Die „Assassin’s Creed”-Reihe ist bekannt dafür, uns durch die faszinierendsten Epochen der Menschheitsgeschichte zu führen, von den Kreuzzügen bis zu den Wikingern. Doch eine der wohl ambitioniertesten und polarisierendsten Reisen war die in das Herz der amerikanischen Revolution mit Assassin’s Creed 3. Im Jahr 2012 erstmals veröffentlicht, markierte es einen deutlichen Bruch mit den beliebten Ezio-Trilogien. Fast ein Jahrzehnt nach seiner Veröffentlichung und fünf Jahre nach der Veröffentlichung der Remastered-Version stellt sich die Frage: Kann das Revolutions-Abenteuer des jungen Connor Kenway im Jahr 2024 immer noch begeistern, oder ist es nur noch ein Relikt vergangener Gaming-Tage? Tauchen wir ein in die staubigen Straßen des kolonialen Amerikas und die dichten Wälder der Frontier, um diese Frage zu beantworten.
### Ein Blick zurück: Die Geburt eines neuen Zeitalters für Assassin’s Creed
Als Assassin’s Creed 3 2012 auf den Markt kam, waren die Erwartungen enorm. Nach der triumphalen Ezio-Trilogie, die in Italien und Konstantinopel spielte, versprach Ubisoft eine frische Perspektive. Der Schauplatz wechselte radikal: weg von den europäischen Metropolen der Renaissance hin zu den ungezähmten Weiten Nordamerikas und den aufkeimenden Städten Boston und New York während der Amerikanischen Revolution.
Im Zentrum stand ein neuer, komplexer Protagonist: Ratonhnhaké:ton, besser bekannt als Connor Kenway. Er ist ein Halb-Mohawk, halb-Britischer Assassine, der zwischen zwei Welten gefangen ist und für Gerechtigkeit und die Freiheit seines Volkes kämpft. Das Spiel führte nicht nur eine neue Zeit und einen neuen Helden ein, sondern revolutionierte auch das Gameplay mit einem Fokus auf Natur, Jagd und die aufregende Seefahrt. Die anfängliche Reaktion war gemischt; einige liebten die frische Brise, während andere die vertraute Atmosphäre und den Charme Ezios vermissten. Doch unbestreitbar prägte AC3 die Zukunft der gesamten Reihe maßgeblich.
### Was machte AC3 so einzigartig – damals und heute?
Um zu beurteilen, ob AC3 im Jahr 2024 noch relevant ist, müssen wir uns seine Alleinstellungsmerkmale genauer ansehen, die auch heute noch hervorstechen können.
**1. Das Setting: Die Amerikanische Revolution aus einer neuen Perspektive**
Die Amerikanische Revolution ist ein faszinierendes, aber in Videospielen selten beleuchtetes Thema. AC3 bietet nicht nur einen historischen Einblick in die großen Ereignisse – von der Boston Tea Party bis zur Schlacht von Bunker Hill – sondern tut dies aus einer nuancierten Perspektive. Es zeigt die Grautöne des Konflikts, die Brutalität beider Seiten und die moralischen Dilemmata, die die Gründerväter plagten. Besonders hervorzuheben ist die Einbindung der indigenen Perspektive durch Connor, die dem Narrativ eine seltene Tiefe verleiht. Man ist nicht nur ein passiver Beobachter, sondern ein aktiver Teil dieser Umwälzung, der persönliche Opfer und Verrat erlebt.
**2. Der Protagonist: Connor Kenway – Ein Mann zwischen zwei Welten**
Connor ist vielleicht nicht so charismatisch wie Ezio, aber seine Geschichte ist tiefgründig und emotional. Seine stoische Art und sein innerer Konflikt, als Mohawk-Krieger für die Ideale einer Nation zu kämpfen, die sein eigenes Volk unterdrückt, machen ihn zu einer unvergesslichen Figur. Seine Entwicklung vom naiven Jungen zum desillusionierten Krieger ist hervorragend geschrieben. Er ist ein Mann der Tat, der jedoch auch an der Komplexität der Welt verzweifelt. Seine Loyalitäten sind zerrissen, und sein Kampf ist sowohl physisch als auch zutiefst persönlich, was ihm eine ergreifende Tragik verleiht.
**3. Gameplay-Innovationen, die die Reihe prägten**
Assassin’s Creed 3 war ein Sprungbrett für viele Mechaniken, die später in der Reihe populär wurden:
* **Seeschlachten**: Die Einführung der Seeschlachten war bahnbrechend. Das Manövrieren eines Kriegsschiffes durch stürmische Gewässer, das Feuern von Kanonen und das Entern feindlicher Schiffe waren atemberaubend und legten den Grundstein für das hochgelobte „Black Flag”. Auch wenn sie in AC3 noch rudimentärer waren, boten sie bereits einen Vorgeschmack auf ihr immenses Potenzial.
* **Die Frontier**: Die riesige, offene Wildnis der Frontier bot eine völlig neue Art der Erkundung. Das Klettern auf Bäume, die Jagd auf Wildtiere und das Navigieren durch verschneite Landschaften fühlten sich frisch und aufregend an. Es war eine willkommene Abwechslung zu den dicht bebauten Städten.
* **Das Homestead-System**: Abseits der Hauptgeschichte konnte man ein eigenes Anwesen aufbauen, Handwerker ansiedeln und Handel treiben. Dieses System war überraschend tiefgreifend und bot eine entspannende Abwechslung zu den Kämpfen. Es verlieh dem Spiel ein Gefühl von Fortschritt und Gemeinschaft, das viele Spieler schätzten.
* **Verbessertes Kampfsystem**: Das Kampfsystem wurde dynamischer und brutaler, mit Konter- und Kettenangriffen, die das Töten mehrerer Gegner flüssiger erscheinen ließen. Connors Tomahawk und Bogen verliehen den Kämpfen eine einzigartige Note.
### Die Remastered-Erfahrung 2019: Ein frischer Anstrich?
Im Jahr 2019 erhielt Assassin’s Creed 3 eine Remastered-Version, die sowohl optische als auch technische Verbesserungen versprach. Doch wie gut ist sie wirklich?
Die Remastered-Edition brachte sichtbare Verbesserungen mit sich:
* **Grafik-Upgrade**: Höher aufgelöste Texturen, verbesserte Beleuchtung, realistischere Charaktermodelle und eine höhere Bildrate. Die Welt sah detaillierter und lebendiger aus, insbesondere die Wälder der Frontier.
* **Benutzeroberfläche (UI)**: Die UI wurde modernisiert und an neuere AC-Spiele angepasst, was die Bedienung intuitiver machte.
* **Alle DLCs inklusive**: Die Remastered-Version enthielt das gesamte herunterladbare Material, einschließlich des „Tyrannei von König Washington”-DLCs, der eine spannende alternative Geschichtslinie bot.
* **Bugfixes**: Einige der berüchtigten technischen Probleme des Originals wurden behoben, was zu einem stabileren Spielerlebnis führte.
Dennoch konnte die Remastered-Version nicht alle Mängel des Originals kaschieren. Einige der ursprünglichen Animationen wirken immer noch steif, die KI ist weiterhin manchmal inkonsistent, und das Parkour-System kann gelegentlich zu ungewollten Sprüngen führen. Es ist ein „Remaster” und kein „Remake” – die Kernstruktur und einige der Eigenheiten des ursprünglichen Designs bleiben erhalten.
### Lohnt sich Assassin’s Creed 3 im Jahr 2024 noch? Das Urteil
Nachdem wir uns durch die Aspekte des Spiels gearbeitet haben, kommen wir zur entscheidenden Frage: Ist AC3 im Jahr 2024 noch eine lohnenswerte Investition für Zeit und Geld?
**Ja, absolut – unter bestimmten Voraussetzungen!**
**Die Pro-Argumente:**
* **Eine packende, emotional starke Geschichte**: Connors persönlicher Kampf, eingebettet in die Wirren der Revolution, ist auch heute noch ergreifend und zum Nachdenken anregend. Es ist eine der mutigsten und tragischsten Geschichten der gesamten Reihe.
* **Einzigartiges Setting und Perspektive**: Die Amerikanische Revolution, besonders aus der Sicht eines indigenen Protagonisten, bleibt ein seltenes und wertvolles Setting in der Gaming-Welt.
* **Umfangreicher Inhalt**: Die Remastered-Version bietet mit allen DLCs ein hervorragendes Preis-Leistungs-Verhältnis und viele Stunden Spielspaß.
* **Gameplay-Vielfalt**: Die Mischung aus Stadterkundung, Baum-Parkour in der Wildnis, Jagd, Seeschlachten und dem Homestead-System bietet eine enorme Abwechslung.
* **Eine Brücke zwischen Alt und Neu**: Für Spieler, die die Entwicklung der AC-Reihe nachvollziehen möchten, ist AC3 ein entscheidendes Puzzleteil, das den Übergang von den klassischen Action-Adventures zu den späteren, offeneren Welten markiert.
**Die Contra-Argumente:**
* **Der langsame Start**: Der Prolog mit Haytham Kenway ist wichtig für die Geschichte, kann aber sehr langatmig sein und viele Stunden in Anspruch nehmen, bevor man überhaupt Connor spielt.
* **Teilweise immer noch hölzerne Mechaniken**: Trotz des Remasters fühlen sich einige Aspekte, wie bestimmte Kletteranimationen oder die KI, im Vergleich zu modernen Titeln etwas veraltet an.
* **Connor ist nicht für jeden**: Einige Spieler finden Connors Ernsthaftigkeit und seinen Mangel an Leichtigkeit gewöhnungsbedürftig im Vergleich zu Ezio oder Bayek.
* **Die Welt kann leer wirken**: Die Weite der Frontier ist beeindruckend, aber abseits der Missionspfade kann sie sich manchmal etwas dünn besiedelt anfühlen.
**Für wen ist Assassin’s Creed 3 2024 gedacht?**
* **AC-Veteranen**: Wer AC3 bei der Erstveröffentlichung verpasst hat oder es in verbesserter Form noch einmal erleben möchte, sollte unbedingt zugreifen.
* **Geschichtsfans**: Wer sich für die Amerikanische Revolution interessiert und diese Epoche aus einer ungewöhnlichen Perspektive erleben möchte, wird begeistert sein.
* **Spieler, die narrative Tiefe suchen**: Wenn eine starke, emotional vielschichtige Geschichte für dich wichtiger ist als makellose Grafik, ist AC3 eine hervorragende Wahl.
* **Fans der „klassischen” AC-Spiele**: Bevor die Reihe mit „Origins” stark in Richtung RPG tendierte, bot AC3 noch das typische Action-Adventure-Erlebnis mit Fokus auf Parkour, Stealth und einer stringenten Story.
### AC3 im Vergleich zu modernen Assassin’s Creed-Titeln
Die neueren Assassin’s Creed-Spiele wie „Valhalla” oder „Odyssey” haben sich stark in Richtung Open-World-RPGs entwickelt, mit riesigen Karten, unzähligen Nebenaufgaben und komplexen Rollenspiel-Mechaniken. AC3 ist da anders. Es ist ein fokussierteres, lineareres Action-Adventure. Es gibt keine Level-Gate oder endlosen Loot. Der Fokus liegt auf der Geschichte, den Hauptmissionen und einem klar definierten Pfad. Für Spieler, die sich von dem Umfang und dem Grind der modernen AC-Titel überfordert fühlen, kann AC3 eine erfrischend geradlinige Alternative sein, die sich auf die Kernstärken der Reihe konzentriert: Parkour, Stealth und eine fesselnde historische Erzählung.
### Fazit: Eine Revolution, die es wert ist, noch einmal erlebt zu werden
Assassin’s Creed 3 mag seine Macken haben, und seine Markteinführung war nicht ohne Kontroversen. Doch im Jahr 2024, insbesondere in seiner Remastered-Form, erweist es sich als ein immer noch bemerkenswertes Spiel. Die epische Geschichte von Connor Kenway, sein Kampf für Freiheit in einer chaotischen Zeit, die bahnbrechenden Seeschlachten und die einzigartige Kulisse der Amerikanischen Revolution machen es zu einem Erlebnis, das auch heute noch tief beeindrucken kann.
Es ist eine Erinnerung daran, wie mutig Ubisoft einst war, neue Wege zu gehen. Für Spieler, die eine tiefgründige Geschichte, vielfältiges Gameplay und eine einzigartige historische Kulisse suchen, bietet Assassin’s Creed 3 auch im Jahr 2024 ein absolut lohnenswertes Revolutions-Abenteuer. Es ist vielleicht nicht perfekt, aber seine Stärken strahlen auch heute noch hell und machen es zu einem wichtigen und unterhaltsamen Kapitel in der Geschichte der Assassinen. Hol dir den Tomahawk und stürze dich ins Gefecht!