Die Qual der Wahl für Samurai-Seelen: Sollte ich zuerst Sekiro oder den Elden Ring DLC spielen?

Die Welt der Videospiele ist voller schwieriger Entscheidungen, aber nur wenige stellen die Fans von FromSoftware vor eine so existentielle Frage wie diese: Sollte ich zuerst Sekiro: Shadows Die Twice oder den mit Spannung erwarteten Elden Ring DLC, Shadow of the Erdtree, spielen? Für viele ist dies nicht nur eine Frage der Präferenz, sondern eine wahre „Qual der Wahl“, die das Spielerlebnis maßgeblich beeinflussen kann. Beide Titel stammen aus der Feder des legendären Studios FromSoftware und versprechen unerbittliche Herausforderungen, tiefgründige Welten und unvergessliche Momente. Doch während der eine eine eigenständige, meisterhafte Erfahrung bietet, erweitert der andere ein bereits gefeiertes Epos. Dieser umfassende Guide soll Ihnen helfen, die perfekte Spielreihenfolge für Ihre Samurai-Seele zu finden.

FromSoftware hat sich in den letzten Jahrzehnten einen Namen gemacht, indem es Spiele entwickelt, die nicht nur Spaß machen, sondern auch eine einzigartige Form der Befriedigung durch die Überwindung immenser Schwierigkeiten bieten. Ob durch die düstere Gotik von Demon’s Souls, die viktorianische Albtraumwelt von Bloodborne, die weitläufigen Reiche von Dark Souls oder die epische Open World von Elden Ring – das Studio hat immer wieder bewiesen, dass es Meister im Erschaffen von herausfordernden, aber fairen Spielerlebnissen ist. Sekiro und der Elden Ring DLC stehen in dieser stolzen Tradition, doch sie unterscheiden sich fundamental in ihrem Ansatz und ihren Kernmechaniken.

Elden Ring DLC: Shadow of the Erdtree – Eine Rückkehr ins Zwischenland

Der Elden Ring DLC, mit dem vielversprechenden Titel „Shadow of the Erdtree“, ist nicht nur eine einfache Erweiterung, sondern ein lang ersehntes Wiedersehen mit einer der erfolgreichsten und von der Kritik gefeierten Spielwelten der letzten Jahre. Elden Ring selbst hat mit seiner gigantischen Open World, der schier grenzenlosen Freiheit bei der Charakterentwicklung und der epischen Zusammenarbeit mit George R.R. Martin neue Maßstäbe für das Action-Rollenspiel-Genre gesetzt. Der DLC verspricht, diese Erfahrung zu vertiefen und zu erweitern.

Spieler können eine völlig neue, mysteriöse Region erkunden, die voller neuer Feinde, Waffen, Rüstungen, Zaubersprüche und natürlich noch herausfordernderer Bosse sein wird. Die Erwartungshaltung ist immens, denn Shadow of the Erdtree soll eine weitere Schicht zur bereits tiefgründigen Lore hinzufügen und neue Facetten der Geschichte des Zwischenlands enthüllen. Für Spieler, die bereits Hunderte von Stunden in Elden Ring investiert haben, ist der DLC eine nahtlose Fortsetzung, die es ermöglicht, den geliebten Charakter und dessen Kampfsystem sofort wieder aufzunehmen und die Reise fortzusetzen. Es ist eine direkte Einladung, in das vertraute, aber zugleich frische Chaos des Zwischenlands zurückzukehren.

Sekiro: Shadows Die Twice – Die Kunst der Klinge

Im krassen Gegensatz zum expansiven Elden Ring steht Sekiro: Shadows Die Twice. Sekiro ist ein eigenständiges Action-Adventure, das tief in der japanischen Sengoku-Zeit verwurzelt ist und eine völlig andere Philosophie verfolgt als die meisten FromSoftware-Titel. Während die „Souls”-Spiele für ihre Rollenspiel-Elemente, verschiedene Builds und die Möglichkeit bekannt sind, sich durch Grinding oder kooperatives Spiel Erleichterung zu verschaffen, konzentriert sich Sekiro auf die makellose Beherrschung einer einzigen Mechanik: das Parieren und Ablenken von Angriffen.

In Sekiro schlüpfen Sie in die Rolle des „Einarmigen Wolfs“, eines Shinobi, der dazu bestimmt ist, seinen jungen Meister zu beschützen. Das Spiel bietet kaum Anpassungsmöglichkeiten für den Charakter, keine Level-Aufstiege im klassischen Sinne und keine Mehrspieleroptionen. Stattdessen liegt der Fokus auf präzisem Deflecting und einem aggressiven Angriffsstil, der auf das Haltungssystem der Gegner abzielt. Die Kämpfe sind schnelle, rhythmische Schwertduelle, die absolute Konzentration und schnelles Reaktionsvermögen erfordern. Sekiro ist weniger ein Rollenspiel und mehr ein Action-Abenteuer, das die Spieler dazu zwingt, seine einzigartigen Regeln zu lernen und zu meistern, um erfolgreich zu sein. Es ist eine Odyssee der Meisterschaft, die anders ist als alles, was FromSoftware zuvor oder danach geschaffen hat.

Der Kern der Entscheidung: Kampfsystem und Philosophie

Der größte Unterschied, der Ihre Entscheidung maßgeblich beeinflussen sollte, liegt im Kampfsystem. Hier klaffen Welten zwischen den beiden Titeln auf:

• Elden Ring (und DLC): Vielfalt, Builds und Ausweichen
  Das Kampfsystem von Elden Ring ist die Quintessenz der „Souls”-Formel: rollenbasiertes Action-Rollenspiel mit unzähligen Waffen, Zaubern, Beschwörungen und Rüstungen. Spieler können ihren Charakter komplett individualisieren, ob als schwer gepanzerter Krieger, agiler Schurke oder mächtiger Magier. Der Fokus liegt oft auf dem Ausweichen (Dodge-Rolling), dem Blocken mit Schilden und dem Finden von Öffnungen für Angriffe. Das Spiel bietet enorme Freiheit, Probleme zu lösen: Wenn ein Boss zu schwer ist, können Sie leveln, eine andere Waffe ausprobieren, ein besseres Build erstellen, Geister beschwören oder mit anderen Spielern kooperieren. Diese Flexibilität ist eine der größten Stärken von Elden Ring. Der Elden Ring DLC wird diese Palette zweifellos erweitern und neue Spielweisen ermöglichen, aber die Kernphilosophie bleibt dieselbe.
• Sekiro: Präzision, Rhythmus und Parieren
  Sekiro bricht radikal mit dieser Tradition. Hier gibt es fast keine Ausweichrolle im Souls-Stil. Stattdessen dreht sich alles um das Parieren (Deflect) von Angriffen im richtigen Moment. Das Haltungssystem (Posture) der Gegner ist der Schlüssel zum Erfolg: Durch präzises Parieren und aggressive Angriffe füllen Sie die Haltungsanzeige des Gegners. Ist sie voll, können Sie einen tödlichen Todesstoß ausführen. Sekiro ist ein gnadenloser Tanz der Klingen, der einen nahezu perfekten Rhythmus und unfehlbares Timing erfordert. Es gibt kaum Möglichkeiten, einen Kampf durch Grinding oder andere Builds einfacher zu machen. Entweder Sie meistern das Kampfsystem von Sekiro, oder Sie werden scheitern. Es ist eine Prüfung der eigenen Fähigkeiten und der Geduld, die sich mit jedem besiegten Boss wie eine wahre Erleuchtung anfühlt.

Die Schwierigkeitsgrade und der Lernprozess

Beide Spiele sind bekannt für ihren hohen Schwierigkeitsgrad, aber sie sind auf unterschiedliche Weisen schwierig.

• Elden Ring: Anpassbarer Schwierigkeitsgrad
  Elden Ring bietet zwar epische Herausforderungen, erlaubt es dem Spieler aber auch, den Schwierigkeitsgrad indirekt anzupassen. Durch das Erkunden der Open World, das Finden optionaler Gebiete und das Besiegen kleinerer Bosse kann man Erfahrung sammeln, leveln und mächtiger werden. Wenn ein Boss unüberwindbar scheint, können Sie woanders hingehen, stärker zurückkehren oder eine andere Strategie wählen. Dies macht Elden Ring für ein breiteres Publikum zugänglich, da es verschiedene Wege zum Erfolg gibt.
• Sekiro: Unnachgiebiger Schwierigkeitsgrad
  Sekiro ist gnadenloser. Es zwingt Sie, eine einzige Kampfmechanik – das Parieren – zu meistern. Es gibt keine „einfachen” Builds, keine Möglichkeit, Bosse zu überleveln oder auf starke Magie zurückzugreifen, um den Kampf zu umgehen. Jeder Boss ist eine Lektion, die Sie wieder und wieder lernen müssen, bis Sie seine Angriffsmuster perfekt verstanden und verinnerlicht haben. Für einige ist dies frustrierend, für andere ist es die reinste Form der Spielerfahrung, da der Erfolg ausschließlich auf der eigenen Fähigkeit basiert.

Exploration, Weltgestaltung und Atmosphäre

Auch hier unterscheiden sich die Titel maßgeblich:

• Elden Ring: Weitläufige Erkundung und Western-Fantasy
  Elden Ring ist eine riesige Open World, die zum Erkunden einlädt. Überall gibt es Geheimnisse, Verliese, optionale Bosse und versteckte Schätze. Die Atmosphäre ist eine Mischung aus melancholischer High-Fantasy und einem Gefühl der Verlorenheit in einer zerfallenden Welt. Die Lore ist fragmentiert und muss vom Spieler aktiv zusammengefügt werden, was ein tiefes Eintauchen ermöglicht.
• Sekiro: Strukturierte Pfade und Japanische Mythologie
  Sekiro bietet eine linearere, aber immer noch stark verwobene Welt. Der Fokus liegt mehr auf vertikaler Bewegung und dem Einsatz des Greifhakens, um neue Wege zu entdecken. Die Atmosphäre ist stark von der japanischen Geschichte und Mythologie inspiriert, mit einer direkteren, aber dennoch mysteriösen Geschichte. Die Welt ist detailliert und atmosphärisch, aber nicht so weitläufig und frei erkundbar wie das Zwischenland.

Argumente für den Elden Ring DLC zuerst

Es gibt gute Gründe, sich direkt in „Shadow of the Erdtree” zu stürzen:

• Aktualität und Hype: Der Elden Ring DLC ist brandneu. Viele Ihrer Freunde und die gesamte Community werden ihn gleichzeitig spielen. Dies bietet ein einzigartiges Gefühl der Zusammengehörigkeit und des Teilens von Erfahrungen und Entdeckungen.
• Vertrautheit: Wenn Sie Elden Ring bereits gespielt haben, können Sie Ihren bestehenden Charakter nutzen und nahtlos in die neue Geschichte eintauchen. Sie sind bereits mit dem Kampfsystem, den Steuerungselementen und der Welt vertraut, was den Einstieg erleichtert.
• Spoileralarm: Bei einer so großen und erwarteten Erweiterung sind Spoiler unvermeidlich. Wenn Sie die Geschichte und die Geheimnisse selbst erleben möchten, ist es ratsam, so schnell wie möglich zu spielen.
• Fortsetzung einer geliebten Reise: Für Fans des Hauptspiels ist der DLC die logische und emotional befriedigendste nächste Station. Es ist eine Erweiterung einer bereits geliebten Geschichte und Welt.

Argumente für Sekiro zuerst

Dennoch sprechen einige sehr überzeugende Gründe dafür, Sekiro zuerst in Angriff zu nehmen:

• Die Umstellung vermeiden: Dies ist der vielleicht wichtigste Punkt. Das Kampfsystem von Sekiro unterscheidet sich so grundlegend von Elden Ring (und den meisten anderen Souls-Spielen), dass ein direkter Wechsel zwischen den beiden Spielen extrem frustrierend sein kann. Wenn Sie gerade Stunden damit verbracht haben, Angriffe in Elden Ring auszuweichen, und dann versuchen, in Sekiro auszuweichen, werden Sie gnadenlos bestraft. Es erfordert eine völlige Neukalibrierung Ihres Muskelgedächtnisses und Ihrer Denkweise. Es ist oft besser, sich voll und ganz auf Sekiros einzigartiges System einzulassen, es zu meistern und dann zum Elden Ring DLC zurückzukehren.
• Ein abgeschlossenes Erlebnis: Sekiro ist ein komplettes, eigenständiges Spiel. Es gibt keine „Fortsetzung” oder DLC, auf den Sie warten müssen. Es bietet eine einzigartige Geschichte und eine abgeschlossene Erfahrung, die man in einem Rutsch genießen kann.
• Vermeidung von „Souls-Müdigkeit”: Wenn Sie gerade erst Elden Ring beendet haben (oder es noch spielen), könnte eine weitere große Open World mit ähnlichen Kernmechaniken zu einer gewissen Ermüdung führen. Sekiro bietet eine erfrischende Abwechslung und ein ganz anderes Tempo.
• Lernen durch Härte: Sekiro zwingt Sie, ein völlig neues Kampf-Paradigma zu meistern. Wenn Sie diese Herausforderung zuerst annehmen, könnten Sie Ihre allgemeinen Fähigkeiten in FromSoftware-Spielen auf ein neues Niveau heben und ein tieferes Verständnis für Präzision und Timing entwickeln.

Das Problem des „Gangwechsels”

Die größte Hürde beim Wechsel zwischen Sekiro und dem Elden Ring DLC ist, wie bereits erwähnt, der drastische Unterschied in den Kernkampfmechaniken. Spieler, die an das Ausweichen und die Vielfalt von Elden Ring gewöhnt sind, werden in Sekiro immer wieder versuchen, zu rollen, was fast immer zum Tod führt. Umgekehrt werden Spieler, die das Parieren in Sekiro gemeistert haben, in Elden Ring möglicherweise zu aggressiv parieren und stattdessen Treffer kassieren, die durch Ausweichen hätten vermieden werden können. Dieses „muskuläre Umlernen“ kann sehr anstrengend sein und zu unnötiger Frustration führen. Daher ist es oft ratsam, eine dieser Erfahrungen vollständig abzuschließen, bevor man sich der anderen widmet.

Fazit und Empfehlung: Die Samurai-Seele entscheidet

Es gibt keine absolut „richtige” Antwort auf die Frage, ob Sie zuerst Sekiro oder den Elden Ring DLC spielen sollten. Ihre Entscheidung hängt stark von Ihren persönlichen Vorlieben und Ihrer aktuellen Spielerfahrung ab. Hier eine Zusammenfassung und Empfehlung:

• Wenn Sie Elden Ring *lieben* und sofort zurückkehren möchten:
  Spielen Sie den Elden Ring DLC zuerst. Sie werden die nahtlose Fortsetzung Ihrer Reise schätzen und sofort wieder in die vertraute, aber erweiterte Welt eintauchen können. Der Hype und die gemeinsame Erfahrung mit der Community sind ebenfalls starke Argumente. Danach können Sie in Sekiro eintauchen, um eine frische, aber gänzlich andere Herausforderung zu erleben.
• Wenn Sie Sekiro *noch nicht* gespielt haben und eine neue Art von Herausforderung suchen:
  Erwägen Sie, Sekiro zuerst zu spielen. Dies gilt insbesondere, wenn Sie empfänglich für Frustration durch sich widersprechende Spielmechaniken sind. Sekiro erfordert ein völlig anderes Muskelgedächtnis und eine andere Denkweise. Wenn Sie es zuerst meistern, können Sie sich danach ohne störende Gewohnheiten auf den Elden Ring DLC konzentrieren. Sekiro ist ein Meisterwerk, das es verdient, ohne Ablenkung oder vorherige „Souls”-Gewohnheiten angegangen zu werden. Es wird Ihre Fähigkeiten auf eine Art und Weise schärfen, die Sie möglicherweise für den Elden Ring DLC noch besser vorbereitet – aber nicht durch Level, sondern durch reines Skill-Training.
• Wenn Sie bereits ein Sekiro-Veteran sind:
  Die Entscheidung ist einfach: Stürzen Sie sich in den Elden Ring DLC! Sie haben Sekiros Herausforderungen bereits gemeistert und können nun das nächste Abenteuer in der Welt von Elden Ring genießen.

Letztendlich ist die „Qual der Wahl” ein Luxus, denn beide Titel sind absolute Meisterwerke und werden Ihnen unvergessliche Stunden bescheren. Hören Sie auf Ihre innere Samurai-Seele. Möchten Sie das Vertraute und Neue in einem Atemzug erleben, oder sind Sie bereit für eine radikale Neudefinition des Kampfes? Was auch immer Sie wählen, bereiten Sie sich auf den Tod vor – immer und immer wieder. Aber auch auf den süßen Triumph, der nur durch die Hände von FromSoftware so meisterhaft inszeniert werden kann.