Epochen, Militärstrategien oder sogar gesellschaftliche Ansichten geben.
- Sammlerwert und Potenzial zur Wertsteigerung: Seltene Figuren, vollständige Sets oder Figuren von bestimmten Herstellern können bei Sammlern begehrt sein und einen beachtlichen Sammlerwert erzielen.
- Vollständigkeit von Sammlungen: Vielleicht besitzen Sie bereits eine Sammlung oder möchten eine beginnen. Die Identifikation hilft Ihnen, Lücken zu füllen oder eine thematische Ordnung herzustellen.
- Persönliche Verbundenheit: Wenn die Figuren von Familienmitgliedern stammen, vertieft die Kenntnis ihrer Herkunft die persönliche Verbindung und bewahrt ein Stück Familiengeschichte.
Die ersten Schritte: Die Bestandsaufnahme Ihres Fundes
Bevor Sie sich in die Weiten des Internets stürzen, ist eine sorgfältige erste Analyse Ihrer Militärfiguren unerlässlich. Nehmen Sie jede Figur einzeln in die Hand und betrachten Sie sie genau:
Zustand und Material
Wie ist der allgemeine Zustand der Figuren? Sind sie stark verschmutzt, beschädigt oder fehlen Teile? Fotografieren Sie den Originalzustand, bevor Sie etwas ändern. Zur Reinigung verwenden Sie am besten ein weiches Tuch und lauwarmes Wasser mit einem Hauch milder Seife. Vermeiden Sie aggressive Reinigungsmittel, da diese den Kunststoff angreifen oder die Bemalung beschädigen könnten. Beachten Sie auch das Material: Ist es harter, spröder Kunststoff, weicheres Gummi oder ein flexiblerer Kunststofftyp? Die Art des Materials kann bereits Hinweise auf das Herstellungsland oder die Epoche geben.
Größe und Maßstab
Messen Sie die Höhe der Figuren von der Fußsohle bis zum Scheitel. Die gängigsten Maßstäbe für Plastiksoldaten sind:
- 1:32 (ca. 54 mm): Dies ist ein sehr verbreiteter Maßstab, oft verbunden mit älteren Figuren von Herstellern wie Britains oder Marx.
- 1:72 (ca. 25 mm): Kleinere Figuren, häufig in Sets für Dioramen oder Tabletop-Spiele zu finden, bekannt von Airfix und anderen.
- 1:35 oder 1:48: Ebenfalls gebräuchlich, besonders bei detaillierteren Modellen und Bausätzen.
Die Angabe der Höhe in Millimetern (z.B. „54mm-Figur”) ist auch sehr gebräuchlich und oft präziser als der Modellbau-Maßstab, da die Proportionen variieren können.
Pose, Uniform und Ausrüstung
Dies sind oft die offensichtlichsten Identifikationsmerkmale. Betrachten Sie:
- Die Pose: Stehend, marschierend, schießend, liegend, verwundet, zu Pferd?
- Die Uniform: Welche Art von Helm, Kopfbedeckung, Mantel, Hose? Sind spezifische Abzeichen oder Dienstgrade erkennbar?
- Die Ausrüstung: Welche Waffen tragen die Soldaten (Gewehr, Pistole, Schwert, Lanze, Maschinenpistole)? Haben sie Rucksäcke, Ferngläser, Funkgeräte?
Diese Details können sofort auf eine bestimmte Epoche oder ein spezifisches Militär (z.B. römische Legionäre, amerikanische Bürgerkriegssoldaten, Wehrmachtssoldaten, britische Rotröcke) hinweisen.
Der Detektivweg: Tiefer graben für Hinweise
Nach der ersten Bestandsaufnahme geht es nun ins Detail. Hier beginnt die echte Detektivarbeit, um die Figuren erkennen zu können.
Hersteller-Markierungen: Der wichtigste Hinweis
Drehen Sie jede Figur um und untersuchen Sie die Unterseite des Sockels, den Rücken oder auch schwer zugängliche Stellen. Viele Hersteller haben ihre Figuren mit Prägungen versehen. Suchen Sie nach:
- Firmennamen oder Logos: Beispiele: „Marx Toys”, „Airfix”, „Britains”, „Elastolin”.
- Ländercode: „Made in USA”, „Hong Kong”, „W. Germany”.
- Jahreszahlen: Ein präzises Herstellungsdatum ist Gold wert.
- Modellnummern oder Serienbezeichnungen.
Diese Markierungen sind oft klein und unauffällig. Eine Lupe und gute Beleuchtung sind hier unverzichtbar. Selbst scheinbar unleserliche Abkürzungen können bei der späteren Online-Recherche zu erstaunlichen Ergebnissen führen.
Einzigartige Merkmale
Achten Sie auf besondere Designelemente, die als „Signatur” eines Herstellers dienen könnten:
- Basisdesign: Haben die Sockel eine spezifische Form (rund, oval, rechteckig, unregelmäßig) oder besondere Texturen?
- Gesichtsmerkmale: Einige Hersteller hatten einen sehr charakteristischen Stil bei der Gestaltung der Gesichter.
- Farbschema: Waren die Figuren ursprünglich nur in einer Farbe gegossen, oder sind sie bemalt? Die Originalfarben können ebenfalls Hinweise geben.
Originalverpackung und Begleitmaterial
Haben Sie Glück und finden neben den Figuren noch Reste der Originalverpackung, Bauanleitungen, Kataloge oder sogar Werbematerialien? Diese sind oft die schnellsten und präzisesten Identifikationshilfen. Selbst ein kleines Stück einer Schachtel mit einem Logo oder einem Produktionsjahr kann den Durchbruch bringen.
Ihre Werkzeuge für die Identifikation: Das Internet und darüber hinaus
Das Internet ist eine unschätzbare Ressource für die Identifikation von Vintage Spielzeug. Hier sind die besten Strategien:
Spezialisierte Suchmaschinen-Anfragen
Geben Sie in Google (oder einer anderen Suchmaschine) präzise und kombinierte Begriffe ein. Anstatt nur „Plastiksoldaten” zu suchen, versuchen Sie es mit:
- „alte Plastiksoldaten Hersteller”
- „Plastikfiguren erkennen 54mm”
- „Vintage toy soldiers identification”
- „Hersteller Militärfiguren 1960er”
- Kombinieren Sie gefundene Markierungen: „Marx Toys WW2 soldiers” oder „Airfix 1:72 Wehrmacht”
Nutzen Sie auch die Bildersuche von Google – laden Sie ein Foto Ihrer Figur hoch oder suchen Sie nach ähnlichen Bildern.
Online-Communitys und Foren
Es gibt unzählige engagierte Sammler und Enthusiasten, die ihr Wissen gerne teilen. Suchen Sie nach:
- Spezialisierten Foren für Spielzeugsoldaten: Websites wie „Plastic Soldier Review” oder „Michtoy” sind oft erste Anlaufstellen, auch wenn sie nicht ausschließlich auf Plastikfiguren fokussiert sind.
- Facebook-Gruppen: Es gibt viele Gruppen für „Vintage Toys”, „Plastic Toy Soldiers Collectors” oder spezifische Hersteller. Posten Sie dort detaillierte Fotos und Ihre bisherigen Beobachtungen.
- Reddit: Subreddits wie r/toys oder r/vintagetoys können ebenfalls hilfreich sein.
Denken Sie daran, freundlich zu sein, gute Fotos zu teilen (Vorderseite, Rückseite, Unterseite, Nahaufnahmen von Details) und alle Informationen, die Sie bereits gesammelt haben, mitzuteilen.
Bilderkennungstools
Tools wie Google Lens sind extrem nützlich. Machen Sie ein gutes Foto Ihrer Figur und lassen Sie Google Lens danach suchen. Oft spuckt es direkt ähnliche oder sogar identische Figuren aus, was Sie zu Sammlerseiten, Auktionsangeboten oder spezialisierten Blogs führt.
Online-Datenbanken und Enzyklopädien
Einige Websites haben umfassende Datenbanken mit Bildern und Informationen zu verschiedenen Herstellern und Epochen. Suchen Sie nach „Toy Soldier Wiki” oder „Plastic Toy Soldier Database”. Diese Ressourcen sind oft nach Hersteller, Epoche oder Armee kategorisiert und erleichtern die gezielte Suche.
Fachliteratur und Kataloge
Wenn Sie ernsthaft sammeln möchten oder eine große Sammlung identifizieren müssen, kann die Investition in spezialisierte Bücher über Spielzeugsoldaten oder alte Spielzeugkataloge (z.B. von Sears, Quelle, Neckermann) sehr lohnenswert sein. Diese bieten oft detailreiche Bilder und Informationen, die online schwer zu finden sind.
Online-Marktplätze und Auktionshäuser
Websites wie eBay, Catawiki oder spezialisierte Spielzeugauktionshäuser können nicht nur zur Wertbestimmung dienen, sondern auch zur Identifikation. Durchsuchen Sie die Kategorien „Vintage Toy Soldiers” oder „Plastiksoldaten” und suchen Sie nach Ähnlichkeiten mit Ihren Figuren. Die Beschreibungen der Verkäufer enthalten oft Herstellerinformationen, Maßstäbe und Epochen.
Bekannte Hersteller und Epochen: Ein erster Überblick
Um Ihnen den Einstieg zu erleichtern, hier eine kleine Auswahl bekannter Hersteller und typischer Themenbereiche für Plastiksoldaten:
- Großbritannien:
- Airfix: Berühmt für Bausätze und unbemalte 1:72 und 1:32 Figuren, oft aus den 1960er bis 1980er Jahren.
- Britains: Ursprünglich Zinnfiguren, aber auch viele klassische 54mm Plastikfiguren, darunter Cowboys, Indianer, Militär.
- Timpo Toys: Ebenfalls bekannt für 54mm Figuren, oft mit abnehmbaren Teilen wie Hüten oder Waffen.
- Crescent Toys: Auch eine Quelle für diverse Plastiksoldaten.
- USA:
- Louis Marx and Company (Marx Toys): Einer der größten Hersteller, produzierte massenhaft Figuren in verschiedenen Maßstäben (oft 60mm) und Themen (Wilder Westen, Zweiter Weltkrieg, Raumfahrt).
- MPC (Multiple Toymakers): Bekannt für ihre „Army Men” Sets.
- Ideal Toys: Auch hier findet man eine breite Palette an Plastikfiguren.
- Timmee Toys: Simple, aber robuste Figuren, oft in größeren Sets enthalten.
- Deutschland:
- Elastolin / Lineol: Während diese historisch eher für Massefiguren bekannt sind, produzierten sie später auch einige Plastikfiguren. Ihr Stil ist oft unverwechselbar.
- Generell waren viele britische und amerikanische Hersteller auch auf dem deutschen Markt präsent.
- Osteuropa (DDR, UdSSR):
- Figuren aus der DDR oder der Sowjetunion haben oft einen sehr eigenen, stilisierten Look. Sie können seltener sein und einen besonderen Sammlerwert besitzen.
Thematische Kategorien: Häufige Themen sind der Zweite Weltkrieg (Wehrmacht, US Army, Britische, Russische Soldaten), der Erste Weltkrieg, der Amerikanische Bürgerkrieg, Napoleonische Kriege, Römer, Cowboys und Indianer, aber auch Science-Fiction- oder Fantasy-Figuren.
Nach der Identifikation: Was nun?
Sie haben Ihre Armee identifiziert – herzlichen Glückwunsch! Doch was tun Sie mit diesem Wissen?
Wertermittlung
Der Wert bestimmen ist der nächste logische Schritt. Faktoren, die den Wert beeinflussen:
- Seltenheit: Einige Figuren wurden nur in geringen Stückzahlen produziert oder waren nur für kurze Zeit auf dem Markt.
- Zustand: Unbeschädigte, vollständige und gut erhaltene Figuren sind immer wertvoller als beschädigte.
- Hersteller und Alter: Figuren namhafter Hersteller oder aus bestimmten, begehrten Epochen erzielen höhere Preise.
- Vollständigkeit von Sets: Ein komplettes Set ist oft mehr wert als die Summe seiner Einzelteile.
- Nachfrage: Die Beliebtheit des Themas oder des Herstellers bei Sammlern.
Nutzen Sie die Ergebnisse Ihrer Recherche auf Auktionsplattformen (eBay „verkaufte Artikel” Funktion), spezialisierten Händlerseiten oder lassen Sie eine professionelle Schätzung durch einen Sachverständigen für Spielzeug vornehmen. Seien Sie realistisch: Nur wenige Plastiksoldaten sind ein Vermögen wert, aber viele haben einen schönen Sammlerwert.
Reinigung und Konservierung
Haben Sie die Figuren bereits grob gereinigt, können Sie nun überlegen, ob eine gründlichere Reinigung oder eine Konservierung notwendig ist. Lagern Sie die Figuren an einem trockenen, staubfreien Ort, fern von direkter Sonneneinstrahlung, die den Kunststoff verblassen oder spröde machen könnte. Spezielle Sammelvitrinen oder säurefreie Aufbewahrungsboxen sind ideal.
Sammlungen und Verkauf
Wenn Sie selbst eine Sammlung aufbauen möchten, wissen Sie nun, wonach Sie suchen müssen. Wenn Sie Ihre Figuren verkaufen möchten, bieten sich Online-Marktplätze, spezialisierte Foren oder Auktionshäuser an. Achten Sie auf ehrliche Zustandsbeschreibungen und gute Fotos. Der Austausch mit anderen Sammlern kann auch hier wertvolle Kontakte und Verkaufschancen bieten.
Die Geschichte hinter den Figuren
Unabhängig von ihrem materiellen Wert: Jede identifizierte Figur birgt ein Stück Geschichte. Vielleicht können Sie durch Ihre Forschung sogar herausfinden, in welchem Jahr die Figur genau hergestellt wurde, welche Schlachten sie nachstellen sollte oder welche kulturelle Bedeutung sie hatte. Dieses Wissen bereichert nicht nur Ihr Verständnis der Figuren, sondern auch Ihre eigene Familiengeschichte, wenn es sich um Erbstücke handelt. Teilen Sie diese Geschichten mit Ihrer Familie und Freunden – es ist eine wunderbare Art, die Vergangenheit lebendig zu halten.
Fazit: Mehr als nur Plastik
Die Reise zur Identifikation eines geheimnisvollen Plastiksoldaten vom Dachboden ist weit mehr als nur eine Suche nach einem Namen oder einem Wert. Es ist eine Entdeckungsreise in die Welt des Spielzeugs, der Geschichte und manchmal sogar der eigenen Familiengeschichte. Mit Geduld, den richtigen Werkzeugen und einer Portion Detektivgeist können Sie das Rätsel Ihrer kleinen Armee lösen und ihre Geschichten zum Leben erwecken. Starten Sie noch heute Ihre persönliche Mission – Sie werden überrascht sein, welche Geheimnisse Ihre kleinen Plastikgefährten für Sie bereithalten!