Im Laufe seiner Geschichte hat sich die **Assassin’s Creed**-Reihe immer wieder neu erfunden. Keine Transformation war jedoch so tiefgreifend und polarisierend wie der Schritt weg vom traditionellen Action-Stealth-Gameplay hin zu einem vollwertigen **Rollenspiel**-Erlebnis. Mit **Assassin’s Creed Origins**, **Assassin’s Creed Odyssey** und **Assassin’s Creed Valhalla** präsentierte Ubisoft eine Trilogie, die die Grenzen des Franchise sprengte und Fans weltweit in ihren Bann zog. Doch welches dieser gewaltigen Open-World-Abenteuer ist das unangefochten am besten? Begleiten Sie uns auf eine epische Reise durch antike Reiche, das mythische Griechenland und die rauen Lande der Wikinger, um den König der AC-RPGs zu küren – oder zumindest eine fundierte Meinung dazu zu bilden.
### Assassin’s Creed Origins: Der Funke des Anfangs
Mit **Assassin’s Creed Origins** im Jahr 2017 legte Ubisoft den Grundstein für die neue RPG-Ära. Das Spiel versetzte uns in das atemberaubende und geheimnisvolle Ägypten zur Zeit der Ptolemäer. Hier begegneten wir **Bayek von Siwa**, einem Medjai, dessen persönliche Rachegeschichte sich mit der Geburt der Assassinen-Bruderschaft – den Verborgenen – verknüpft. Origins war nicht nur eine visuelle Pracht, sondern führte auch ein komplett überarbeitetes **Kampfsystem** ein, das auf Hitboxen basierte und sich deutlich taktischer anfühlte als seine Vorgänger. Das Beutesystem mit verschiedenen Seltenheitsgraden und ein umfangreicher Fähigkeitenbaum waren ebenfalls neu und luden zum Experimentieren ein.
Was Origins so besonders macht, ist seine Pionierrolle. Es war der mutige Schritt, der zeigte, dass Assassin’s Creed auch als **Rollenspiel** funktionieren kann. Die Erkundung des detailverliebten Ägypten, von den geschäftigen Städten bis zu den weiten Wüsten, war ein Erlebnis für sich. Die **Story** um Bayeks Verlust und seinen Weg zur Gründung der Bruderschaft war emotional packend und legte den Grundstein für die gesamte AC-Lore neu. Es vermischte geschickt historische Fakten mit der fiktiven Geschichte des Konflikts zwischen Assassinen und Templern (hier als Verborgene und Orden der Ältesten). **Origins** fühlte sich wie ein frischer Wind an, der die Serie dringend nötig hatte, und setzte einen hohen Standard für das, was kommen sollte. Es war der Beweis, dass eine Neuausrichtung nicht zwangsläufig das Ende der Identität bedeuten muss, sondern eine Chance für Wachstum sein kann.
### Assassin’s Creed Odyssey: Die Odyssee ins Mythische
Nur ein Jahr später, 2018, folgte **Assassin’s Creed Odyssey** und katapultierte uns ins antike Griechenland zur Zeit des Peloponnesischen Krieges. Odyssey nahm die RPG-Formel von Origins und schraubte sie auf Maximum. Spieler konnten hier zum ersten Mal in der Hauptreihe zwischen einem männlichen (Alexios) und einem weiblichen (Kassandra) Protagonisten wählen – eine Entscheidung, die weitreichende Konsequenzen für die **Story** haben konnte. **Kassandra** hat sich dabei als der kanonische Charakter etabliert und viele Fans durch ihre Stärke, ihren Humor und ihre tiefgründige Geschichte überzeugt. Das Spiel führte weitreichende Dialogoptionen ein, die den Verlauf von Quests und Beziehungen beeinflussten, sowie ein Schicksalssystem, das stark an moderne RPGs erinnerte.
**Odyssey** zeichnete sich durch seine enorme **Open World** aus, die nicht nur auf dem Land, sondern auch auf dem Meer mit intensiven Seegefechten begeisterte. Das Söldnersystem, bei dem man von Kopfgeldjägern verfolgt wurde, sorgte für ständige Spannung. Darüber hinaus tauchte Odyssey tief in die griechische Mythologie ein, begegnete legendären Kreaturen und erkundete die Ursprünge der Isu auf eine Weise, die manche als zu weit vom ursprünglichen Assassinen-Thema empfanden, andere aber als erfrischend empfanden. Der Fokus lag stärker auf dem Helden-Epos als auf dem Stealth-Aspekt, was das **Gameplay** freier und actionreicher machte. Das Level-Scaling war präsenter, was das Gefühl des „Grindens” verstärken konnte, aber die schiere Menge an Inhalten und die lebendige Welt waren für viele unwiderstehlich. Es war ein Spiel, das seine Ambitionen nicht versteckte und ein gigantisches Abenteuer bot.
### Assassin’s Creed Valhalla: Die Saga des Rabenklans
Drei Jahre nach Origins und zwei nach Odyssey, im Jahr 2020, erschien **Assassin’s Creed Valhalla**. Dieses Mal führte uns die Reise in die raue, mystische Welt der Wikinger, genauer gesagt nach England und Norwegen im 9. Jahrhundert. Als **Eivor Wolfsmal**, ein Wikinger-Räuber, der sein Zuhause sucht, erleben wir eine epische Saga voller Eroberungen, Diplomatie und dem Kampf um das eigene Erbe. Valhalla versuchte, eine Brücke zwischen den neuen RPG-Mechaniken und den Wurzeln der Serie zu schlagen. Es führte das **Siedlungsmanagement** ein, bei dem man die eigene Basis ausbaute, was dem Spiel eine persönliche Note verlieh und das Gefühl vermittelte, wirklich etwas aufzubauen.
Das **Kampfsystem** wurde in Valhalla noch brutaler und wuchtiger, passend zum Wikinger-Setting. Doppelt geführte Waffen und Finisher sorgten für befriedigende Scharmützel. Der Fokus auf **Raubzüge** und die Eroberung von Festungen war ein zentrales Element, das das Wikinger-Erlebnis authentisch gestaltete. In Bezug auf die **Story** legte Valhalla einen stärkeren Fokus auf die übergreifende Assassin’s Creed-Mythologie und verknüpfte die Ereignisse um Eivor eng mit den Isu und der größeren **Lore** der Serie. Während die Welt von Valhalla riesig war, empfanden einige Spieler die Queststruktur als weniger packend als in Origins oder Odyssey, da viele Bögen abgeschlossen werden mussten, die sich manchmal wiederholten. Dennoch bot Valhalla eine immersive Erfahrung, die das Gefühl vermittelte, Teil einer legendären Saga zu sein und sich als Wikinger seinen Platz in der Welt zu erkämpfen.
### Das ultimative Duell: Kopf an Kopf
Nachdem wir die Stärken jedes einzelnen Titels beleuchtet haben, ist es Zeit für den direkten Vergleich. Welches **AC RPG** dominiert die Arena?
#### Story & Charaktere: Herz, Heldenmut und Schicksal
* **Origins** punktet mit einer zutiefst persönlichen und emotionalen **Rachegeschichte**. Bayek ist ein unvergesslicher Charakter, dessen Weg zur Gründung der Bruderschaft mitreißt. Seine Beziehung zu Aya ist komplex und herzzerreißend.
* **Odyssey** glänzt mit **Kassandra** (oder Alexios), einer charismatischen Söldnerin, deren epische Familiensaga und die Entscheidungsfreiheit des Spielers eine enorme Immersion schaffen. Die Charakterentwicklung ist hervorragend.
* **Valhalla** bietet eine weitläufige **Saga** über Eivors Schicksal und die Suche nach einem Zuhause. Die Geschichte ist reich an nordischer Mythologie und bietet interessante Wendungen, ist aber manchmal in ihren vielen Erzählbögen etwas zerfasert.
Für viele Fans bleibt **Origins** aufgrund der emotionalen Tiefe und der Relevanz für die AC-Lore unübertroffen. Aber **Kassandra** in Odyssey hat sich in die Herzen vieler Spieler gespielt und eine beeindruckende Leistung abgeliefert.
#### Welt-Design & Erkundung: Von Pyramiden bis Fjorden
* **Origins** beeindruckt mit seinem realistischen, abwechslungsreichen Ägypten: Wüsten, Oasen, die Metropole Alexandria und die majestätischen Pyramiden. Es fühlt sich historisch akkurat und mystisch an.
* **Odyssey** bietet eine schiere Größe und Schönheit des antiken Griechenlands. Die Inseln, das azurblaue Meer, die antiken Ruinen und die lebendigen Städte sind eine Augenweide. Die vertikale Erkundung durch Berge ist hervorragend.
* **Valhalla** präsentiert eine raue, neblige Schönheit Englands und die eisige Pracht Norwegens. Die Welt ist dicht und atmosphärisch, aber die Landschaft kann sich, abgesehen von einigen Highlights, manchmal etwas repetitiv anfühlen.
Hier gibt es keinen klaren Sieger, da alle Welten einzigartig und meisterhaft gestaltet sind. Persönlich hat mich die Vielfalt und das Gefühl des Abenteuers in **Odyssey** am meisten fasziniert, dicht gefolgt von der mystischen Atmosphäre in **Origins**.
#### Gameplay-Mechaniken: Kampf, Stealth und RPG-Progression
* **Origins** etablierte das neue **Kampfsystem** und eine solide RPG-Basis. Stealth war noch relevant, und das Jagd- und Sammelsystem war gut integriert. Es war eine gelungene Mischung.
* **Odyssey** forcierte die RPG-Elemente stark: Loot-Spam, umfangreiche Skill-Bäume, Ausrüstungssätze und ein reineres Action-RPG-Kampfgefühl. Stealth war oft eine Option, aber nicht immer der effizienteste Weg. Die Seeschlachten waren fantastisch.
* **Valhalla** verfeinerte das Kampfsystem mit Wucht und Dual-Wielding. Stealth wurde wieder etwas präsenter, aber das Gear-System war gestraffter und weniger „Loot-lastig”. Die Raubzüge waren ein Kern-Gameplay-Element.
Das **Kampfsystem** von Valhalla ist vielleicht das befriedigendste der drei, aber die Mischung aus Stealth und offenem Kampf in **Origins** fühlte sich am ausgewogensten an. **Odyssey** bot die größte RPG-Tiefe, die aber auch zu mehr Grind führen konnte.
#### Lore & AC-Identität: Wo ist der Assassine geblieben?
* **Origins** ist der absolute Sieger, wenn es um die **AC-Lore** geht. Es erzählt die Gründungsgeschichte der Assassinen-Bruderschaft und erklärt viele Kernelemente des Franchise. Es ist ein „Assassin’s Creed”-Spiel im Herzen.
* **Odyssey** entfernte sich am weitesten von der traditionellen **AC-Identität**. Der Fokus auf Mythologie, die Isu als Götterfiguren und die Betonung des heroischen Kampfes über den diskreten Meuchelmord spaltete die Fangemeinde.
* **Valhalla** versuchte, eine Brücke zu schlagen. Es integrierte die **Verborgenen** und die Templer-Vorläufer geschickter und verknüpfte die nordische Mythologie elegant mit der Isu-Lore, ohne das Gefühl eines „echten” AC-Spiels zu verlieren.
Für Puristen ist **Origins** hier klar die Nummer eins. **Valhalla** macht einen guten Job, die Elemente zu verbinden, während **Odyssey** bewusst eigene Wege ging.
#### Pacing & Grind: Die Zeitfresser
* **Origins** hatte eine gute Pacing-Kurve, die den Spieler organisch durch die Welt führte, ohne zu viel Grind zu erfordern. Die Nebenquests waren oft von hoher Qualität.
* **Odyssey** litt manchmal unter seinem aggressiven Level-Scaling und der schieren Menge an Inhalten, die sich manchmal nach „Grind” anfühlten, um für die nächste Hauptquest stark genug zu sein. Die Welt war riesig, aber nicht jede Ecke war gleich relevant.
* **Valhalla** hatte eine sehr lange Hauptgeschichte mit vielen separaten Handlungsbögen. Das Pacing konnte dadurch etwas in die Länge gezogen werden, aber die geringere Notwendigkeit, ständig neue Ausrüstung zu suchen, machte den Grind erträglicher.
**Origins** bot hier das wohl ausgewogenste Erlebnis.
### Fazit: Und der Gewinner ist…?
Die Frage nach dem „besten” **AC RPG** ist komplex und hängt stark von persönlichen Vorlieben ab. Jedes dieser Spiele ist auf seine Weise ein Meisterwerk und hat der Serie neue Impulse verliehen.
* Für Spieler, die eine tiefgründige, emotional packende **Story** suchen, die das Herzstück der Assassin’s Creed-Lore bildet und eine perfekte Balance zwischen Alt und Neu findet, ist **Assassin’s Creed Origins** oft die erste Wahl. Es legte den Grundstein und bleibt für viele der Goldstandard dieser Ära.
* Wer ein riesiges, wunderschönes **Open-World-Abenteuer** mit maximaler **Rollenspiel**-Freiheit, Entscheidungen und Konsequenzen, herausragenden Seeschlachten und einer charismatischen Heldin (Kassandra) sucht, wird mit **Assassin’s Creed Odyssey** seine pure Freude haben – auch wenn es sich am weitesten vom traditionellen Assassinen-Thema entfernt.
* Fans, die ein brutales, atmosphärisches Wikinger-Epos erleben möchten, das eine persönliche **Saga** mit der übergreifenden AC-Mythologie verbindet, gerne Siedlungen aufbauen und actiongeladene Raubzüge lieben, werden in **Assassin’s Creed Valhalla** ihr Glück finden. Es ist der Versuch, das Beste aus beiden Welten zu vereinen.
Nach reiflicher Überlegung, und mit einem Augenzwinkern vor der Unmöglichkeit einer objektiven Entscheidung, würde ich persönlich **Assassin’s Creed Origins** als den unangefochtenen König dieser RPG-Trilogie küren. Es war der mutige Pionier, der eine frische Richtung vorgab, dabei aber nie seine AC-Identität verlor. Seine **Story** ist emotional, die Welt wunderschön und das **Gameplay** eine gelungene Mischung. Es war der Beweis, dass eine Revolution funktionieren kann.
Dennoch muss man anerkennen, dass alle drei Titel unglaublich viel zu bieten haben und Stunden über Stunden fesselnder Unterhaltung liefern. Ubisoft hat mit dieser Trilogie bewiesen, dass die Marke Assassin’s Creed flexibel ist und auch in neuen Genres bestehen kann. Welches ist Ihr Favorit? Die Diskussion wird sicherlich noch lange weitergehen.